Jubel und fröhliche Gesichter

Ich bin gerade wegen eines Buchprojekts im Austausch mit Marco Kalz. Daher kommt es, dass ich nun schon zum zweiten Mal auf einen seiner Blogbeiträge (heute diesen hier) hinweise, der einige auch aus meiner Sicht wichtige Themen anspricht, die mehr Reflexion an Hochschulen verdienen.

Worum geht es? Zusammen mit Mandy Schiefner-Rohs hat Marco Kalz (und Team) vor einigen Jahren ein Kursangebot zur Datenkompetenz von (angehenden) Lehrkräften (an Schulen) erstellt, das dann im Herbst 2022 auf dem KI-Campus angeboten wurde. Allerdings hat der KI-Campus das Hosting für den Kurs bereits nach 20 Monaten wieder beendet. Erst nach einigen E-Mails, so Marcos Bericht, bekommen die Kurs-Autoren die Info, dass ein Review zu dieser Entscheidung geführt habe; erhalten haben die Kurs-Autoren das Review nicht. Immerhin aber wird der Hintergrund noch kommuniziert, dass nämlich die Kurse des KI-Campus Ende 2024 alle auf Moodle umgezogen werden. In Marcos Worten:

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Per Los oder mit KI zur Forschungsförderung?

Wer eine Professur an einer Universität hat, soll forschen, lehren und sich in der akademischen Selbstverwaltung engagieren. Forschung und Lehre gelten als die Kernaufgaben. Geht es um Forschung, schaut man (seit langem schon) auf die gerade laufenden Forschungsprojekte – und das sollen natürlich Drittmittelprojekte sein, also Forschung, für die mal separat Geld eingeworben hat. Das ist heute Standard. Zu Recht? Nicht unbedingt.

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Alle spielen das Spiel mit

Drittmittel – ein Zauberwort in der Wissenschaft: Wörtlich gibt ein Dritter Geld, damit man an der Universität forschen kann. Kürzlich habe ich darüber nachgedacht, ob es nicht auch Viertmittel geben könnte oder müsste (also als Begriff): Spenden z.B. von Mäzenen der Forschung oder aus Crowdfunding oder das Geld, das externe Doktoranden selbst einbringen, um sich zu finanzieren, die Forschung aber an der Universität machen. Hört sich aber nicht so gut an … In der aktuellen Ausgabe von Forschung & Lehre (Ausgabe 2 2014) sind Drittmittel das Leitthema. Darunter ein Beitrag von Stefan Kühl. 2012 bin ich schon mal auf ihn gestoßen (siehe hier) – bzw. auf seine Streitschrift zur Bürokratisierung an Hochschulen (der Sudoku-Effekt). Nun hat er einen Beitrag verfasst, in dem er dafür plädiert, die Logik der Forschungsförderung umzudrehen: nicht Pläne für Forschungsleistungen in der Zukunft, sondern bestehende Forschungsleistungen zu belohnen.

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Topfschlagen in der Forschung

„Bitte stellen Sie den Ablauf der drei geplanten Workshops mit den Partnern dar“ – so lautete kürzlich eine von mehreren Rückfragen an uns im Rahmen eines Beantragungs- und Begutachtungsprozesses bei einem der großen staatlichen Forschungsförderer. Die Workshops, die im Falle der Bewilligung des Projekts nach einem halben Jahr, nach einem Jahr und nach eineinhalb Jahren stattfinden würden, sollten wir also jetzt mit Agenda und Zeitplan versehen. Ich war versucht, auch die Getränke mit aufzulisten. Während man sich über derlei Nachfragen zumindest noch amüsieren kann, rauft man sich die Haare bei anderen Rückfragen oder auch Ablehnungsgründen, die z.B. in die Richtung gehen, dass die Methoden bzw. konkreten Instrumente für eine Erhebung nicht deutlich geworden seien, man ergo davon ausgehen müsse, dass man noch nicht genug Vorarbeit geleistet oder aber nicht kompetent genug sei, ein Forschungsprojekt präzise zu planen. In einem aktuellen Artikel hat nun der Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer, aufbauend auf einer soziologischen Studie von Cristina Besio (über Funktionen und Folgen des Projekts als Organisationsform in Universitäten und Forschungsinstituten) die Möglichkeiten, vor allem aber die Grenzen der Forschung in „Projektform“ in einem Artikel in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft reflektiert. Eine Kurzfassung des Beitrags findet sich hier online in der Zeitschrift „Forschung und Lehre“.

