Was wäre, wenn … Akt VII des Blended Talk

Nun ist die GMW 2012 schon wieder vorüber. Anstatt an dieser Stelle nun den Rest des Textes zu posten, verweise ich jetzt auf den GMW-Band, der online hier zugänglich ist. Auf den Seiten 29 bis 40 findet sich der Text zum Gedankenexperiment – natürlich in der Gänze.

Im „Blended Talk“ zum Gedankenexperiment über Prüfungen haben mich Beat und Petra tatkräftig unterstützt. Ihre Überlegungen dazu, was denn wäre, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe, waren sehr interessant! Ich habe mich gefreut, dass die beiden das mitgemacht haben – vielen Dank an der Stelle nochmal an euch beide! Bei genauem Hinhören wurde aus meiner Sicht bei den drei Varianten deutlich, dass wir alle an mehreren Stellen die Bedingungen geändert haben, unter denen wir unsere Überlegungen ausgeführt haben. Die Zeit war aber viel zu knapp, um das zu explizieren. Zu eng war auch der Zeitrahmen für eine genaue Beantwortung aller vier Fragen.

Wie immer ist man hinterher schlauer und ich würde bezogen auf den „Blended Talk“ sagen, dass man auf jeden Fall einen Workshop (mindestens 90 Minuten) dazu hätte machen müssen. Erst mal wäre es wichtig gewesen, die Methode des Gedankenexperiments auch in der Präsenzsituation ausführlicher darzulegen, damit man „systematisch“ nachdenkt. Das hat vor allem zu zweit oder zu dritt meiner Einschätzung nach großes Potenzial – vielleicht ist das ja auch ein bisschen rübergekommen. Um dieses Potenzial wirklich auszuschöpfen, erscheint es mir notwendig, hier methodisch ausreichend Vorarbeit zu leisten. Da reicht ein kurzer Text vorab sicher nicht.

Sodann hätte jeder von uns mindestens 15 Minuten Zeit haben müssen, um die Fragen unter den definierten Bedingungen ausführlich zu beantworten und zu begründen. Im Anschluss hätte man dann unsere Antworten miteinander vergleichen und diskutieren können, warum wir an welchen Stellen zu ähnlichen oder eben verschiedenen Antworten gekommen sind. Schließlich wäre es sehr fruchtbar gewesen, in einer zweiten Runde die Bedingungen zu ändern, die ich als Autorin ein wenig selbstherrlich festgelegt hatte.

Aber egal: Ich bin froh, das mal ausprobiert zu haben. Und vielleicht lässt sich das oben Gesagte ja auch asynchron nachholen (wobei es da aber wohl wieder Zeitprobleme geben wird). Inhaltlich, also bezogen auf das Thema Prüfungen, meine ich nach wie vor, dass ein solches Gedankenexperiment die eine oder andere kreative Idee zur Lösung unserer vielfältigen Assessment-Probleme beitragen oder wenigstens das ein oder andere typische Phänomen im Kontext von Lehre und Assessment in einem anderen Licht oder nachvollziehbarer erscheinen lassen könnte.

Was wäre, wenn … Akt IV des Blended Talk

Morgen beginnt bereits die Preconference der GMW – es werden also schon einige in Wien sein. Die Hauptkonferenz beginnt am Dienstag. Nun ist der GMW-Band ja bereits online – trotzdem kommt jetzt stoisch 😉 der letzte   Blog-Post, der dazu beitragen soll, dass der „Vortrag“ am Dienstag-Nachmittag mit dem Titel „Was wäre, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe“ etwas anders gestaltet werden kann. Die vorhergehenden Akte finden sich (in aufsteigender Reihenfolge) hier, hier und hier. Im Folgenden wird dargelegt, unter welchen Bedingungen das Gedankenexperiment abläuft.

