Redlich versucht

Im Juli 2017 hatte ich (hier) schon mal angedeutet, dass es gegebenenfalls Zeit wird, mich aus meinem digitalen Rückzugsgebiet zumindest stellenweise wieder herauszubewegen. Ich denke, ich habe das redlich versucht 😉 etwa mit meiner Beteiligung an der Veranstaltung „Universität 4.0“ (im November 2017 – siehe hier), mit meiner Zusage eines Vortrags in Mainz im März 2018 (Programm siehe hier) und immerhin mit einigen Blog-Posts (wenn auch eher kritisch-rezipierend). Nun aber dürfen wir uns am HUL auch über ein neues Projekt freuen – klein und kurz, aber immerhin:

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Open ist nicht gleich umsonst

Es ist ja schon lange kein Geheimnis mehr, dass wir die Zeitschrift für E-Learning (und wir, das sind Andrea Back, Peter Baumgartner, Rolf Schulmeister und ich) mit der vierten Ausgabe von 2012, die demnächst erscheint, auslaufen lassen – jedenfalls in der Form, wie man sie nun sieben Jahre lang gekannt hat. Wir haben das auf der Web-Seite der Zeitschrift schon vor einiger Zeit angekündigt (siehe hier).

Angekündigt haben wir dort allerdings auch eine Neuausrichtung. Es ist in dieser Hinsicht (wir waren nicht faul) auch viel passiert: Wir hatten zahlreiche Überlegungen, eine ganze Reihe von Treffen, bereits eine konkrete Option, die dann aber wieder über Bord geworfen werden musste, viele Gespräche etc. Nun sind wir seit Montag dieser Woche an einem Punkt, wo wir uns trauen, zumindest auf unseren Blogs informell ersten Optimismus zu streuen und einen Neuanfang anzukündigen, ohne dass wir allerdings schon offizielle Dokumente oder gar eine Web-Seite hätten. Aber wir haben eine ganze Reihe neuer wichtiger Mitstreiter, die sich engagieren und dabei helfen wollen, den so lang erwarteten Open Access-Gedanken für eine neue wissenschaftliche Zeitschrift zu realisieren (weil ich nicht ganz genau weiß, der da jetzt genannt werden möchte, lasse ich das an der Stelle offen – es gibt ja ein Kommentarfeld, um sich da selber zu melden). Die neue Zeitschrift wird sich etwas breiter als bisher interdisziplinär mit „Technologie und Lernen“ beschäftigen und dabei auch mit neuen Formen des Peer Review experimentieren.

Mitstreiter und Engagement braucht man auch für so ein Projekt – besser mehr als weniger, denn: Natürlich ist eine Open Access-Zeitschrift keine, die ohne finanzielle Unterstützung zustande kommt (neben dem unbezahlten Engagement, das man zusätzlich braucht): Open ist nicht gleich umsonst, auch wenn diese Einsicht offenbar manchmal schwer fällt. Da in unseren Fächern Bezahlmodelle über Autoren aus unserer Sicht ausscheiden, muss also Geld von anderer Seite kommen und da zielt unsere Strategie darauf ab, die jährlichen Kosten auf möglichst viele Schultern von Organisationen (Unis, Institute, Vereine) zu verteilen, denen das Thema „Technologie und Lernen“ ebenfalls am Herzen liegt.

Wir sind also optimistisch. Es ist so etwas wie ein Nukleus da. Ob nun unser Plan, 2014 mit der ersten Ausgabe zu erscheinen, Wirklichkeit wird, hängt auch ein wenig davon ab, wie viele wir noch dafür begeistern können, sich in irgendeiner Weise einzubringen: als aktive Mitglieder in einem erweiterten Herausgeberkreis, als Fürsprecher in Organisationen, die sich an der Finanzierung beteiligen könnten, als Leser, die bereit sind, z.B. bei Mitgliedsbeiträgen beteiligter Institutionen ein paar Euro im Jahr mehr zu zahlen etc. Man kann es nur noch einmal wiederholen: Open ist nicht gleich umsonst, sondern fordert, dass viele einen kleinen Beitrag leisten (materiell, aber natürlich auch ideell) und aktiv daran mitarbeiten, den Open-Gedanken im akademischen Arbeitsalltag (!) tatsächlich zu leben.

Nachtrag (13.12.2012): Peter Baumgartner hat jetzt noch einmal ausführlichere Informationen (hier) zum Vorhaben zur Verfügung gestellt.

Wer zahlt?

