Bis zu Ende lesen

Dass sich speziell die Wirtschaftspädagogik vor allem mit Dieter Euler und Peter Sloane für das Thema Design-Based Research engagiert (unter anderem auf der Erfahrungsbasis zu verwandten Themen wie Modellversuchs- oder Transferforschung), dürfte hinlänglich bekannt sein (beide sind Mitbegründer von EDeR). Nun nimmt sich die Online-Zeitschrift Berufs- und Wirtschaftspädagogik in einem Themenheft den damit verbundenen methodologischen Fragen ebenfalls an. Tade Tramm konnte mich überzeugen, mich als Gastherausgeberin zu beteiligen. Der Call findet sich hier. Meine Hoffnung ist, dass wir eine Zielgruppe ansprechen, die wir auch für EDeR begeistern können – als Mentor, Gutachter, Diskutant oder Autor. Übrigens können auch Beiträge eingereicht werden, die aus der Hochschule stammen – dazu bitte den Call bis zu Ende lesen.

Zehn Jahre … dranbleiben!

Meine Aufsätze zu Design-based Research bzw. zur entwicklungsorientierten Bildungsforschung stelle ich seit einiger Zeit in einem Reader mit Preprints zusammen. Aktuell ist ein Beitrag für einen Band des Bundesinstituts für Berufsbildung in Druck. Aus diesem Anlass habe ich den Reader aktualisiert. Die neue Fassung steht hier online zur Verfügung bzw. ist hier direkt als pdf abrufbar. Wenn der Beitrag (hoffentlich) 2015 erscheint, feiert DBR bei mir persönlich sozusagen 10-jährigen Geburtstag ;-).  Nach wie vor ist diese Forschungsstrategie in der Bildungswissenschaft noch nicht etabliert, aber bei weitem mehr im Gespräch und in Aktion als noch 2005, zum Zeitpunkt meines ersten Aufsatzes in der Unterrichtswissenschaft. Da heißt es wohl für 2015 und darüber hinaus: Dranbleiben!

Gestaltungsorientierung hoch zwei

Gleich zwei Texte zur Gestaltungsorientierung in der Bildungsforschung liegen aktuell auf meinem Schreibtisch: Zum einen das kürzlich (also 2013) erschienene Buch von Gerhard Tulodziecki, Silke Grafe und Bardo Herzig (Titel: Gestaltungsorientierte Bildungsforschung und Didaktik. Theorie – Empirie – Praxis) und zum anderen ein Preprint (online hier) von Annabell Preußler, Michael Kerres und Mandy Schiefner-Rohs mit dem Titel „Gestaltungsorientierung in der Mediendidaktik: Methodologische Implikationen und Perspektiven“ (erscheint im Jahrbuch Medienpädagogik 10).

„Gestaltungsorientierung hoch zwei“ weiterlesen

Aus dem Reich der Unwissenschaftlichkeit befreien

Gestern war ich zur Eröffnung einer neuen Graduiertenschule an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft (EPB) an der Universität Hamburg eingeladen (Web-Auftritt hier). Über die Anfrage bzw. Bitte vor einigen Monaten, mich an dieser Eröffnung mit einem Vortrag zu Design-Based Research zu beteiligen, habe ich mich fast ein wenig gewundert, aber auch gefreut: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass an diesem Forschungsansatz explizit Interesse bekundet wird, und wenn das dann noch dazu im Kontext der Nachwuchsförderung der Fall, ist das besonders erfreulich. Daher habe ich natürlich zugesagt!

Ich finde es äußerst schwer, zu einem methodischen Thema dieser Art einen „Vortrag“ zu gestalten. An sich bräuchte man da eine Workshop-Reihe inklusive mehrerer Beispiele. Ich hatte zwar im Vortrag eine Reihe von Fragen und Diskussionsphasen vorgesehen (hier die dazugehörigen Folien: DBR_Vortrag_Hamburg_April13) und mit einer viel kleineren Gruppe gerechnet, die sich wahrscheinlich stärker hätte aktivieren lassen. Hätte ich gewusst, dass so viele kommen, hätte ich es wahrscheinlich etwas anders aufgezogen. In jedem Fall aber ist der Beitrag mit offenbar großem Interesse verfolgt worden und auf der anschließenden Poster-Präsentation (Poster zu Promotionsvorhaben) hatte ich die Möglichkeit, mich noch mit mehreren Doktoranden zu unterhalten. Dabei habe ich mitgenommen, dass einige zwar „Entwicklungsanteile“ in ihren Arbeiten vermuten bzw. haben, aber nicht so recht wissen, welchen Stellenwert sie diesen geben dürfen (damit es „wissenschaftlich bleibt“) und wie sie diese auch angemessen darstellen können.

