Buchbeitrag zu Wegen der Erkenntnis in den Bildungswissenschaften

So, hier kommt der erste Preprint 2009 mit dem Titel: Wege der Erkenntnis in den Bildungswissenschaften.  Im Sommer hatte ich (hier) bereits erste Gedanken – quasi in einer Form „Laut-Denk-Protokoll“ – dazu angestellt und auf ein paar Rückmeldungen gehofft. Aber dazu ist das Thema vielleicht doch zu spezifisch und womöglich auch zu komplex, als dass einem da mal eben ein paar Kommentare von der Hand gehen. Nun ist der Beitrag fertig (ich habe natürlich noch eine ganze Menge gelesen, damit aus den Gedanken auch vernünftige Argumente werden konnten)  und an die Herausgeber geschickt.

bildungsforschung_preprint_jan09

Der Text erscheint 2009 in dem Band „Konkrete Psychologie – die Gestaltungsanalyse der Handlungswelt“, herausgegeben beim Pabst Verlag von Gerd Jüttemann und Wolfgang Mack.

Pre- und Postprints ab 2009

Ab diesem Jahr werde ich alle meine (künftigen) Publikationen als Pre- oder Postprints zur Verfügung stellen. Damit versuche ich, neben den schon bestehenden Arbeitsberichten am imb, die man als „graue Literatur“ bezeichnet (welche in der wissenschaftlichen Community offiziell keinerlei Wert besitzen – und zwar völlig unabhängig vom Inhalt, der auch exzellent sein könnte), den sogenannten „grünen Weg“ des Open Access zu beschreiten.  Unter der neuen Kategorie „Pre- und Postprints“ stelle ich neue Artikel in diesem Blog mit kurzen inhaltlichen Hinweisen online.  Unmittelbar nach Erscheinen einer Publikation werde ich die vollständige Literaturangabe nachliefern, die dann im Falle des Zitierens zu verwenden ist. Das erspart einem leider nicht, im Falle des Falles die Originalliteratur heranzuziehen, aber es bietet dem Leser trotzdem Effizienzvorteile:

  • Zum einen hat man den Inhalt früher, denn leider dauern Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen ja immer sehr lange – vor allem, wenn bei Sammelbänden besonders viel beschäftige Autoren/innen aus einer Deadline eine ungefähre Richtlinie machen.
  • Zum anderen bemüht man sich nur dann um die Originalliteratur, wenn man bereits weiß, dass man den Inhalt auch tatsächlich (z.B. für einen eigenen Beitrag) gebrauchen kann; das spart einem die lästige Beschaffung von Texten, die sich letztlich als enttäuschend oder für das aktuelle Interesse irrelevant herausstellen.

Für die kommenden zwei Wochen kann ich schon mal zwei Artikel versprechen – die sind beide in der „Endschleife“.

E-Learning im Sport

Es gibt eine neue Ausgabe der Zeitschrift für E-Learning: Frank (Vohle) (eigener Blogbeitrag dazu hier) und Christoph Igel sind die Herausgeber: Das Editorial kann man online lese. Hierin wird u.a. deutlich, wie schwierig es in einer Fachdisziplin ist, ein quer liegendes Thema wie die Nutzung digitaler Medien zu Lernen, Lehren und Bildung zu etablieren, dabei die fachspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen und dem Thema eine eigene Bedeutung zu geben, in un mit dem sich auch Nachwuchswissenschaftler profilieren können. Ich denke, da ist der Sport nur ein Beispiel für viele, wobei (und das gehörte auch mit zu den Zielen des Themenheftes ) natürlich die Besonderheiten des Gegestandes – nämlich die Bewegung im weitesten Sinne – eine ganz eigene Qualität bei der Gestaltung und beim Einsatz digitaler Medien einfordert.

Von der Reflexion zur Selbstreflexion

Gerade noch rechtzeitig zum Jahresausklang ist die von Thomas Häcker, Wolf Hilzensauer und mir herausgegebene Ausgabe der Online-Zeitschrift Bildungsforschung zum Thema „reflexives Lernen“ online gegangen. Ich hatte mich dazu bereit erklärt, weil ich (a) auf diese Weise Thomas Häcker und seine Position näher kennenlernen konnte (der mir auf dem Papier bzw. digital mehrmals schon beim Thema E-Portfolios „begegnet“ war) und weil ich selbst eher Schwierigkeiten mit dem Begriff des „reflexiven Lernens“ habe. Ja, ist das denn die rechte Voraussetzung für die Mitherausgeberschaft eines Themenhefts? Nun, die intensivere Auseinandersetzung mit einem Thema in Verbindung mit Lehrveranstaltungen und Publikationen anzugehen, ist im Wissenschaftsbetrieb sicher nicht ungewöhnlich und ein durchaus interessantes Prozedere (das meines Wissens wissenschaftssoziologisch oder -psychologisch noch nie ernsthaft untersucht wurde – warum eigentlich nicht?). Oft ist es ja so, dass diejenigen Lehrveranstaltungen (auch Publikationen?) am besten zu verstehen sind, bei denen man selbst als Novize gestartet ist ;-).

