Studientext Didaktisches Design

Ähnlich wie beim Studientext Wissensmanagement wurde es auch beim Thema Didaktisches Design wirklich Zeit, meine Textgrundlage für die Lehre grundlegend zu überarbeiten. An anderer Stelle (hier) hatte ich bereits darauf hingewiesen. Nun kann ich den Studientext online verfügbar machen. Die auf der zweiten Seite genannte URL ist allerdings erst in einigen Wochen aktiv. Ich bitte, dies zu beachten. Auch ein eigenes Logo bzw. einen eigenen Header haben wir noch nicht. Das jetzige Deckblatt fungiert als Übergang.

Ich hoffe, der Studientext trifft auf ein ähnlich positives Echo wie der Studientext Wissensmanagement. Es würde mich jedenfalls freuen. Auch hier gilt: Der Text ist die Grundlage für Veranstaltungen! Es handelt sich also nicht um ein Selbstlernangebot, sondern einfach um klassische Lektüre. Ich freue mich natürlich über Rückmeldungen.

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Ich bin dann mal weg

Viele Dinge glaube ich immer erst, wenn sie auch wirklich eingetreten sind. Ernennungen gehören auch dazu. Jetzt habe ich sie in der Hand: exakt zum 01.04.2010 und keinen Tag früher – nämlich die Ernennungsurkunde. Wer denkt, es sei ein Leichtes, aus einem Beamtenverhältnis in ein neues zu treten, der irrt – offenbar liegen vor allem zwischen Bund und Ländern auch in dieser Hinsicht Gräben, die es zu überschreiten gilt. Phasenweise hätte ich am liebsten über den Graben geschrien, dass ich auf den ganzen Zirkus jetzt doch lieber verzichte. Aber nun ist es geschafft (ich habe nicht geschrien): Ich bin ab heute offiziell an der Universität der Bundeswehr München tätig und habe dort eine W3-Professur für Lehren und Lernen mit Medien an der Fakultät für Pädagogik. Vor wenigen Wochen habe ich bereits unseren Studierenden in Augsburg eine entsprechende Nachricht zukommen lassen (hier) – und ein Geheimnis ist ja längst nicht mehr, aber offiziell eben tatsächlich erst jetzt.

Ich weiß, dass nicht alle in meinem näheren und weiteren Umfeld meine Entscheidung nachvollziehen können: Ich habe einen Ruf an die Universität Erlangen-Nürnberg auf eine Professur für Lerninnovation (zugegebenermaßen die kürzeste und beste Bezeichnung) sowie einen Ruf an die Universität Hamburg auf eine Professur für „Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Hochschuldidaktik unter besonderer Berücksichtigung der Hochschulentwicklung, Organisationsentwicklung und Personalentwicklung“ (begrifflich so ungefähr das Gegenbeispiel zu Lerninnovation) und ein Bleibeangebot in Augsburg abgelehnt, um den Münchner Ruf anzunehmen. Es gibt zwei Universitäten der Bundeswehr in Deutschland: eine in Hamburg und eine München. Für deren Gründung hat sich Helmut Schmidt eingesetzt, weshalb die in Hamburg geschickter Weise „Helmut-Schmidt-Universität“ heißt. Das ist ein Jammer, dass man sich da für München nicht was ähnlich Attraktives in der Namensgebung hat einfallen lassen. Langjährige Professoren an der UniBw München (so die Abkürzung) haben mir leider versichert, dass der Rechtfertigungsdruck, auf SO EINER Uni zu sein, nicht aufhört – was aber hauptsächlich nur für die gelte, die nicht mit einem zusammenarbeiten und das Innenleben sowie die Forschungs- und Lehrbedingungen dort kennenlernen. Nun, ich lasse mich überraschen. Zuständig bin ich in München mit neun anderen Professoren/innen für den Studiengang „Bildungswissenschaft, insbesondere interkulturelle, Medien- und Erwachsenbildung“. Konzentrieren kann ich mich da auf das Lehren und Lernen mit Medien.

