Brauchen wir ABBs (Allgemeine Bildungsbedingungen)?

Bei der Reflexion meiner eigenen Lehre und beim Austausch mit anderen Lehrenden ist das Thema „Feedback geben und was die Studierenden damit eigentlich machen“ immer wieder präsent. Bei mir selbst beobachte ich eine mit den Jahren steigende Intensität der Rückmeldung (im Hinblick auf Umfang und Tiefe), die mich natürlich zeitlich ziemlich in Anspruch nimmt. An sich könnte man ja meinen, dass man im Laufe der Jahre eher etwas „laxer“ (man könnte auch freundlicher sagen „gelassener“?) wird. Warum ich da zum Gegenteil tendiere, kann ich mir selbst nicht so recht erklären. Vielleicht weil es mich ärgert, wenn nach einer Lehrveranstaltung die Ergebnisse nicht so gut sind? Weil ich dann gewissermaßen die letzte Chance eines Feedbacks nochmal nutzen will (damit nicht alles umsonst war)? Ich weiß es nicht … Wenn denn die ausführlichen und aufwendigen Rückmeldungen dazu führen, dass Studierende etwas lernen und über die Zeit tatsächlich besser werden, „lohnt“ es sich, es macht dann auch Spaß – das ist gut investierte Zeit (und das trifft so schätzungsweise auf 10, im besten Fall mal 20 Prozent der Studierenden zu). Wenn aber einerseits von Studierenden zu wenig Rückmeldung beklagt wird und andererseits keine Anstrengungsbereitschaft da ist, diese auch zu nutzen, dann wird es schwierig bis frustrierend.

Vielleicht – und das ist jetzt ein durchaus ernst gemeinter Vorschlag – sollte man so etwas wie AGBs für den Bildungsbereich einführen: quasi ABBs (Allgemeine Bildungsbedingungen). Das heißt: Wenn ich als Lernender Rückmeldung nicht nur in Form einer Note, sondern mit umfangreichen Erläuterungen (Erklärungen von Bewertungen und Verbesserungshinweise) erhalte, dann bin ich auch verpflichtet, diese zu lesen, nachzuvollziehen und für Verbesserungen zu nutzen, oder auch nachzufragen, wenn ich die Rückmeldungen nicht verstanden habe. Mit Abgabe einer Leistung plus Feedback kreuze ich dann an, ob ich mit den ABBs einverstanden bin. Wenn nicht, gibt es auch kein Feedback bzw. nur eines in Form einer Note (wenn man denn unbedingt eine solche vergeben muss; den Wert von Noten jedenfalls sehe ich ohnehin zunehmend skeptischer – aber das ist ein anderes Thema … über das ich erfreulicherweise auch auf der nächsten GMW in Wien berichten darf).

 

Sprachliche Fehlleistungen als Kavaliersdelikt

Es liegen mal wieder mehrere Tage hinter mir, an denen ich einen Stapel Hausarbeiten gelesen, kommentiert und bewertet habe. Ich gebe es zu: Diese Tätigkeit frustriert mich. Sie frustriert mich, weil keinesfalls alle, aber viel zu viele dieser Arbeiten auch im zweiten Studienjahr nicht den Standards entsprechen, die man erwarten würde oder – noch schlimmer – auf die man meint, durchaus hingearbeitet zu haben. Was mir dabei besonders auffällt und was ich an dieser Stelle mal thematisieren möchte, ist die grundlegende Sprachkompetenz. Damit meine ich die Kompetenz, erstens einen Gedanken mittels Sprache so zu formulieren, dass der Gedanke auch tatsächlich wiedergegeben wird, dass der so formulierte Gedanke zweitens für einen Leser nachvollziehbar bzw. verständlich ist, dass die gewählte Formulierung drittens grammatikalisch korrekt und viertens ohne Komma- und Rechtschreibfehler ist. Fangen wir von hinten an: Rechtschreibfehler sind dank Rechtschreibhilfen in allen gängigen Textverarbeitungsprogrammen an sich gar nicht so das Problem – mit Ausnahme vielleicht der Klein- und Großschreibung. Kommafehler sind der reine Wahnsinn. Es geht hier nicht um die Feinheiten – wirklich nicht. Vielmehr werden Kommata nahezu flächendeckend derart wahllos gesetzt, dass daraus bereits Verständnisprobleme resultieren und man sich fast wünschen würde, die Autoren würden Kommata besser gleich ganz weglassen. Grammatikfehler sind ebenfalls häufig: Ganz oben rangieren unvollständige Haupt- wie auch Nebensätze. Nicht im eigentlichen Sinne fehlerhaft, aber extrem hinderlich für das Verstehen sind Passivkonstruktionen, Nominalisierungen und verschachtelte Sätze. Aber all das ist gar nicht das Schlimmste. Für mein Sprachempfinden viel schlimmer ist es, wenn die Sätze semantisch mitunter gar keinen Sinn ergeben, wenn ich sie gar nicht verstehe, sondern nur ahne, was sie aussagen sollen. Wie das zustande kommt? Meine These ist, dass folgende Faktoren eine zentrale Rolle spielen: oberflächliches Lesen wissenschaftlicher Literatur; nur ungefähres Verstehen dessen, was man gelesen hat; der fest verwurzelte Glaube, dass einfache und klare Sätze unwissenschaftlich sind, gepaart mit der Überzeugung, dass die oben genannten grammatikalischen Fehlleistungen (Passivkonstruktionen, Nominalisierungen, verschachtelte Sätze, unnötige Fremdwörter) zum guten wissenschaftlichen Ton gehören. Es ist naheliegend, dass Defizite auf der Sprachebene auf der nächst höheren Ebene etwa der Argumentation eine Fortsetzung finden: Es ist kaum möglich, eine konsistente Argumentation aufzubauen, wenn man schon Probleme hat, einen Gedanken in einen klaren Satz zu packen.

Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht etwas überheblich. Ich gestehe auch, dass bei so mancher Lektüre der Zorn in mir aufsteigt und irgendein Ventil her muss, wenn ich einen ganzen Tag oder mehrere Tage damit verbracht habe, Rechtschreib- und Kommafehler, Grammatikfehler und unverständliche Sätze, Absätze und ganze Abschnitte zu markieren und zu erläutern – mit dem Wissen, dass nur wenige diese Hinweise, die mich viele, viele Stunden kosten, auch nutzen werden (aber einige halt schon, weswegen ich es immer wieder tue). Aber mal jenseits der Überheblichkeit und des Zorns: Das ist doch wirklich ein Problem, oder? Was mir hier unter anderem fehlt, ist das Problembewusstsein. Bisweilen habe ich den Eindruck, sprachliche Defizite gelten als eine Art Kavaliersdelikt – also als legitimer Regelverstoß, der nicht nur akzeptiert, sondern in gewisser Weise sogar befürwortet wird: Besser man nutzt die Zeit für was Wichtigeres! Was kann man tun? Schreibwerkstätten einrichten? Viele Maßnahmen zum „wissenschaftlichen Schreiben“ beschäftigen sich eher mit der Zitierweise, mit dem Aufbau von Texten, auch mit emotionalen Problemen wie Schreibblockaden etc. Das ist alles wichtig und richtig so. Aber wenn es ein noch viel grundsätzlicheres Problem gibt – nämlich das, welches ich hier versuche, kurz zu beschreiben? Wie kann man das beheben? Wie kann man überhaupt erst mal das Bewusstsein dafür schaffen und zu einer Haltung gelangen, dass es NICHT egal oder sekundär ist, wenn man sprachliche Defizite hat? Ich würde ja gerne helfen, aber wie in anderen Kontexten auch, bedarf es dazu erst einmal der Einsicht, dass es sich hier um ein relevantes Problem handelt!

Wie-stelle-ich-mich-so-dar-dass-ich-mitspielen-darf“-Falle

„Wo ist die Forschung in der Entwicklungsforschung?“ Das war einer der Fragen, mit denen wir uns heute im Doktorandenkolloquium auseinandergesetzt haben. Ein paar Worte zum Ablauf (zur Information): Bereits Wochen vorher haben sich Doktoranden sukzessive mit drei Texten zum Thema (einem von Dieter Euler, einem von Wolfgang Einsiedler und einem von mir) auseinandergesetzt. Dabei sollte jeder so vorgehen, dass er/sie zunächst das eigene Vorverständnis von Entwicklungsforschung explizieren und dann nach der Lektüre jedes Textes reflektieren sollte, ob und wenn ja, was sich an der eigenen Auffassung dazu geändert hat.

Im ersten Drittel des heutigen Nachmittags standen die Ergebnisse dieser Einzelarbeit im Vordergrund. Dazu haben wir zwei Partnerarbeiten durchgeführt, in der sich die Doktoranden gegenseitig ihre durch die Lektüre bewirkten Verständnisveränderungen dargelegt haben. Anschließend haben wir in einer Plenumsdiskussion die Erfahrungen ausgetauscht. Fokus im zweiten Drittel des Nachmittags war ein Vortrag von Frank, in welchem er die Entwicklung der Technik und Didaktik rund um das von ihm und seinem Team seit vielen Jahren vorangetriebenen „Lernens mit Videoannotation“ (so sage ich das jetzt mal verkürzt) weitgehend chronologisch präsentiert hat. Frank dazu hier bereits seine eigenen Folgerungen zusammengefasst. Im letzten Drittel haben wir in Kleingruppenarbeiten versucht, die entstandenen Vorstellungen von Entwicklungsforschung zu visualisieren.

