15 Kilo Wissen

Nun wird es aber Zeit, dass ich endlich auch mal ein paar Worte über das Ende und den Neuanfang unserer Arbeit im Kontext „digitale Medien in der Fahrlehreraus- und -weiterbildung“ verliere. Im Mai haben wir das EU-Projekt „Driver Instructor Education 2.0“ abgeschlossen. Sowohl Tamara (hier) als auch Frank (hier) haben darüber bereits ausführlich berichtet (zum Projektüberblick mit weiterführenden Links siehe hier). Auch im digitalen Zeitalter gilt es nach wie vor, die Ergebnisse zu materialisieren. Herausgekommen sind „15 Kilo Wissen“ (in Form zweier Pakete mit dicken Aktenordnern an die EU): Was für eine schöne Möglichkeit der Quantifizierung von Forschungsoutput … mich wundert es, dass man das noch nicht als reguläres Maß eingeführt hat. Fast nahtlos können wir nun ab Juni im Rahmen eines bmbf-Projektes die kommenden eineinhalb Jahre auf diesem Gebiet weitermachen. Unter dem Titel „Partizipative Qualitätsentwicklung in Fahrlehrerausbildungsstätten zur videobasierten Förderung von Lehrkompetenz“ soll das Erfahrungswissen von Ausbildern zum Einsatz von Video in der Fahrlehrerausbildung in einer virtuellen Community gesammelt, zum gegenseitigen Nutzen ausgetauscht und dabei auch neue Vorgehensweisen entwickelt werden.

Mich persönlich interessieren Kontexte wie die Fahrlehrerausbildung vor allem vor dem Hintergrund, wie sie sich z.B. von akademischen Kontexten unterscheiden, welche besonderen Herausforderungen sie stellen und was man daraus generell für das Lehren und Lernen lernen kann. Für Tamara freue ich mich, dass sie nun ihre in den letzten eineinhalb Jahren aufgebauten Kenntnisse und Fähigkeiten auf diesem Feld ausbauen und bald als unsere „Fahrlehrer-Expertin“ fungieren kann :-). Den Sog, solche Anschlussprojekte nicht nur ausschließlich aus inhaltlichen Gründen, sondern AUCH deswegen zu akquirieren, dass man den wissenschaftlichen Nachwuchs weiter fördern kann, spüre ich seit einigen Jahren in hohem Maße. Während das einerseits durchaus motivierend sein kann und man dabei eben auch neue Dinge lernt, die dazu gehören, wenn man Führungsaufgaben in kleineren oder größeren Teams übernimmt, erhöht es andererseits zumindest langfristig die Gefahr sich zu verzetteln. Ganz schnell kann es dann zudem passieren, dass man – bildlich gesprochen – das „Gewicht“ des eigenen Outputs in den Vordergrund rückt – als könne man wissenschaftliche Erkenntnis tatsächlich abmessen wie Industrieprodukte.

Didaktik als überflüssiger Ballast?

Immer wieder stelle ich bzw. stellen wir (also auch meine Mitarbeiter und Doktoranden) fest, dass es große Abneigungen gegenüber „didaktischen Maßnahmen“ gibt. Das beginnt schon an der Hochschule, an der man immerhin meinen könnte, dass die dort verankerte Lehre offen für einen didaktischen Blick ist. Dass man didaktische Erkenntnisse sehr gut auch außerhalb klassischer Bildungsinstitutionen nutzen kann – nämlich in all den vielfältigen Situationen, in denen Menschen einander etwas beibringen, zeigen, weitergeben etc. wollen –, ist noch einmal schwerer zur „vermitteln“. Umgekehrt schaut man gerne auf andere Disziplinen wie z.B. Informations-, Medien- und Kommunikationswissenschaft, von denen man offenbar leichter Rat in Sachen „Wie kann ich das erklären oder zugänglich machen?“ annehmen kann und will. Jedenfalls muss ich darüber sehr oft nachdenken – logischerweise immer dann, wenn wieder mal so eine Erfahrung im Raum steht, bei der Didaktik als ziemlich überflüssig empfunden wird (übrigens auch bei vielen Erziehungswissenschaftlern). Herausgekommen ist jetzt endlich mal als „Auftakt“ eine Forschungsnotiz – wobei die fast schon ein bisschen zu lang geraten ist, um noch als „Notiz“ durchgehen zu können. In dieser gehe ich der Frage nach, ob der Begriff „Vermittlungswissenschaft“ nicht ein fruchtbarer Anker wäre, um (unter anderem) didaktische Erkenntnisse zum einen „attraktiver“ zu machen und zum anderen für die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen zu öffnen, die sich auch mit Vermittlungsfragen im weitesten Sinne beschäftigen.