Es geht schon Jahre hin und her – mit der Frage, ob und wie die Zeitschrift für E-Learning in ein Open Access-Modell überführt werden könnte. Im Herausgeberteam (Andrea Back, Peter Baumgartner, Rolf Schulmeister und ich) haben wir schon oft und auch erst wieder kürzlich durchaus kontrovers darüber diskutiert, unter welchen Bedingungen wir hier endlich weiterkommen könnten. Viele Open Access-Zeitschriften werden wieder eingestellt; manche sind nicht nur optisch schlecht, sondern auch fehlerhaft etwa in Sachen Rechtschreibung etc., weil es eben keinen Lektor gibt und die Ressourcen der ehrenamtlich Tätigkeiten auch mal erschöpft sind. Nun hat Andrea in ihrem Blog eine aus meiner Sicht gute Zusammenfassung eines entscheidenden Teils unserer Diskussionen ausformuliert – nämlich die Frage nach den Kosten (nachzulesen hier). In ihren Erläuterungen wird auch dargestellt, warum es mit dem Open Access nicht so simpel ist, wie man es sich vielleicht vorstellt, wenn man zu schnell Blogposts oder andere Kurzbeiträge im Netz mit wissenschaftlichen Beiträgen größeren Umfangs gleichsetzt.

Wir sind in unserem Team alle darum bemüht, möglichst viele Inhalte frei zugänglich bzw. verfügbar zu machen: über eigene Blogs, Preprints, Studientexte, Arbeitsberichte oder halbe Bücher im Netz (wie Rolfs dritte Version zur Netzgeneration: hier). Aber das ist eben nicht das Gleiche wie die Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Trotzdem wollen wir – da sind wir uns einig – 2010 einen Weg finden, der die Probleme, wie sie Andrea beschreibt, löst und dann auch Chancen etwa für neue Formen des Peer Review eröffnet. Letzteres liegt vor allem mir ganz besonders am Herzen, ohne dass ich aber voraussagen könnte, wie leicht oder schwer es ist, eine Peer Review-Routine zu verändern, die in vielen Fach-Communities inzwischen unhinterfragten Status hat. Auch das verursacht übrigens Kosten – also ein Peer Review-Prozess, der nicht nur der Selektion, sondern auch der gegenseitigen Verbesserung, dem Lernen und der Unterstützung nicht nur, aber vor allem des wissenschaftlichen Nachwuchses dient. Vor diesem Hintergrund ist Andreas Frage danach, wer diese Kosten übernimmt, ganz entscheidend – eine Frage, die in der Web 2.0-Euphorie nur allzu oft untergeht.

Wo sind die Experten?

Jochen Robes hat (hier) auf eine Broschüre zum Open Access aufmerksam gemacht, die einen knappen und informativen Überblick über die aktuellen Bestrebungen wie auch deren Genese gibt, wissenschaftliche Informationen allgemein zugänglich zu machen. Schön an dieser Broschüre ist die Prägnanz, denn zig Seiten mit vor allem juristischen Argumenten erschlagen mich immer geradezu – mehr als ein paar Seiten schaffe ich dann meistens nicht.

Was ich mich frage ist, warum es eigentlich nur vergleichsweise wenige Initiativen seitens der Hochschulen selbst gibt, sich z.B. regional zusammenzuschließen und gemeinsam einen Verlag zu gründen oder einen solchen zum Partner zu nehmen, um wissenschaftliche Publikationen sowohl klassisch als auch im Open Access herauszugeben. Mir ist es nämlich auch lieber, wenn Profis das Layout machen, wenn es ein Lektorat gibt und in der Folge auch sprachlich (nicht nur inhaltlich) eine hohe Qualität resultiert. Dazu braucht man Fachleute und die müssen natürlich finanziert werden. Auf der Frankfurter Buchmesse bin ich an einem Stand vorbeigekommen, auf dem auch ein paar Infos zur „Arbeitsgemeinschaft der Universitätsverlage“ zu haben waren. Das geht ja schon mal in die Richtung, die ich meine.

Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet und meine Ansichten dazu sind folglich laienhaft und die eines Nutzers. Trotzdem wundere ich mich, dass es offenbar so schwer ist, hier Geschäftsmodelle zu generieren, die die verschiedenen Interessen bündeln. Warum haben staatliche Bibliotheken nicht längst Modellrechnungen angestellt, wo sie durch Open Access sparen und dieses Geld in einer vernünftige Partnerschaft (auch mit Verlagen) re-investieren könnten. Publizieren gehört zum Forschen, sodass ich schon meine, dass es auch Aufgabe der Universitäten (mit ihren Bibliotheken) selbst ist, sich hier Gedanken zu machen. Möchte sich da nicht mal eine Wirtschaftsfakultät erbarmen und hier die betriebs- und volkswirtschaftlichen Grundlagen erarbeiten? Das wären doch die Experten für solche Fragen, oder? Kurzum: Ich kapier es nicht, dass wir hier nicht schon weiter sind und immer noch rumeiern als ginge es darum, den Mars zu besiedeln.

Geld oder Aufmerksamkeit?

