Wenns ums Geld geht …

… ist der Streit vorprogrammiert. Viele fragen sich, was nach 2020 (sei es 2021, 2023, 2025 – je nach „Pakt“) so alles (nicht) passiert, wenn also zusätzliche Finanzierungen durch das BMBF in der aktuellen Form an Hochschulen wegfallen oder neu in anderer Form kommen. Dazu äußern sich natürlich (mindestens) der Wissenschaftsrat und die Hochschulrektorenkonferenz, und Einigkeit besteht an vielen Stellen nicht. Forschung und Lehre hat in den letzten Tagen bzw. Wochen auf verschiedene Papiere, Stellungnahmen wie auch Studien verwiesen, die sich ernüchternd lesen. Da ist z.B. die Rede von einem gewaltigen Sanierungsstau (hier), von Inkonsistenzen bei Vorschlägen zur Verteilung von Mitteln (hier) und vom Überhang der Finanzierung durch Drittmittel (hier).

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Oberflächenkonsens

Jetzt wird es Zeit, dass ich endlich mal über den Herausgeberband von Markus Weil mit dem Titel „Zukunftslabor Lehrentwicklung. Perspektiven auf Hochschuldidaktik und darüber hinaus“ berichte. Schon zum Jahresende lag es auf meinem Schreibtisch. Tobias Schmohl und ich haben einen Beitrag zur Reform bzw. Neuentwicklung des Masterstudiengangs Higher Education beigesteuert. Der eher schmale Band enthält insgesamt elf Texte. Ich möchte exemplarisch ein paar herausgreifen – ohne dass damit eine Wertung verbunden wäre. Auswahlkriterium für diesen Blog-Beitrag sind ganz persönliche „Hängen-Bleiber“, was immer auch mit aktuellen Beobachtungen und Erlebnissen zu tun hat. Ich begrenze mich mal auf vier (sonst wird das hier auch zu lang ;-)).

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Der Übergang vom Lernen zum Profit

Das Spardiktat hat auch die niederländischen Universitäten erreicht. Ein Artikel in der ZEIT (online hier) sowie einer in der taz (hier) schildern hierzu das Beispiel der Universität Amsterdam: Bis Mitte April hatten Studierende sechs Wochen lang ein Uni-Gebäude besetzt, bis es zwangsgeräumt wurde. „Doch was Studierende mithilfe der Lehrkräfte dort auf die Beine stellten und jetzt dezentral fortführen, sucht seinesgleichen in der jüngeren Geschichte europäischer Studentenrevolten“ – so die taz. Im Hintergrund geht es um ein weitreichendes, ja globales Problem: um finanzmarktgetriebene Politik, um Bürokratisierung via Punkteverwaltung, Evaluierung und Mittelakquise, um finanzielle Anreize für eine Absenkung von Niveau und Qualität (dann nämlich, wenn Fakultäten Boni für Studierende erhalten, die möglichst schnell ihren Abschluss machen).

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Nur zweite Garnitur

Dieter Lenzen – einst Befürworter der Reformen in der deutschen Hochschullandschaft – hat in den letzten beiden Jahren des Öfteren einen kritischen Ton angeschlagen, was die Anforderungen und vor allem Veränderungen an unseren Hochschulen betrifft – zu Recht wie ich finde. Aktuell gibt es einen kurzen Beitrag auf Spiegel online von ihm (hier), in dem er anmahnt: „Wir brauchen ein Wettbewerbsmoratorium. In den nächsten zehn Jahren darf es solche Großwettbewerbe nicht geben, weil die Universitäten sich nicht selten entweder fast ´zu Tode gesiegt´ oder an den Rand der Erschöpfung ´geantragt´ haben.“ Er plädiert zum einen für „Planungsruhe“ und zum anderen für einen neuen Blick auf die Leistungsfähigkeit und Kreativität Einzelner oder kleiner Gruppen: „Die Republik kann es sich nicht leisten, diese kleineren Einheiten zur ´zweiten Garnitur´ verkommen zu lassen, sondern die nächste große Welle muss die Förderung der Potentialbereiche enthalten und dieses unter Bedingungen von Transparenz, unter Relativierung des ´Klumpenprinzips´ und im Vertrauen auch auf die Exzellenz einzelner.“