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Ich hoffe jetzt, dass für interessierte Leser die Forschungsnotiz noch kompakt genug ist, um sie zu lesen. Jedenfalls würde mich über Rückmeldungen freuen.

Promotion mit 40 plus?

Seit April 2011 läuft wieder unser Doktoranden-Frühjahrszyklus (hier versuche ich einigermaßen regelmäßig darüber zu berichten). Gesten hatten wir einen Workshop zu Online-Communities mit zwei interessanten Gästen: Swapna Kumar und Markus Marquard. An mehreren Stellen in der Diskussion sind wir auf die Frage des Alters in Bezug zu Lernen, Erfahrungsaustausch, aber auch Studium gekommen: Lernen Menschen jenseits des jungen Erwachsenenalters (wo man das festmacht, ist jetzt schwierig) anders? Interessierter? Mit mehr Erfahrung im Hintergrund? Wie ist das, wenn man jenseits der 40 promoviert? Lernt man anderes, weil man z.B. andere Fragen stellt? Und wie ist das, wenn man jenseits der 60 erstmals Wikipedia-Artikel schreibt? Das Thema stand gestern nicht im Zentrum , es schein nur ab und zu durch – vor allem deswegen, weil uns Markus Marquard einen Vortrag über das Projekt „Third Age Online“ gehalten hat, und da geht es um Online-Communities für ältere Menschen. Immer wieder aber kamen wir auf das Thema Alter zurück, und ich halte es für ein sehr wichtiges Thema, das uns schon in früheren Arbeiten zum Wissensmanagement immer wieder einmal beschäftigt hat: Insbesondere der Erfahrungsreichtum, der mit den Jahren steigt, ist ein Punkt, der in unserer Gesellschaft nach wie vor zu wenig gesehen und genutzt wird. Stattdessen neigen wir dazu, in nahezu allen Bildungsinstitutionen mit homogenen Gruppen zu lernen (in Graduiertenkollegs gilt das auch für Doktoranden, wo sich wahrscheinlich selten jemand mit 40 plus verirrt). Besonders ausgeprägt ist das auch an der UniBw München: Hier sitzt immer EIN Jahrgang in den Veranstaltungen und man hat kaum Möglichkeiten, die Jahrgänge zu mischen. Ich muss mir mal Gedanken machen, wie man das dennoch durchbrechen kann: Wir lernen definitiv zu wenig voneinander. Und wenn man mal die Gelegenheit dazu hat, merkt man, wie unerfahren wir damit sind, denn: Ich glaube nicht, dass allein das Zusammenbringen von Menschen aus verschiedenen Generationen ausreichend ist, um fruchtbare Austausch- und Lernprozesse in Gang zu setzen. Vielmehr denke ich, dass man das geschickt initiieren, begleiten und nachbereiten muss.

Rettungsanker zur Evaluation

Eher spontan aus einem praktischen Anlass heraus ist ein neuer (allerdings relativ kurzer) Studientext zum Thema Evaluation entstanden. Im Herbst 2010 hatte ich ein Evaluationsseminar (für Studierende im zweiten Studienjahr) angeboten, das mit drei „Input-Sitzungen“ (und einem Lektüre-Reader im Hintergrund) begann, bevor die Studierenden selbst ein eigenes (kleines) Evaluationsprojekt durchführen sollten. Mein Eindruck (der sich dann in der Seminarevaluation bestätigt hat) war, dass meine mündlichen Ausführungen inklusive Folien (und Reader) nicht zu dem gewünschten mentalen „Grundgerüst“ geführt hatten, das mir aber für die eigenen Evaluationsversuche der Studierenden notwendig erschien. Zur gleichen Zeit saß ich für ein Projekt an der Sichtung aktueller Evaluationsliteratur, sodass ich beides gut zu einem eigenem Text verbinden konnte (eine Vorversion haben die Studierenden dann VOR Ihren Projekten erhalten). Den nun in einer offiziellen Version fertigen Studientext stelle ich – wie die Studientexte zum Wissensmanagement und zum Didaktischen Design – wieder online und damit zur Nutzung in der Lehre gerne zur Verfügung: nämlich hier.