Meinen auch kritischen Bemerkungen während des Vortrags zu immer noch mangelnden Förderinitiativen für entwicklungsorientierte Forschungsvorhaben haben zwei (Nicht-Nachwuchs-)Wissenschaftlern heftig widersprochen – mit Verweis auf BMBF-Programme und die neue DFG-Förderlinie zum Transfer von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung. Weil ich ein bisschen zu polemisch geworden bin, habe ich diesen Widerspruch wahrscheinlich selbst provoziert. Ich räume auch gerne ein, dass es natürlich immer irgendwie möglich ist, auch für ausgefallene Projektideen und solche, die Entwicklungsanteile haben, eine Finanzierung zu finden, und dass auch immer wieder Bemühungen sichtbar werden, die „Nutzung von Forschungsergebnissen in der Praxis“ zu unterstützen. Das geht aber letztlich an dem etwas vorbei, worum es mir geht, nämlich: den Prozess der Entwicklung an sich aus dem Reich der „Unwissenschaftlichkeit“ zu befreien und dies auch so zu tun, dass sich Nachwuchswissenschaftler an Entwicklungsarbeiten herantrauen und Unterstützung erfahren. Design Research kann und soll andere Forschungsansätze nicht (!) ersetzen; sie kann und soll – so meine Auffassung – aber ein zusätzlicher Ansatz in der Landschaft der Bildungsforschung sein.

(An der Stelle verweise ich noch einmal auf den Reader zur Entwicklungsforschung – siehe hier. Zudem möchte ich ankündigen, dass ein Beiheft der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik in Vorbereitung ist, herausgegeben von Dieter Euler und Peter Sloane; in diesem werde ich einen Beitrag speziell zur Entwicklungsphase im Design Research-Prozess leisten).

Eine im Begriff angelegte Starrheit

Rigor versus Relevanz – dieses Gegensatzpaar spielt eine große Rolle, unter anderem wenn man sich mit Forschungsansätzen wie Design-Based Research bzw. Entwicklungsforschung beschäftigt (zum Thema siehe z.B. hier). Unter dem Titel „Rigor, wissenschaftliche und praktische Relevanz“ hat Alexander Dilger vor knapp einem Jahr ein Diskussionspapier veröffentlicht (hier), in dem er das Gegensatzpaar „Rigor – Relevanz“ auflöst und stattdessen für die Unterscheidung von drei Dimensionen plädiert (siehe im Text Abbildung auf Seite 7): Rigor, wissenschaftliche Relevanz und praktische Relevanz.

Seine Argumentation: Wissenschaft sollte nicht auf Rigor im Sinne der Einhaltung von Regeln und Standards und schon gar nicht auf die Einhaltung von wiederum nur speziellen Standards (z.B. beim quantitativen Forschen) eingegrenzt werden. Wichtiger sei vielmehr die wissenschaftliche Relevanz, zu der neben Rigor auch Kreativität oder die Bedeutung des betrachteten Problems gehöre (S. 2). Aber: „Rigor erfreut sich … deshalb so großer Beliebtheit in der Wissenschaft, da er besser feststellbar, überprüfbar und für weitere Forschung anschlussfähiger ist als die anderen Bestandteile der wissenschaftlichen Relevanz und damit auch dieser selbst“ (S. 4). Außerdem würde das aktuelle System der Forschungsförderung und wissenschaftlichen Nachwuchsförderung eine Spezialisierung auf die Einhaltung von Rigor (vor allem speziellem Rigor) befördern. Von daher sei eine Dominanz von Rigor eine reale Gefahr – jedenfalls „bis die im Begriff angelegte Starrheit zu groß wird“ (S. 6). Dilger führt anhand einiger Beispiele auf, dass Rigor und wissenschaftliche Relevanz durchaus voneinander unabhängig sein können, aber im Idealfall natürlich miteinander gekoppelt sind, ohne dass aber die wissenschaftliche Relevanz in Rigor aufgehe.

