„Being at home in the world” – unter diesem Motto spricht Gert Biesta hier in rund 30 Minuten über Bildung. Das Video ist fünf Jahre alt, die Themen aber aktuell, und obschon von Kindern und Jugendlichen sowie von der Schule die Rede ist, lässt sich doch vieles von dem, was Biesta sagt, so meine Einschätzung, auch für die Hochschule nutzen. Es ist ein grundsätzlicher Vortrag über, ich sage mal, Bildungsziele, und es finden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte zu Konzepten auch aus der deutschsprachigen Bildungstheorie.
Der Beitrag thematisiert einige recht grundlegende Dinge: Der Wunsch bzw. die Erwartung, Bildungsprozess zu steuern und zu kontrollieren, so Biesta, sei letztlich infantil, weil man damit leugnet, wie die Bildungsrealität aussieht. Messen, vergleichen, Rangreihen bilden (Rankings) – viele Erziehungswissenschaftler sprechen diesem Ziel einen tieferen Sinn ab und reagieren darauf mit einem Plädoyer für Lernendenzentrierung, Personalisierung und Flexibilisierung und für eine Rolle des Lehrenden als Lernbegleiter. Das aber sei am Ende ebenso infantil: Zum einen laufe auf es (von den Lernenden aus betrachtet) auf einen „egological way of being“ hinaus. Zum anderen verkenne das die wichtige Rolle des Lehrenden als jemanden, der nicht Macht, sondern Autorität haben sollte, um Lernenden zu helfen, in einer erwachsenen Form in der Welt zu sein bzw. den Wunsch eben dazu auszubilden. Dazu gehöre unter anderem (dies kommt im Vortrag am Schluss), sich über seine eigenen Wünsche klar zu werden: Nicht alles, was Lernende gerade wünschen, sei ein guter Ratgeber für Lehrentscheidungen. Lehrende hätten die Aufgabe, dazu beizutragen, dass man innehalte und sich fragt (interruption): Ist das, was ich wünsche, auch wünschenswert (für mich, für andere, für unseren Planeten)? – übrigens eine höchst relevante Frage auch im Kontext der derzeitigen Nachhaltigkeitsdiskussion.
Wer Biestas Buch „The rediscovery of teaching“ kennt (für einen kürzeren Einblick ist auch dieser Text hier geeignet), weiß natürlich, dass er einen dritten Weg zwischen Lehrenden- und Lernendenzentrierung favorisiert: eine „world centered tradition“ (die, so meine ich, viel mit Klafkis kategorialer Bildung zu tun hat). Mit dieser Tradition ist zum einen vereinbar, dass Menschen immer Anfänger sind, also etwas anfangen, diesen Anfang aber auch mit der Welt in Verbindung bringen müssten, denn sonst bleibt man nur auf sich bezogen. Zum anderen lässt sich hier der Wert der Einzigartigkeit eines jeden andocken, wobei Einzigartigkeit nichts ist, was man besitzt, sondern was man tut.
Biesta thematisiert schließlich auch den Widerstand in Bildungsprozessen: Wenn man andere nicht von eigenen Ideen überzeugen kann oder daran scheitert, etwas umzusetzen, dann komme es darauf an, weder mit dem Kopf durch die Wand zu wollen (und etwas in der Welt dabei zu zerstören) noch sich resigniert zurückzuziehen (und am Ende sich selbst zu zerstören), sondern einen Mittelweg zu finden, den Dialog zu suchen und zu erkennen: „the world is trying to teach you something“.