Verwöhnte Elite-Bildungsstätten

Das Geld ist überall knapp – so auch an den deutschen Hochschulen. Alles schielte daher seit langem (und schielt noch) auf die USA, wo ja angeblich alles besser läuft – vor allem die Bildung von Eliten und zwar im doppelten Sinne des Wortes (was natürlich so ohnehin noch nie gestimmt hat – mit einigen Mythen räumt z.B. ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Forschung und Lehre auf; online hier zu lesen). Die weltweite Finanzkrise aber scheint nun auch in der amerikanischen Bildungslandschaft Wellen zu schlagen – jedenfalls wenn man dem Spiegel online-Artikel (hier) von Gregor Peter Schmitz Glauben schenken darf: „An den verwöhnten Elite-Bildungsstätten ist nichts mehr undenkbar“, ist da zu lesen. Und weiter: „Nicht mal das Sparen bei den lange als unantastbar geltenden Stipendien für bedürftige Studenten. Die Finanzkrise hat enthüllt, wie riskant viele Hochschulen mit ihrem Vermögen spekulierten. Um bis zu 40 Prozent sind die Rücklagen zerbröselt. Allein Harvard verlor über zehn Milliarden Dollar. Nun rächt sich das Selbstverständnis der Unis als privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen.“ Da hilft nur Sparen – nicht nur beim Whirlpool und beim Fensterputzen, sondern auch bei der Selektion der „Besten“, die halt doch wieder an die am besten gefüllten Geldbeutel gebunden sind. Eine besondere Einnahmequelle für die staatlichen Unis in den USA, die es besonders hart trifft, sind ausländische Studierende: „Weil die meisten staatlichen Unis die Studiengebühren in der Krise nicht beliebig erhöhen können, wünscht sich etwa die Colorado State University mehr ausländische Studenten. Die zahlen bis zu viermal höhere Studiengebühren als Einheimische.“ Und anders als bei uns gibt es in den USA Gott sei Dank noch die noblen und richtig reichen Spender, die mal eben 70 Millionen Dollar an Universitäten verteilen – z.B. als Stipendien für Minderheiten und Studenten mit schmalem Geldbeutel. Als Strategien zum Nachmachen dürften in Deutschland wohl nur Putzdienste übrig bleiben – was nur bedeuten könnte, dass man auf diese demnächst ganz verzichtet.

Teil des Establishments

Ehrliche Worte über die Tätigkeit eines Professors und die seit Jahren sich einschleichenden Veränderungen kann man von Peter Baumgartner an diesem Wochenende in seinem Blog lesen (nämlich hier). Manch einer mag geneigt sein, Peters Eintrag als vorwinterliche Depression und unnötige Klage („habt ihr es als Profs nicht schön genug?“) abzutun, aber das wäre wohl mehr als voreilig. Natürlich gibt es in jedem Beruf Höhen und Tiefen, Erfolg und Frustration und angesichts der Tatsache, dass viele Dinge in unserer Gesellschaft von Umwälzungen erfasst sind, ändern sich auch Berufsbilder. So dann also auch das des Hochschullehrers und Wissenschaftlers. Was – so könnte man fragen – sollte daran so schlimm sein? „Immer mehr werden wir Professoren zu artfremden Tätigkeiten verpflichtet“ – so Peters Einstiegsargument. Und weiter: „Wir haben immer weniger Zeit für inhaltliche Arbeit und müssen im Rahmen der viel gerühmten Autonomie der Universitäten immer mehr Verwaltungs- bzw. Leitungstätigkeiten übernehmen.“ Die Folge davon: „Verarmung von Forschungstätigkeiten“. Ich kann das nur mehrfach unterstreichen: Es ist mitunter ein Rattenrennen, das man da veranstaltet, und nicht nur ein Beitrag in meinem Blog beschäftigt sich mit dem alltäglichen Wahnsinn: angefangen bei der Verwaltung (Bsp.) über eigenes Projekt- und Forschungsmanagement (Bsp.) bis zur Forschungsförderung (Bsp.) – und das Ganze eingebettet in politisch als Heil daherkommende Reformen von Wissenschaft, Lehre und Forschung. Nur: Das ist – da stimme ich Peter zu – sicher keine „normale“ Veränderungen, die man halt hinnehmen sollte und die vielleicht ein bisschen unangenehm für die Betroffenen sind. Da ist ein Umbau unserer Forschungs- und Bildungslandschaft im Gange und das, was Peter beschreibt, sind die Symptome, die man dann eben als Professor ganz stark spürt. Nun mag es Professoren geben, die in diesem Punkt in ihrem Elemenet sind, die sich eben sowieso hin zu einem Forschungsmanager entwickeln wollen. Vielleicht brauchen wir solche auch – aber soll das der Endpunkt jeden Professors sein? Laufen wir da nicht Gefahr nur noch „Nachwuchsforschung“ mit Qualifizierungscharakter zu produzieren? Oder ist es gewollt, das man uns am Nachdenken hindert (weil vielleicht was dabei herauskäme, was kritisch – zu kritisch – ist?). Von daher kann man nur warnen, Darstellungen wie die von Peter als „persönliches Klagelied“ zu individualisieren.