Als dritte Dimension führt er nun die praktische Relevanz ein. Hier ist interessant, dass seine Argumentation für die Betriebswirtschaftslehre, die er als angewandte Wissenschaft bezeichnet, auch auf die Bildungswissenschaften als ebenfalls angewandte Wissenschaften recht gut passt: „Für Praxis und Wissenschaft ist es besser, wenn innerhalb der Wissenschaft die wissenschaftliche Relevanz nach Möglichkeit wieder in den Vordergrund gerückt wird. Denn wissenschaftliche Relevanz kann nicht nur zu praktischer Relevanz führen, sondern auch umgekehrt kann die praktische Relevanz als eine Komponente verstanden werden, die neben Rigor, Kreativität u. a. zur wissenschaftlichen Relevanz beiträgt. In einer angewandten Wissenschaft ist ein Problem allein schon deshalb wissenschaftlich relevant, weil es sich in der Praxis stellt. Allerdings ist dieser Beitrag zur wissenschaftlichen Relevanz gering, wenn nicht weitere Eigenschaften hinzukommen, z. B. dass das Problem verallgemeinerbar, an vorhandene Theorien anschlussfähig oder für die Entwicklung neuer Theorien fruchtbar ist“ (S. 6). Ich finde, diese Argumentation hat eine hohe Affinität zu den Argumenten, mit denen man in der Regel versucht deutlich zu machen, warum Design Research bzw. Entwicklungsforschung nicht nur ein neuer Aufguss der alten Aktionsforschung ist.

Im letzten Teil des Textes geht Dilger im Zusammenhang mit der praktischen Relevanz auf den Unterschied zwischen praktischem Interesse an neuem Wissen und an der Rechtfertigung schon bestehender Meinungen ein (S. 8 ff.), wobei er mit Praxis vor allem die Wirtschaft und die Politik im Blick hat. Erhebliche Probleme für die Wissenschaft identifiziert Dilger vor allem da, wo die Praxis vorrangig nach wissenschaftlicher Rechtfertigung ihrer schon gefassten Entscheidungen oder formulierten Einschätzungen interessiert ist. Wichtig erscheint mir hier unter anderem sein Hinweis darauf, dass Wissenschaft von ihrem Charakter her öffentlich angelegt ist und öffentlich zugängliches Wissen ein Kollektivgut ist; „die Ergebnisse werden in der Regel veröffentlicht, um von allen anderen Wissenschaftlern begutachtet, gegebenenfalls kritisiert oder um deren weitere Erkenntnisse ergänzt werden zu können“ (S. 11).

Fazit: Ein lesenswertes Diskussionspapier – auch für Bildungswissenschaftler und vor allem für solche, die außerhalb des aktuellen Forschungsmainstreams versuchen, Fuß zu fassen.

Entwicklungsorientierte Bildungsforschung – work in progress

Mit diesem Blogpost möchte ich einen einen Reader verfügbar machen, der sechs Artikel als Postprints zusammenstellt, die ich zwischen 2005 und 2012 zum Thema „entwicklungsorientierte Bildungsforschung“ allein oder mit Co-Autoren verfasst habe.

Viele meiner bisherigen Arbeiten insbesondere in der Hochschullehre sind „Entwicklungsarbeiten“, ohne dass allerdings angesichts der knappen Ressourcen in der Regel Zeit bleibt, daraus entwicklungsorientierte Forschungsprojekte zu machen. Leider ist es nach wie vor schwer, genau dafür Fördergelder zu akquirieren.

Mit dieser Zusammenstellung ist das Thema für mich nicht beendet. Ich hoffe, dass es weitere Gelegenheiten und vor allem weitere Autoren gibt, mit denen ich mich zusammen dem Thema widmen und weitere Texte schreiben kann. Insbesondere aber müsste neben den theoretischen Auseinandersetzungen konkrete Projekte und längerfristige Vorhaben als entwicklungsorientierte Bildungsforschung durchgeführt und dabei verschiedenen Leitprinzipien und Methoden konkret erprobt und weiterentwickelt werden.

Reader_Entwicklungsforschung_Jan2013.