Vielen Dank an Joachim, der in seinem Blog (hier) auf einen Beitrag von Hubertus Kohle zum Thema Open Access und der vor einigen Wochen in vielen Zeitungen dargestellten Streitfrage hinweist, ob das Einscannen von Büchern etwa durch Google einem Kulturkrieg gleichkommt. Der Text trifft die Problematik aus meiner Sicht auf den Punkt und bezieht klar Stellung zu den verschiedensten Angriffen auf einen offenen Zugang speziell zu wissenschaftlichen Inhalten. Ich hatte mich schon Anfang April über einige Beiträge etwa in der ZEIT geärgert (z.B. von Susanne Gaschke, die aber überhaupt ganz offensichtlich einige Probleme mit dem Netz hat), und als dann das in diesem Artikel ebenfalls erwähnte Schreiben von der VG-Wort mit der Aufforderung in der Post lag, ich solle mich mit einer Unterschrift dagegen wehren, dass man mir als Autorin meine Rechte nimmt, habe ich es weggeworfen – es hat mich NICHT überzeugt (hier die VG-Wort-Seite zu diesem Thema).

Nun drückt Kohle in seinem Beitrag aus, was mir nur diffus als Begründung für die „Nicht-Unterschrift“ im Kopf schwirrte. Kohle stellt völlig zu Recht klar, dass es bei wissenschaftlichen Büchern in der Regel um lächerliche Auflagen geht; hier verdienen die Verlage ohnehin anders das Geld als mit dem Verkauf der Bücher selbst (nämlich durch Zuschüsse und die Kosten, die viele Autoren selbst tragen). Er beschreibt ebenfalls, das klassische Dienstleistungen des Verlags oft gar nicht erbracht werden: nämlich Lektorat und Beratung. Da ist es kein Wunder, dass allein für Vertrieb und Marketing der Zulauf zu Book-on-demand-Verlagen wächst – wenn man eh alles selbst machen muss. Hier könnten Verlag umdenken und ihr Spektrum an Dienstleistungen ändern. Wissenschaftler verdienen selten an ihren Schriften und wenn dann sind das Summen, die mal für einen Ausflug oder ein paar Abendessen reichen. Sollte das wegfallen, wird das keinen umbringen. Die Entlohnung besteht halt dann in potenziell höherer Aufmerksamkeit, die ein offener Zugang mit sich bringt. Kohle berichtet auch, dass erste Erfahrungen die Hoffnung bestätigen, dass ein offener Zugriff auf ein Buch, das es auch gedruckt gibt, nicht dessen Verkauf schmälert – im Gegenteil: Es wird durch den offenen Zugang viel bekannter, sodass mehr Leute Lust haben, das Buch zu kaufen (wenn es gut ist). Ich nutze google-books sehr viel, denn es ist einfach hervorragend, wenn ich vorher feststellen kann, ob es sich lohnt, ein Buch etwa bei der BIB zu holen oder über Fernleihe zu bestellen oder eben zu kaufen. Ich kann mir vorher ein Bild machen, um dann das Buch in der Hand zu halten, das ich wirklich brauche. Gut, wer Romane schreibt und davon leben will, der befindet sich in einer andere Situation. Aber mal ehrlich: Wer liest denn einen Krimi am Rechner – am Abend – im Bett? Ich nicht. Schließlich ist der wissenschaftliche Mehrwert infolge von Open Access, den Kohle erwähnt, wichtig: Wissenschaftliche Erkenntnisse können und sollen sichtbar und kritisierbar sein und das sind sie im Netz eben viel besser und umfassender als in Bücherregalen … die bei mir trotzdem voll sind.

Pre- und Postprints ab 2009

Ab diesem Jahr werde ich alle meine (künftigen) Publikationen als Pre- oder Postprints zur Verfügung stellen. Damit versuche ich, neben den schon bestehenden Arbeitsberichten am imb, die man als „graue Literatur“ bezeichnet (welche in der wissenschaftlichen Community offiziell keinerlei Wert besitzen – und zwar völlig unabhängig vom Inhalt, der auch exzellent sein könnte), den sogenannten „grünen Weg“ des Open Access zu beschreiten.  Unter der neuen Kategorie „Pre- und Postprints“ stelle ich neue Artikel in diesem Blog mit kurzen inhaltlichen Hinweisen online.  Unmittelbar nach Erscheinen einer Publikation werde ich die vollständige Literaturangabe nachliefern, die dann im Falle des Zitierens zu verwenden ist. Das erspart einem leider nicht, im Falle des Falles die Originalliteratur heranzuziehen, aber es bietet dem Leser trotzdem Effizienzvorteile:

  • Zum einen hat man den Inhalt früher, denn leider dauern Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen ja immer sehr lange – vor allem, wenn bei Sammelbänden besonders viel beschäftige Autoren/innen aus einer Deadline eine ungefähre Richtlinie machen.
  • Zum anderen bemüht man sich nur dann um die Originalliteratur, wenn man bereits weiß, dass man den Inhalt auch tatsächlich (z.B. für einen eigenen Beitrag) gebrauchen kann; das spart einem die lästige Beschaffung von Texten, die sich letztlich als enttäuschend oder für das aktuelle Interesse irrelevant herausstellen.

Für die kommenden zwei Wochen kann ich schon mal zwei Artikel versprechen – die sind beide in der „Endschleife“.