„Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen“ – so lautet der Titel eines aktuellen Buches von Steffen Mau, erschienen 2017 im Suhrkamp Verlag. Das Buch beschäftigt sich mit der „Vermessung“ von Personen, Organisationen und Institutionen. Auch Wissenschaftler und Universitäten werden in einzelnen Kapiteln mehrfach als Beispiele aufgenommen. Die Konzentration auf Sichtbarkeit – ein Phänomen, das mir auch persönlich seit langem auf- und missfällt (siehe z.B. hier und hier) – und die Fixierung auf die Zahl werden kritisch hinterfragt. Dass wir uns mitten in einer digitalen Transformation befinden, befördert (wen wundert es) die Quantifizierung des Sozialen.
Das folgende längere Zitate macht gut deutlich, um was es im Kern des Buches geht. Mau beleuchtet die Fehlentwicklungen der ubiquitären Vermessung mit folgenden Thesen (S. 16 f.): „Erstens verändert die Sprache der Zahlen unsere alltagsweltlichen Vorstellungen von Wert und gesellschaftlichem Status. Im Gleichschritt mit der Ausbreitung von Zahlenhaftigkeit wird auch die ´Kolonialisierung der Lebenswelt´ (Habermas 1981) durch instrumentell geprägte Vorstellungen von Berechenbarkeit, Messbarkeit und Effizienz vorangetrieben. Zweitens befördert die quantifizierende Vermessung des Sozialen eine Ausbreitung, wenn nicht gar eine Universalisierung von Wettbewerb, da durch das Bereitstellen quantitativer Informationen der Hang zum Sozialvergleich und damit auch zum Wettbewerb gestärkt wird […]. In vielen Bereichen sind es letztlich erst die Praktiken der Quantifizierung, die eine Inszenierung von Wettbewerb ermöglichen, und zwar eines Wettbewerbs, der mithilfe von Zahlen ausgetragen wird. Drittens ergibt sich ein Trend hin zu einer verstärkten gesellschaftlichen Hierarchisierung, weil Darstellungen wie Tabellen, Grafiken, Listen oder Noten letztlich qualitative Unterschiede in quantitative Ungleichheiten transformieren“.
Gleichzeitig macht Mau deutlich, dass es ihm nicht darum geht, einseitige Kulturkritik an der Quantifizierung als solcher zu üben (S. 20 f.): „Quantifizierungen sind für Fortschritt, Erkenntnis und Rationalisierung ein wichtiger Schlüssel, sie helfen uns, Zusammenhänge zu entdecken und die Welt zu verstehen. […] Es gibt durchaus auch ein emanzipatorisches Potenzial der Zahlenhaftigkeit“. Das Buch solle vielmehr erkennbar machen, welche sozialen Folgen sich aus der Quantifizierung des Sozialen (als einem Megatrend) ergeben. Und deswegen ist dieses Buch aus meiner Sicht auch aktuell sehr wichtig!