Neben den vielen rationalen Gründen, die man bei so einer Entscheidung monatelang hin- und her wälzt, sind es letztlich auch „Bauchgründe“, von denen man nur ahnt, dass es sie gibt, ohne sie richtig in Worte fassen oder gar anderen wirklich verständlich machen zu können. Wenn ich jetzt sage, ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, dann ist das einerseits falsch, weil ich mich selbstverständlich sehr intensiv mit jeder zur Debatte gestandenen Universität, der jeweiligen Professur und der Stadt beschäftigt habe. Es ist aber andererseits auch richtig, denn was man dann, wenn man vor Ort ist, mit Kollegen, Studierenden, Unileitung und Umfeld tatsächlich erlebt, welche Gestaltungsfreiheiten man hat, was man bewirken kann etc., lässt sich letztlich kaum verlässlich vorhersehen. Wie ich mich auch entschieden hätte, es wäre immer ein Restzweifel geblieben, ob es die richtige Entscheidung war.

Was Räume betrifft, ziehe ich immer einen besonderen Joker – vielleicht nehmen mich die Leute schon „semivirtuell“ wahr und verdrängen die Raumfrage (auch gut): In Augsburg waren wir immer 3 plus x in EINEM Raum. Was erst völlig unakzeptabel erschien, hat sich zu einem Lebens- und Arbeitskonzept entwickelt – über acht Jahre lang – acht Jahre, die ich auf keinen Fall missen möchte. Nun gut, während die einen zu Ostern Eier suchen, suchen die anderen eben Räume 😉 – aber das wird schon und wurde mir auch heute nochmal versichert. Ich glaub mal dran.

Gestern war mein letzter Tag in Augsburg. Ich habe noch einige Prüfungen gemacht und den Schlüssel abgegeben. Es ist dann doch ein seltsames Gefühl zu wissen, dass man allenfalls noch einmal zu Besuch kommen wird. Wichtige Wegmarken schwirrten mir gestern mehrfach durch den Kopf: Eine für mich damals (2001/02) unglaublich große Fachschaft, mit der ich mich anfangs jede Woche getroffen habe, weil die Probleme so groß waren. Es galt, einen völlig überfüllten Magisterhauptfach-Studiengang allein ohne festen Mitarbeiter irgendwie abzuwickeln. Erst allmählich lichtete sich die Dichte der Lehraufgaben und ich konnte mit engagierten und netten studentischen und wissenschaftlichen Mitarbeitern langsam ein ausgesprochen arbeitsfähiges und kreatives Team aufbauen. Die Doktorandengruppe wuchs und die Kolloquien haben immer auch ein paar Gäste zu uns gelockt. Das hat immer Spaß gemacht – auch am Freitag Nachmittag! Der Bachelor und Master „Medien und Kommunikation“ hat allerdings auch viele Ressourcen gefressen, aber es entstand im Gegenzug ein anerkannter Studiengang. Bis zum Schluss allerdings habe ich mit dem Problem gekämpft, dass die meisten an sich am liebsten ausschließlich Kommunikationswissenschaft studieren würden. Dann 2007 die Gründung des Instituts für Medien und Bildungstechnologie – das war ein Kraftakt, weil nicht gerade jeder in der Fakultät/Universität von dieser Idee begeistert war. Dass das imb im September 2009 den Publikumspreis beim MedidaPrix gewonnen hat, war aus meiner „scheidenden Perspektive“ natürlich ein toller Abschluss. Da fragt man sich: Ist das ein guter oder ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um zu gehen? Aber die Frage ist müßig, denn nun BIN ich weg. Das „Heimweh“ werden Silvia, Alex, Tamara und eine kurze Zeit auch Marianne ebenso lindern helfen wie der größte Teil meiner Doktoranden, die den Sprung über den Graben ebenfalls wagen (und Frank natürlich auch!).

Ciao, Augsburg!

Muss Uni so trocken sein?

