Warum ich an der Uni ein großes Postfach habe

Als ich im Herbst 2001 die Professur für Medienpädagogik an der Universität Augsburg übernommen habe, habe ich ein Postfach an der zentralen Poststelle erhalten. Mir ist damals nicht aufgefallen, dass es kleine und große Postfächer gibt. Erst im darauf folgenden Sommer habe ich das bemerkt, denn da habe ich ein großes Postfach bekommen. Warum? Weil die vielen Abschlussarbeiten nicht hineinpassten. Vor einer Woche hat man mir die aktuellen Abschlussarbeiten (inzwischen fast nur noch Bachelor- und einige Masterarbeiten) persönlich vorbeigebracht – mit einem kleinen Wägelchen, auf dem sich über 50 Arbeiten (schätzungsweise) befanden. Das ist auch der Grund, warum es in meinem Blog derzeit recht still ist: Nein, ich nutze nicht die letzten Tage vor Vorlesungsbeginn für einen kleinen Urlaub. Ich mache seit einer Woche nichts anderes als Arbeiten zu lesen und zu begutachten: 23 Erstgutachten und 35 Zweitgutachten stehen an – bzw. einiges davon ist Gott sei Dank schon erledigt.

Ich habe mal ein kleine Statistik gemacht:

  • SoSe 2002: 15 Erstgutachten
  • WiSe 02/03: 9 Erstgutachten
  • SoSe 03: 20 Erstgutachten
  • WiSe 03/04: 36 Erstgutachten
  • SoSe 04: 35 Erstgutachten
  • WiSe 04/05: 43 Erstgutachten + 1 Zweitgutachten
  • SoSe 05: 23 Erstgutachten + 1 Zweitgutachten
  • WiSe 05/06: 25 Erstgutachten + 20 Zweitgutachten
  • SoSe 06: 8 Erstgutachten + 13 Zweitgutachten
  • WiSe 06/07: 23 Erstgutachten + 20 Zweitgutachten
  • SoSe 07: 20 Erstgutachten + 8 Zweitgutachten
  • WiSe 07/08: 23 Erstgutachten + 35 (es können aber noch mehr werden – es werden sehr wahrscheinlich noch mehr)

Das macht – heutiger Stichtag – 380 Gutachten in sechs Jahren – ohne DAAD-Gutachten, Gutachten für Studierende, die sich an eine Stiftung wenden, Dissertationsgutachten und Gutachten, die man in oder für Berufungskommissionen erstellt.

Wahrscheinlich gibt es Kollegen/innen, die noch (viel) mehr machen (müssen). Sicher aber gibt es auch viele, die das gar nicht nachvollziehen können, weil entweder die Professuren/Lehrstühle pro Studiengang zahlenmäßig viel mehr sind oder aber weil es in einigen Fächern schlichtweg viel weniger Studierende gibt. Aber darum geht es gar nicht: Eher geht es darum, dass man sich fragen muss: ist das noch das, was man von den Professoren will? Gutachten schreiben und – das kommt noch dazu – bürokratische Anforderungen erfüllen? Und letztere nehmen explosionsartig zu …. aber gut, das ist ein anderes Thema.

Mobile learning – ein E-Book

„Mobile learning: towards a research agenda.“, so lautet der Titel eines E-Books – frei zugänglich und zwar hier – herausgegeben von Norbert Pachler (London: WLE Centre to which). Es handelt sich um eine Zusammenstellung von Forschungsberichten, die im Rahmen eines Symposiums zum Mobile Learning im Februar 2007 vorgestellt wurden. Interessante Aspekte bietet aus meiner Sicht u.a. der Beitrag von Alice Mitchell zu den Erfahrungen mit einem „mobile game“ zur Förderung des Entscheidungsverhaltens in Krisensituationen. Die Autoren sind international zusammengesetzt.

Open Access – ein Handbuch

Per Post habe ich ein kleines Hanbuch von der Deutschen UNESCO-Kommission zum Thema Open Access erhalten mit Beiträgen zu Definition und Ursprung von Open Access, Beispieien für Publikationsmodelle und verschiedenen Perspektiven (Hochschule, Wissenschaft, Bibliothek etc.) auf Chancen und Herausforderungen. Zudem werden einige Initiativen im internationalen Kontext vorgestellt. Das Handbuch ist – alles andere wäre ja bei diesem Thema auch seltsam – online zugänglich, nämlich hier. Einige Beiträge habe ich bereits gelesen – nun ja, etwas wirklich neues steht nicht drin, gut aber ist die kompakte Zusammenstellung. Nach wie vor bleibt für mich die große Frage, „wer es bezahlen“ soll, und wahrscheinlich läuft es nicht auf ein Modell, sondern auf mehrere hinaus.

