Noch bis Juni stellt die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz nun auch die Vorträge der Tagung „Schule und Web 2.0“ als Video online zur Verfügung. Wer Beat Döbeli Honegger mal in Aktion erleben will, sollte sich daher seinen Vortrag noch bis Juni anschauen, abzurufen hier. Mir hat vor allem der narrative Einstieg (Computistan und Pädagogien) gefallen, weil er damit aus meiner Sicht vor allem die Lehrer im Publikum geschickt erreicht hat, weil er ihre pädagogische Arbeit damit gewürdigt, den bisweilen kursierenden Irr- und Unsinn mit der Technik implizit kritisiert und dann doch auch wieder die Chancen einer Verknüpfung von Pädagogik und Technik zur eigentlichen Botschaft gemacht hat. Mein Kompliment dafür hat Beat Döbeli auf jeden Fall.
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Aktionsrat Bildung 2007 und ein paar Gedanken dazu
Der Aktionsrat Bildung hat das Jahresgutachten 2007 mit dem Titel „Bildungsgerechtigkeit“ herausgegeben. Es kann online hier abgerufen werden. Ich habe es noch nicht ganz gelesen, bin aber doch an einigen Seiten hängen geblieben.
Auf Seite 143 heißt es: „Die Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals an deutschen Schulen und Hochschulen ist seit Jahrzehnten in einem bedenklichen Zustand. Die Qualifizierung dieses Personals findet nicht berufsbezogen, sondern wissenschaftsbezogen statt. Damit folgt sie der empirisch nicht bestätigten Auffassung Humboldts, wonach Aus- und Weiterbildung allein durch Forschung gewährleistet wird. Die Folge ist die Ausblendung der Berufspraxis und ein individualistisches Selbstkonzept des Bildungspersonals.“
Moment mal: Erstens bin ich mir nicht so sicher, ob man das aus Humboldts Vorstellungen wirklich ableiten kann. Des Weiteren ist es ja vielleicht schon ein bisschen seltsam, jemanden aus längst vergangenen Zeiten für heutige Zustände verantwortlich machen. Vor allem aber: Was ist das bitte für eine Wissenschaft und Forschung in Psychologie und Pädagogik, die denjenigen offenbar nichts nutzt, die eigentlich dabei helfen könnten, zum einen wissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden und zu anderen wissenschaftliche Fragestellungen (mit) anzuregen? Sind nicht auch einige der Autoren DFG-Gutachter? Kann es nicht auch sein, dass die DFG zu wenig anwendungsorientierte Forschung fördert, die unserer Bildungspraxis nutzt? Kann es eine sinnvolle Schlussfolgerung sein, Wissenschaft und Praxis am besten noch mehr voneinander fernzuhalten? Nicht falsch verstehen: Ich meine NICHT, dass ein auf Forschung ausgerichtetes Studium jemanden zum guten (Hochschul-)Lehrer macht. Und wenn mit dem Zitat vor allem die Wissenschaft der Domäne gemeint ist, die in der Schule vermittelt werden soll, mag das ja ansatzweise stimmen. Und wenn es da bald mal Reformen gäbe, was vor allem Lehrer sinnvollerweise in welcher Form lernen sollten, finde ich das ebenfalls sehr gut. Wenn aber auch gemeint ist, dass angehende Lehrer nichts von pädagogischer Forschung haben, dann sehe ich das Problem weniger bei der Hochschullehre und schon gar nicht bei den angehenden Lehrern, sondern bei der Forschung.
Trauriger Rekord in Bayern
Dass die Luft für Frauen oben dünner wird – nun ja, daran scheinen wir uns gewöhnt zu haben. Und so ist am Bericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln mit dem Titel „Schmale Karriereleiter“ an sich nichts unbedingt Spektakuläres: Auch im Wissenschaftsbetrieb sind Frauen unterrepräsentiert, vor allem wenn es um C4/W3-Stellen geht. In Bayern geht sogar nur jede zehnte dieser Professuren an eine Frau – womit sich unser Bundesland wieder mal an die Spitze, aber leider in eine wenig ehrenwerte Richtung, katapultiert. Also: Ich lebe gern in Bayern; ich bin hier geboren und aufgewachsen und ich finde es nirgendwo schöner – ist so. Aber muss das alles andere entschuldigen? Sind wir schlechter als die Männer? Oder wollen wir gar nicht? Ich habe auch „nur“ eine C3-Stelle (aber wenigstens war es noch C3 und noch nicht W2), auch wenn wir oft zum „Lehrstuhl“ gemacht werden, und ich habe aufgegeben, es richtig zu stellen. 😉 Aber mal ehrlich: Wo ist heute von den erwarteten Leistungen, den Aufgaben und den Belastungen her bitteschön noch der Unterschied zwischen diesen beiden Stufen? Nur im Status und im Gehalt? Wenn ja: Dann ist das obige Ergebnis letztlich noch peinlicher, oder?