Jetzt wird freilich die Antwort „Nein“ erwartet und dann kommt ein lebendiges Beispiel. Das ist gut so, denn anders als in der Schule haben wir – auch in Zeiten von Bologna – an den Hochschulen viel mehr Möglichkeiten in der Lehre, Neues und Ungewöhnliches auszuprobieren, was die „Trockenheit“ vergessen lässt. Die jährliche w.e.b.Square-Tagung, von der ich in diesem Blog bereits mehrfach berichtet habe (z.B. hier und hier) ist so ein Beispiel. Nun haben die Studierenden unter Sandras Leitung noch einen Film dazu gemacht, der wirklich sehr ansprechend geworden ist. Man kann ihn hier anschauen. Allerdings ist der Weg zu solchen Veranstaltungen und Ereignissen kein leichter: Das werden Sandra und die beteiligten studentischen Mitarbeiter/innen denen, die das genau wissen wollen, sicher berichten können. Das Glück bei solchen Veranstaltungen ist, dass sie in der Regel freiwillig besucht werden können und entsprechend engagierte Studierende anzieht. Beispiele wie diese sind ausgesprochen wichtig, um zu zeigen, dass mit Engagement und Begeisterung VIEL geht. Sie sind weniger geeignet, um zu zeigen, wie der der Lehralltag an Universitäten generell aussehen sollte. Generell nämlich kann es nicht Ziel und Zweck sein, vor allem Events zu organisieren (oder deren Organisation anzuleiten), um die Uni „weniger trocken“ zu machen (auch wenn dieses Motto für den Einstieg sicher geeignet ist). Vielmehr muss es uns gelingen, auch für das scheinbar Trockene oder zumindest für Ausschnitte aus genuin wissenschaftlichen Erkenntnissen (theoretischer und empirischer Art), die zunächst trocken wirken mögen, Interesse zu wecken – für Wissenschaft zu begeistern. Veranstaltungen wie w.e.b.Square sind dafür auf jeden Fall geeignet – aber eben als Einzelereignis (z.B. einmal im Jahr). Und was passiert bis zum nächsten Jahr?

Ich meine wir müssen die Möglichkeiten an unseren Unis viel mehr komplementär sehen – die Vorlesungen und Seminare, die Projekte und Events, die Lehrenden, die gut erzählen können, und die mit immer neuen Ideen etc. Es erscheint mir wenig sinnvoll, das eine gegen das andere auszuspielen. Stellt man auf Tagungen oder Workshops Beispiele vor, läuft man oft Gefahr, in dieser Hinsicht falsch interpretiert werden: nämlich als wolle man mit seinem Beispiel nun die Lehre reformieren. Das ist doch Quatsch. Niemand will nur Vorlesungen hören, niemand will immer nur Projekte machen und wenn es sechs studentische Tagungen im Jahr gäbe, würde das niemanden mehr interessieren. Ideal wäre es, wenn jeder Studierender von ALLEM etwas mitbekäme, alles kennenlernen und die verschiedene Wege, sich mit Wissenschaft zu beschäftige, erfahren könnte. Leider aber haben wir genau das bis jetzt nicht hinbekommen!

Hellseher gesucht

Vor kurzem habe ich an einer Expertenumfrage teilgenommen, bei der man zwar nicht hellsehen, aber doch irgendwie in die Zukunft schauen und seine Einschätzung abgeben muss, wie sich eine bestimmte Technologie bis zu einem bestimmten Jahr in einem bestimmten Bereich entwickeln wird. Gut ist ja schon mal, dass es dabei schon lange nicht mehr digitale Technologien an sich geht, sondern dass verschiedene Technologiegruppen unterschieden werden. Auch werden die Bereiche eingegrenzt: z.B. Schulen, Hochschule, Unternehmen.

