Merkel begeistert ihre Partei – mit einer Rede! Heiner Geißlers Kommentar: Das sei die größte Rede gewesen, die Angela Merkel je gehalten habe – sowohl rhetorisch als auch inhaltlich. Kämpfen, Brücken bauen, erklären, danken, um Unterstützung werben – das sind die Funktionen, die der Rede in der Presse zugeschrieben werden (z.B. hier). Die Rede hat bewegt – nicht nur zum Applaus, sondern auch zum Stimmungswechsel und womöglich gar zum Handeln. Nein, ich bin nicht zum CDU-Anhänger geworden. Aber ich bin ein Anhänger guter Reden als einer Form der Vermittlung, die besonderes Können verlangt. Zu Unrecht sind Reden und Zuhören in der Hochschuldidaktik unter die Räder gekommen – so meine Ansicht.
Ein gutes Jahr
Seit sich der Soziologe Hartmut Rosa kritisch mit der Zeitalter der Beschleunigung auseinander gesetzt hat (hier), scheint er sich vermehrt dagegen wehren zu müssen, als Entschleunigungsguru angesehen zu werden. Das jedenfalls kann man in einem aktuellen Interview (hier) hören, das sich um den „ewigen Steigerungszwang“ dreht. Ausgangspunkt der Überlegungen von Hartmut Rosa ist die Feststellung, dass Menschen immer mehr bestimmte Dinge nicht um ihrer selbst willen tun, sondern um damit etwas zu erreichen bzw. um das ökonomische Kapital, das soziale Kapital, das kulturelle Kapital, ja sogar das Körperkapital zu steigern. Auch die Hochschulen ticken inzwischen so: „An Hochschulen zum Beispiel heißt es, es war ein gutes Jahr, wenn wir mehr Studierende haben, mehr Doktoranden, mehr Drittmittel, mehr internationale Publikationen usw.“ (was unter anderem an die Erkenntnisse von Richard Münch erinnert – siehe z.B. hier). Und genau das werde dem Menschen zum Problem, ohne dass er es aber alleine lösen könnte: „Es ist ganz wichtig zu sehen, dass man nicht einfach nur entschleunigen kann oder solche Oasen für alle schaffen, während gleichzeitig das System weiterhin ein Steigerungssystem ist.“ Das sei der kritische Punkt, denn moderne kapitalistische Gesellschaften setzen auf Steigerungen, weshalb man letztlich Systemreformen brauche; oder anders formuliert: Die große Sehnsucht der Menschen nach Langsamkeit und Resonanz sei unter den Bedingungen des Steigerungszwanges nicht möglich.
Hauptsache Hochglanz
Hochglanzbroschüren und findige PR-Abteilungen gab es früher nur in der Industrie. An der Universität schaute man manchmal neidisch, oft aber auch erleichtert auf den einen oder anderen Kooperationspartner in der Wirtschaft und nahm staunend die dortigen umtriebigen Aktionen der Marketing-Leute zur Kenntnis. Heute sind diese auch an Universitäten angekommen. In der November-Ausgabe von Forschung und Lehre ist (hier) das Thema PR und Wissenschaft ebenfalls aufgegriffen – durchaus kritisch und das erscheint mir auch dringend nötig, denn Forschung und Lehre sind keine Ware – Wissenschaft, Forschung und Lehre folgen einer eigenen Logik. Nun macht Karsten Gäbler (Universität Jena) in einem Gastbeitrag auf der Plattform von Hochschulform Digitalisierung darauf aufmerksam, dass zwischen der aktuellen PR zur Digitalisierung einerseits und der Realität an deutschen Hochschulen andererseits eine erhebliche Lücke klafft:
Naiv gewesen?
Am Freitag war ich an der Universität Heidelberg zur Abschlussveranstaltung eines Projekts mit dem Titel „Willkommen in der Wissenschaft – Forschungsorientierte Lehrkonzepte“. Derzeit kann man hier leider nur die Titel der während der Projektlaufzeit geförderten Projekte ansehen, aber versprochen wurde noch eine Dokumentation, auf die ich sehr gespannt bin. Ich war eingeladen worden, um einen Vortrag auf eben dieser Abschlussveranstaltung zu halten. Das Manuskript stelle ich gerne zur Verfügung:
Das darin vorgestellte Modell in grafischer Form sowie dazugehörige Literatur finden sich unter anderem auch in dieser Publikation auf den Seiten 121 bis 137.
Neu erfinden oder fündig werden?
Kürzlich habe ich (hier) auf den „Bericht des Vorsitzenden des Wissenschaftsrats zu aktuellen Tendenzen im Wissenschaftssystem“ vom Oktober 2015 hingewiesen. Manfred Prenzel plädiert hier für „institutionelle Strategien zur Verbesserung der Lehre an Hochschulen“. Beim Lesen habe ich mir gedacht, dass ich das kenne – aus einer Schrift von Karl-Heinz Flechsig aus den 1970er Jahren, in denen vieles bereits vorgedacht und wieder verschüttgegangen zu sein scheint. Ich hatte dazu mal vor längerem für mich eine Zusammenfassung gemacht – und die habe ich wieder herausgekramt und ein wenig aktualisiert. Gerne stelle ich den Zwei-Seiter mit dem Motto online, dass man tatsächlich nicht immer wieder alles neu erfinden muss, sondern bisweilen auch in der Vergangenheit fündig wird, was sich weiterzuentwickeln lässt.
Was hat er gleich gesagt?