Frank hat ein tolles T-Shirt, auf dem steht: „Jammern hilft nicht“. Das stimmt und umso interessanter sind Peters Reflexionen darüber zu lesen, was man denn tun kann, um zu den genuinen Aufgaben eines Professors (der sich immerhin der Forschung und Lehre verpflichtet hat) zurückzukehren: Rückzug aus den Gremien? Lockerung der zeitintensiven Netzwerke? Reflexion der eigenen Rolle im „Establishment“? Verzicht auf die Quick Wins und stattdessen Freude an einem neuen Buch (Achtung Peter: Bücher zählen nicht mehr – denk an den Impact!)? Das mag alles noch gehen – aber wenn man dann z.B. das Engagement einstellt, den „Jackpot“ bei der nächsten Förderrunde zu gewinnen, und den Nachwuchsleuten sagen muss „Sorry, kein Geld da“, geht’s plötzlich nicht mehr nur um den eigenen Seelenfrieden … das ist schwer. Ja, da mangelt es also noch an Strategien. Wahrscheinlich sind wir als Professoren schon so an die Autonomie gewohnt, dass wir stets meinen, jedes Problem allein lösen zu müssen … könnte auch ein Teil des Problems sein.

Peter zitiert am Ende Wittgenstein: „Ich glaube, einen Philosophen, einen der selbst denken kann, könnte es interessieren, meine Noten zu lesen. Denn wenn ich auch selten ins Schwarze getroffen habe, so würde er doch erkennen, nach welchen Zielen ich unablässig geschossen habe.“ Hmm – also ich weiß nicht, ob wir uns damit zufrieden geben sollten, uns wenigstens bemüht zu haben. Ganz so pessimistisch bin ich NOCH nicht …

Medienkompetent, informationskompetent oder einfach nur mündig?

E-Learning – die Sicht der Studierenden – so lautet das neue Themenspecial von e-teaching.org (hier). Eine Reihe neuer Beiträge und Verweise auf bereits bestehende widmen sich Fragen wie: Wie beurteilen die mit Computer und Internet aufgewachsenen „digital natives“ selbst die E-Learning-Aktivitäten der Lehrenden? Wie selbstverständlich ist der Umgang der Studierenden mit Computer und Internet, nicht nur in der Freizeit, sondern auch bei konkreten Studienaktivitäten? Erkenntnisse und Mythen zur Netzgeneration und Fragen zur Medienkompetenz – sie reißen also nicht ab. Ob und wie man Studierende zu Medienakteuren machen und man sie auf diesem Wege medienkompetenter machen könnte, damit setzt sich ein neuer e-teching.org-Artikel von Simone Haug (hier) auseinander (Achtung: Auf Seite 5 ist ein Absatz doppelt!): Sie stellt eine Reihe verschiedene Projekte und Initiativen von Hochschulen zur Medienkompetenzförderung zusammen und kommt zu dem Schluss, dass es bisher noch daran mangelt, die Perspektive und Bedürfnisse der Studierenden einzubeziehen. Spotan möchte man dem zustimmen, denn wer sollte schon ernsthaft etwas gegen Lerner- oder Studierendenzentrierung haben, was mit diesem Postulat ja in der Regel verbunden wird. Denkt man länger darüber nach, stellt sich dieses Postulat aber als gar nicht so einfach heraus:

Jeder, der bereits länger Lehre betreibt, weiß, wie schwer sich Studierende (verständlicherweise) tun, ihre Bedürfnisse überhaupt zu artikulieren. Zu Recht erwarten sie doch AUCH, dass WIR ihnen helfen, einen Standpunkt und damit auch eigene Interessen weiterzuentwickeln. Keinesfalls also kann es so einfach gehen, dass wir zu Beginn des Studiums einen großen Fragebogen an unsere „Kunden“ senden, auf diesem Wege feststellen, was diese denn wünschen, und dann „kundenorientiert“ das Gewünschte anbieten. Es wird – so meine These – Unbefriedigendes herauskommen und zwar auch für die Studierenden selbst.

Mir fällt dabei auf, dass wir noch gar kein vernünftiges Partizipationsmodell haben, mit dem wir die teils berechtigte, teils leichtfertige Forderung nach Studierendenorientierung überhaupt umsetzen können. Das gilt wohl auch für die Frage der Medienkompetenz, die stellenweise auch als Informationskompetenz daherkommt (siehe hierzu z.B. Kerres) und die letztlich Dinge einfordert, die alles anderer als neu sind – manchmal ist man geneigt zu sagen, es gehe doch wie schon lange (aber oft vergessen) um etwas, was man früher Mündigkeit nannte. Die ist logischerweise in einem „digitalen Zeitalter“ auch mit der Anforderung verknüpft, digitale Medien und Angebote zu kennen, vernünftig zu nutzen, kritisch zu hinterfragen , experimentell zu erproben, im Bedarfsfall auch begründet abzulehnen etc. Die von Haug zusammengestellten Beispiele geben einen guten Einblick in die bisherigen Möglichkeiten an Hochschulen, die Studierenden hier zu fördern. Sie zeigen aber auch die Schwierigkeiten auf – angefangen bei der curricularen Einbindung über den Umgang mit Zeit und Workload im Studium bis zur Selbstüberschätzung der Studierenden. Ist die Integration der Studierenden-Perspektive dafür eine Lösung? Oder ist das nicht eher ein Teil des Problems, weil wir hier noch keine besonders kreativen Strategien haben? Ich jedenfalls bin hier oft hin- und hergerissen: Wo tue ich gut daran, genau auf die Wünsche der Studierende zu hören und wo ist genau das kontraproduktiv? Welche Bedürfnisse kommen denn eigentlich woher und sind es wirklich die, die die Studierende selbstbestimmt entwickelt haben? Ich will jetzt damit NICHT sagen, dass ich als Lehrende besser wüsste. Es geht mir darum, dass wir jedenfalls intelligentere Beteiligungsmodelle bräuchten als sie z.B. in der Ökonomie verwendet werde, auf die als Vorbild zu schauen sich leider schon viele gewöhnt haben. Ja, soweit meine (etwas ungeordneten) Assoziationen zu einem Teil des neuen Themenspecials von e-teaching.org.