Um den Exzellenzbegriff wird es übrigens auch auf dem diesjährigen GMW-Jahreskongress in Wien gehen (Motto „Digitale Werkzeuge für exzellente Forschung und Lehre“) – meiner Ansicht nach in der Wissenschaft ein eher überflüssiger Begriff, wenn man davon ausgeht, dass Wissenschaft immer daran gelegen ist (oder sein sollte), über den bloßen Schein „hinauszugehen“ (also dann auch „herauszuragen“ – lat. excellere), um den Dingen auf den Grund gehen zu können.

Autonomie der Zerstörung

Eine Universität wehrt sich – statt sich zu beugen und aus einer Angstmotivation heraus im vorauseilenden Gehorsam umzusetzen, was aus unerfindlichen Gründen gerade mal wieder postuliert oder angekündigt wird: Die Universität Hamburg – schon vor ca. knapp zwei Jahren in den Schlagzeilen, als die Dekane den Aufstand gegen das Präsidium wagten (erfolgreich!) – nimmt öffentlich (hier) zu den angekündigten Kürzungen von bis zu 10 Prozent Stellung. Die Folge wären, so wird vorgerechnet, ein „Wegfall von 60 Professuren (unter der Annahme, dass eine Professur inkl. Ausstattung im Schnitt etwa 300.000 EUR kostet)“ und die „Schließung von bis zu 30 kleinen und mittelgroßen Fächern.“ Große Worte (z.B. in diversen Reden von Leitungspersonen an Unis und Verbänden) kennt man ja, aber erfreulicherweise wurden gleich ganz konkrete Maßnahmen beschlossen; u.a. wird die Entwicklung eines Internationalisierungskonzepts ebenso ausgesetzt wie die des Strukturentwicklungsplans; auch Veranstaltungsbeteiligungen der Uni werden abgesagt. Da hat man das Gefühl, dass die Universitätsleitung hinter ihren Mitgliedern steht und nicht nur Handlanger der Politik ist. Gut so! Die Begründung für den Widerstand ist knapp und nachvollziehbar: „Das Präsidium tritt für eine Autonomie der Gestaltung ein, nicht für eine Autonomie der Zerstörung.“

Zügig anpacken

Was ist und macht eigentlich ein Dekan? Die Antwort in Wikipedia lautet: „In Deutschland wird ein Dekan meistens für die Dauer von zwei bis vier Jahren vom Fakultätsrat gewählt. Er erhält eine Reduktion der Lehrverpflichtung. Angesichts der wachsenden Verantwortung und Komplexität der Aufgaben im Management einer Fakultät bzw. eines Fachbereiches wird zunehmend über hauptamtliche Dekane ohne Lehrverpflichtung diskutiert, einige Hochschulgesetze geben diese Möglichkeiten. Die Rechtsbefugnisse des Dekans sind je nach Bundesland und Hochschule unterschiedlich ausgestattet. Im Allgemeinen gehören Personal- und Finanzangelegenheiten dazu.“ Eben diese Personal- und Finanzangelegenheiten werden im Gerangel um knappe Ressourcen immer schwieriger; dazu kommen infolge des Bologna-Prozesses zahlreiche rechtliche und politische Entscheidungen, die es mitzugestalten oder umzusetzen gilt. Logischerweise sind da Fakultäten im Vorteil, die sich durch ihre Disziplinen mit rechtlichen, personellen und finanziellen Fragen von vornherein besser auskennen als andere.

Nun ist bereits die Zeit gekommen, dass über hauptamtliche Dekane nicht mehr nur diskutiert wird. Es gibt sie bereits: In der letzten Ausgabe der ZEIT (05.01.2011) kann man einen Artikel über diese neue Form der Führung von Fakultäten lesen. Dabei wird deutlich, dass die Zahl der Fakultäten wächst, die diesen Weg beschreiten: vor allem diejenigen, die beispielsweise infolge von geräteabhängiger Forschung sehr viele Drittmittel brauchen und einwerben, oder solche, die speziell die Internationalisierung über Forschungsverbünde und -netzwerke vorantreiben wollen. „Der Dekan, der nur Preise verleiht und schöne Reden hält, ist nicht mehr zeitgemäß!“, wird der Direktor des Instituts für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg zitiert, der sich für den hauptberuflich tätigen Dekan stark macht. Der kann entweder selbst aus der Wissenschaft kommen und nun zum Wissenschaftsmanager werden, oder seinen Ursprung im Management haben und sich dann eben auf dem Feld der Wissenschaft betätigen.