Trotzdem: Mir ist da nie wohl dabei. Erstens ist auch die genannte Differenzierung immer noch viel zu grob. Kann man z.B. Mittelstandsfirmen mit großen Konzernen in einen Topf werfen, eigentümergeführte Betriebe mit AGs vergleichen? An den Hochschulen wissen wir, wie groß die Unterschiede zwischen den Disziplinen sind sowohl in Bezug auf die Lehre als auch in Bezug auf die Forschung – ist es sinnvoll, das in einem Atemzug zu behandeln bzw. zu bewerten? Zweitens mischen sich bei Antworten innerhalb von Umfragen ja doch immer wahrscheinliche und erwünschte Szenarien. Wenn ich mich da selbst beobachte, merke ich, dass ich das beim Antworten nicht immer ganz auseinanderhalte – ja vielleicht auch gar nicht auseinanderhalten will, denn: Wenn etwas zwar unwahrscheinlich, aber immerhin wünschenswert ist, können ja die Wünsche einer kritischen Masse von Experten auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder? Meinungen konstruieren Wirklichkeit zumindest mit. Drittens frage ich mich, was das eigentlich bringt: Ist das verkappte Marktforschung, damit zur rechten Zeit die rechten Produkte platziert werden? Oder glaubt jemand im Ernst, dass anhand solcher Ergebnisse Curricula umgeschrieben und Lehrende fortgebildet werden?

Meine Skepsis gegenüber diesen Studien nimmt auch den „Horizon Report“ nicht aus, der – einige Blogger haben bereits darauf verweisen – auch in deutscher Sprache vorliegt (kann man hier abrufen). Positiv ist, dass der Report am Ende eine recht genaue Beschreibung des Vorgehens liefert, also zumindest Transparenz schafft, wie die Ergebnisse zustande kommen. Die Resultate dieses Berichts wirken nicht eben sonderlich überraschend: Open Content und mobile Rechnernutzung – so die Vorhersage – werden sich kurzfristig in Lehre und Forschung durchsetzen. Elektronische Bücher und einfache Formen der „augmented reality“ (will heißen: Verschmelzung digitaler und realer Aktivitäten) werden mittelfristig wichtiger werden, und die visuelle Datenanalyse sowie gestenbasiertes Computing (im Unterhaltungsbereich bereits existent) stehen am langfristigen Zeithorizont. Mal ungeachtet davon, dass es meines Wissens schon eine ganze Reihe von Forschern gibt, die mit der visuellen Datenanalyse in Forschung und Lehre arbeiten, kann ich mir eher nicht vorstellen, dass sich Hochschulen in zwei bis drei Jahren (das gilt heute schon als langfristig) mit spielkonsolenähnlichen Geräten ausstatten werden. Vielleicht sollten wir uns manchmal mehr um die Gegenwart und darum kümmern, wie wir die aktuellen Probleme lösen könnten.

Irgendwas zwischen Worten und Taten

Auf der Learntec 2010 war ich ja dieses Jahr nicht, dafür aber zwei halbe Tage auf der didacta, die nach eigenen Angaben die „größte Fachmesse für Lehrkräfte aller Bildungsbereiche in Europa und die wichtigste Weiterbildungsveranstaltung der Branche“ ist. Sie findet dieses Jahr in Köln statt und läuft noch bis zum 20. März. Wenn man so durch die Hallen geht, hat man ein bisschen den Eindruck, dass Bildung nach wie vor auf zwei Säulen ruht: auf Büchern (denn die Verlage machen ganz offensichtlich den Hauptteil der Stände aus) und Tafeln – heute natürlich elektronischen Tafeln, für die es immer mehr Anbieter zu geben scheint. Ein neuer „Bildungstrend“ ist offenbar auch das Essen – im Zuge der Bewegung hin zu Ganztagsschulen sicher nicht verwunderlich.