Den Jackpot knacken

Angesichts unserer ersten Gehversuche in Sachen „Peer Review mal anders“, sammle ich gerade, was mir zum Thema Peer Review in die Hände fällt. Dabei muss ich natürlich feststellen, dass fast alle Überlegungen, die wir im Kontext der bisher noch nicht so erfolgreich laufenden Community „(Bildungs-)Wissenschaftler 2.0“ vor Augen haben, schon länger im Gespräch sind. Nun, vielleicht wäre es tatsächlich besser gewesen, dies zunächst einmal aufzuarbeiten, aber dann kommt das halt jetzt in nächster Zeit. Mir ist das Thema SEHR wichtig, denn Peer Reviews spielen eine herausragende Rolle für die Entwicklung von Wissen einerseits und für wissenschaftliche Karrieren andererseits.

Aus den zahlreichen, in den meisten Fällen aber durchweg englischsprachigen Beiträgen (wiederum am häufigsten bezogen auf Naturwissenschaften, vor allem Medizin) zu diesem Thema, möchte ich an dieser Stelle exemplarisch auf EIN lesenswertes Beispiel aufmerksam machen:

Smith, S. (2006). Peer review: a flawed process at the heart of science and journals. Journal of the Royal Society of Medicin, 99, 178-182. Online hier.

Smith war jahrelang Herausgeber einer britischen Zeitschrift für Medizin (BMJ) und hat dort das Thema Open Access und neue Formen des Review-Prozesses vorangetrieben. Der Beitrag ist eine gute und verständliche Einführung in das Thema Peer Review – und unterhaltsam zu lesen obendrein. Gleich zu Beginn stellt Smith die aus meiner Sicht wichtige Frage, wer den eigentlich ein „Peer“ ist, wobei er da vor allem inhaltliche Differenzierungen (genau das gleiche Fachgebiet oder „nur“ die gleiche Disziplin etc.) vorschlägt. Genauso unklar aber finde ich, wie das mit den unterschiedlichen Expertise-Levels (also Fachwissen plus Erfahrung) bei solchen Begutachtungen ist. Darüber habe ich bisher noch nichts gefunden. Nachdem das Feld, was man als Peer Review gelten lassen kann, abgesteckt ist, kommt die Frage, ob das Peer Review-Verfahren denn „funktioniert“. Nun ist das natürlich eine Frage der Ziele, die man verfolgt. Selektion funktioniert natürlich auf jeden Fall – aber um welchen Preis? Smith ist hier eher nüchtern – er kennt viele Beispiele, in denen der Erfolg beim Peer Review eher dem Knacken eines Jackpots gleicht. Dem Faktor Zufall komme eine eminente Bedeutung zu. Bei seiner Analyse, was denn die Defizite des klassischen Per Reviews sind, clustert er die Probleme in vier Gruppen: Peer Reviews sind (a) langsam und teuer, (b) inkonsistent (in mehrfacher Hinsicht), (c) fehlerbehaftet mit einer starken Tendenz zum Matthäus-Effekt (wer hat, dem wird gegeben) und (d) immer in Gefahr, missbraucht zu werden. Und wie könnte man es besser machen? Hier sammelt er in aller Kürze die bisherigen Problemlöseversuche, nämlich: die Identität der Autoren verbergen (was aber schwer ist), Reviewer trainieren, den gesamten Review-Prozess öffnen und (Achtung) der Wissenschaft mehr Vertrauen schenken. Interessant ist, dass Smith von Versuchen berichtet, bei der Zeitschrift BMJ einige dieser Verfahren zu selbst testen und experimentell zu überprüfen (vor allem „blind“-Verfahren und Training) – leider ohne dass es Verbesserungen gab.

Am meisten überzeugt hat mich in der Literatur bisher das Verfahren, das bei der Zeitschrift Atmospheric Chemistry and Physics angewandt wird. In aller Kürze wird das Vorgehen, das auf eine Öffnung des Review-Prozesses setzt, dabei aber Elemente des klassischen Peer Reviews beibehält, von Pöschl und Koop hier beschrieben. Ebenfalls lesenswert und natürlich auch online abrufbar, nämlich hier! Was mich wirklich wundert ist, dass es dazu im deutschsprachigen Raum so wenige Nachahmer gibt, und dass vor allem die Bildungswissenschaften auf diesem Sektor weit hinter den Naturwissenschaften liegen. Wenn das keine Herausforderung ist :-).