Wie soll man das finden? Ich bin da etwas hin- und hergerissen. Richtig ist: Der Aufwand in den Dekanaten wächst. Speziell in geistes-, sozial- und bildungswissenschaftlichen Fakultäten wächst parallel dazu auch die Überforderung, denn es fehlt sowohl an Wissen und Können in diesen Dingen als auch an unterstützendem Personal. Dazu kommt, dass die Kommunikation mit der Verwaltung nicht eben leicht ist – zu unterschiedlich sind die Sprachen, Ziele und Haltungen dieser beiden Welten. Wäre es da nicht eine Erleichterung, wenn man einen hauptamtlichen Dekan hätte? Zumal da es ohnehin immer schwieriger wird, dieses Amt überhaupt zu besetzen. Richtig ist aber auch: Man muss die Besonderheiten der Disziplinen in einer Fakultät kennen, um nicht nur ökonomisch, sondern auch für die Wissenschaften inhaltlich richtige Entscheidungen treffen zu können. Wie soll das jemand können, der aus einer ganz anderen Ecke kommt? Allenfalls könnte ich mir da ehemalige Wissenschaftler vorstellen, die ihre Managementgabe entdeckt haben und nun in diesen Bereich übergehen. Aber werden sich hierzu ausreichend viele kompetente Personen finden? Laut dem genannten ZEIT-Artikel ist man bemüht, für solche Personen die Karrierechancen etwa für die Übernahmen von Leitungspositionen an Universitäten zu erhöhen. So recht kann ich mir das allerdings nicht vorstellen.

Wäre es nicht sinnvoller, die Dekanate mit gut ausgebildeten Fachleuten (nicht nur mit einer Sekretärin und einer Hilfskraft) auszustatten, die die Dekane in allen administrativen Belangen intensiv unterstützen? Profis in Sachen Finanzmanagement sowie Schnittstellenpersonen zwischen Wissenschaft und Verwaltung? Je nach Größe einer Fakultät könnten dies ein, eineinhalb oder zwei Stellen sein, die auch in puncto Bezahlung attraktiv sein müssten, um fähige Personen anzulocken. Dann würde man nicht die Dekane zu Managern machen müssen. Vielmehr würden die Dekanate in Managementdingen professioneller und effizienter werden, ohne dass das Management in wissenschaftsinterne Entscheidungen inkompetent hinein dirigiert.

„Statt langer Debatten im Professorenkollegium werden Änderungen auf einmal zügig angepackt“, so lautet einer der Schlusssätze des ZEIT-Artikels, der pro hauptamtliche Dekane  geschrieben ist – ein klarer Seitenhieb an das Bedürfnis der Fakultäten, ihren Mitgliedern Mitspracherecht zu geben. Genau DAS aber halte ich für keine treffende Folgerung. Man spricht den Fakultäten damit generell die Fähigkeit ab, sich demokratisch UND effizient selbst zu verwalten. Ich kann sie auch nicht ausstehen – die langen und oft fruchtlosen Sitzungen, aber ein „zügig anpackender Manager“, der genauso zügig auch die falschen Entscheidungen treffen kann, ist aus meiner Sicht nicht die Lösung. Wie wäre es mit einer neuen „Sitzungskultur“? Kulturelle Veränderungen im Umgang mit den neuen Herausforderungen und die vorgeschlagene Professionalisierung in den Dekanaten könnten zusammen die „Macht“ in der Hand der Wissenschaften lassen und notwendige Änderungen im Sinne der Universitäten und ihrer Mitglieder (Wissenschaftler bzw. Lehrende und Studierende) vorantreiben.