Ein „Schlüsselerlebnis“ für mich heute war, dass in manchen (vielen?) Köpfen Folgendes tief verwurzelt zu sein scheint (wobei da Stimmen aus dem Kolloquium nur „transportieren“, was in verschiedenen Fach-Communities als wissenschaftlicher Standpunkt weitergegeben wird). Ich versuche mal, das kurz auf den Punkt zu bringen:

„Die Wissenschaft da draußen“ definiert die Spielregeln und wenn man etwas macht, was die Tendenz zu (ein paar) neuen Spielregeln hat, muss man seine Sache so darstellen, dass man den Anschein erweckt, die bestehenden Spielregeln durchaus beachtet zu haben. Mit anderen Worten: Es geht darum, die eigene Forschung auf jeden Fall so darzustellen, dass sie in den bestehenden wissenschaftlichen Rahmen passt.

Die Beobachtung dieser Haltung löst in mir zweierlei aus: Zum einen kann ich sie nachvollziehen. Aus dieser Auffassung kann man den Anspruch an Anschlussfähigkeit herauslesen und die ist selbstverständlich wichtig in der Wissenschaft (oder anders formulier: Freilich kann nicht jeder einfach machen, was er will und was er persönlich ohne schlüssige Begründung für richtig hält). Das Problem ist allerdings, wenn „man nur so tut als ob“ – wenn man sich also auf die „Verpackung“ und darauf konzentriert, „mitspielen zu dürfen“. Zum anderen schreckt mich die Beobachtung etwas auf. Aus dieser Auffassung kann man nämlich auch das fehlende Bestreben zur aktiven Mitgestaltung von Wissenschaft und die Annahme herauslesen, dass man sich „der“ Wissenschaft unterzuordnen habe. Wenn es einem vor allem um die „richtige Darstellung“ geht und nicht darum, für das, was man darstellt, einen geeigneten Platz in der Forschungslandschaft zu finden bzw. dessen Wissenschaftlichkeit zu erarbeiten und zu etablieren, dann geht das aus meiner Sicht am Wesen von Wissenschaft vorbei.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Mich schrecken NICHT meine Doktoranden auf und überhaupt nicht die Diskussionen, die ich heute als sehr wertvoll und auch für mich interessant empfand. Vielmehr macht es mich sehr nachdenklich (obwohl ich es an sich weiß), wie wirkungsmächtig die zu einer bestimmten Zeit “etablierte Wissenschaft“ (durch Medien, wissenschaftliche Literatur, Tagungen etc.) selbst in Gruppen ist, in denen man eine Vielfalt an Forschungsdesigns und Forschungszielen, interdisziplinäre Bezüge und offene Methodendiskussionen fördert. Daraus folgt für mich: Wir dürfen nicht nur über Entwicklungsforschung und reden und schreiben, wir müssen sie praktizieren und daran arbeiten, dass wir konsensfähige eigene Standards bekommen. Sonst kommt man aus dieser „Wie-stelle-ich-mich-so-dar-dass ich-mitspielen-darf“-Falle nämlich nicht raus.

Nur ein paar Zettel im Netz?

Oft frage ich mich, warum ich mir eigentlich mit der aktuell weit verbreiteten Publikationspraxis à la „Nur Peer-reviewed Journals zählen“, die inzwischen auch die akademischen Qualifizierungsprozesse massiv beeinflusst, so schwer tue. Wenn ich höre, dass man in manchen Disziplinen an einigen Unis überhaupt nur noch kumulativ über eine Reihe von Zeitschriftenartikeln habilitieren kann, für die es oft normierte Formen des Schreibens gibt, verursacht das Ärger, auch Wut in mir.

Vielleicht, so ist mir in den letzten Tagen gekommen, liegt das daran, dass ich wohl im Grunde meines Herzens ein Verfechter des epistemischen Schreibens bin. Damit ist gemeint, dass man Texte schreibt, um sich selbst mit dem Geschriebenen auseinander zu setzen, die eigenen Gedanken zu ordnen und zu verstehen, das Denken zu unterstützen, aber auch neues Wissen hervorzubringen und anderen zu vermitteln (wobei letzteres natürlich über das Epistemische beim Schreiben hinausgeht). Jedenfalls stelle ich diese Effekte bei mir fest, wenn ich an etwas schreibe, was mir wirklich wichtig ist (versus Artikelproduktion, weil man etwas Bestimmtes liefern soll), wenn ich mich schon lange und immer wieder aus neuen Perspektiven damit beschäftige und wenn mich (wie bei Lehrtexten)  möglichst gut verständlich machen will. Das ist aktuell gerade mal wieder der Fall (und führt dazu, dass alles andere liegen bleibt):