Nachtrag: Noch eine interessante (sicher schon längst bekannte) Fundstelle zum Thema im Kontext des Open Access befindet sich hier. Darin findet sich auch ein weiterer Artikel vom oben zitierten Modell, beschrieben von Pöschl.

Förderlogik – zum Mitdenken

Die DFG stellt gegenwärtig ihr „Förder-Ranking 2009“ vor (hier geht es zur Pressemitteilung und hier geht es zu dem dazugehörigen ca. 200 Seiten umfassenden Gesamtwerk). Ich will aber an dieser Stelle eigentlich nur auf den Wortlaut der Pressemittelung hinweisen, die ich mehrmals gelesen und mich gefragt habe: Was will mir das sagen?

Zitat: „Das neue DFG-Ranking macht deutlich: Die Hochschulen haben die Chancen erkannt, die sich ihnen durch einen intensiveren Wettbewerb eröffnen. Und ein ganz wesentlicher Motor in diesem Wettbewerb sind die Fördergelder der DFG und anderer Quellen“, betonte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner bei der Vorstellung des Berichts. Dabei hängen Fördergelder, Wettbewerb und Profilbildung in mehrfacher Weise zusammen: Die Hochschulen nutzen die eingeworbenen Drittmittel immer stärker, um ihre Forschungsprofile zu schärfen. Mit diesen wiederum verbessern sie ihre Chancen im Wettbewerb um weitere Drittmittel. Zitatende

Was heißt das das jetzt? Hochschulen werben Drittelmittel ein, um ihr Forschungsprofil zu schärfen, was wahrscheinlich wiederum so viel heißt wie: Konzentration in der Forschung auf spezielle Themen (und auch Methoden?) und passende Partner. Wenn die Hochschulen das tun, dann haben sie mehr Chancen im Wettbewerb, spricht, sie bekommen wieder Drittmittel. Die setzt man dann ein, um weiter am Profil zu schärfen usw. Hab ich das so richtig verstanden? Man bekommt das Gefühl nicht los, dass da etwas zum Selbstzweck wird, nämlich das Profil und die Drittmittel – jedenfalls, wenn man es aus der Perspektive des „Wettbewerbs“ betrachtet. Da sind Fördergelder offensichtlich an Profilschärfung zwingend gebunden. Gibt’s auch noch was anderes als die Perspektive des Wettbewerbs? Hmmm … ach, bestimmt nicht. Schärfen wir also unser Profil. Was denn ein Profil ausmacht? Ja, also … Wenn insgesamt die 20 bewilligungsstärksten Hochschulen in Deutschland zwischen 2005 und 2007 mehr als 60 Prozent aller DFG-Mittel eingeworben haben und bei 40 Hochschulen schon ein Anteil von 88 Prozent erreicht ist, dann ist mit Profil ja vielleicht das Profil der eingeworbenen Drittmittel gemeint? Jedenfalls schließt sich hier der Kreis, denn die Chancen dieser Hochschulen im Wettbewerb steigen – logisch. Noch Fragen?

Wo sind die Alternativen?

Ich muss doch nochmal zurückkommen auf die durch die GMW-Tagung 2009 angestoßene Diskussion zum Begriff des E-Learning (Näheres zum Ausgangspunkt dieser Diskussion siehe hier). Wolfgang Neuhaus hat (hier) versucht, die Diskussion aus seiner Sicht noch einmal zusammenzufassen und seine Position zu formulieren.

Zunächst einmal sehe ich mich unter Punkt 1 falsch interpretiert. Da heißt es: „Sie (also ich) plädiert dennoch ausdrücklich dafür, am E-Learning-Begriff festzuhalten, weil sie den Begriff des Lernens – hinsichtlich seiner Interpretation durch Lehrende – für genauso unpräzise hält wie den Begriff des E-Learnings.“ In der Diskussion zu meinem Beitrag habe ich noch einmal klar gestellt, dass man Begriffsdefinitionen innerhalb einer Fach-Community einerseits von der Begriffswahl bei der Kommunikation in Praxiskontexte und damit auch bei der Implementation andererseits auf jeden Fall unterscheiden sollte. Es ist keine neue Erkenntnis, dass man wissenschaftliche Ergebnisse in Form von Erkenntnissen, Konzepten oder auch Produkten in der Praxis anschlussfähig und kontextsensibel beschreiben und umsetzen sollte. Dass sich dafür Fachsprachen nicht immer eignen oder unerwünschte Konnotationen hervorrufen, wissen wir. Dass man das vermeiden sollte, darin haben wir Konsens. Und genau in diesem Punkt haben die meisten Gudrun Bachmann in ihrem Plädoyer für die „Abschaffung des E-Learning-Begriffs“ wohl auch zugestimmt. Davon zu trennen aber ist doch die interne Diskussion, die Theorie und Empirie zum Lernen mit digitalen Medien.