Dass es im Editorial heißt: „Reflexives Lernen als Grundlage Lebenslangen Lernens ist nicht nur aus pädagogischer Sicht interessant, sondern auch aus historischer, philosophischer, psychologischer und praktischer Perspektive“, steht da nicht von ungefähr: Ziel war es, verschiedene wissenschaftliche Zugänge zum „reflexiven Lernen“ zusammenzustellen, wobei von vornherein klar war, dass damit auch verschiedene Auffassungen dazu verbunden sind, was unter „reflexivem Lernen“ denn nun eigentlich zu verstehen ist. Meine anfängliche und nach wie vor bestehende Position dazu ist die, dass mit Ausnahme des „Reiz-Reaktion-Lernens“ behavioristischer Manier jedes Lernen auch Reflexionsmomente bedarf – sonst würde man wohl nicht von Lernen sprechen können, das diesen Namen auch verdient. Wohl aber gibt es sehr unterschiedliche Grade, vielleicht auch Qualitäten von Reflexion – und das, so meine ich, zeigen auch die in diesem „Heft“ versammelten Aufsätze.

Gefreut hat mich, dass auch Tobias einen Beitrag geliefert hat („Ganzheiltiche Reflexion auf dem Weg zu Selbstorganisiertem Lernen„): In diesem Beitrag führt er auch unser Begleitstudium und die darauf gerichteten (qualitativen) Studien an, die dazu bereits durchgeführt wurden. Die damit verbundenen kritischen Einschätzungen unserer Versuche, Studierende auch im knappen Bachelor-Studium zu projektorientiertem Arbeiten und einer darauf bezogenen Reflexion zu bewegen, hat zu einigen Turbulenzen und internen Diskussionen geführt – und die haben ganz gewiss eine ganze Reihe Reflexionsprozesse ausgelöst. Auch wenn das anstrengend ist (zumal dann, wenn man in die Rolle des Mediators gerät), sind das für mich genau die Dinge, die ich an sich an einer Universität erwarte: Kritische Auseinandersetzungen, das Ringen um die rechte Darstellung und Folgerung, Selbstzweifel und Aushandlungsprozesse – was zwar psychologisch für die Betroffenen nicht immer einfach, aber langfristig genau die fruchtbaren Prozesse sind, die man getrost als reflexives Lernen bezeichnen kann.

Danke an der Stelle an die Herausgeber/innen der Zeitschrift Bildungsforschung für die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit.

Gehts hier nach Italien?

Bald ist Weihnachten und vielleicht war das gestern am späten Nachmittag ein Weihnachtserlebnis?