Assessment als Gestaltungsfaktor

In eigener Sache möchte ich auf einen neuen Arbeitsbericht aufmerksam machen. Er ist im Zuge eines geplanten Vortrags entstanden; doch die Veranstaltung, bei der ich hätte vortragen sollen, fällt leider aus. Na ja, das Gute daran ist, dass es jetzt vielleicht mehr lesen als es hätten hören können (Arbeitsbericht 16). Thema ist das Assessment – und zwar als ein Gestaltungsfaktor – nicht nur, aber vor allem im Zuge von Bologna und in Zeiten des Web 2.0. Ich möchte das Assessment-Thema in nächster Zeit näher behandeln, weil ich – insbesondere auf der Grundlage praktischer Erfahrung – fest davon überzeugt bin, dass es ein Schlüsselthema im Bereich der Lehre ist.

GMW 2007: Best Paper Award

Besonders gefreut hat mich auf der diesjährigen GMW die Präsentation von Sandra (Hofhues) und Tobias (Jenert). Die beiden haben unseren Beitrag zum Begleitstudium Problemlösekompetenz präsentiert, den wir zusammen (Sporer, Reinmann, Jenert, Hofhues) verfasst haben. Die beiden haben das sehr gut gemacht; Sandra hat vor kurzem ihren Master abgeschlossen, Tobias steht kurz davor. Ein meine, da haben wir in Augsburg einen guten wissenschaftlichen Nachwuchs (wir haben natürlich noch mehr davon ;-)). Zusammen mit Tom (Sporer) haben die beiden auch in der Preconference einen Workshop zum gleichen Thema angeboten. Leider blieb die Beteiligung hinter den Erwartungen zurück: Zu stark war das Thema wohl auf die Studierenden selbst ausgerichtet, die leider nicht allzu zahlreich da waren. Trotzdem waren die Erfahrungen auch im Workshop für alle Beteiligten positiv. Belohnt wurde das Ganze schließlich durch den Best Paper Award am Schluss, als ich leider schon im Zug sitzen musste. Ich danke an der Stelle dem ganzen Team für das große Engagement!

GMW 2007: Ein paar Eindrücke

Vor allem die Eröffnung der GMW-Tagung konnte mit gut genmachten Keynotes aufwarten:

  • Rolf Schulmeister setzte sich mit den Schwierigkeiten und Widersprüchen des Bologna-Prozesses auseinander, brachte den Bildungsbegriff ins Spiel und machte klar, an welchen Stellen wir gehörig aufpassen müssen, wollen wir den Ausverkauf einer Hochschulbildung (noch) verhindern, die den Namen verdient. Anders als Rolf stehe ich dem Bologna-Prozess an sich nicht so skeptisch gegenüber, eher schon den bisherigen aktionistischen Maßnahmen zu dessen Umsetzung (angefangen von der abstrusen Vorstellung, Akkreditierungsagenturen könnten die Qualität von Studiengängen mit den jetzigen Verfahren wirklich feststellen bis hin zu Hochschullehrern, die die Bologna-Reform mit einer abzuarbeitenden Verwaltungsanweisung verwechseln).
  • Gabriele Beger berichtete in ihrem Vortrag anregend über die Chancen, ja über die Notwendigkeit von Open Access – mit viel Geschick und Leidenschaft für die Sache. Was mir dabei erstmals richtig klar wurde und mich auch überzeugt hat: Während herkömmliche Bücher und Zeitschriften zwar von Einzelnutzern käuflich erworben werden müssen, wenn man sie „besitzen“ will, kann man doch – wenn man auf den Besitz verzichtet und es nicht ganz so eilig hat – über Bibliotheken prinzipiell eine Vielzahl von Büchern und Zeitschriftenartikeln fast kostenlos oder mit geringen Gebühren einsehen, sie leihen und lesen. Das ist mit elektronischem Material, auf das man ausschließlich über Gebühren (oft nicht unerhebliche Kosten) Zugang erhält, nicht mehr möglich. Daraus folgt natürlich nicht, dass die Digitalisierung schlecht ist; schlecht sind nur – im Wissenschafts- und Bildungsbetrieb – die dahinter stehenden Geschäftsmodelle. Ein wichtiges Thema – ein interessanter Vortrag – ganz ohne PowerPoint!
  • Unterhaltsam und ebenso PPP-enthaltsam zeigte sich auch Norbert Bolz: Er spielte damit, dass er nicht zur neuen Netzgeneration gehört; er verknüpfte soziologische Theorien mit medienwissenschaftlichen Erkenntnissen und brachte eine Reihe von Thesen in kurzweiliger Weise vor, obschon mir ein wenig der roten Faden und klare Kernbotschaften fehlten. Als witzig und plausibel, leider aber falsch, bleibt mir vor allem die Aussage in Erinnerung, dass das kleinstmöglich Netzwerk, nämlich ein Paar, wenn es sich denn um ein sich liebendes Paar handelt, bei seiner Kommunikation einen Informationsaustausch hat, der nahezu gegen Null geht („Gebrabbel“). Na ja, vielleicht hat Herr Bolz immer noch nicht die richtige Partnerin gefunden, vielleicht misstraut er auch allen Wissenschaftlerpaaren, vielleicht verwechselt er Liebe mit Verliebtsein, vielleicht war es aber auch nur ein rhetorischer Kniff. Wie auch immer. Ich verstehe jedenfalls nicht, wie man zu dieser Schlussfolgerung kommt, denn: Wenn zwei Menschen eine hohe Interaktionsdichte haben, sich dabei mit gleichen oder ähnlichen Themen beschäftigen, wird sich der „common ground“ enorm vergrößern und ich spare mir den Austausch von Informationen, den ich bei Personen aus meinem „losen Netzwerk“ stets brauche, um überhaupt eine gemeinsame Kommunikationsgrundlage herzustellen. Allein dieses kognitive Argument dürfte reichen, um zumindest Skepsis an der „Gebrabbel-Theorie“ anzumelden.

GMW 2007: Das Panel

Die GMW 2007 in Hamburg ist am Freitag (14. Sept.) zu Ende gegangen. Eine umfangreiche Dokumentation der Keynotes und einiger anderer Vorträge findet sich auf der Web-Site zur GMW 2008 bzw. wird sich demnächst bald dort befinden (hier). Im Zentrum meiner/unserer (ich schließe Frank mal mit ein) Aufmerksamkeit stand natürlich vor allem das Panel, für das wir verantwortlich waren. Das Thema, das wir für das Panel – passend zum Motto der GMW 07 – gewählt hatten, war nicht einfach zu fassen: Die Produktion der Videoanker hatte viel Zeit in Anspruch genommen, ebenso die Akquise der Panel-Teilnehmer. Am Rande habe ich mit bekommen, dass sich seitens einiger Besucherinnen der GMW Unmut über die geringe „Frauenquote“ breit gemacht hat. Also liebe Kritikerinnen:

Wir haben mit minimalen Ressourcen und Arbeit in der Freizeit neben der Produktion der Videoanker auch viel Zeit für die Akquise von Personen verwendet, die das Panel (a) direkt durch ihre Teilnahme und (b) durch Interviews, die wir für die Anke verwendeten, unterstützen. Darunter waren auch eine ganze Reihe Frauen, die uns (fast) alle aus den verschiedensten Gründen abgesagt hatten. Es gibt andere Kontexte, da sind die Frauen in der Mehrzahl und Absagen kommen systematisch oder zufällig seitens der Männer. Ist das wirklich ein Grund zur Aufregung? Ehrlich: Ich finde, es gibt Wichtigeres. Womit ich das Thema in diesem Zusammenhang dann auch belassen will.