Und damit komme ich zu meinem zweiten Einwand: Ich kann nicht verstehen, wie man behaupten kann, Lernen sei ein wissenschaftlich eindeutig definierter Begriff und zwar unabhängig von der paradigmatischen Richtung der Definition (Abschnitt 2 im Beitrag von Neuhasu). Das Verständnis davon, wie Menschen lernen, unterscheidet sich doch wohl gewaltig oder ist es plötzlich egal, ob ich mir Lernen analog zur technischen Informationsverarbeitung, als Assoziation von Reizen und Reaktionen oder als selbstorganisierte Konstruktion vorstelle? Ich würde ja schon sagen, dass dies die Förderpraxis beim Lernen und die Haltung von Lehrenden in hohem Maße beeinflusst. Erstaunt hat mich dann vor allem die Festlegung auf ein Lernverständnis, dass die beobachtbaren Verhaltensweisen ins Zentrum rückt (Zitat: „Mit Lernen bezeichnen wir immer eine Verhaltensänderung des Menschen“): Hat nur gelernt, wer beobachtbar eine Aufgabe anders bewältigt? Hat nicht gelernt, wer zu einer neuen Erkenntnis gelangt ist, die ihm hilft ein Problem in einem anderen Licht zu sehen – auch wenn er selbst es niemals beobachtbar für andere lösen wird (z.B. ein politisches Problem)? Wollen wir uns wirklich auf so einen engen und recht mechanistischen (keinesfalls wohl humanistischen) Lernbegriff einigen? Nein, da bin ich nicht dabei. Im Kompetenzbegriff sehe ich hier übrigens alles andere als eine gelungene Alternative: Ich melde mich sofort für eine Community, die den Kompetenzbegriff abschaffen will (Genaueres zu dem Wirrwarr an anderer Stelle, nämlich hier).

Noch ein Einwand zu dem Satz „Natürlich ist der Streit um Begriffe nur ein Nebenkriegsschauplatz“ (Punkt 4). Natürlich? Ich neige manchmal auch zu einem genervten „Nenne es doch, wie du willst, wenn du nur die Idee kapiert hast“. Aber das sagt sich so leicht. Können wir nicht oft beobachten, wie sich Menschen an Begriffe klammern, die dann ein Feld von Konnotationen verbreiten, das sich ab einem bestimmten Zeitpunkt individuell oder gar kollektiv nicht mehr revidieren oder erweitern oder eingrenzen lässt – und wenn man noch so viele Richtigstellungen unternimmt? Aus der Sicht der Bildungspraxis haben wir da also keineswegs einen Nebenkriegsschauplatz. Und aus der Sicht der Wissenschaft ist ein Streit um Begriffe aus meiner Sicht notwendig. Vielmehr ist es eine Frage, wie dieser Streit ausgetragen wird und welche Ziele man erreichen will. Dass es da dann auch Sackgassen geben kann, die man besser wieder verlässt und einen neuen Weg sucht, der auch weiterführt, will ich nicht bestreiten. Aber keinesfalls dürfen wir den Streit um Begriffe begraben. Wir würden ein wichtiges Element der Wissenschaft verlieren – das kann man nicht ernsthaft fordern.

Am Ende frage ich mich: Hätte denn jemand für die Fach-Community (nicht für die Praxis) eine sinnvolle Alternative für den Begriff des „E-Learning“? Viele (ich auch) verwenden den Begriff nur als Dach/Sammelbegriff für das Lernen und Lehren mit digitalen Medien, den es dann ohnehin jeweils zu spezifizieren gilt. Vielleicht gibt es ja einen besseren Sammelbegriff – aber wo ist der? Ist es sinnvoll, dass wir uns stattdessen als Hochschuldidaktiker bezeichnen? Kann ich mir nicht vorstellen, weil es dagegen ebenfalls Aversionen gibt (ist eher wieder das Praxisargument) und weil es zweitens den Kontext einschränkt (was ist mit Schule, Freizeit, Arbeitsplatz und Weiterbildung?). Der Vorschlag mit der Allgemeinen Didaktik kann nicht ernst gemeint sein, wenn man sich Historie, Ziele und Besonderheiten der deutschen Allgemeinen Didaktik ansieht. Also: Wo sind die Alternativen?

Kampfansage gegen die Netzgeneration

Rolf Schulmeister hat mit seinem fast schon Buchumfang erreichenden Beitrag zur Netzgeneration (inzwischen in der zweiten Version: online hier zugänglich) bereits Furore gemacht und bleibt dran am Thema – auch auf der diesjährigen GMW: „Studierende, Internet, E-Learning und Web 2.0“ lautet sein Beitrag (im Tagungsband auf den Seiten 129 bis 140). Für Weihnachten 2009 ist die Version 3 des oben genannten „Werkes“ angekündigt. Berichtet werden im Beitrag zentrale Ergebnisse, allem voran Übereinstimmungen und Diskrepanzen zwischen drei aktuellen Studien, die die medialen Nutzungsgewohnheiten von Studierenden untersuchen. Interessant sind die methodischen Hinweise zur Befragung in der von Schulmeister selbst unterstützten Studie, die ich sehr wichtig finde, um typische Artefakte bei Befragungen auf diesem Feld in den Ergebnissen zu vermeiden. Auch die Entscheidung für den Modus (der am häufigsten gewählte Wert) statt des Mittelwerts bei der Auswertung ist mehr als überfällig – es sollte uns ein Vorbild sein.