Eine Fundgrube für wissenschaftliche Texte
Eine Fundgrube für pädagogisch-psychologische Klassiker wie auch aktuelle (aus meiner Sicht wichtige) Artikel findet sich auf einer Seite von David Wong: Bei aller Web 2.0-Hektik mit immer neuen Tool-Vorschlägen muss ich mich bisweilen bemühen, den Anschluss an die wissenschaftliche „Mutterdisziplin“ des E-Learning – nämlich die Pädagogische Psychologie – nicht zu verlieren. Solche Sammlungen sind auf jeden Fall eine Hilfe, mal eben bei der nächsten Zugfahrt den einen der anderen Handbuchartikel mit einzupacken.
Buch zur Microlearning-Konferenz 2006 und was mir dazu durch den Kopf geht
Das Buch zur Microlearning-Konferenz 2006 ist online. Hier man es abrufen. Ich hoffe, dass ich in einigen Wochen dazukomme, mal intensiver reinzuschauen. Im Moment arbeite ich nur eine Deadline nach der anderen ab. Einige Entwicklungen an unserer Uni halten mich in Trab.
Was mir bereits aufgefallen ist, ist ein Hinweis von Theo Hug in seiner Einführung (S. 12): Da weist er auf das Nebeneinander neuer Konzepte und Praktiken im Umkreis des Web 2.0 einerseits und traditionellen Lehr-Lernformen vor allem in unseren Schulen andererseits hin. Ich meine, das ist doch der Knackpunkt: Immer wieder merke ich in Gesprächen mit Hochschullehrern, Lehrern, Trainern etc., dass da zwei Welten auseinanderdriften: Die Welt der medialen Insider und die der traditionellen Bildungsinstitutionen.
Die Herausforderung für die kommenden Jahre besteht darin, dass wir uns nicht nur innerhalb der E-Learning-, Blended Learning-, Microlearning-, E-Learning 2.0 etc.-Community gegenseitig auf die Schulter klopfen und uns tolle Geschichten erzählen und Visionen haben. Wir müssen endlich auch all die „ganz normalen“ Schulen, Hochschulen und Weiterbildungsinstitutionen erreichen, an denen der Großteil der Bevölkerung lernt. Dazu werden wir aber zum einen eine andere Sprache brauchen, die auch von „Nicht-Insidern“ verstandne wird, und wir werden zum anderen unsere Ziele anschlussfähiger an den Ist-Zustand machen müssen. DAS sind aus meiner Sicht die zentralen Aufgaben, wenn wir wollen, dass man uns auch außerhalb des geschützten Raums der Blogosphäre und der netten Tagungen ernst nimmt.
Du bist der Autor! – Vom Nutzer zum Wikiblogcaster
Zwei Studenten der Angewandten Medienwissenschaft (AMW) am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft (IfMK) der TU Ilmenau – Thomas Bernhardt und Marcel Kirchner – schreiben derzeit ihre Diplomarbeit zum Einsatz von Web 2.0-Technologien im E-Learning: „Du bist der Autor!“ – Vom Nutzer zum Wikiblogcaster“. Hierbei wollen sie die Herausforderungen des Lehrens und selbstgesteuerten Lernens in einer Personal Learning Environment (PLE) unter Benutzung von Social Software, wie z.B. Weblogs, Wikis oder Podcasts erforschen. Ihre Forstchritte und was sonst noch alles dazu gehört, dokumentieren die beiden in einem Bog: www.elearning2null.de Dort finden sich unter anderem zwei zwei Video-Podcasts sowie weiterführende Informationen zu ihrer Arbeit (hier der direkte Link).