Wer es ruhig haben will, sollte den Bereich E-Learning aufsuchen – hier kann man sich von der Hektik z.B. an der Buchausgabe für Referendare, an Ständen mit Kopiervorlagen und Arbeitsheften nicht nur virtuell erholen, denn da ist schlicht niemand … ob sich niemand hin traut, weil das Mobiliar so steril wirkt oder ob das Digitale von den Verlagen bereits zur Genüge adaptiert wurde, kann ich nicht beurteilen. Bis aufs Messer jedenfalls verteidigte Alfons Rissberger (Gründungsmitglied von D21) trotz alledem den Segen der digitalen Medien in einer Podiumsdiskussion, zu der ich auch eingeladen war. Während Rissberger zu meiner Rechten das IT-Zeitalter beschwor und sich freute, dass er die FAZ jetzt auf seinem iPod lesen kann, beklagte Roland Reuß, Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft und Initiator des Heidelberger Appells, dass auch die ZEIT und FAZ dank der digitalen Medien nicht mehr sind, was sie einmal waren. Hans Ruthmann, Schulleiter einer Gesamtschule, die auch Notebook-Klassen anbietet, hatte es infolge des starken Hochschul-Fokus (Ziel war an sich das Zusammentreffen von Schule und Hochschule; siehe z.B. hier) in der Diskussion ein bisschen schwer und auch ich habe etwas zu spät gemerkt, dass die beiden Herren an den Außenseiten phasenweise in die rhetorische Trickkiste griffen und einem rasch das Wort im Mund herumdrehten. Aber ich muss sagen: Es hat sich mal was gerührt, die Diskussion war nicht langweilig, weil doch recht verschiedene Positionen zum Vorschein kamen, auch wenn an vielen Stellen einiges durcheinander geriet. Ruthmann und ich repräsentierten offenbar den eher pragmatischen Teil der Diskussion; wahrscheinlich hat man uns bewusst in die Mitte gesetzt – da wo, wie so oft, die Praxis des Lernens mit digitalen Medien stattfindet.

An sich hätte Minister Pinkwart mitdiskutieren sollen, aber der hat in letzter Minute abgesagt – wofür didacta-Vorstandsmitglied Hartmut Becker scharfe Worte fand: Die fehlende politische Präsenz, die über ein schnelles Grußwort hinausgeht, fehlt ihm in hohem Maße, was er in einem kurzen Eingangsstatement vor der Diskussion deutlich machte. Einer „Bildungsrepublik Deutschland“ würde es in der Tat gut stehen, gerade die didacta als Forum zu nutzen, um zumindest irgendetwas zwischen Worten und Taten zu präsentieren, das einem hilft, den ewigen Sonntagsreden von der großen Bedeutung der (lebensbegleitenden) Bildung noch ein bisschen Glauben schenken zu können.

Vielleicht haben wir alles nur falsch verstanden?

Es war und ist recht still um die Bologna-Konferenz in Budapest und Wien am 11. und 12. März. Ein paar wenige Zeitungen haben darüber berichtet (z.B. die ZEIT hier) und es gibt ein kurzes Abschlusspapier (hier), in dem die Erfolge des Bologna-Prozesses allen Protesten zum Trotz beschworen werden. Deshalb wird auch an mehreren Stellen bekräftigt, dass man an den Zielen weiter festhalten wolle, die auch für die nächste Dekade gelten sollen. Was man aber verbessern müsse, ist die Kommunikation speziell mit den Studierenden und den Hochschulangehörigen, denn die – so liest es sich jedenfalls – hätten wohl einiges nicht so ganz verstanden. Also: Weiter so, aber mit besserem Marketing? Erfreulicherweise wird im abschließenden Zweiseiter immerhin die Freiheit von Forschung und Lehre eigens hervorgehoben und zumindest schriftlich festgehalten, dass Hochschulen und Wissenschaft wichtig für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer Demokratie sind. Wichtig finde ich das als Pendant zu wirtschaftlichen Interessen, die sich wie in allen Bereichen der Gesellschaft als dominant erweisen. Aber irgendeine konkrete Idee, was man besser machen könnte, lese ich da nicht heraus. Man nimmt die Proteste aus dem Jahr 2009 zwar offiziell zur Kenntnis, reagiert aber offenbar vor allem mit der Folgerung, nicht richtig kommuniziert zu haben – wobei nicht ganz klar ist, wer da genau der Adressant ist: die Nationen, die Minister, speziell in Deutschland die Bundesländer, die Hochschulen, die Hochschullehrer oder die Studierenden?