Ich sitze an einer umfassenden Überarbeitung meines Studientextes zum Didaktischen Design (siehe hier). Manchmal denke ich mir zwar, ich sollte besser wieder mal ein Buch publizieren … – „Studientext“, das klingt nach ein paar Zetteln, die man ins Netz stellt. Und die lieben Kollegen geben währenddessen ihre großen Werke heraus ;-). Die Überarbeitung in größerem Stil ist – obschon der Text ja keineswegs alt ist – aus mehreren Gründen nötig: Zum einen gibt es viel neue Literatur und auch wenn die Zeit immer zu knapp ist, versuche ich doch, das eine oder andere zu lesen und mit meinen Überlegungen in Verbindung zu setzen. Zum anderen haben einige andere eigene aktuelle Artikel und Vorträge Anlässe geliefert, neue oder veränderte Überlegungen auch in mein „Orientierungsmodell“ zum Didaktischen Design, das dem Studientext zugrunde liegt, einfließen zu lassen. Schließlich sind es die Lehre und die Arbeit mit dem Studientext in Veranstaltungen, die mir stets aufs Neue deutlich machen, wo es noch hakt, was von Studierenden schlecht verstanden wird etc. Anbei mache ich die aktuelle Version der Gliederung des Studientextes schon mal öffentlich. Ich denke, ich werde noch ein paar Wochen brauchen und daher kann sich der eine oder andere Gliederungspunkt noch ändern. Aber als Vorankündigung kann man es schon mal zeigen.

Studientext_DD_Gliederung_2012

Sich selbst ein Rätsel

In der aktuellen Ausgabe von Forschung und Lehre beschreibt und deutet der Soziologie-Professor Stefan Kühl die enorme Komplexitätssteigerung bei der Gestaltung von Bologna-Studiengängen. Dabei verwendet er eine einleuchtende Analogie: Das Sudoku-Rätsel. Dankenswerter Weise findet sich auf der Web-Seite von Stefan Kühl ein längeres Arbeitspapier zu diesem Thema, nämlich hier. Anbei die vorangestellte Zusammenfassung:

„Als „Sudoku-Effekt“ wird bezeichnet, wenn durch die Verknüpfung verschiedener vorgeschriebener Programmformen der Charakter einzelner Elemente festgelegt wird. In diesem Arbeitspapier wird argumentiert, dass bei der Konzeption von Studiengängen durch die vorgeschriebene Kombination von jeweils in Leistungspunkten ausgedrückten Profilen, Modulen, Veranstaltungen und Prüfungsformen die Anforderungen einer Zahlenarithmetik die inhaltlichen Überlegungen zu den Studiengängen überlagern. Die Dauer-Reform von Studiengängen im Rahmen des Bologna-Prozesses lässt sich damit erklären, dass die durch den Sudoku-Effekt produzierten Studiengänge den alltäglichen Anforderungen eines Studiums nicht mehr gerecht werden. Die permanenten informellen Abweichungen von den Studiengangstrukturen werden deswegen zum Anlass genommen, diese immer wieder zu reformieren. mit dem Lösen eines Sudoku-Rätsels verglichen.“

Ich kann der Analyse von Kühl nach meinen teilweise absurden Erfahrungen zur Studienganggestaltung an zwei Universitäten nur voll und ganz zustimmen: Man beginnt mit inhaltlichen Überlegungen und endet beim Zusammenrechnen von Punkten, verschiebt und tauscht Module und Veranstaltungen so lange aus, bis man bei der magischen Zahl 180 (Bachelor) bzw. 120 (Master) ist, und freut sich am Ende wie ein Buchhalter, wenn die Summe stimmt. Kühl ist darüber hinaus zuzustimmen, wenn er feststellt: „Kein Studiengangplaner eines Masters setzt sich hin und überlegt, wie er die Wahlmöglichkeiten für Studierende möglichst auf null reduzieren kann. Keine Arbeitsgruppe zur Studienreform entwickelt bewusst Strategien, um Studierenden im Rahmen ihres Studiums möglichst viele Kontakte zum Prüfungsamt zu ermöglichen. Kein Dekanat bringt bewusst eine Kurzbeschreibung eines Studienganges in die Fakultätskonferenz ein, die so kompliziert ist, dass die Details nur noch von den Spezialisten in der Studienberatung verstanden werden können.“ Die genannten und noch viele andere Effekte sind bittere Nebenwirkungen, die neue Probleme hervorrufen, für die man wieder neue Lösungen und Regeln braucht, die die Modulhandbücher dicker und dicker werden lassen.

Ein wichtige Ursache für die Komplexitätsexplosion sieht Kühl darin, dass immer mehr Ebenen in die Bologna-Studiengänge eingezogen wurden: Gab es vor Bologna die Ebenen Profile, Veranstaltungen und Prüfungen, haben wir heute Profile, Module, Veranstaltungen, Prüfungen und Leistungspunkte. Alles soll flexibel gestaltet sein, aber am Ende bitteschön exakt zusammenpassen. An sich hätte man durch reines Nachdenken schon die später empirisch nachweisbaren chaotischen Folgen vorhersehen kennen. Ich bin seit einiger Zeit Studiendekanin und Verantwortliche einer Studiengangkoordination, aber ohne Blick in FPO und Modulhandbücher komme ich immer noch nicht aus. Selbst die Umsetzung eigener Gedanken in diesem Gestrüpp kann einem ein paar Monate später ein einziges Rätsel sein.

