Web 2.0 – ein Phantom?

Peter Baumgartner schreibt vom Web 2.0, Michael Kerres auch; im Weiterbildungsblog wird darauf verwiesen – es schein also wichtig zu sein. Oder doch nicht? Wenn ich ehrlich bin, fällt mir, wenn ich über neuer Konstrukte wie Bildungspsychologie nachdenke, mehr ein als bei der Reflexion über Begriffe, die , mal wieder – ähnlich wie Social Software – eine neue Kiste für ein ganze Reihe technologisch getriebener Phänomene suchen. Das gilt besonders dann, wenn sie weitgehend inhaltsleer sind wie „Web 2.0“.

Es gibt nicht „das Web 2.0“ – ist es also ein Phantom? Oder eine begriffliche Stütze? Oder ein Weg zur Konstruktion von etwas tatsächlich Neuem?

Der Markt an Tools ist unglaublich schnelllebig geworden; meiner Beobachtung zufolge halten haben wir in der Forschung kaum eine Chance, da mit theoretischen Überlegungen oder gar empirischen Arbeiten auch nur in einigermaßen tolerablen Zeitabständen hinterher zu kommen – jedenfalls nicht, wenn man die gängigen wissenschaftlichen Standards angelegt. Zugegeben: Ein ganze Reihe Weblogs von klugen Menschen sowie meine studentischen und wissenschaftliche (jungen) Mitarbeiter helfen mir, zumindest begrifflich soweit auf der Höhe zu bleiben, dass ich weiß, wovon im Moment die Rede ist. Das ist für Psychologen und Pädagogen, die mit ihrer Arbeit neben den wissenschaftlichen Leistungen auch einen gesellschaftlichen Beitrag liefern wollen, ein echtes Problem. Ich meine, wenn man schon erleichtert oder gar erfreut ist, zu wissen, wovon die Rede ist: Was ist das für ein Erfolgskriterium? Andererseits könnte es auch wieder gut sein, nicht sofort in jeden neue technologische Errungenschaft zu versinken, sondern etwas distanzierter nachzuhaken, ob wir darin nicht doch etwas alt Bekanntes entdecken oder eine Variation des schon mal Dagewesenen. Aber gut: Ich versuche, am Ball zu bleiben – mit vereinten Kräften wird es schon gehen 😉

Bildungspsychologie

Im Heft 4 der Psychologischen Rundschau aus dem vergangenen Jahr (2005) findet sich ein Vorschlag zur Konzeptionierung einer eigenen Bildungspsychologie von Christiane Spiel und Ralph Reimann. Sieben kurze Kommentare setzen sich (im selben Heft) teils stark befürwortend, teils zurückhaltend, teils skeptisch mit diesem Vorschlag auseinander. Leider ist das nicht online zu haben; da muss man sich in die Bibliothek begeben – wer Interesse hat, für den lohnt es sich aber.

Knapp zusammengefasst soll sich die Bildungspsychologie mit Bildungsprozessen (sowie mit den Bedingungen und Maßnahmen, die Bildungsprozesse beeinflussen können), beschäftigen. Der Bildungsbegriff selbst wird recht formal definiert. Die Bedingungen von und Maßnahmen für Bildung sind eher breit zu verstehen und werden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet: Erstens sollen mehrere alterspezifische Bildungsphasen eines Individuums unterschieden werden (beginnend vom Kindergartenalter und Familienkontext über Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Schule, Aus- und Weiterbildung bis zum hohen Alter). Zweitens sollen abgrenzbare Aufgabenbereiche unterschieden werden (Forschung, Beratung, Prävention, Intervention, Controlling). Drittens soll zwischen verschiedenen Abstraktions- und Handlungsebenen unterschieden werden (Mikro-, Meso-, Makroebene).

Meine Meinung? Grundsätzlich gut finde ich, dass sich die Psychologie mit Fragen der Bildung beschäftigen will – auch wenn das natürlich die Pädagogische Psychologie ebenfalls (ansatzweise) tut. Da Bildung in unserer Gesellschaft immer wichtiger wird, kann es nicht schaden, dass sich neben den genuin pädagogischen Disziplinen und Fächern sowie der Pädagogischen Psychologie ein weiterer Zweig auftut, der eventuell andere Akzente setzt und traditionelle Bereiche auf diese Weise ergänzt. Skeptisch bin ich, wie die seit je her am naturwissenschaftlichen Ideal ausgerichtete Psychologie den Spagat zwischen ihrem doch eher engen Wissenschaftsbegriff und Wertefragen hinbekommen wird, die sich aus der Beschäftigung mit Bildung aus meiner Sicht zwangsläufig ergeben.