Wir hoffen, dass sich nun, nach der GMW, doch noch einige auf der Web-Site unseres Vereins „Ökonomie und Bildung“ (hier) umsehen und das Panel kommentieren. Ich denke, es wurden viele interessante Fragen und Aspekte angerissen und natürlich alles andere als ausdiskutiert. Auch hätte ich mir mehr Kontroversen gewünscht; das hat leider nicht so geklappt, wie es vielleicht hätte klappen können. Aber einen Anstoß zum Nachdenken, sollte der eine oder andere Panel-Teilnehmer und unsere Panel-Teilnehmerin 😉 doch gegeben haben. Und wenn es die Diskussion und das eigene Nachdenken über das Thema Kreativität und Lehre anregt, dann hat das Panel seinen Zweck durchaus erfüllt. An der Stelle noch einmal herzlichen dank an die Panel-Teilnehmer/in, die sich ohne Honorar Zeit für diese Runde genommen und mitgemacht haben, sowie an Tom (Sporer) und sein Team für die aktive Unterstützung im Online-Bereich.

Franks Einschätzung zum Panel findet sich hier.

Ende der Sommerpause

Nein, ich war nicht vier Wochen im Urlaub, sondern nur zwei, aber es dauerte über eine Woche, um die sich angestauten Arbeiten zu erledigen und sozusagen wieder „auf der Spur“ zu sein. Was dann so anfällt? Nun, erstens beschäftigt einen eine übervolle Mailbox. Zweitens beglückt einen die Verwaltung inzwischen auch in der bayerischen Ferienzeit mit allerlei Anschreiben: Die Bürokratie, mit der wir an der Uni überhäuft werden, nimmt – so meine Erfahrung – zu und nicht nur das: Weil vieles – wohl ebenfalls aufgrund von Überlastung – in so manchen Verwaltungsbüros länger liegen bleibt, verkürzen sich die Zeiträume, in denen irgendwelche Berichte, Dokumentationen geschrieben; Fragebögen ausgefüllt oder Listen erstellt werden sollen. Drittens befinden sich im Moment mehrere meiner Doktoranden in der Endphase ihrer Dissertation: Das erfordert dann auch von mir wieder mehr Unterstützungsaufwand. Viertens haben wir erfreulicherweise ein neues Drittmittelprojekt (Busines@sschool), und ein EU-Projekt (Blended Learning zu Gesundheitsförderung), bei dem wir beteiligt sind, wird Gott sei Dank weiter finanziert. Und dann die GMW Mitte September (dazu in Kürze mehr): Ja, das also sind die Gründe für die Blog-Pause.

Die akademische Elite

Es ist eines der Bücher, das besonders viele Eselsohren, will heißen zitierwürdige Stellen hat, nämlich: das kürzlich erschienene Buch von Richard Münch mit dem Titel: Die akademische Elite (hier findet sich z. B. eine gute Rezension – auch mit Hinweis auf die Schwächen des Buches, die ich durchaus teile, und einer fundierten Zusammenfassung, auf die ich hier entsprechend verzichten kann). Ich möchte an der Stelle einfach mal nur ein paar Kostproben liefern, weil ich es selbst nicht so gut bzw. provokant formulieren könnte. Und vielleicht macht das ja Lust auf mehr – ich kann das Buch nur empfehlen: Die Lektüre lohnt sich!

Seite 86: „Schon aus Gründen der Minimierung des Ablehnungsrisikos tendieren erfolgreiche Drittmittelforscher dazu, bei neuen Anträgen nahe an dem schon erforschten Gegenstand zu bleiben. In den Sozialwissenschaften führt das zu langjähriger Forschung, in der immer weniger Neues entsteht.“ So ist es!

Seite 90: „Das Problem besteht darin, dass die universitäre Forschung in allen Disziplinen auf breiter Front von der Last der immer weiter ausgedehnten und betreuungsintensiver gewordenen Lehre, mindestens genauso aber auch von der Arbeit für Selbstverwaltung, Public Relations, Berichterstattung, Drittmitteleinwerbung und Begutachtung erdrückt wird …“ Davon können wir auch bei uns ein Lied singen.

Seite 135 f: „Die Rede von ´forschungsstarken´ Universitäten sagt mehr über Größenordnungen, die Dominanz von ökonomisch nützlichen Disziplinen in der Förderstruktur und die damit verbundenen Machtpositionen im wissenschaftlichen Feld aus als über Forschungsleistungen, gemessen an den Kriterien von Chancengleichheit und unterschiedlichen Qualitätsanforderungen an die jeweiligen Disziplinen.“ Da kann man nur beipflichten.