Zusammenfassend kommt Schulmeister zu dem Schluss, dass die inzwischen vorliegenden empirischen Ergebnisse sehr ernüchternd sind: Die befragten Studierenden erweisen sich weitgehend NICHT als Enthusiasten der konstruktiven Netz-Nutzung. Natürlich ist der Beitrag keine „Kampfansage an die Netzgeneration an sich“, denn laut Schulmeister gibt es die in der postulierten Form gar nicht. Es ist also eine Kampfansage an die Mystifizierung einer Generation, die mit dem Netz aufwächst, dieses aber letztlich nur als erweitertes Telefon oder Suchwerkzeug nutzt – mal überspitzt formuliert.

Im Vortrag wurden weitere Gedanken und Thesen formuliert, so z.B. die, dass die Web 2.0-Nutzung aus der Freizeit keinen Transfer auf Bildungskontexte erlebt, dass das „Web 2.0“ womöglich für das formale Lernen gar nicht geeignet sei und sich Lernen und Bewerten wohl eher ausschließen (wobei die Rolle des Web 2.0 bei Letzterem diffus bleibt).

Neben mir rutscht Tom Sporer bei solchen Worten unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Warum? Weil Schulmeisters Worte für manche Ohren resigniert und danach klingen, dass wir es besser bleiben lassen sollten, „partizipative Web-Anwendungen“ in Lehrveranstaltungen einzuführen? Das kränkt jeden „Erneuerer“ und die, die sich engagieren. Oder weil unklar bleibt, was aus solchen empirischen Befunde denn jetzt folgt, die man nun mal nicht wegdiskutieren kann? Im Text stellt Schulmeister einfach nur fest, dass die Ergebnisse der Studie „ein negativer Spiegel unserer Anstrengungen“ (S. 140) seien, E-Learning einzuführen. Der Leser kann und soll seine Folgerungen selbst ziehen. Entsprechend spannend wäre es gewesen, hier eine längere Diskussion anzuschließen.

PS: Auch in diesem Beitrag werden übrigens Aktivitäten wie Lesen, Zuhören und Anschauen als „passiv“ bezeichnet, was ich nicht teilen kann. Ich plädiere für die Bezeichnung „rezeptiv“ (versus produktiv), weil vor allem Lesen und Zuhören sehr wohl „aktiv“ in dem Sinne sind, dass sie sich nicht auf mentale Reaktionen beschränken.

E-Learning am Scheidepunkt?

Einen spannenden Titel und eine berechtigte Frage positionierten Gudrun Bachmann et al. mit ihrem Beitrag „E-Learning ade – tut Scheiden weh?“ (Beitrag im Tagungsband auf den Seiten 118 bis 128). Im Kern geht es um die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, den Begriff des E-Learning aus unserem Wortschatz zu verdammen. Mit einem narrativen Einstieg wurde im Vortrag plakativ deutlich gemacht, dass jeder unter „E-Learning“ etwas anderes versteht: Studierende, Lehrende und Unileitungen gleichermaßen. Das ist sicher richtig UND es ist auch ein Problem – ohne Frage. Meine These aber ist, dass man denselben Effekt hat, wenn man auf das „e“ verzichtet und die genannten Personengruppen über „Lernen“ sprechen lässt. Auch hier wird man auf eine ähnliche Vielfalt stoßen. Wer sich mit psychologischen Phänomenen und dazugehörigen Konzepten beschäftigt (und dazu gehört auch das Lernen), muss damit leben, dass es konkurrierende Auffassungen, verschiedene Definitionen und – ein Besonderheit sicher im Vergleich zu vielen Naturwissenschaften – Diskrepanzen zu alltagssprachlichen Verwendungen derselben Wörter gibt.

Der Beitrag liefert einen wichtigen Impuls und erinnert uns daran, auf die entsprechend vorprogrammierten Missverständnisse und Verständigungsschwierigkeiten vorbereitet zu sein und ihnen wirkungsvoll zu begegnen. Begriffe auszutauschen, ist dabei durchaus eine von mehreren Lösungen. Allerdings haben mich die sprachwissenschaftlichen Begründungsversuche nicht überzeugt. Auch Sätze wie „E-Learning ist ein falsches Paradigma“ (S. 125) verstehe ich nicht: Geht es jetzt um einen Begriff oder um ein ganzes Paradigma, was ja immerhin eine Menge mehr meint als einen Begriff? Stimmt es wirklich, dass E-Learning generell einen „schlechten Ruf“ hat? Bei wem genau und sollte man nicht fragen, warum das so ist? Dass E-Learning NICHT definiert wird, ist eine Aussage, die ich schon deshalb nicht so ganz nachvollziehen kann, weil eine Seite vorher eine informative Tabelle zu finden ist, die immerhin drei Standardwerke ausfindig macht, in denen der Begriff sehr wohl nicht nur eingeführt, sondern auch definiert wird. Und welcher Begriff in unserem Fach hat denn nun tatsächlich nur EINE Definition? Ich kenne keinen.