Nun ist ein Lehrbuch zur Bildungspsychologie geplant; es richtet sich an Lehrende und Studierende der Psychologie und verwandter Studienrichtungen, an Lehramtsstudierende aller Richtungen sowie an interessierte Personen, die in Bildungseinrichtungen arbeiten oder sich allgemein mit psychologischen Aspekten des Bildungsgeschehens auseinandersetzen wollen. Ich bin um einen Beitrag gebeten worden: Ich werde mich gerne beteiligen – schon allein, weil ich neugierig bin, ob und inwieweit dieser Vorstoß sozusagen „das Geschäft“ in den „Bildungswissenschaften“ im weitesten Sinne belebt, also in allen Disziplinen und Fachrichtungen, die sich mit Aspekten der Bildung beschäftigen.

E-Learning und Wissensmanagement

Die Verbindung zwischen E-Learning und Wissensmanagement wird mich in diesem Jahr gleich dreimal beschäftigen: Im Juni diesen Jahres werde ich den Call for Paper für die Zeitschrift für E-Learning – Lernkultur und Bildungstechnologie bekannt machen, die ab Mitte dieses Jahres erstmals erscheint. Ich werde dieses Themenheft herausgeben. Ich in gespannt, welche Ideen bzw. Beiträge eingehen werden. Leider aber kann ich das nicht abwarten für zwei eigene Artikel, die Ende Mai bzw. Ende Juni anstehen: Da ist zum einen ein Beitrag für das Jahrbuch Medienpädagogik 2006 (hier der Link zum Jahrbuch Medienpädagogik 2005), und zum anderen ein Beitrag für ein Beiheft der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (herausgegeben von Dieter Euler und Sebastian Walzik) zum kooperativen Lernen.

Was verbindet E-Learning und Wissensmanagement? Neben technischen Gemeinsamkeiten, die – das mögen mir jetzt die Informatiker verzeihen – wahrscheinlich am einfachsten auch praktisch umzusetzen sind, sehe ich Verbindungen, die sich auch auf theoretischer Ebene herstellen lassen. Eine solche theoretische Fundierung wäre aus meiner Sicht wichtig, um die beiden wissenschaftlich und praktisch eher getrennten Lager einander näher zu bringen.

Nun: Das steht also demnächst auf meiner Agenda – viel Zeit bleibt nicht, denn am 24.04.06 beginnt das neue Semester und damit auch wieder der Zeitraum, in dem ich schlichtweg die meisten Tage auf mündliche Prüfungen, Korrekturen, Lehrveranstaltungen und Betreuung von Studierenden aufwende (obschon man – würde man rein karriereorientiert denken – all das einfach auf ein Minimum runterfahren und lieber forschen und publizieren müsste – auch während des Semesters! Aber keine Sorge: Ich verstehe mich auch als Hochschullehrerin und werde das nicht tun :-)).

GMW 06: Keynote

Die Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (kurz: GMW) veranstaltet ihre Jahrestagung 2006 in Zürich. Der Call for Paper ist bereist abgelaufen; nur für den Marktplatz kann man sich noch bewerben. Ich werde mich auf dieser Tagung mit einem Keynote-Vortrag versuchen. Titel und Abstract stehen online.

Mehr gibt’s auch noch nicht: Nur viel Papier auf meinem Schreibtisch, Textfragmente auf Papier, eine ganze Reihe Ideen im Kopf und noch viel mehr offene Fragen. Das Verhältnis zwischen Forschung und Innovation in der Lehr-Lern- und Bildungsforschung (da haben es die englischsprachigen Länder mit „educational research“ wirklich leichter in der Bezeichnung) interessiert mich sehr; es ist nicht das erste Mal, dass ich darüber nachdenke. Es ist auch einige der wenigen Themen, ob die ich mich richtig aufregen kann, wenn ich das Gefühl habe, das da was schief läuft!

Gut, die Reaktionen auf dieses Thema werden wahrscheinlich stark schwanken: Manche wird es langweilen, manche mögen es für irrelevant halten, wieder andere wird es zum Widerspruch auffordern (hoffentlich!) und einige werden sich mir anschließen können. Mal sehen: Bis dahin ist es noch ein Stück Arbeit.

European Educational Research Journal

Bei meiner Suche nach einem Aufsatz von Graham Badley (The crisis in educational research: a pragmatic approach) bin ich auf die Online-Zeitschrift European Educational Research Journal aufmerksam geworden, die es seit 2002 gibt und alle Beiträge als pdf anbietet.

Zwar kommt das Thema E-Learning nur vereinzelt vor; da aber Fragen des Lernens und Lehrens mit neuen Medien ohnehin nie abgekoppelt von der sonstigen Lehr-Lernforschung (i.w.S.) vonstatten gehen kann, ist diese Quelle auch für E-Learning interessant.

Literaturliste zum Design-Based Research

Eine aktuelle Literaturliste mit Kommentaren zum Design-Based Research findet sich auf der Website des Canadian Institute of Distance Education Research (CIDER). CIDER ist eine Forschungsgruppe des Centre for Distance Education an der Athabasca University – Canada’s Open University. Die Literaturliste enthält Hinweise auf Beiträge (zum Teil als Volltext im Internet verfügbar), die sich mit dem Design-Based Research-Ansatz und mit der Bedeutung der Entwicklungsforschung für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Lernen und Lehren (mit neuen Medien) beschäftigen. Darunter sind auch Aufsätze, die sich kritisch mit diesem Ansatz auseinandersetzen.