Ende November – das heißt in Hamburg: Zeit für die Campus Innovation, die vielen, die sich mit Lehrens, Lernens und Verwalten mit digitalen Medien beschäftigen, auch außerhalb Hamburgs ein Begriff sein dürfte. Letztes Jahr war ich als externe Rednerin geladen (siehe hier), heute durfte ich als „Interne“ einen Track im Rahmen des Konferenztags „Studium und Lehre“ moderieren. Morgen folgt der zweite Tage (siehe hier)
Nach diversen Grußworten wurde zu Beginn ein weit gereister Gast als erster Keynote-Sprecher begrüßt: Johannes Heinlein, Vizepräsident für strategische Partnerschaften und Mitglied des Vorstands, edX. Sein Thema: „Die Digitalisierung der Hochschulbildung – Globale Trends, Herausforderungen & Chancen (für das deutsche Hochschulsystem?)“.
Die Schule als Modell!?
Neuerdings legen uns Artikel aus der Feder von Mitgliedern des Wissenschaftsrates insbesondere in der ZEIT dringend nahe, dass wir bei der Verbesserung der Hochschullehre von der Schule lernen sollten. Den Anfang machte Volker Meyer-Guckel bereits im April 2015 (hier) mit der Aufforderung, Verschulung nicht immer nur negativ zu sehen, sondern eher mal die Schule als Vorbild zu nehmen. So sollte man z.B. Lehrende auf ihre Aufgaben systematisch vorbereiten und regelmäßig fortbilden – wogegen wirklich gar nichts einzuwenden wäre, würde das nicht auch gepaart sein mit pauschalen Feststellungen über Unwille und Unfähigkeit von Hochschullehrenden, sich für die Lehre zu engagieren. Und nun Manfred Prenzel (hier): Von der Schule zu lernen, bedeutet für ihn, sich an gutem Unterricht in der Schule zu orientieren. Nun mag auch das in Grenzen eine Bereicherung sein, wenn man sich gelingendes Lehren und Lernen in verschiedenen Bildungskontexten also auch in Schulen, anschaut, um Impulse für die Hochschullehre zu gewinnen. Die Grenzen aber sind schnell erreicht, wenn man Ziele, Zielgruppen und Gegenstände der Schul- und Hochschulbildung miteinander vergleicht. Dass ausgerechnet der WISSENSCHAFTsrat so leichtfüßig über diese Unterschiede hinwegzugehen scheint, verwundert doch schon.
Weil es schon so lange her ist …
… möchte ich noch einmal an den Call für das „Jahrbuch Allgemeine Didaktik“ erinnern, auf den ich vor über sieben Monaten (hier) aufmerksam gemacht hatte. Jetzt naht die Deadline. Wer also noch etwas zur Hochschuldidaktik unter dem Dach der Allgemeinen Didaktik beitragen möchte, muss sich jetzt langsam an die Arbeit machen :-).
Wissenschaftliche Leitung: Alles klar?
Der Qualitätspakt Lehre (siehe hier) geht Ende 2016/Anfang 2017 in die zweite Förderrunde bis 2020. Wer dabei ist, steht inzwischen fest: Auch die Universität Hamburg darf sich über eine weitere Förderung des Universitätskollegs freuen. Diese Nachricht kam pünktlich kurz vor der vierten Jahrestagung des UK (siehe hier).
Seit Oktober 2015 nun habe ich die „wissenschaftliche Leitung“ des Universitätskollegs inne. Aktuell befinden wir uns noch in der ersten Förderrunde; in gut einem Jahr startet dann die zweite.
Das Universitätskolleg ist komplex. Es bildet, so die Selbstbeschreibung, „den konzeptionellen, institutionellen und operativen Rahmen für Initiativen, die die zentrale Bildungspassage zwischen Schule oder Beruf und Universität gestalten und die Fähigkeiten zum wissenschaftlichen Studium betreffen“. In der zweiten Förderphase nun soll dies erweitert werden auf andere Phasen des Studiums. Beibehalten wird, dass das Universitätskolleg sowohl fakultätsspezifische als auch fakultätsübergreifende Projekte und Aktivitäten bündelt, mit dem Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität (untergliedert in mehrere Teams, zu denen eines für Studium und Lehre gehört) zusammenarbeitet und zudem mit unserem Zentrum (das HUL) Kooperationen hat.
Nun schwirrt mir vor lauter Leitung schon der Kopf: Während weitgehend klar ist, was es bedeutet, ein Zentrum zu leiten (was NICHT heißt, dass das einfach ist), und einigermaßen klar sein dürfte, was es heißt, ein Team zu leiten (wie im KNU), frage ich mich, wem eigentlich so richtig klar ist, was genau eine „wissenschaftliche Leitung“ großer Vorhaben (wie das UK) macht und verantwortet.
Noch etwas dünn
Wie wird aus Design-Based Research (DBR) Design-Based Implementation Research (DBIR)? Ich habe die vierte Jahrestagung des Universitätskollegs an der Uni Hamburg dazu genutzt, mir selber diese Frage zu stellen und nach ersten Klärungen zu suchen. Die Literaturlage zu dieser Abwandlung von DBR ist aus meiner Sicht noch etwas dünn (doch vielleicht habe ich auch noch nicht den richtigen Überblick), aber ich denke, man kann DBIR im Blick behalten, insbesondere als Möglichkeit einer Modellversuchsforschung im Hochschulbereich. Gerne stelle ich daher meine wirklich allerersten Überlegungen in Form des Vortragsmanuskripts aus der UK-Tagung online.