Der Studientext zur Evaluation erwies sich im Rahmen des genannten Seminars als hilfreich. Die Kürze mag auf der einen Seite etwas gefährlich sein (viele Dinge werden logischerweise nur angerissen und/oder nicht in der Differenziertheit dargelegt, in der man sie in der wissenschaftlichen Literatur findet). Auf der anderen Seite zeigte der Text seine Stärke als „Rettungsanker“ im besagten Seminar, sodass ich hoffe, dass er anderen auch noch dienlich sein kann.

Es gibt auch schönere Dinge als Plagiate

Nein, Schluss jetzt mit Plagiaten (auch wenn jetzt – ein bisschen sehr spät – erst diejenigen reagieren, die mit drinstecken). Es gibt auch schönere Dinge, von denen man berichten kann. So ist z.B. eine neue Geschichte von Tech Pi und Mali Bu fertig – unsere beiden Protagonisten im Rahmen einer narrativen Form der Wissensvermittlung für Kinder im Grundschulalter. Einzelheiten dazu finden sich auf Franks Blog (hier). Diesmal geht es um den Lech bzw. um das Dilemma mit Wasserkraftwerken. Das kann man sich hier anschauen.

Das Tolle an diesem „Dauerprojekt“ ist, dass da die Ideen am Ende materialisiert in Form einer fertigen Geschichte vor einem stehen – eine Materialisierung, die nur durch sehr gut koordinierte Arbeit eines ganzen Teams mit verschiedensten Kompetenzen möglich ist. Das weniger Erfreuliche an diesem Projekt ist die schwierige Finanzierung, sodass immer nur in relativ großen Abständen (vielleicht) eine neue Episode möglich wird.

Nicht so oft so viel zu sagen

2011 habe ich mir eine gewisse Tagungsabstinenz verschrieben – und so war ich z.B. schon mal NICHT auf der Learntec, über die vor allem (mal wieder) Jochen Robes (hier) relativ ausführlich berichtet. Ich gehöre zwar ohnehin nicht zu denjenigen, die den Kalender sehr voll mit Tagungsterminen haben, aber bereits die, die da in der Regel drinstehen, bereiten mir zunehmend Kopfzerbrechen, weil ich das Gefühl habe, dass die Kommunikations- und Präsentationszeiten zahlreicher sind als die Denk-, Lese- und Produktionszeiten. Es ist ganz einfach: Ich hab gar nicht so oft so viel zu sagen – und schon gar nicht so oft was Neues.

Aber ich habe ein wenig verfolgt, was auf der Learntec so los war und bei mindestens zwei Ereignissen hatte ich auch ein persönliches Interesse:

Da ist zum einen das LT3-Lehrbuchprojekt von Martin Ebner und Sandra Schön, zu dem ich neben zahlreichen anderen Autoren auch einen Artikel beigesteuert habe. Nun ist es ja online, das Werk, und es ist schon mal (rein optisch) schön anzuschauen. Ob es auch schön zum Lesen ist, werde ich bei dieser Menge erst nach und nach feststellen können. Auf jeden Fall freue ich mich über so viele zahlreiche neue Online-Ressourcen für die Lehre, die ich mit Sicherheit gezielt nutzen werde. Dass Martin und Sandra dieses Projekt in diesem Tempo stemmen, hatte ich nicht recht glauben wollen, und bin eines Besseren belehrt worden. Herzlichen Glückwunsch dazu! Ein erster Blick in die Gesamtstruktur allerdings zerstreut meine Zweifel nicht, dass Bücher dieser Art für Novizen, die an der „Gesamtaufgabe Didaktik“ (versus nur ein spezieller Bereich) interessiert sind, schwer zu verarbeiten sind, weil eine Art Navigator fehlt, der einen durch die vielen Fragmente führt. Daher würde ich das Buch auch eher als Handbuch bezeichnen – trotz des Bemühens, einzelne Artikel mit Fragen und anderen Versuchen, das Selbstlernen zu erleichtern, anzureichern.