Es ist Freitag und ein dunkler Nachmittag in Augsburg an der Haunstetter-Straße: Ich steige aus der Straßenbahn und gehe die Treppen hoch zum Bahngleis in der Hoffnung, dass die Regionalbahn nach München bald kommt. Aber ich bin wie immer zu früh dran, es ist unangenehm nasskalt – Schneeregen, der Bahnsteig ist ohne Dach. Ich gehe wieder runter und warte lieber an der Straßenbahnhaltestelle, die unter den Bahngleisen und daher überdacht ist. Eine Bahn aus der Stadtmitte kommt und ein Mädchen steigt aus – Grundschulter – mit einem überdimensionalen Schulranzen – jedenfalls im Verhältnis zur Größe des Mädchens. Sie wirkt unschlüssig und geht in Richtung Treppe, schaut hoch, geht zwei Stufen hinauf und blickt neugierig nach oben, geht zurück und mustert die umstehenden Leute. Dann entdeckt sie mich, schaut mich kurz an und kommt auf mich zu: „Weißt du, was da oben ist?“ fragt sie und deutet die Treppen hinauf zum Bahnsteig. Ich denke erst, sie hat sich vielleicht verirrt: „Der Bahnsteig ist da oben. Wieso? Wo musst denn hin?“ „Ich will nur wissen, was da oben ist“, gibt sie mir zur Antwort, „ … ich bin jetzt schon neun Jahre alt und war noch nie da oben.“ Sie geht wieder ein paar Schritte zur Treppe und blickt nach oben:“Kannst du mit mir da mal raufgehen?“ „Ja, natürlich, ich muss sowieso da hoch“, und schon läuft sie vor, nicht ohne sich zu vergewissern, ob ich auch hinter ihr bin. Schnell ist sie oben und fragt: „Und was fährt hier?“ „Züge fahren hier. Manche fahren nur vorbei, aber die Regionalbahnen, die halten hier.“ Sie schaut mich ungewöhnlich begeistert an und will es genauer wissen:“ Wohin fahren die?“ Ich zeige nach rechts: „Hier fahren sie weiter zum Augsburger Hauptbahnhof. Und hier …“, ich zeige nach links, „nach München“. „Und nach Italien? Gehts hier nach Italien?“ Ich muss ein wenig lachen: „Nach Italien? Also …, nicht direkt. Aber du kannst nach München fahren und von da aus dann direkt ab nach Italien!“ „Toll!“ , die Begeisterung der Kleinen steigert sich. Ich bin jetzt ein wenig besorgt; hoffentlich steigt sie nicht einfach in den nächsten Zug: „Musst du nicht nach Hause. Vielleicht nimmst du lieber deine nächste Straßenbahn?“ „Ja“, sagt sie und macht schon kehrt: „Tschüss!“, sie läuft die Treppe runter, dreht sich nochmal um und winkt: „Tschüss!“ „Tschüss“, ich winke auch. Ein Mann blickt mich mürrisch an, die Frau dahinter verzieht keine Miene. Na ja, es ist halt kalt und der Schneeregen ist nicht schön … ich hatte es aber ein paar Minuten vergessen.

Suum cuique

Ja, das wusste ich noch aus dem Lateinunterricht und es fiel mir halt gleich ein, als mir Sandra und Frederic den Link zur neuen w.e.b.Square-Ausgabe geschickt haben (hier ein Überblick über alle weiteren Beteiligten):  Unter dem Motto „Jedem das Seine: Der Siegeszug von Social Software und Web 2.0“ bündelt diese Ausgabe zum Jahresende einige Abschlussarbeiten (BA und MA) aus unserem Studiengang „Medien und Kommunikation“ (auf die Blog-Arbeiten hatte ich schon an anderer Stelle hingewiesen) sowie die Dokumentation eines Seminarprojekts aus einem Seminar von Alex.

Auch wenn man darüber streiten kann, ob es wirklich schon einen Siegszug des WEb 2.0 gibt (sowohl Rolf Schulmeisters Werk zur Netzgeneration als auch die HIS-Studie legen ja eher nahe, dass die aktive Partizipation im Netz selbst unter Studierenden wohl eher Wunschtraum als Realität ist. Aber bei uns ist es Realität, wobei man in einem Medienstudiengang natürlich keine repräsentative Auswahl von aktuell Studierenden hat. Wie auch immer: Ich danke allen Beteiligten für diese gute Arbeit und hoffe, dass die durch w.e.b.Square verbreiteten Arbeiten viele Leser finden und nicht, wie es bei vielen Abschlussarbeiten der Fall ist, in Archiven vor sich hinstauben.

Was liest du da?

Seit Anfang Dezember gibt es die Ergebnisse einer aktuellen Studie mit dem Titel „Lesen in Deutschland 2008“ von der Stiftung Lesen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Hierzu wurden 2.500 Jugendliche und Erwachsene befragt; ergänzt wurde diese Befragung mit rund 45 Interviews, deren Ergebnisse ich aber leider nicht gefunden habe. Herunterladen kann man die Ergebnisse in Form eines Foliensatzes (um nicht so viel zu lesen zu haben ;-)).

Beliebt sind ja stets Typenbildungen, auf die auch die Studie nicht verzichtet hat und zu folgendem Ergebnis kommt:

lesetypen_graphik1Für das Thema E-Learning interessant sind die Ergebnisse zum Thema „Lesen am Bildschirm“ (Folien 35-42): Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass

  • vollständiges Lesen von Texten am Bildschirm im Vergleich deutlich zunimmt,
  • es besonders Männern, jungen Erwachsenen und höher Gebildeten egal ist, ob ein Text gedruckt oder digital vorliegt,
  • Männer, junge Erwachsene und höher Gebildete besonders offen für Handy-E-Books sind und
  • dennoch die Mehrheit nicht auf gedruckte Bücher verzichten will, was besonders für Frauen, ältere und höher gebildete Befragte gilt.
  • Printprodukte vor allem bei Älteren noch einen gewissen „Vertrauensvorschuss“, was aber z.B. für Jugendlich nur noch in geringem Maße gilt,
  • nur eine Minderheit unterwegs elektronische Lese-Angebote nutzt, der „Print-Vorteil Mobilität“ also bisher noch keine große Rolle spielt.
  • Gut zu wissen ist auch, dass das „Lesen in kleinen Häppchen“ und das „Lese-Zapping“ (womit das schnelle Überflie0egn gemeint ist) zunimmt. Ein Graus für alle Autoren, die sich bei jedem Satz sehr viel gedacht haben …