Am Ende erweist sich vor allem das System ECTS nicht nur als besonders komplexitätssteigernder Faktor, sondern auch als ein Faktor, der die inhaltliche Komplexität eines Studiengangs schlicht ignoriert. Kühl formuliert das in seinem Arbeitspapier so:

„Die Anzahl von Modulen, die Zuweisung von Prüfungen zu den Modulen, die Bewertung von Modulen, Veranstaltungen und Prüfungen mit Leistungspunkten wird immer wieder verändert, um am Ende irgendwie genau auf die 180 und 120 Leistungspunkte zu kommen. Wenn man nur ausreichend verschiebt, modifiziert und neuberechnet, dann geht es am Ende irgendwie auf. Bloß: Genauso wie beim Sudokurätsel die Anordnung der Zahlen zwischen eins und neun letztlich willkürlich ist und nur durch die notwendige Vernetzung mit anderen Zahlenreihen begründet ist, wird dann auch die Anordnung von Modulen, Veranstaltungen und Prüfungen in Studiengängen häufig am Ende nur noch durch die durch die Leistungspunktlogik definierten Konsistenzanforderungen getragen.“

Das Schlimmste aber ist: Man spielt das mit! Man muss es mitspielen, wenn man nicht sein Amt abgeben will. Denn: „Dass das mit den Leistungspunkten stimmt, damit wir akkreditiert werden“ (so ein Satz, den ich in den letzten Jahren und Monaten sehr oft gehört habe) ist oberstes Credo der aus dem Boden sprießenden Stellen für Qualitätsmanagement und Evaluation, die sich zusammen mit dem Controlling und der Verwaltung von Drittmitteln längst zur eigentlichen Hochschulleitung gemausert haben. Dies ist denn auch ein Element des bürokratischen Teufelskreises, den Kühl wie folgt beschreibt: „Die Schaffung von immer mehr Regeln und die Zentralisierung von Entscheidungen an der Spitze der Organisation führe nicht nur zu Frustration, Distanzierung und Teilnahmslosigkeit bei den betroffenen Personen, sondern auch zu vielen wildwüchsigen lokalen Anpassungen. Auf diese reagiere die Organisationsspitze dann mit dem einzigen Mittel, das ihnen zur Verfügung steht: Mit dem Erlass neuer Regeln.“ Stimmt! So beobachte auch ich das. Was tun? Kühl empfiehlt die „Abschaffung sowohl der verpflichtenden Abbildung aller Veranstaltungen und Prüfungen in Form von Modulen als auch der verpflichtenden Berechnung aller Veranstaltungen, Prüfungen, Selbststudiumsphasen und Praktika in Leistungspunkten.“ Ich meine, die Abschaffung von Leistungspunkten, die nachweislich (auch meiner Erfahrung nach) ohnehin keiner realen Zeitinvestition entsprechen, würde die schlimmsten Probleme beseitigen und immerhin schon mal den Weg vom Sudoku-Rätsel zum semantisch nachvollziehbaren Kreuzwort-Rätsel ermöglichen.

Wachsendes Interesse oder doch eher ein zäher Prozess?

In der Zeitschrift Educational Researcher findet sich ein aktueller Text zum Thema Design-Base Research von Terry Anderson. Hier zunächst einmal die komplette Literaturangabe:

Anderson, T. & Shattuck, J. (2012). Design-based research: A decade of progress in education research? Educational Researcher, 41 (1), 16-25. (online hier)

Kernbotschaft des Textes ist, dass das Interesse an Desig-Based Research (DBR) wachse, was über eine Analyse von Zeitschriftenbeiträgen belegt werden soll. Im ersten Teil des Beitrags fassen Anderson und Shattuck noch einmal die wesentlichen Merkmale von DBR zusammen. Da findet sich nichts wesentlich Neues im Vergleich zu den bereits viel zitierten Artikeln zum Thema. Interessant ist aber der angestellte Vergleich mit der „action research“, denn oft wird dem DBR-Ansatz vorgeworfen, dass er nur ein neuer Aufguss der alten Praxis- oder Handlungsforschung sei. Der zweite Teil des Beitrags stellt dann die Inhaltsanalyse von Zeitschriftenartikeln vor, die mit dem Ziel durchgeführt wurde, festzustellen, ob und inwiefern das Interesse an DBR gestiegen ist. Über die Methode kann man streiten, aber immerhin liefert die Studie einen Überblick darüber, dass und in welcher Gewichtung z.B. theoretische Arbeiten zum DBR-Ansatz und/oder konkrete Studien nach dem DBR-Ansatz in den gefundenen Beiträgen beschrieben werden, zu welchen Lehr-Lerngebieten DBR-Studien durchgeführt werden, welche Fragestellungen bzw. Erkenntnisinteressen im Vordergrund stehen und wie die angestrebten Verbesserungen (z.B. kleine oder größere Innovationen) zu charakterisieren sind. Das schulische Lehren und Lernen jedenfalls macht den größten Kontext aus, der mit DBR bearbeitet wird. Klar erkennbar ist auch, dass didaktische Bemühungen im Zusammenhang mit digitalen Technologien nach wie vor der Treiber für DBR-Aktivitäten sind. Abschließend möchte ich zwei Sätze zitieren, die aus meiner Sicht einen ganz wesentlichen Aspekt von DBR auf den Punkt bringen:

„Unlike quantitative studies, most DBR studies do not produce measureable effect sizes that demonstrate ´what works´. However, they provide rich descriptions of the contexts in which the studies occurred, the challenges of implementation, the development processes involved in creating and administrating the interventions, and the design principles that emerged.” (p. 22)

Zur Genese des Textes schreibt Anderson hier in seinem Blog – auch ganz interessant.

Systematisch falsch

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Pädagogik findet sich ein aus meiner Sicht sehr interessanter Artikel von Ewald Terhart mit dem Titel „´Bildungswissenschaften´: Verlegenheitslösung, Sammeldisziplin, Kampfbegriff?“ (2012, Heft 1).

Ausgangspunkt ist Terharts Beobachtung, dass die zunehmende Verwendung des Begriffs Bildungswissenschaften, aber auch die Ausbreitung der „Bildungsforschung“ für Unruhe sorge und letztlich unklar sei, was damit gemeint ist. In der Folge unterscheidet Terhart drei grundlegende Varianten der Verwendung des Begriffs „Bildungswissenschaften“:

Variante 1 lautet: „Bildungswissenschaften in der Lehrerbildung“. Dies, so Terhart, sei eine „Verlegenheitslösung zur Benennung eines heterogenen Studienelements“ in den Lehramtsstudiengängen (S. 28). Variante 2 heißt: „Bildungswissenschaften als Sammelbezeichnung“. Dies sei einen Versuch, wissenschaftliche (Teil-)Disziplinen, die sich mit Bildung (und Ausbildung) beschäftigen, zu bündeln, ähnlich wie das beim etablierten Begriff der Sozialwissenschaften der Fall ist (wobei die Bildungswissenschaften dann eine Untergruppe der Sozialwissenschaften wären). Die dritte Variante ist: „Bildungswissenschaften als eine Bezeichnung, die für ein theoretisch und methodisch enger definiertes Verständnis bildungswissenschaftlicher Forschung steht“ (S. 29), nämlich für hypothesenprüfende Forschung via Experiment oder Korrelationsstudien. Terhart weist darauf hin, dass dies weitgehend dem aktuellen Verständnis von „empirischer Bildungsforschung“ entspreche. Dem stellt er ein Verständnis gegenüber, das auch für qualitative Forschung offen ist und deren Arbeit „theoriebezogen, problemorientiert und mit Blick auf mögliche oder bestimmte Anwendungskontexte durchgeführt“ wird (S. 29).

Zum verengten Verständnis von Bildungswissenschaften als empirische Bildungsforschung nach dem quantitativen Paradigma erteilt Terhart eine klare Absage: „Ich halte diese Begriffsverwendung für systematisch falsch, epistemologisch riskant und darüber hinaus im sozialen System der Wissenschaften nicht durchsetzbar. Als Kampfbegriff eingesetzt hat er keine Zukunft“ (S. 30). Gegen Ende des Textes bezeichnet Terhart den dazugehörigen Versuch als „unfreundlichen Übernahmeversuch“ bzw. als „konkurrenzgeleitete Ausgründung“ (S. 36).

Im weiteren Verlauf des Textes stellt Terhart eine Reihe von Thesen auf, die er kurz begründet. Unter anderem sagt er: „Als die Pädagogik vor Jahrzehnten durch ihre Transformation zur Erziehungswissenschaft Teilelement der Sozialwissenschaften wurde, gab es bereits ähnliche Debatten“ (S. 31). Zudem verweist auf folgende mögliche Entwicklung: „Wird von den Erziehungswissenschaftlern mit der Zuordnung zu den Bildungswissenschaften eine Psychologisierung der Disziplin befürchtet, so wird aus dem Kontext der Psychologie heraus der nächste Schritt vorbereitet“ (S. 33), nämlich die Etablierung einer neuen Teildisziplin der Psychologie unter der Bezeichnung Bildungspsychologie. Verweisen wird hier auf den Sammelband von Spiel, Schober, Wagner & Reimann (2010). Zu diesem Buch habe ich auch einen Beitrag geliefert, habe aber NICHT den Eindruck, dass von diesem wirklich eine „Gefahr“ für pädagogisch und didaktisch denkende Bildungswissenschaftler ausgeht.