Ich stimme nicht allen Punkten dieses Beitrags zu. Vor allem teile ich nicht die Einschätzung, es würden heute vorzugsweise anwendungsorientierte Vorhaben gefördert (das kommt wohl sehr auf die Disziplin und die Art der Forschungsförderung an). Große Zustimmung aber kann ich dem Beitrag in Bezug auf die Feststellung geben, dass die momentan geförderte Form der Forschung, nämlich organisiert als in der Regel maximal zweijährige (vielleicht auch mal dreijährige) Projekte, ganz massiv die Wege und damit auch Ergebnisse wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse beeinflusst. Sehr treffend macht Zierer das Paradoxon der projektorganisierten Forschung mit folgendem Satz deutlich: „Forschungsprojekte geben vor, etwas nicht zu wissen, um gleichzeitig aber auch zu belegen, dass der Weg zu diesem Wissen planbar, also bereits bekannt ist“ – das beginnt bei der Ausgestaltung eines Erhebungsinstruments und endet inzwischen offenbar bereits beim genauen Ablauf eines Workshops. Zwar bin ich mir nicht sicher, ob es wirklich die Projektform an sich ist, die das Problem darstellt, sondern eher die Art, wie man in Begutachtungsprozessen die Qualität eines Projektplans bewertet. Allerdings sind die expliziten Vorgaben (und impliziten Botschaften), wie man einen Projektantrag auszuarbeiten hat, inzwischen dergestalt, dass es kaum Freiraum für themenangepasste Formen der Planung und Begründung gibt. Insbesondere Projektanträge, die sich auf Ausschreibungen beziehen, haben im Entstehungsprozess mitunter etwas von Topfschlagen beim Kindergeburtstag – ohne freie Sicht auf die Intentionen derjenigen, die eine Ausschreibung verfasst haben, versucht man die Richtung zu erahnen, tastet sich langsam heran, freut sich über Hinweise, ob und wann es „wärmer“ wird und lässt sich auf diese Weise in genau die Richtung locken, in die man gefälligst gehen soll. Zierer formuliert das so: „Hält man sich … vor Augen, dass die Finanzierung des Projektes auf dem Spiel steht, dann liegt auf der Hand, dass bei der Wahl der Theorie und auch der Methode auf jene Theorien und Methoden zurückgegriffen wird, die verbreitet und unumstritten sind“. Etwas polemischer bringt Klaus Leggewie (in: „Die akademische Hintertreppe“) die bisweilen absurde Situation der Beantragung von Drittmittelprojekten auf den Punkt: „Die Hürden türmen sich am Eingang, was dazu führt, dass der Antrag bereits den wesentlichen Teil des in Aussicht gestellten Ertrags der Forschung enthält und die Projektleiter zwecks Versorgung neuer Mitarbeiterinnen und Doktoranden umgehend den nächsten Antrag angehen. … Konformismus ist eine Folge, Zynismus die andere“ (S. 75). Ich spüre inzwischen einen Hang zu letzterem.

Förderlogik – zum Mitdenken

Die DFG stellt gegenwärtig ihr „Förder-Ranking 2009“ vor (hier geht es zur Pressemitteilung und hier geht es zu dem dazugehörigen ca. 200 Seiten umfassenden Gesamtwerk). Ich will aber an dieser Stelle eigentlich nur auf den Wortlaut der Pressemittelung hinweisen, die ich mehrmals gelesen und mich gefragt habe: Was will mir das sagen?

Zitat: „Das neue DFG-Ranking macht deutlich: Die Hochschulen haben die Chancen erkannt, die sich ihnen durch einen intensiveren Wettbewerb eröffnen. Und ein ganz wesentlicher Motor in diesem Wettbewerb sind die Fördergelder der DFG und anderer Quellen“, betonte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner bei der Vorstellung des Berichts. Dabei hängen Fördergelder, Wettbewerb und Profilbildung in mehrfacher Weise zusammen: Die Hochschulen nutzen die eingeworbenen Drittmittel immer stärker, um ihre Forschungsprofile zu schärfen. Mit diesen wiederum verbessern sie ihre Chancen im Wettbewerb um weitere Drittmittel. Zitatende

Was heißt das das jetzt? Hochschulen werben Drittelmittel ein, um ihr Forschungsprofil zu schärfen, was wahrscheinlich wiederum so viel heißt wie: Konzentration in der Forschung auf spezielle Themen (und auch Methoden?) und passende Partner. Wenn die Hochschulen das tun, dann haben sie mehr Chancen im Wettbewerb, spricht, sie bekommen wieder Drittmittel. Die setzt man dann ein, um weiter am Profil zu schärfen usw. Hab ich das so richtig verstanden? Man bekommt das Gefühl nicht los, dass da etwas zum Selbstzweck wird, nämlich das Profil und die Drittmittel – jedenfalls, wenn man es aus der Perspektive des „Wettbewerbs“ betrachtet. Da sind Fördergelder offensichtlich an Profilschärfung zwingend gebunden. Gibt’s auch noch was anderes als die Perspektive des Wettbewerbs? Hmmm … ach, bestimmt nicht. Schärfen wir also unser Profil. Was denn ein Profil ausmacht? Ja, also … Wenn insgesamt die 20 bewilligungsstärksten Hochschulen in Deutschland zwischen 2005 und 2007 mehr als 60 Prozent aller DFG-Mittel eingeworben haben und bei 40 Hochschulen schon ein Anteil von 88 Prozent erreicht ist, dann ist mit Profil ja vielleicht das Profil der eingeworbenen Drittmittel gemeint? Jedenfalls schließt sich hier der Kreis, denn die Chancen dieser Hochschulen im Wettbewerb steigen – logisch. Noch Fragen?