Ich würde mir wünschen, dass man die Akkreditierungsverfahren endlich mal radikal ändert, dass man Bürokratie abbaut (die uns lähmt und nichts nützt) und dass man aufhört, jedes Merkmal in quantifizierter Form erfassen zu wollen. Gut am Bologna-Prozess ist, dass dieser die schon vorher bestandenen schlechten Rahmenbedingungen vor allem in überlaufenen Fächern so richtig manifest gemacht hat. Schlecht ist, dass trotzdem alles weitergeht wie bisher, dass sich unter anderem die Verteilung von Mitteln an anderen Kriterien festmacht als am bestehenden Bedarf. All das ist Bildungspolitik und ich würde mir erwarten, dass genau diese Punkte in entsprechenden politischen Gremien und Konferenzen – zu der ja wohl auch die Bologna-Konferenzen gehören – diskutiert werden. Oder haben wir das auch nur falsch verstanden?

Nachtrag am 22.03.2010: Seit wenigen Tagen gibt es nun auf dem Deutschen Bildungsserver ein Dossier zum Thema mit weiterführenden Informationen, nämlich hier.

Mitten in den Lehrjahren

Sind die Lehrjahre vorbei?, so lautet die Frage für das 2. Symposium „E-Learning an Hochschulen“, veranstaltet vom Medienzentrum der TU Dresden (9. bis 10. März 2010; hier das Programm). Ich habe heute – am zweiten Tag – einen Vortrag mit dem Titel „Kino fällt aus: Erfahrungen und Folgerungen aus einem Pilotprojekt zur mediendidaktischen Umgestaltung einer Vorlesung gehalten“. Mit diesem Vortrag berichte ich nun von ersten Evaluationsergebissen und Folgerungen aus meinem „Vorlesungsexperiment“, über das ich in diesem Blog bereits mehrfach berichtet habe (Konzept, Zwischenbericht, Abschluss). Eine genaue Auswertung der Ergebnisse und deren Präsentation in einem Bericht stehen allerdings noch aus. Das kommt dann im Laufe des Frühjahrs. Gerne aber mache an dieser Stelle schon mal mein Vortragsmanuskript zugänglich.

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Bezogen auf den Titel des Symposiums komme ich, was meinen Vortrag betrifft, ganz klar auf die Antwort, dass die Lehrjahre (im E-Learning) keineswegs vorbei sind. Die dauern an und sie dauern so lange an, bis wir Wege gefunden haben, eine Hochschulbildung zu praktizieren, die nicht einseitig instrumentalisiert wird – und das scheint mir eine Daueraufgabe zu sein.

Wo ist eigentlich das Problem?