Diese Kritikpunkte aber ändern nichts daran, dass die in Bachmanns Beitrag aufgeworfenen Überlegungen und Vorschläge wichtig, weil symptomatisch für die aktuelle Situation in der E-Learning-Community und damit auch für Gesellschaften wie die GMW sind: Digitale Medien – das zeigte ja auch die Podiumsdiskussion – werden zur „Normalität“ in unserer Gesellschaft. Sie beeinflussen die Art, wie wir arbeiten, wie wir uns unterhalten und informieren, und vor allem, wie wir kommunizieren. Lernen und Lehren (obschon auch da natürlich Kommunikation und Information zentrale Bestandteile sind) erweisen sich demgegenüber als resistenter, sodass es nach wie vor gerechtfertigt erscheint, sich explizit für einen sinnvollen und unsere Möglichkeiten erweiternden Einsatz der digitalen Medien einzusetzen. Aber wie lange noch? Sind wie hier schon – wie Bachmann postuliert – an einem „Scheideweg“? Oder wäre es zu früh und würde es nur Wasser auf den Mühlen konservativer Kritiker sein (nach dem Motto: „Haben wir euch gleich gesagt, dass das nichts taugt!“), wenn wir uns hier zurückziehen und zusammen mit dem Begriff „E-Learning“ den Medienfokus verlassen? Ich habe meine Zweifel: Eindeutig ist doch, dass aus der E-Learning-Community nach wie vor kreative und zukunftsweisende didaktische Neuerungen entstehen, bei denen die digitalen Medien (und damit meine ich deren Potenzial für Multimedia, Interaktion und Vernetzung) keineswegs nur Werkzeugcharakter haben, sondern uns oft genug auf andere Ideen bringen, neue Phänomene zum Vorschein bringen und sicher auch zusätzliche Herausforderungen (z.B. im Bereich der Rechte von digitalen Inhalten) mit sind bringen. Was die E-Learning-Community auszeichnet, ist Interdisziplinarität, die Nachwuchswissenschaftlern zwar mitunter das Leben schwer macht, aber den künftigen Anforderungen an die Bildungsforschung doch viel eher gerecht wird als einseitige theoretische und methodische Vorgehensweisen. Würden wir das womöglich nicht auch aufs Spiel setzen, wenn wir „E-Learning“ als Begriff verdammen? Eine Alternative zum „Scheiden“ wäre eine weiter beharrliche Überzeugungsarbeit, dass auch die Bildung in einer veränderten Gesellschaft nicht bleiben kann, wie sie war und ist, dass die mediale Durchdringung unserer Welt auch beim Lernen und Lehren zu bedenken ist und dass interdisziplinäre Gruppen (wie die E-Learning-Community), die neben Fächern auch Forschung und Praxis zusammenbringen, einen wissenschaftlichen UND gesellschaftlichen Mehrwert haben (dass das auf vielen Gebieten immer noch nötig ist, zeigt z.B. auch Franks Beitrag hier).

PS: Lieber würde ich Begriffe wie Qualität und Exzellenz aus unserem Wortschatz verdammen …

Durchgestylte Podiumsdiskussion

Mit Podiumsdiskussionen kann man es niemandem Recht machen: Entweder sie sind langweilig, weil sich endlose Monologe ohne gegenseitige Bezugnahme aneinanderreihen, oder die Diskussion gerät aus dem Ruder, was – die richtigen Diskussionspartner mal vorausgesetzt – mitunter noch den höchsten Unterhaltungswert hat. Beides fand während der abschließenden Podiumsdiskussion auf der GMW 2009 dank einer dominanten und durchgestylten Diskussionsleitung nicht statt: Die Moderatorin (Verena Metze-Mangold) hatte die Diskutanten ziemlich im Griff und zudem selbst einen recht hohen Redeanteil. Das ist schade, zeigten sich doch in den einzelnen Aussagen von Heidi Schelhowe, Horst Niesyto, Peter Baumgartner, Oliver Vornberger und Thea Payome durchaus recht unterschiedliche Positionen, die man durch geschickte Fragen (die man halt spontan hätte stellen müssen) aus meiner Sicht durchaus deutlicher hätte herausarbeiten können. Dann wäre wohl auch ein beträchtliches Streitpotenzial zum Vorschein gekommen, das einen zumindest gedanklich etwas weiter gebracht hätte. Ein paar Beispiele:

  • Dass niemand was gegen Medienkritik als eine Komponente von Medienkompetenz hat, dürfte klar sein. Welchen Stellenwert das aber heute in Schule und Hochschule tatsächlich hat und inwiefern das von gesellschaftlichen Gruppen (u.a. von Vertretern der Wirtschaft) wirklich gewünscht und gefördert wird, ist sicher alles andere als klar.
  • Keiner hat nachgehakt, was Peter Baumgartner denn eigentlich genau unter „user-generated context“ versteht: Ist das jedem klar gewesen? Mir nicht – aber das Publikum hat leider keine Chance erhalten, selbst Kommentare oder Fragen zu formulieren.
  • Lernen aus der Praxis – so ein Motto auf die Frage, wie denn der optimale „virtual classroom“ aussieht (wobei man die Frage selbst schon hätte auseinandernehmen können) – schien konsensfähig zu sein. Aber ist das das wirklich? Gleichzeitig nämlich wurde betont, wie wichtig „Orientierungswissen“ ist: Was ist denn das für ein Wissen und in welchem Verhältnis steht es zur Praxis? Wissen wir das? Ich weiß es nicht. Ich frage mich das bei jeder Lehrveranstaltung, die ich mache, aufs Neue: Was sollte man nur mal gehört haben, was sollte man zumindest wiedererkennen und was sollte man wirklich in dem Sinne „wissen“, dass man es artikulieren und anwenden kann? Orientierungswissen – das sagt sich so leicht, klingt gut und scheint uns von der Mühe zu entlasten, inhaltlich zu werden.
  • Auch in der Diskussion wurde klar, dass wir didaktischen Anforderungen kaum mehr ohne gleichzeitigen Blick auf die bildungspolitischen Rahmenbedingungen begegnen können. Folgerichtig fiel auch das Stichwort von der „Ökonomisierung der Bildung“ – eine Steilvorlage, die mehr als eine spannende Nachfrage ermöglicht hätte. Man begnügte sich mit der Klage, dass der Begriff Bildung im „Kanzlerduell“ kaum eine Rolle spielte und der Bachelor nur mehr zur Berufsausbildung diene.
  • Es klang an, dass die Hochschullehrer daran nicht ganz unschuldig sind (was auch stimmt): Sie würden keine Lobbyarbeit betreiben (man könnte nachfragen: Sind wir Politiker?) und sie würden sich unverständlich artikulieren (man könnte nachfragen: Sind wir Journalisten)? Ja, natürlich wär es super, wenn wir Forscher, Lehrer, Politiker und Journalisten in einem wären. Manche bekommen das ja auch hin – aber ist das eine flächendeckende Lösung für Probleme in der Hochschullandschaft? Dazu hätte ich gerne die Meinung der Diskutanten gehört – unter anderem.

Ich will jetzt die Podiumsdiskussion und vor allem auf keinen Fall die Teilnehmer/innen schlecht machen, die meiner Ansicht nach sorgfältig ausgewählt waren. Gute Podiumsdiskussionen sind vielleicht auch ein Glücksfall – zu viele Faktoren müssen stimmen, damit das wirklich gelingt. Worauf ich aber hinweisen wollte, sind die aus meiner Sicht nicht eben wenigen offenen Fragen, die man hätte aufgreifen und als Anker für einen weiterführenden Meinungs- und Ideenaustausch hätte nutzen können, wenn (a) etwas mehr Zeit gewesen wäre, (b) die Moderatorin etwas sensibler und zurückhaltender gewesen wäre und (c) am Ende noch Raum für Publikumsfragen gewährt worden wäre.

GMW 2009 – altmodischer Rückblick

Noch letztes Jahr und vor allem die Jahre zuvor gab es Live-Blogging zur GMW-Tagung, mindestens aber sehr zeitnahe kürzere und längere Kommentare und Reflexionen in diversen Blogs. Heute – während und jetzt kurz nach der GMW 2009 – müssen wir uns mit Kurznachrichten via Twitter begnüngen, wo uns Michael Kerres mit einem „Good buy, see you next year“ veraschiedet (aber immerhin gerade eben zusätzlich einen Blogbeitrag beisteuert ;-)), Christian Spannagel nachts verrät, wo es die besten Cocktails in Berlin gibt, und Wolfgang Neuhaus verkündet, dass die IT-Industrie ein Klotz am Bein ist. Bislang kann ich mich dafür eher wenig erwärmen, auch wenn es ganz nett ist, all die Kommentare zu lesen. Ob man wirklich von Partizipation sprechen kann, wenn der eine oder andere Kommentar dann in „realen Diskussionen“ aufgegriffen wird, bezweifle ich. Ich bleibe „altmodisch“ und werde in den kommenden Tagen ein paar Dinge kommentieren, die mir auf der GMW 2009 aufgefallen sind und wohl in Erinnerung bleiben werden (neben der professionellen Organisation und dem schönen Wettter).

Froh bin ich, dass mein „Vortragsgespräch“ mit Tobias Jenert geklappt hat und ich habe mich gefreut, dass wir viele aufmerksame Zuhörer hatten. Danke an alle, die so interessiert zugehört haben! Eine tolle Überraschung war freilich auch der Publikumspreis an das imb-Projekt, das unser Medienlabor-Leiter Ulrich Fahrner zusammen mit einer ganzen Reihe von Mitarbeitern an unserem Institut beim MedidaPrix eingereicht hatte. Es ist eine sehr schöne Anerkennung für die gemeinsame Arbeit der letzten Jahre, bei der wir von Anfang an versucht haben, die Studierenden möglichst intensiv in die Entwicklung von Ideen, Konzepten und Produkten rund um Wissen, Lernen und Medien einzubinden. Ich bin manchmal selbst ein bisschen erstaunt, wie sich das verselbständigt hat, was an den höchst motivierten studentischen und wissenschaftlichen Mitarbeitern liegt – auf die ich natürlich schon ein bisschen stolz bin 🙂 (es sei mir verziehen).

Nachtrag: Auch Mandy und Matthias bleiben dem Blog treu und ziehen hier in gewohnt reflektierter Art ihr Resümee zur Tagung. Inzwischen sind auch einige andere gefolgt. Ich werde meine Reflexion auf die kommenden Tage noch ein wenig „strecken“ und schrittweise posten.

Weitere Reflexionen zu einzelnen Inhalten von der (gelungenen!) GMW 2009 habe ich hier, hier und hier gepostet.