Interessant sind auch die Ergebnisse zum Thema „Migration und Lesen“ (Folien 43-53) , die zeigen, dass sich Befragte mit Migrationshintergrund hinsichtlich der Lesehäufigkeit nicht von Befragten ohne Migrationshintergrund unterscheiden – entscheidend sind auch hier Bildung und „Lese-Vorbilder“ im Elternhaus.

Vom Haushalt zum Eventmarketing

„Das Haushälterische gehört zu den Tugenden des Menschen“, so Professor Mittestrass am letzten Montag auf einer Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung in Kooperation mit dem Verein Ökonomie und Bildung (Programm). Zusammen mit dem Präsidenten der TU München – Professor Herrmann – diskutierte er über die Frage, ob und inwieweit die Ökonomisierung speziell der Hochschule und Hochschulbildung ökonomisch ist. Neben dem obigen Satz, dass man natürlich mit begrenzten Ressourcen, wie man sie auch an der Hochschule hat, effizient umgehen und in diesem Sinne ökonomisch handeln muss, gab es durchaus einige weitere Gemeinsamkeiten. Nun ist es natürlich auch einleuchtend, dass selbst eine Hochschule nicht über ihre Verhältnisse leben kann und eben „haushalten“ muss. Leider aber hat man in einem so kurzen Zeitrahmen natürlich keine Zeit, genau das zu konkretisieren – denn dann wäre man sich wahrscheinlich nicht mehr so einig. Spannender waren letztlich die Unterschiede in den Auffassungen der beiden „Hauptgäste“: So sprach sich Mittelstrass z.B. klar dagegen aus, den Wissenden zum „Dienstleister“, den Studierenden zum „Kunden“, die Suche nach wissenschaftlicher Wahrheit zur „Wissensbörse“ bzw. letztlich die Bildung zur Ware zu machen. Bereits die Sprache sei ein Problem, denn (und da stimme ich zu): „Begriffe beeinflussen das Denken“.

Herrmann dagegen argumentierte weniger auf dieser Ebene der „Idee der Universität“, sondern mehr auf der Ebene der Führung einer Organisation, und da geht es um finanzielle und personelle Ressourcen, um Anreizstrukturen, aber auch um klare Entscheidungen „von oben“. Wo denn da das demokratische Moment bleibe, so wollten z.B. Studierendenvertreter aus dem Plenum wissen – eine berechtigte Frage, die Mittelstrass interessanter Weise in etwa so beantwortete, dass die Universität durchaus kein Experimentierfeld für Demokratie sei. Womit er nicht sagen wollte, dass Entscheidungen an der Universität selbstherrlich getroffen werden (sollten). Wie und wo das demokratische Element an der Hochschule wichtig oder auch hemmend ist, blieb offen. Ein aus meiner Sicht wichtiger Punkt war dann unter anderem die Frage nach der (an sich zugesicherten) Freiheit des Forschers, mit der es ja – so meine Meinung – nicht unbedingt mehr so weit her ist: Die Vorgaben für die Lehre wachsen immens und angesichts der Tatsache, dass man in seiner Forschung zunehmend von Drittmitteln abhängig ist, schrumpft der Spielraum für freie Entscheidungen im Forschungsfeld schon gewaltig. Es wäre interessant gewesen, das weiter zu vertiefen.

Eine schöne Gegenüberstellung der beiden Hauptgäste findet sich bei Frank – ich empfehle sehr, das nachzulesen. Unter anderem macht er deutlich, dass beide eher nicht dazu geeignet waren, die Verhältnisse an einer „ganz normalen Universität“ darzulegen bzw. zu vertreten. Auch Sandra und Tamara haben in ihren Blogs bereits ihre Eindrücke geschildert – sodass ich fast schon ein bisschen spät dran bin. Ebenfalls Empfehlenswert: Sandras Tipp auf einen Beitrag von Heiner Keupp, dem das „Eventmarketing“ an deutschen Universitäten schön länger ein Dorn im Auge ist.