Am Ende plädiert Terhart für empirische Studien, die dabei helfen, die tatsächliche Situation der Erziehungswissenschaft beurteilen zu können. Zudem macht er klar, dass er sich an „Grundsatzdebatten um einen Streit um Axiome, der nicht zu entscheiden und insofern unabschließbar ist“ nicht beteiligen möchte (S. 32). Man darf allerdings, so meine Ansicht, nicht vergessen, dass es hier nicht nur einen müßigen Streit geht, sondern dass die verschiedenen „Grundsätze“ eben nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen, sondern zu ungleichen Ressourcenverteilungen führen die wiederum Einfluss auf die „Sache“ nehmen, indem sie Entscheidungen von (Nachwuchs-)Wissenschaftlern massiv steuern.

Scheinbarer Abschied vom Konstruktivismus

Noch läuft der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) in Osnabrück, zudem ich gestern schon (hier) einen Beitrag verfasst habe. Ich war eingeladen, einen der vier Parallelvorträge am Dienstag zu halten. Nach langem Überlegen hatte ich mich im Vorfeld dazu entschieden, das Thema „Vermittlung bzw. Vermittlungswissenschaft“, an dem ich seit 2011 etwas intensiver arbeite, zum Fokus des Vortags zu machen. Anbei das Vortragsmanuskript.

Vortrag_Osnabrück_Maerz_2012

Ich war natürlich schon gespannt, wie die Zuhörerschaft, die ich schlecht einschätzen konnte, darauf reagieren würde. Die Statements und Fragen nach dem Vortrag zeigten, dass einerseits schon die Gefahr besteht, falsch verstanden zu werden (z.B. in dem Sinne, dass ich die Allgemeine Didaktik durch eine interdiszliplinäre Vermittlungswissenschaft ablösen wolle, was NICHT der Fall ist), andererseits aber offenbar auch gesehen wird, dass es Vermittlungsphänomene gibt, denen sich die Allgemeinen Didaktik bisher (leider) nicht zuwendet. Wie zu erwarten, gab es auch eine Nachfrage zum „konstruktivistischen Standpunkt“, den ich mit dem Fokus „Vermittlung“ scheinbar aufgebe. Ich schreibe „scheinbar“, denn nach wie vor würde ich behaupten, dass ich eine „konstruktivistische Haltung“ habe, was Lehren und Lernen betrifft. Ich sehe nur den ASPEKT der Vermittlung vernachlässigt, was der Sache – dem Lehren und Lernen – in Wissenschaft UND Praxis aus meiner Sicht nicht gut tut. Dass eine interdisziplinäre Vermittlungswissenschaft spezielle Probleme in der Lehrerbildung NICHT löst, wie Meinert Meyer anmerkte, kann ich nur unterstreichen. Dieses Ziel habe ich mir aber mit dieser Aktion gar nicht auf die Fahre geschrieben.

Ich hoffe, dass es noch ein paar Kommentare gibt und freue mich über alle – selbstverständlich auch – kritische Anmerkungen. Leider kann ich den dazugehörigen, längeren und natürlich präziser argumentativ abgesicherten Artikel hier (noch) nicht veröffentlichen. Da muss ich noch um etwas Geduld bitten.

 

Motivation, Disziplin, Leistung

„Was konstituiert Unterricht? Grenzgänge zwischen quantitativer und qualitativer Unterrichtsforschung“ – so lautete der Titel des Symposiums auf dem DGFE-Kongress 2012 in Osnabrück, den ich heute Nachmittag besucht hatte. Ziel war laut der beiden Organisatoren, Eckhard Klieme und Werner Helsper, eine „Verständigung über Differenzen und Gemeinsamkeiten der empirischen Erkenntnisbildung zum Unterricht“ (so der Text im Programmheft). In den einführenden Statements wurde weitgehend Harmonie demonstriert, ebenso wie am Ende, als Manfred Penzel von den „erstaunlichen Konvergenzen“ sprach, die bei quantitativer und qualitativer Forschung zutage treten würden. Nur in Nebenbemerkungen einiger der Referenten/innen, vor allem aber einiger Zuhörer-Fragen und allem voran im Abschluss-Statement von Andreas Gruschka wurden dann doch auch die Differenzen deutlich.

Im ersten Block stellten Breidenstein und Rademacher aus Halle einen Ausschnitt aus ihrer qualitativen Unterrichtsforschung zum offenen Unterricht in der Grundschule vor. Im Anschluss referierten Lotz und Gabriel aus Bamberg und Kassel ausgewählte Ergebnisse aus einem Projekt, in dem mit „niedrig und hoch inferenten Verfahren zur Erfassung von Unterricht“ ebenfalls in der Grundschule gearbeitet wird. Beide Teams hatten sich auf den Umgang mit dem Faktor Zeit konzentriert, was ich im Vergleich recht interessant fand. Die spätere Kritik, dass man da Unterricht auf die Nutzung der verfügbaren Zeit zum „Arbeiten“ an Aufgaben reduziere, fand ich wenig sinnvoll, denn es war an sich klar, dass das ausgewählte Ausschnitte aus den Studien waren.