Zum anderen sind da auf der Learntec diverse Preisverleihungen gewesen wie z.B. der eureleA-Preis: Hier hat Frank und sein Team (und damit auch ein bisschen wir von der Uni, weil wir das Projekt wissenschaftlich begleiten) mit dem Projekt „edubreak-SportCampus: Web 2.0 gestütztes Lehr-Lernportal für die Traineraus- und Weiterbildung im organisierten Sport“ in der Kategorie „Beste Projektwirkung“ gewonnen (Franks Bericht dazu hier). Darüber habe ich mich sehr gefreut, weil ich eben weiß, wie viel Know-how und Engagement seit Jahren in dieses und verwandte Projekte zum Einsatz interaktiver Videotechnologien speziell für die Förderung von Lehrkompetenz hinein investiert wird. Jochen Robes weist in seinem Blogbeitrag zur Learntec darauf hin, dass vor allem eines nach wie vor ganz schlecht in die Köpfe reingeht: Lern- und Bildungserfolg lässt sich nicht messen wie die Verkaufszahlen von Smartphones. Was sich nicht messen lässt, gilt schon mal von vornherein in unserer Gesellschaft als minderwertig (weshalb man ja mit Gewalt auch in Schulen und Hochschulen alles möglichst betriebswirtschaftlich erfassen will). Genau das ist denn auch die große Schwierigkeit von engagierten Projekten, die den individuellen Bildungserfolg und nicht Abruf- oder sonstige Zahlen im Blick haben. Umso wichtiger sind solche Anerkennungen über Preise – auch für den edubreak-SportCampus!

Zu wenig Spektakuläres

Es wird Zeit, endlich mal ein paar Worte über eines unserer neuen Projekte zu verlieren, das uns eher unerwartet „zugeflogen“ ist. Der Kommunikationswissenschaftler Michael Schenk kam im Sommer auf mich zu und fragte zwecks Kooperation zur Bewerbung auf eine Ausschreibung der Landesanstalt für Medien NRW an. Inhalt der Ausschreibung bzw. jetzt des Projekts waren bzw. sind: „Datenschutz und Persönlichkeitsrechte in Social Networks, Foren & Co. Problembewusstsein von jungen Nutzern und Konsequenzen für medienpädagogisches Handeln“. Ein Abstract zum Projekt mit allen weiterführenden Links findet sich hier. Einen dazu passenden Blog-Beitrag mit Fokus auf dem Konzept der informationellen Selbstbestimmung, der nun auch schon etwas länger zurückliegt, kann man auch bei Jan Schmidt (hier) lesen.

Ich bin sehr froh, dass wir für dieses Projekt Jan-Mathis Schnurr anstellen konnten: Er hat bei uns in Augsburg Medien und Kommunikation studiert; ich habe seine beiden Abschlussarbeiten betreut, die ihn für das Projekt sehr gut qualifizieren.

Weil das Themas „Öffentlichkeit und Privatheit“ in sozialen Netzwerken auch in den Massenmedien viel diskutiert wird, gehe ich davon, dass an der Studie großes Interesse sein wird – jedenfalls erwarte ich da mehr als dies bei unseren ansonsten eher didaktischen Themen der Fall ist, die in der Öffentlichkeit ganz offenbar nicht als so spannend empfunden werden. Das ist mir vor kurzem auch in einem Gespräch mit dem Pressesprecher der UniBwM klar geworden, der sich für das Projekt sehr interessierte, während er Didaktik-Projekte als „eher doch sehr speziell und schwer verständlich“ einschätzte. Tja – das finde ich natürlich schon SEHR schade, weil ich der Meinung bin, dass gerade Fragen der Vermittlung von Wissen, der Förderung von Kompetenzen und der Bildung generell in unserer Gesellschaft ausgesprochen wichtig sind. Aber irgendwie fehlt es den Bildungsthemen offenbar an Außenwirkung – jedenfalls jenseits von PISA-Rankings und Bologna-Studentenproteste: Da passiert einfach zu wenig Spektakuläres, zu wenig sinnlich Wahrnehmbares … (was ist schon eine persönliche Erkenntnis gegen ein Nacktfoto im Internet).