Anlässlich einiger Blogbeiträge zur diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) zum Thema “Fachbezogene und fachübergreifende Hochschuldidaktik – voneinander lernen” an der TU Dortmund (z.B. von Kerstin Mayrberger und Sandra Hofhues) habe ich mich in den letzten Tagen wieder mal gefragt, wie das eigentlich kommt, dass zwei „Gruppen“ von Wissenschaftlern und Praktikern an EINEM Phänomen arbeiten und sich doch beäugen als kämen sie von unterschiedlichen Planeten. Gut, zuweilen gibt es das auch woanders, z.B. wenn sich ein Schulmediziner und ein Heilpraktiker gegenüberstehen und auf denselben Patienten schauen. Auch da ist das Unverständnis groß und jeder beansprucht für sich, die Wahrheit zu besitzen und den Patienten heilen zu können – aber womöglich können die beiden sich zumindest darauf einigen, dass sie sich gerade denselben Patienten anschauen. Das schaffen bisweilen noch nicht mal Hochschuldidaktiker und E-Learning-Vertreter. Und daran sollen allein die falschen oder falsch konnotierten oder überholten oder sonst irgendwie eben nicht treffenden Begriffe schuld sein? Ich weiß nicht … vielleicht ist das ja auch nur eine Ausrede. Vielleicht wollen die beiden „Lager“ auch gar nichts miteinander zu tun haben – so wie Schulmediziner und Heilpraktiker sich einfach aus dem Weg gehen. Allerdings kann der Patient selbst entscheiden, wo er hingeht, der Studierende kann das nur bedingt. Es ist mehr oder weniger Zufall, wo er landet, ob die Lehrangebote, an denen er teilnimmt, durch die Hände von Hochschuldidaktikern oder E-Learning-Experten gegangen oder aber – was noch wahrscheinlicher ist – lehr-lerntheoretisch quasi unbefleckt sind. Also, ein optimaler Zustand ist das nun wirklich nicht. Und so richtig verstehen kann ich diesen Graben auch nicht: E geht uns doch allen darum, das Lernen und Lehren zu verbessern, wir berufen uns alle auf wissenschaftliches Denken und Handeln, wir agieren in denselben Kontexten: Wo ist eigentlich das Problem?

Psychologie ohne Seele

Endlich ist es nun erschienen – das Buch „Konkrete Psychologie. Die Gestaltungsanalyse der Handlungswelt“, herausgegeben von Gerd Jüttemann und Wolfgang Mack (beim Pabst Verlag). Der Band nimmt seinen Ausgang da, wo auch die meisten Lehrbücher der Psychologie beginnen, nämlich bei Wilhelm Wundt (1823-1920), der als Begründer der naturwissenschaftlich orientierten Psychologie gilt. So jedenfalls wird es meist vermittelt – eine Vermittlungsrichtung, die Gerd Jüttemann in mehreren Publikationen seit längerem versucht, wieder gerade zu biegen. Für ihn ist Wundt eher der Begründer einer konkreten Psychologie, die auf die psychologische Analyse unseres alltäglichen Handelns und aller Phänomene abzielt, die man vergleichend erforschen kann. Dem steht eine heute weitgehend dekontextualisierte, abstrakte Psychologie gegenüber, die im Laborexperiment und in einer Forschung, die sich auf statistische Auswertungen beschränkt, den Königsweg der wissenschaftlichen Erkenntnis sieht – verbunden „mit der Gefahr des Abgleitens in eine auch in verbaler Hinsicht verarmte ´Psychologie ohne Seele ´“ (Jüttemann, 2010, S. 34).

Der Band umfasst insgesamt 23 recht heterogene Artikel, in denen die Schwierigkeit psychologischer Forschung sowie die Probleme einseitiger naturwissenschaftlicher Herangehensweisen auf verschiedene Art und Weise und anhand unterschiedlicher psychologischer Teildisziplinen diskutiert wird. Hier kann man sich das Inhaltsverzeichnis ansehen. Ich freue mich, dass mein Beitrag zu möglichen Wege der Erkenntnis in den Bildungswissenschaften (hier der Preprint) Eingang in diesen Band gefunden hat und ich auf diesem Wege noch ein paar ganz andere Argumentationsgänge kennenlerne.

Was ich schon mal ankündigen kann …

… ist ein Studientext zum Didaktischen Design, in etwa analog zum Studientext Wissensmanagement und zwar für den April 2010.  Seit einigen Wochen versuche ich, mir dazu immer wieder größere Zeitblöcke freizuschaufeln, denn solche längeren Texte verfasst man ja nicht mal so nebenbei (Umfang: ca. 150 Seiten). Aus diesem Grund wird im Moment mein Blog auch nicht ganz so umfangreich bestückt – ab und zu muss man halt Prioritäten setzen. 😉 Anbei schon mal das Einstiegskapitel mit Inhaltsübersicht. Wie den Studientext Wissensmanagement werde ich auch den zum Didaktischen Design öffentlich zugänglich machen.

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