Halbwegs zivile Blog-Einträge
Danke an Peter Meurer für den Hinweis auf ein SZ-Interview mit Jaron Lanier über Web 2.0: Aus meiner Sicht völlig richtig weist Lanier darauf hin, dass es wenig sinnvoll ist, eine Technologie (Internet bzw. Web 2.0) an sich zu preisen, da es auf den Umgang damit ankommt. Ja, klar: kein Widerspruch. Ebenfalls, so meine ich, zu Recht stellt er die „Schwarmintelligenz“ nach dem Motto, viel bringt viel, in Frage. Auch klar! Und richtig ist zudem, das Anonymität Hemmschwellen herabsetzt, was aber nun wahrlich nicht nur im Netz so ist. Insofern dürfen nicht-anonyme Blog-Einträge (wie diese hier) als zivil gelten, so Lanier. Okay , da stimme ich auch zu. Was mir aber fehlt, ist die Folgerung, und die lautet: Statt der Jagd nach PISA- und CHE-Rängen oder Exzellenz-Fähnchen sollten sich unsere Bildungsinstitutionen (also auch wir) wieder mehr um echte Bidungsziele und -inhalte kümmern, darum dass aus jungen Menschen verantwortungsvolle Freunde, Kollegen, Führungskräfte etc. werden, dass Werkzeuge als solche erkannt und genutzt und nicht zweckfrei verwendet werden, dass Wertschätzung wieder an Kraft gewinnt gegenüber der allgegenwärtigen Einschätzung der Wirtschaftskraft von Ländern, Regionen, Organisationen und einzelnen Personen. Gesellschaftliche Entgleisungen (körperliche und psychische Gewalt, Respektlosigkeit oder Vandalismus) den alten oder neuen Medien an sich anzulasten, das ist doch zu einfach, oder?
Lehrerzimmer – ein Lehrerblog
Ich bin begeistert – ein Lehrerblog und noch dazu eines mit Hinweisen auf manch andere Lehrer, die den digitalen Medien offenbar etwas abgewinnen können. Herr Rau (er heißt wirklich so) kommentiert unter anderem auch, „was Schüler können„. Was Schüler können!! Nicht, was Schüler alles falsch machen! Nach dem gestrigen Elternabend an einem bayerischen Gymnasium helfen mir solche Seiten, den Glauben an unser Schulsystem nicht ganz zu verlieren! (es sei mir verziehen, dass ich jetzt am frühen Morgen nicht mehr ganz rekonstruieren kann, von welcher Seite genau ich auf das Lehrerzimmer von Herrn Rau gestoßen bin. Am besten: Danke an alle Blogs, die ich immer so lese).
Deutsche Bildungsblogs – ein Überblick
Jochen Robens hat eine bereits viel kommentierte Liste mit deutschen Blogs zum Thema Lernen und Bildung zusammengestellt – sicher keine starre,sondern eine lebendige Liste. Und wer drauf steht, freut sich natürlich – und fühlt sich in der Pflicht – so schließt sich der Kreis. 😉 Wer es noch nicht entdeckt hat: Hier der Link.
Open Innovation: Eine gute Verlags-Entscheidung
Thomas Sporer hat mich eben auf folgenden Link aufmerksam gemacht: Link. Es geht um ein neues Buch von Ralf Reichwald (TU München), der mit seinen Ansätzen zum Thema Organisation, Wissen, Innovation, neuen Technologien und Management auch für uns Pädagogen/Psychologen interessant ist. Der Titel: Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung.
Was ich aber im Moment noch interessanter finde ist, dass das Buch zu einem erheblichen Teil online zugänglich ist – mit Genehmigung des Gabler-Verlags! Auf die Frage „Warum steht dieses Buch in großen Teilen kostenlos als Download im Internet zur Verfügung?“ lautet die Antwort und Erläuterung dieser Entscheidung wie folgt:
„Für einen etablierten Verlag wie Gabler ist diese Strategie völlig neu, deshalb dürfen wir auch (noch) nicht den vollständigen Text online stellen. Doch wir glauben, dass Innovation auf den freien und einfachen Zugriff auf Wissen basiert. Unser Ziel ist in erster Linie die Anregung einer Diskussion von Open Innovation und Mass Customization. Und als Wissenschaftler sind wir natürlich dadurch motiviert, dass möglichst viele Leute unsere Arbeiten lesen und zitieren. Dem kommt ein „Open Publishing“ nur entgegen. Gleichzeitig hoffen wir jedoch auch auf das faire Verhalten unserer Leser: Wenn sie das Buch mögen, sollen sie es auch kaufen, um die Wertschöpfung des Verlags zu honorieren. Zudem ist der Ladenpreis nur unwesentlich teurer als ein Ausdruck des ganzen Buchs, bei gleichzeitig deutlich höherer Qualität.“
Ich würde mir wünschen, dass viele Verlage diese Form von Wertschöpfung für sich entdecken. Und mal ehrlich: Wer – wenn er es sich leisten kann – hat nicht doch lieber ein ordentliches Buch zum Lesen? Und für die, die es sich (noch) nicht leisten können, ist es ein Beitrag zur Demokratisierung von Bildung und – wer weiß – auch einer der Kundenbindung für spätere (finanzielle bessere) Zeiten.