Im zweiten Block gab es zunächst einen Vortrag von Reh aus Berlin, die eher generell über „Schätzungen“ und „Rekonstruktionen“ in der qualitativen Forschung gesprochen hat – ich gebe zu, da habe ich nicht alles verstanden, obschon ich meine, dass ich einen gewissen Überblick über Verfahren der qualitativen Sozialforschung habe. Keine Verständnisprobleme hatte ich dann aber beim Vortrag von Reusser, der anhand seiner Arbeiten mit Videoanalysen aus dem Unterricht seit Mitte 2000 aufzeigte, wie man verschiedene, auch quantitative und qualitative Verfahren, verbinden kann.

Was habe ich mitgenommen? Mir fällt auf, dass man an der Oberfläche Annäherung signalisiert, die ich den Rednern allerdings nicht so recht abnehme – mit Ausnahme von Kurt Reusser: Bei ihm merkt man sowohl im Vortrag als auch in der Diskussion, dass er weiß wovon er spricht, wenn er sowohl quantitative Analysen seiner Videodaten vorstellt als auch die methodologischen Herausforderungen erläutert und deutlich macht, dass sich auch ein quantitativ arbeitender Forscher in einem „nicht zu Ende kommenden hermeneutischen Prozess“ befindet. Letzteres halte ich für wichtig, denn bei vielen quantitativen Projekten habe ich den Eindruck, dass man sich zuerst bemüht, verschiedene Variablen zu isolieren, um hinterher festzustellen, dass es leider zu kompliziert ist, diese wieder zusammenzusetzen, was aber nötig wäre, um – wie Prenzel es formuliert hat – „Wissen auf Handlungsebenen“ zu produzieren. Andreas Gruschka plädierte darüber hinaus dafür, dass es eine bessere Kommunikation von der Wissenschaft zur Praxis geben müsse. Also: Mehr Handlungswissen und eine besser Vermittlung an die, die es brauchen, aber auch aussagekräftigere Ergebnisse für eine echte Verbesserung des Unterrichts ist angesagt. Oder wie ein Zuhörer treffend formuliert hat: Nur der Hinweis auf die Faktoren „Motivation, Disziplin und Leistung“ für erfolgreichen Unterricht sei zu dünn, treffe es doch auch auf jede Fußballmannschaft zu.

Hängen geblieben ist mir schließlich noch ein Statement aus dem Publikum, nämlich von Dietrich Benner, der darauf hingewiesen hat, dass es im Unterricht immer noch um eine Sache ginge, die gelernt werden soll. Und von der wäre nun gar nicht die Rede gewesen. Na ja, ein guter Aufhänger für meinen eigenen Vortrag morgen!

Im Reich des Anekdotischen

Im Kontext des Tags des digitalen Lernens findet seit Donnerstag bis Samstag am Gymnasium Ottobrunn ein Kongress zum Lernen mit digitalen Medien statt. Gestern gab es bereits ein Educamp und eine Podiumsdiskussion.

Heute stehen bzw. standen ein paar Vorträge und zahlreiche Workshops auf der Agenda. Mein Vortrag zum Einstieg des Tages richtete sich an die Lehrer als Personen und ihren Umgang mit Wissen und Medien, während ich den Unterricht weitgehend außen vor gelassen habe. Gerne stelle ich das Vortragsmanuskript an dieser Stelle online:

Vortrag_München_Maerz_2012

Die im Vortrag erwähnte Grafik: 

Ich war dann noch bis 12.00 Uhr vor Ort und habe den Vortrag von Achim Lebert, dem Schulleiter des Gymnasiums Ottobrunn, gehört.  Unter anderem hat er von den seit Jahren laufenden Versuchen seiner eigenen Schule berichtet, eine neue Lernkultur, auch nach ausländischem Vorbild, anzuregen, dabei digitale Medien zu nutzen, allem voran aber Didaktik und Organisation des Lehrens und Lernens zu ändern. Dabei hat er betont, wie wichtig es ist, für solche Prozesse einen langen Atem zu haben, auch Misserfolge durchzustehen und im Bedarfsfall mehrere und verschiedene Anläufe zu machen. Wenn ich solche Beispiele höre, fühle ich mich stets in meiner Überzeugung gestärkt, wie dysfunktional es für Forschung UND Praxis ist, dass relativ betrachtet so wenige Fördergelder im Bildungsbereich (z.B. bei der DFG gar keine) in Studien fließen, die solche Projekte über eine längere Zeit begleiten (sog. Modellversuchsforschung). Nachwuchswissenschaftler halten sich entsprechend fern von solchen Aktivitäten – wohl wissend, dass viele Bemühungen in diese Richtung als nicht wissenschaftlich gelten und in das Reich des „Anekdotischen“ verwiesen werden.