Seite 380 f: „Anstelle von Markt, reguliertem Wettbewerb, Offenheit und Pluralität wird die Verteilung von symbolischem Kapital durch den Monopolmechanismus der Akkumulation von Macht durch Macht, das Matthäus-Prinzip und Herdenverhalten bestimmt. Das führt zu einer kartellartigen Verteilung von symbolischem Kapital, die in der hohen Konzentration von DFG-Ausschussmitgliedern und DFG-Gutachtern auf wenige Institutionen zum Ausdruck kommt.“ Gut, man könnte es vielleicht auch etwas einfacher sagen, aber das mit der „kartellartigen Verteilung von symbolischem Kapital“ ist schon eine sehr prägnante und treffende Formulierung.

Seite 204: „Die Internationalisierung der Forschung wirkt als ein Dispositiv der Macht, das insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften eine erhebliche Einschränkung von Vielfalt, Kreativität und offenere Wissensevolution zur Folge hat. Dieser amerikanischen Hegemonie wird man nicht durch eigene Monopolstrukturen entgegenwirken können, sondern nur durch die gezielte Förderung von Wettbewerb, Vielfalt und Kreativität.“ Letzteres wäre ja wirklich zu hoffen und zu wünschen.

Seite 313: „So viel Exzellenz, wie inzwischen beansprucht wird, kann es gar nicht geben, weil das dem ursprünglichen Gehalt des Begriffs widersprechen würde. Ohne Chancengleichheit hat der Begriff des Wettbewerbs keinen Wert. Die öffentliche Kommunikation bewegt sich dementsprechend in einem selbstbezüglichen Kreislauf der völligen Leere. Die wird zu einer Art Orgie, an der sich alle berauschen (Baudrillard 1992). Der Effekt ist der völlige Verlust des Bezugs zu einer Realität außerhalb des Kreislaufs.“ Das bedarf keines weiteren Kommentars.

Schöne Ferien!

Schluss mit dem unsinnigen Rattenrennen

„Ab sofort verpflichtet sich jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler, nicht mehr als drei Fachaufsätze pro Jahr und höchstens alle zwei Jahre eine Monographie zu publizieren. Dabei gelten als Aufsatz alle wissenschaftlichen Texte, die in einer gedruckten oder im Internet erscheinenden Fachzeitschrift veröffentlicht werden und dort dauerhaft zugänglich sind. Als wissenschaftliche Monographie gilt jede Veröffentlichung in einem der entsprechenden Fachverlage, in gedruckter wie elektronischer Form. Auch die jeweiligen disziplinären Fachverbände (DGS; DVPW etc.) übernehmen diese Richtlinie als für sich und ihre Mitglieder verbindlich.“

Gerade eben erst habe ich das Online-Magazin „Sciencegarden Magazin für junge Forscher“ und dort einen Artikel zur Problematik des bekannten „public or perish“ entdeckt, über die viel geklagt, aber rein gar nichts unternommen wird. Im Gegenteil: Nicht nur für den Einzelnen in Berufungsverfahren, sondern auch im Rahmen von Evaluationen ganzer Fachbereiche oder Hochschulen spielt die Quantität von Publikationen – neben der noch wichtigeren Quantität von Drittmitteln – zunehmend die dominierende Rolle. Dass und inwiefern sich das für alle Wissenschaftler zu einem kaum lösbaren Dilemma entwickelt, zeigen Christian Dries und Harmut Rose in dem genannten Beitrag und rufen als Lösungsidee zur kollektiven Selbstbeschränkung auf.

Ich finde das gut – ich würde mich anschließen, wenn man eine ausreichend große kritische Masse an Wissenschaftlern dafür gewinnen könnte – aber da liegt natürlich wieder das Problem. Vielleicht sollte man das Ganze sogar ausweiten auf Vorträge und Tagungen. In dem Punkt bin ich mit der Selbstbeschränkung schon recht weit, weil es schlichtweg nicht anders geht und weil es mich auch persönlich nervt: Die Inhalte werden nicht besser, wenn ich sie dreimal oder gar öfter erzähle. Und die grassierende Unsitte, mal eben für einen Vortrag vorbeizukommen und dann wieder zu verschwinden, ohne jede Chance auf einen Dialog, der ja vielleicht noch das Beste auf einer Tagung wäre, würde man durch Selbstbeschränkung vielleicht auch ein bisschen eindämmen können.