Tina Bering Keiding und Ane Qvortrup haben in der Zeitschrift Higher Education Research & Development einen interessanten Beitrag mit dem Titel „Higher educational journals as didactic frameworks“ veröffentlicht, in dem sie die Ergebnisse einer Analyse von Themen in vier ausgewählten (englischsprachigen) Zeitschriften zu Higher Education untersucht haben (zwei angelsächsische, zwei skandinavische und eine fachdidaktische Zeitschrift). Die Autorinnen kommen zu dem Schluss, dass sich die Forschung zu Higher Education (wenn man mal davon ausgeht, dass die ausgewählten Publikationsorgane ein Spiegel der hochschuldidaktischen Forschung sind) vor allem mit Methoden beschäftigen und nur in geringem Maße mit Zielen, Inhalten und Assessment.
Ich habe den Text mit großem Interesse gelesen, liefert er doch einen klaren Nachweis auch meines Eindrucks, dass man sich mit Inhalten im Rahmen der hochschuldidaktischen Forschung nicht so recht auseinandersetzen will (zu diesem Thema siehe z.B. auch hier und hier in diesem Blog). Die Analyse der Abstracts aus vier Zeitschriften offenbarte außerdem, dass Forschungsarbeiten zu Methoden vor allem solche favorisieren, die im Einklang mit einem konstruktivistischen Verständnis von Lernen stehen und z.B. Fragen zur Vermittlung von Inhalten in Vorlesungen nahezu ausblenden – und das obschon Vorlesungen nach wie vor eine hohe Relevanz in der universitären Lehre haben. Die Autorinnen fragen sich (zu Recht aus meiner Sicht), wie es sein kann, dass man die Frage, was wozu Eingang in die Hochschullehre findet, so wenig wissenschaftlich thematisiert.
Der Text ist aus meiner Sicht aber noch aus einem anderen Grund interessant: Die Autorinnen beziehen sich bei der theoretischen Rahmung ihrer Studie explizit auf die deutsche Didaktik-Tradition (und verwenden das Modell von Paul Heimann sowie eine Interpretation des didaktischen Dreiecks von Rudolf Künzli, das – ohne dass ich das wusste – eine große Nähe zu meinem Strukturvorschlag im Studientext Didaktisches Design hat: Lehren als Vermittlung, Aktivierung und Begleitung). Bezeichnenderweise ist im Text auch von „didactics“ die Rede – eine Übersetzung, die man im angelsächsischen Raum nicht so oft findet und die (so erzählen mir jedenfalls des Öfteren diejenigen, die „internationaler“ sind als ich) eher einen negativen Beigeschmack habe.
Dieser Deutung schließen sich Keiding und Qvortrup offenbar nicht an – im Gegenteil: Sie beklagen den Verlust eben jener Didaktik-Modelle, die ganz selbstverständlich auch den Inhalten eine gewichtige Rolle zuschreiben, und in Skandinavien eigentlich immer einflussreich gewesen seien. Nun aber zeigten auch die skandinavischen Zeitschriften eine Einengung auf Themen, die im Schlepptau des so gerne zitierten „shift from teaching to learning“ zu finden sind – einem Slogan, der seit längerem die Definitionsmacht im Bereich „Higher Education“ übernommen hat. Das ist bedauerlich, weil NEBEN (natürlich nicht statt) den Methoden und Medien sowie der Lernenden- oder Kompetenzorientierung auch Ziele und Inhalte als Gegenstand hochschuldidaktischer Forschung bedeutsam sind. Wenn Internationalisierung am Ende die Homogenisierung von Forschungsfeldern und -fragen mit sich bringen sollte (und die Vermutung liegt nahe), dann wäre das wohl eine klare Kehrseite, der man entgegentreten müsste.