Für mich persönlich ist das LfM-Projekt unter anderem aus interdisziplinärer Sicht interessant: Neben der Kommunikationswissenschaft arbeiten wir da auch mit Rechtsexperten zusammen. Zudem sind die in der Studie zu behandelnden Fragen relevante und wiederkehrende Punkte auch für didaktisches Handeln, wenn Web. 2.0-Anwendungen zum Einsatz kommen sollen.

Über den eigenen Tellerrand blicken

In diesem Herbst/Winter ist unser Doktorandenkolloquium relativ variantenreich: drei Writers´ Workshops (siehe z.B. hier), von denen noch einer (in zwei Wochen) aussteht, ein „normaler“ Termin mit der Vorstellung erster Dissertationsideen von angehenden Doktoranden sowie zwei Workshops mit externen Gästen. Gestern war der zweite dieser Workshops, der unter dem Thema „Tutoring-Coaching-Mentoring an Hochschulen“ stand – natürlich auch mit Bezug zur Nutzung digitaler Medien (siehe auch hier). Den Einstieg machten drei Kurzpräsentationen zur Klärung der Begriffe Tutoring, Coaching und Mentoring, was Hannah, Marianne und Silvia übernommen haben. Im Anschluss daran durften wir unsere Gast Marc Egloffstein begrüßen, der seine Forschungsarbeiten zum mediengestützten Tutoring im Rahmen eines Kurses zum wissenschaftlichen Arbeiten an der Hochschule vorstellte. In Kleingruppen haben wir dann im zweiten Teil des Kolloquiums theoretische, praktische und empirische Aspekte speziell von Tutoring und Coaching im Rahmen der Hochschule diskutiert.

Mich persönlich haben gestern vor allem praktische und empirische Fragen bewegt:

Praktisch habe ich mir schon des Öfteren die Frage gestellt, was man eigentlich alles an studentische Tutoren delegieren kann und was nicht, wer ein Tutor sein kann und welche Unterstützung nötig ist u. ä. Ob es immer so gut ist, gerade Themen wie wissenschaftliches Arbeiten im ersten Studienabschnitt fast ausschließlich in die Hände studentischer Tutoren zu legen, bezweifle ich. Meist werden organisatorische Gründe angeführt (zu viele Studierende), aber auch Statusgründe (Profs kümmern sich allenfalls um die Absolventen in Sachen wissenschaftliches Arbeiten). Ob das wirklich sinnvoll ist? Dazu kommt, dass man wohl, so meine Überlegung, Methodenlehre und wissenschaftliches Arbeiten (im Sinne einer wissenschaftlichen Haltung sowie wissenschaftlichen Denkens und Handelns) besser verknüpfen, aufwerten und anders organisieren müsste. Tutoren sollten da eingebunden werden, aber eben „eingebunden“ und nicht alleinig beauftragt.

Empirisch sind es immer wieder ähnliche Fragen, bei denen ich hängen bleibe. Speziell bei der Forschung zum Lernen und Lernen ist mir gestern nochmal aufgefallen, dass man mehr darüber nachdenken müsste, inwieweit Erhebungen auch Interventionen sind (z.B. Interventionen zur Anregung von Reflexion), ob man das als „Störproblem“ interpretieren oder auch mal anders nutzen könnte. Außerdem haben wir ein bisschen über die Dominanz von Befragungen auf unserem Gebiet diskutiert, wofür es viele gute Gegenargumente gäbe, und wir sind mal wieder bei der Frage gelandet, wie sinnvoll die Übernahme einer eher naturwissenschaftlichen Forschungsauffassung für die Bildungswissenschaften sind.