Mr. Pisa an der TU München

„Mr. Pisa“ soll „School of Education“ aufbauen – so leitet die „Welt online – München“ die Nachricht ein, dass an der TU München eine neue Fakultät aus dem ehemaligen TUM-Zentralinstitut für Lehrerbildung und Lehrerfortbildung (ZLL) entsteht – angeführt von Professor Manfred Prenzel vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel, der den Aufbau der Fakultät maßgeblich leiten soll. Die Pressemeldung kann man sich hier (information-zur-tum-school) genauer anschauen. Darin heißt es u.a.: „Landesweit wird damit zum ersten Mal eine Institution geschaffen, die neben der Lehrerbildung auch hochkarätige Bildungsforschung betreibt und beide Bereiche eng verzahnt.“ Das wird man an vielen universitären Stätten der Lehrerbildung nicht gerne hören, impliziert es doch ziemlich direkt, dass dort bisher keine nennenswerte Forschung betrieben wurde. Aber vielleicht ist es ja auch so gemeint, dass man beim Aufbau dieser neuen Fakultät auf einen sinnvollen Betreuungsschlüssel achten wird, der neben der Lehre Forschung möglich macht?

Ich bin jedenfalls gespannt, wie das weitergeht. Gespannt bin ich auch auf die Reaktionen derjenigen, die an den anderen bayerischen Universitäten Lehrerbildung betreiben (wir an der Professur für Medienpädagogik sind ja in punkto Schule und Lehrerbildung nur in der Forschung unterwegs und in die Ausbildung angehender Lehrer/innen nicht eingebunden). Ob man wohl daran denkt, dass sich die Medienwelten von Kindern und Jugendlichen ebenso gewandelt haben und wie die Möglichkeiten der Entwicklung didaktischer Konzepte dank digitaler Technologien? Auch darauf darf man gespannt sein :-).

Die verheerende Lage des Zehnkämpfers

Bereits im letzten Jahr (2007) haben Kanning, von Rosenstiel, Schuler u.a. in der Psychologischen Rundschau einen Artikel verfasst, der dummerweise an mir vorbeigegangen ist, weil ich wohl trotz meiner psychologischen Herkunft zu tief in primär medienbezogenen Fragestellungen stecke. Schon mit dem Titel „Angewandte Psychologie im Spannungsfeld zwischen Grundlagenforschung und Praxis“ verweisen die Autoren auf ein grundsätzliches Problem, über das ich mich ja auch mit schöner Regelmäßigkeit ärgere: die Monokultur in den Methoden der psychologischen Forschung und damit auch in der pädagogisch-psychologischen Forschung, die für das Wissen und Lernen mit digitalen Medien (aus meiner Sicht) zentral ist. Entsprechend sprechen sie sich für mehr Pluralismus aus – eine sehr begrüßenswerte Tendenz, die mich ein wenig optimistisch stimmt. Zu diesem Beitrag gibt es eine Reihe von Kommentaren (leider nicht online zugänglich) und dann wieder eine Reaktion auf diese Diskussionsbeiträge – und die ist dankenswerter Weise eingescannt, nämlich hier. Sie fasst einige Argumente aus den Kommentaren zusammen, wobei mehrere Probleme zur Sprache kommen, z.B.:

  • die Abwertung deutschsprachiger Publikationen außerhalb von internationalen Journals mit hohem „impact factor“ (dazu hier ein weiterer netter Beitrag),
  • die damit einhergehende indirekte (an sich ungeheuerliche) Einschränkung der Forschungsfreiheit,
  • die Schwierigkeit, aus der Forschung unmittelbaren Nutzen für die Praxis zu schöpfen und
  • die Tatsache, dass man letztlich Wissenschaftler sozialisiert, die extrem gut in einer Einzeldisziplin sind, dann aber völlig überfordert zum einen vor Studierenden stehen, die nach der Univesität in die Praxis wollen, und zum anderen Vertretern aus Politik und Gesellschaft gegenübertreten sollen, die einen Mehrwert zur Lösung praktischer Probleme erwartet hatten (wobei die Politik an diesem Schlamassel ja nun nicht gerade unschuldig ist).

Der Beitrag zitiert u.a. Wottawa, der das letzt genannte Problem der ausgeprägten Spezialisierung (die zwar der Karreire, aber allem anderen eher nicht förderlich ist) mit einer Analogie gut auf den Punkt bringt, nämlich mit der Analogie vom Zehnkämpfer, der in jeder Einzeldisziplin zwangsläufig schlechter ist als der Einzelkämpfer, der sich ausschließlich auf eine Aufgabe konzentriert. Ich fühle mich angesprochen 😉