 

Eine Panne am Ende

An sich sollte sie ja schon erschienen sein – die letzte Ausgabe der ZEL (Zeitschrift für E-Learning. Lernkultur und Bildungstechnologie), bei der wir als Gründungsherausgeber die Beiträge selbst geschrieben haben (zum Thema Ende der „alten“ ZEL siehe hier). Nun aber die große Panne am Ende: Die Druckerei hat zwar das richtige Cover, aber im Innenteil ein altes Heft gedruckt – was für ein Abschluss! 😉 Na ja, das richtige Heft soll demnächst nachgeliefert werden. Da muss man halt jetzt noch ein wenig Geduld haben.

Die Texte wurden untereinander (ziemlich kritisch, wie ich finde) begutachtet – mit langen Rückmeldungen und mehrmaligen Überarbeitungsschleifen. Mein bzw. unser Beitrag (ich habe ihn zusammen mit Frank geschrieben) ist leider zu lang geraten. Insbesondere ist das Literaturverzeichnis recht ausführlich geworden. Für die Printfassung haben wir dieses daher gekürzt und stellen hier nun den Beitrag als Preprint mit der vollständigen Literatur zur Verfügung. Wir freuen uns natürlich über Kommentare :-).

ZEL_Artikel_Reinmann_Vohle_2012_Preprint

Die Diskussion abgewürgt?

Bereits letztes Jahr (2011) hat Wolfgang Einsiedler einen Sammelband mit dem Titel „Unterrichtsentwicklung und Didaktische Entwicklungsforschung“ herausgegeben. Endlich habe ich die schon seit einiger Zeit geplante Rezension zu dem Buch geschrieben, das mich natürlich allein schon wegen der „Entwicklungsforschung“ im Titel sehr interessiert hat (auch wenn der Fokus allein auf der Schule liegt und eine Ausweitung auf Hochschule, Weiterbildung etc. für das Thema Entwicklungsforschung natürlich noch einmal interessanter gewesen wäre).

Die Lektüre war auf jeden Fall ein Gewinn, auch wenn ich speziell in punkto Entwicklungsforschung eher zu einem kritischen abschließenden Urteil komme:

Rezension_Einsiedler(Hrsg)Mai 2012

Tablets, Apps und das Internet der Dinge

Gestern fand an der Universität Trier der der „E-Learning-Tag Rheinland-Pfalz“ unter dem Motto „vernetzt – kompetent – mobil“ statt. Hier das Programm. Ich war eingeladen, den Eröffnungsvortrag zu halten. Auf der Veranstaltung selbst konnte ich leider nur bis Mittag sein. Nach mir hat Stefan Aufenanger einen Vortrag zur „Zukunft des E-Learning in Hochschulen“ gehalten und sich über dabei über „Humboldts virtuelle Erben“ Gedanken gemacht. Zum Ende der Veranstaltung war Dirk von Gehlen von der SZ angekündigt. Diesen Vortrag hätte ich gerne gehört (wurde aber wohl aufgezeichnet), aber leider ist Trier von uns aus ja richtig blöd mit dem Zug zu erreichen – das ist fast eine Tagesreise.

Ob ich mit meinem Vortrag wirklich so richtig verstanden worden bin, kann ich ganz schlecht einschätzen. Das Publikum umfasste Personen mit tiefen Kenntnissen auch in der Hochschildidaktik und andere, die sich auf diesem Sektor engagieren, ohne dass sie wahrscheinlich die Diskussionen in der Fach-Community unbedingt kennen. Vor diesem Hintergrund finde ich es immer sehr schwer, das richtige Abstraktions-, Neuigkeits- auch Kritikniveau zu finden. Na ja, vielleicht mag noch jemand nachlesen, daher an dieser Stelle das Manuskript meines Vortrags mit dem Titel „Tablets, Apps und das Internet der Dinge – Der weite Weg von der technischen Invention zur didaktischen Innovation“.

Vortrag_Trier_Mai_2012

Wie-stelle-ich-mich-so-dar-dass-ich-mitspielen-darf“-Falle

„Wo ist die Forschung in der Entwicklungsforschung?“ Das war einer der Fragen, mit denen wir uns heute im Doktorandenkolloquium auseinandergesetzt haben. Ein paar Worte zum Ablauf (zur Information): Bereits Wochen vorher haben sich Doktoranden sukzessive mit drei Texten zum Thema (einem von Dieter Euler, einem von Wolfgang Einsiedler und einem von mir) auseinandergesetzt. Dabei sollte jeder so vorgehen, dass er/sie zunächst das eigene Vorverständnis von Entwicklungsforschung explizieren und dann nach der Lektüre jedes Textes reflektieren sollte, ob und wenn ja, was sich an der eigenen Auffassung dazu geändert hat.