Fazit: Ich stelle immer wieder fest, dass es eine große Bereicherung ist, Gäste im Kolloquium zu haben, die auch einen aktiven Beitrag leisten, mit uns diskutieren und über diesen Weg dabei helfen, dass man ab und zu über den Tellerrand der eigenen Gruppe blickt. Ich hoffe sehr, dass wir das im nächsten Kolloquiumszyklus (April bis Juni 2011) fortsetzen können.

Wer spricht denn von Wissensmanagement?

Ich weiß: Über das Thema Verwaltung habe ich in diesem Blog schon öfter mal geschrieben. In einer der letzten Sitzungen meinte ein Kollege ganz erzürnt, er werde doch nicht für Verwaltungsarbeit bezahlt und würde jetzt einfach mal alles liegen lassen. Wer hat sich nicht schon diese Frage gestellt und sich in kühnen Tagträumen ausgemalt, einfach mal keine Verwaltungsarbeiten mehr zu übernehmen. Gut, man ist als Professor zur „akademischen Selbstverwaltung“ verpflichtet. Es fragt sich nur, was da alles dazugehört. Sekretariatsstellen werden in München zunehmend eingestampft. Aber welcher Prof braucht heute noch eine persönliche Sekretärin? „Bändchen abtippen“, Termine vereinbaren, den Prof vor unangemeldetem Besuch schützen, Telefonate durchstellen – das ist von vorgestern und wäre wahrscheinlich vielen von uns eh nur lästig. Also okay – wir brauchen keine klassischen Sekretariate mehr. Man hatte da (in München und woanders auch?) die Idee und Hoffnung, das würde durch „Assistenzstellen“ etwa für Forschung oder Lehre ersetzt. Nun aber mehren sich die Stimmen, die meinen, das sei wohl eher ein frommer Wunsch gewesen.

Also macht man alles selber!? Drittmittelanmeldungen, Personaleinstellungen, Finanzberechnungen, Kontrolle kryptischer Kontoauszüge, Materialbestellungen usw. usw. Nun wäre das an sich vielleicht gar nicht das Schlimmste. Was mir aber wirklich den letzten Nerv raubt ist, dass viele dieser Vorgänge pseudoformalisiert, in Wirklichkeit aber überhaupt nicht vernünftig und vor allem nicht systematisch festgeschrieben und natürlich nirgendwo dokumentiert sind. Seit über einem halben Jahr bin ich permanent auf der Suche nach Informationen, die ich mir an den verschiedensten Stellen zusammensuche – bisweilen mit der Erkenntnis, dass die Auskunft von zwei Stellen zum selben Vorgang keineswegs identisch sein muss. „Muggling through“ – das scheint eine wichtige Strategie zu sein, die aber dann nicht mehr funktioniert, wenn sich die Vorgänge häufen, die man unter einen Hut bringen muss. Ich verstehe das einfach nicht, warum Universitätsverwaltungen dieses Problem nicht vernünftig in den Griff bekommen. Wer spricht denn von Wissensmanagement? Es geht um simples Informationsmanagement, um die prägnante, online zugängliche Dokumentation von Abläufen in einer verständlichen Sprache, die auch für Wissenschaftler nachvollziehbar ist.

Was wir bräuchten, wären so was wie „Schnittellenmanager“ zwischen den Fakultäten (und da am besten getrennt für Forschung und Lehre) und der Verwaltung, damit wir – die Wissenschaftler – feste Ansprechpartner hätten und nicht rumgereicht werden müssten wie Valentins Buchbinder Wanninger. Die Verwaltungsangestellten können dafür in der Regel nichts, das ist ein strukturelles Problem, das man mal „Top-down“ lösen müsste.

In der Zwischenzeit kann man wohl nur selbst versuchen, solche Dokumentationen zu erstellen, und sollte diese dann altruistisch anderen – vor allem neuen Kollegen/innen – zur Verfügung stellen. Und klar, da fragt man sich dann schon: Wird man dafür tatsächlich bezahlt?