Ich halte diesen Ansatz als Ergänzung zur traditionellen Lehr-Lernforschung für sehr fruchtbar; auch unsere eigene Forschungsphilosophie an der Medienpädagogik der Universität Augsburg geht in diese Richtung. Auf unserer neuen Homepage, die bald online geht, wird es mehr Informationen darüber geben. Wann es soweit ist, wird hier selbstverständlich bekannt gegeben.

Forschungshinweise zur Qualität des Lernens und Lehrens mit neuen Medien

Eine interessant Sammlung von Links, Texten und Buchhinweisen zu Fragen des Mehrwerts und der Qualität von Lernen und Lehren mit neuen Medien (hier der Link) findet sich auf einer Seite des WCET; das Kürzel steht für Western Cooperative for Educational Telecommunications. Leider wurde diese Ressourcen-Seite seit über einem Jahr nicht mehr aktualisiert. Trotzdem sind die Hinweise relativ aktuell, einige Titel (vor allem Meta-Analysen) klingen viel versprechend. Ich werde mir diese Seiten in nächster Zeit sicher noch genauer ansehen.

Notebook-Projekt zum Abschluss gebracht

Gestern haben wir – Eva Häuptle und ich – in der Stiftung Bildungspakt Bayern endlich die Ergebnisse unser einjährigen Notebook-Studie an einer bayerischen Hauptschule vorgestellt. Es handelte sich um eine Einzelfallstudie: Wir haben in der Schule umfangreiche schriftliche Befragungen in drei Notebook-Klassen und deren Parallelklassen (ohne Notebooks) bei Schülern, Eltern und Lehrern durchgeführt, haben einzelne Unterrichtseinheiten beobachtet, Unterrichtsprotokolle anfertigen lassen und Interviews sowie Gruppendiskussionen mit Notebook-Schülern und Notebook-Lehrern sowie dem Schulleiter durchgeführt. Dabei ist eine gewaltige Menge an Daten (und natürlich auch subjektiven Eindrücken) angefallen, deren Auswertung und lesbare Aufbereitung etwas mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen hat. Nun aber ist der Abschlussbericht fertig, und dieser liegt der Stiftung Bildungspakt inzwischen auch vor.

Leider – und da bitte ich um Verständnis – können wir die Ergebnisse noch nicht öffentlich machen. Wir freuen uns über Interesse, aber müssen alle Interessierten noch auf April/Mai 2006 vertrösten, bis entschieden ist, wie die Ergebnisse zugänglich gemacht werden. Kurze, aber freilich nur minimal Hinweise finden sich bereits in der Presse (Online-Focus Spezial). Unser Vorwort zum Abschlussbericht bietet ein paar Informationen zu den Rahmenbedingungen und Zielen.

What is "good" educational research?

Die entscheidende Frage nach dem Wozu pädagogischer wie auch pädagogisch-psychologischer Forschung (wozu die Forschung um Lernen mit neuen Medien auch auch gehört), wird meiner Meinung nach viel zu wenig gestellt, geschweige denn diskutiert. Umso interessierter habe ich einen Artikel im Educational Researcher von Karl Hostetler mit dem Titel: What is „good“ educational research? gelesen.

In diesem Beitrag wird die Diskussion darum, wann Forschung auf dem weiten Feld der Bildung gut oder schlecht ist, nicht an methodologischen Aspekten festgemacht, sondern an der eben recht vernachlässigten Frage nach dem Wozu. Man könnte sagen, es geht in diesem Beitrag um die ethischen Grundlagen von „education research“. Die meisten dieser Aussagen sind aus meiner Sicht wichtig – sehr wichtig in Zeiten einer Wissenschaftspolitik, die uns glauben lassen möchte, nur hoch dotierte, drittmittelgeförderte Forschung ist „gute Forschung“ und zwar völlig unabhängig davon, ob diese Forschung irgendeinen gesellschaftlich relevanten Nutzen für diegenigen hat, die lernen und/oder lehren.

E-Assessment

Dank eines Eintrags im Weblog Lernpfade bin ich auf den lesenswerten Text „Literature Review of E-assessment“ gestoßen. Im Vorwort heißt es: „Assessment practices shape, possibly more than any other factors what is taught and how it is taught in schools“. Ich würde sagen, das gilt keineswegs nur für Schulen; das gilt für Hochschulen gleichermaßen. Auch da haben wir einen enormen Nachholbedarf in Sache Prüfungen, die wir zum Großteil noch abhalten wie vor hundert Jahren. Der Text beschäftigt sich unter anderem mit E-Portfolios – ein Thema, das gerade in der Hochschule zumindest zaghaft diskutiert wird.