Im ersten Drittel des heutigen Nachmittags standen die Ergebnisse dieser Einzelarbeit im Vordergrund. Dazu haben wir zwei Partnerarbeiten durchgeführt, in der sich die Doktoranden gegenseitig ihre durch die Lektüre bewirkten Verständnisveränderungen dargelegt haben. Anschließend haben wir in einer Plenumsdiskussion die Erfahrungen ausgetauscht. Fokus im zweiten Drittel des Nachmittags war ein Vortrag von Frank, in welchem er die Entwicklung der Technik und Didaktik rund um das von ihm und seinem Team seit vielen Jahren vorangetriebenen „Lernens mit Videoannotation“ (so sage ich das jetzt mal verkürzt) weitgehend chronologisch präsentiert hat. Frank dazu hier bereits seine eigenen Folgerungen zusammengefasst. Im letzten Drittel haben wir in Kleingruppenarbeiten versucht, die entstandenen Vorstellungen von Entwicklungsforschung zu visualisieren.

Ein „Schlüsselerlebnis“ für mich heute war, dass in manchen (vielen?) Köpfen Folgendes tief verwurzelt zu sein scheint (wobei da Stimmen aus dem Kolloquium nur „transportieren“, was in verschiedenen Fach-Communities als wissenschaftlicher Standpunkt weitergegeben wird). Ich versuche mal, das kurz auf den Punkt zu bringen:

„Die Wissenschaft da draußen“ definiert die Spielregeln und wenn man etwas macht, was die Tendenz zu (ein paar) neuen Spielregeln hat, muss man seine Sache so darstellen, dass man den Anschein erweckt, die bestehenden Spielregeln durchaus beachtet zu haben. Mit anderen Worten: Es geht darum, die eigene Forschung auf jeden Fall so darzustellen, dass sie in den bestehenden wissenschaftlichen Rahmen passt.

Die Beobachtung dieser Haltung löst in mir zweierlei aus: Zum einen kann ich sie nachvollziehen. Aus dieser Auffassung kann man den Anspruch an Anschlussfähigkeit herauslesen und die ist selbstverständlich wichtig in der Wissenschaft (oder anders formulier: Freilich kann nicht jeder einfach machen, was er will und was er persönlich ohne schlüssige Begründung für richtig hält). Das Problem ist allerdings, wenn „man nur so tut als ob“ – wenn man sich also auf die „Verpackung“ und darauf konzentriert, „mitspielen zu dürfen“. Zum anderen schreckt mich die Beobachtung etwas auf. Aus dieser Auffassung kann man nämlich auch das fehlende Bestreben zur aktiven Mitgestaltung von Wissenschaft und die Annahme herauslesen, dass man sich „der“ Wissenschaft unterzuordnen habe. Wenn es einem vor allem um die „richtige Darstellung“ geht und nicht darum, für das, was man darstellt, einen geeigneten Platz in der Forschungslandschaft zu finden bzw. dessen Wissenschaftlichkeit zu erarbeiten und zu etablieren, dann geht das aus meiner Sicht am Wesen von Wissenschaft vorbei.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Mich schrecken NICHT meine Doktoranden auf und überhaupt nicht die Diskussionen, die ich heute als sehr wertvoll und auch für mich interessant empfand. Vielmehr macht es mich sehr nachdenklich (obwohl ich es an sich weiß), wie wirkungsmächtig die zu einer bestimmten Zeit “etablierte Wissenschaft“ (durch Medien, wissenschaftliche Literatur, Tagungen etc.) selbst in Gruppen ist, in denen man eine Vielfalt an Forschungsdesigns und Forschungszielen, interdisziplinäre Bezüge und offene Methodendiskussionen fördert. Daraus folgt für mich: Wir dürfen nicht nur über Entwicklungsforschung und reden und schreiben, wir müssen sie praktizieren und daran arbeiten, dass wir konsensfähige eigene Standards bekommen. Sonst kommt man aus dieser „Wie-stelle-ich-mich-so-dar-dass ich-mitspielen-darf“-Falle nämlich nicht raus.