Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Hauptsache, der KI-generierte Output stimmt

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Zur Künstlichen Intelligenz (KI) im Studium haben Joerg von Garrel, Jana Mayer und Markus Mühlfeld eine quantitative Befragung von Studierenden zur Nutzung von „ChatGPT & Co.“ durchgeführt und kürzlich hier online zugänglich gemacht. Die Studierenden wurden indirekt (über Kontaktpersonen an 395 Hochschulen) angesprochen. Ausgewertet wurden 6.311 ausgefüllte Fragebögen aus allen 16 Bundesländern; vertreten sind fast alle Fächer.

Vorab haben die Autoren bestehende (nationale und internationale) Studien zur Nutzung von KI recherchiert (S.12-13). Die Autoren fassen ihre Recherche folgendermaßen zusammen: „Die in Deutschland durchgeführten Studien bescheinigen einen Nutzungsgrad, der von ca. 10% Anfang des Jahres 2023 (CAIS, 2023), über 17% in Februar März 2023 (Kurzstudie Uni Duisburg-Essen & Civey, 2023) bis hin zu 23 % in April/Mai 2023 (TÜV-Verband, 2023) verläuft“ (S. 13). Eine Nutzungsstudie unter Studierenden in Deutschland sei nicht unter den zitierten Erhebungen zu finden. Hier setzt die eigene Online-Befragung der Autoren an: Sie wurde im Zeitraum vom 15.05.2023 bis 05.06.2023 durchgeführt. Der Bericht enthält neben der Ergebnisdarstellung auch den Fragebogen und beschreibt ausführlich das methodische Vorgehen.

Im Fazit und Ausblick halten die Autoren fest: „Die Studie verdeutlicht, dass KI-basierte Tools bei Studierenden aller Studienbereiche in Deutschland ihren Weg gefunden haben und genutzt werden. Fast zwei Drittel der Befragten haben solche Tools genutzt bzw. nutzen diese. Die höchste Intensität weisen in diesem Kontext die Bereiche der Ingenieurwissenschaften sowie Mathematik und Naturwissenschaften auf. […] Explizit nennen in diesem Kontext fast die Hälfte aller befragten Studierenden ChatGPT bzw. GPT-4 als genutztes Tool. Die Diffusion dieses Tools unter den Studierenden ist weit vorangeschritten. Eine differenzierte Betrachtung des Nutzungsverhaltens nach den Studienbereichen verdeutlicht, dass die Studierenden KI-basierte Tools vielfältig einsetzen“. Diese Einsatzbereiche sind didaktisch besonders von Interesse. Hier zeigen die Daten: Mehr als ein Drittel der befragten Studierenden nutzt KI-basierte Tools, um Verständnisfragen zu klären und sich fachspezifische Konzepte erklären zu lassen. „Weitere sehr relevante Nutzungsfunktionen sind Recherchen und Literaturstudium (mit 28.6%), Übersetzungen (mit 26.6%), Textanalyse, Textverarbeitung, Texterstellung (mit 24.8%) sowie Problemlösung, Entscheidungsfindung (mit 22.1%) …“ (S. 27). In der Verteilung zeigen sich Unterschiede zwischen den Disziplinen und Fächern.

Antworten auf Fragen nach Wissenschaftlichkeit beim KI-Einsatz deuten darauf hin, dass Studierende vor allem Wissenschaftlichkeit bei den Ergebnissen von KI-Tools als wichtig erachten. Studierende, so die Autoren, seien also vorrangig daran interessiert, dass der Output wissenschaftlich ist, weniger dagegen, wie der Prozess dahin aussieht.

KI-Tools sind also längst bei Studierenden angekommen. Umso skurriler ist es, dass viele (die meisten?) Hochschulen ihren Lehrpersonen nach wie vor keine oder kaum Unterstützung dahingehend geben, diese Tools in der Lehre in einem vor allem rechtssicheren Rahmen einzusetzen. Auf Seiten der Hochschuldidaktik bleibt einem nichts anderes Übrig, als Empfehlungen vor allem im Konjunktiv zu formulieren, vorsichtig immer wieder auf Datenschutzprobleme hinzuweisen und am Ende zu hoffen, dass trotzdem Erfahrungen gesammelt und gemeinsam reflektiert werden. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich angesichts der kaum vorhersehbaren Entwicklung der neuen Sprachmodelle Risken für die akademische Bildung sehe. Aber auch deshalb müssen wir mit ChatGPT & Co. experimentieren. Der aktuelle Zustand von KI in der Hochschullehre jedenfalls scheint mir doch unhaltbar: Alle reden davon, Studierende tun es, mutige Lehrpersonen unter der Hand auch, die Hochschuldidaktik windet sich (weil sie oft nicht darf, wie sie vielleicht will), die Wirtschaft kreiert derweil Zukunftsszenarien für die Hochschulbildung – und Hochschulleitungen schweigen.

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