Das Setting des Gedankenexperiments

(1) Prolog: Was ist das Grundsätzliche und Übergreifende in meinem Gedankenexperiment? Welchen Rahmen habe ich gesteckt? Einerseits geht es mir um die Koppelung von Lehren und Lernen, die unter anderem durch Prüfungen behindert, oft genug auch verhindert wird. Didaktisch betrachtet spricht viel dafür, „Prüfungen mit didaktischen Funktionen“ bzw. verschiedenen Formen eines „Assessment for Learning“ mehr und intensiver als bisher in die Lehre zu integrieren und im Gegenzug Prüfungen mit Rechtsfolgen abzuschaffen, die komplexeren didaktischen Szenarien zur Kompetenzförderung nicht gerecht werden. Andererseits geht es mir um die Effizienz im Bildungsalltag von Universitäten, die infolge von Prüfungen denkbar schlecht ausfällt. Ökonomisch betrachtet spricht wenig dafür, Prüfungen mit Rechtsfolgen in der heutigen Form beizubehalten: Anschlusssysteme auf dem Arbeitsmarkt kritisieren Prüfungsergebnisse und Noten, weil sie wenig valide (z.B. inflationär gut) oder nicht aussagekräftig sind, setzen eigene Assessment-Verfahren ein oder fällen falsche Entscheidungen auf der Grundlage von Ziffernnoten (vgl. Lang-von Wins, Triebel, Buchner & Sandor, 2008).

(2) Annahmen: Welche Prämisse liegt meinem Gedankenexperiment zugrunde? Inwiefern sind die Annahmen, welche die Prämisse bilden, kontrafaktisch und dennoch denkbar oder real möglich? Die Prämisse ist: Nehmen wir an, an Universitäten gäbe es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr, also keine Prüfungen, die einen Selektionscharakter haben und mit einer Ziffernnote bewertet werden. Nehmen wir weiter an, dass von außen (z.B. Wirtschaft, andere Arbeitgeber) kein prinzipieller Protest gegen diese Abschaffung laut würde, und dass die Ressourcen der Universitäten konstant blieben.

Die erste der formulierten Annahmen, die Kernannahme des Gedankenexperiments, ist einerseits kontrafaktisch: Sie entspricht heute und in unserer Gesellschaft nicht der Wirklichkeit – im Gegenteil: Prüfungen spielen an Universitäten für Studierende und Lehrende eine herausragende Rolle. Gleichzeitig aber ist die Annahme prüfungsfreier Universitäten durchaus denkbar, hat doch z.B. die BAK bereits 1970 die Abschaffung von Prüfungen mit Rechtsfolgen als möglich dargelegt. Auch die anderen beiden Annahmen sind fiktiv bzw. hypothetisch (zumal da man annehmen muss, dass Anschlusssysteme am Arbeitsmarkt Ziffernnoten zumindest als ersten Filter verwenden), aber im Bereich des Möglichen. Zusammen haben die formulierten Annahmen eine gewisse Katalysator-Funktion: Das angestoßene Szenario regt die Vorstellung an und man kann es weiterdenken.

(3) Fragenkomplex: Welche Fragen sollen in meinem Gedankenexperiment beantwortet werden? Meine Fragen lauten: Wie würden Studierende darauf reagieren, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe? Was würde das für die Lehrenden und für die Verwaltung an Universitäten bedeuten? Welche Alternativen zum Prüfungssystem mit Rechtsfolgen würden sich entwickeln? Welche Rolle würden die digitalen Medien dabei spielen?

Die durch die Annahmen gebildete Prämisse des Gedankenexperiments legen die formulierten Fragen nahe, aber nicht fest: Während sich die erste Frage relativ eng an die gemachte Prämisse anlehnt, ist die letzte Frage nicht zwingend, für meine Zielsetzung aber wichtig. Alternativ hätte man z.B. auch fragen können, ob das mit der Versuchsanordnung geschaffene Szenario überhaupt wünschenswert ist oder nicht und warum es (un-)erwünscht ist, oder welche Reaktionen von außen (Arbeitgeber) kämen.

(4) Bedingungen: Von welchen Bedingungen gehe ich aus? Die Bedingungen, von denen ich bei diesem Gedankenexperiment ausgehe, lassen sich in aller Kürze wie folgt benennen: (1) die Erkenntnis, dass Studierende in der Regel so lernen, wie sie geprüft werden (z.B. Reeves, 2006); (2) die Beobachtung, dass sich die Masse der Prüfungen auf die Abfrage von Kenntnissen beschränkt (z. B. Wannemacher, 2009); (3) die Folgerung, dass die Kompetenz-Rhetorik in Modulhandbüchern mit den Merkmalen heutiger Prüfungen in der Regel wenig gemeinsam haben (z.B. Borgwardt, 2011); (4) die Erfahrung, dass anspruchsvolle Prüfungen mit gegebenen Ressourcen nur schwer zu bewältigen sind (z. B. Müller, 2011); (5) der Grundsatz, dass man die an Universitäten vorhandenen Ressourcen nicht unnötig verschleudern sollte (z.B. Schimank, 2008).

In diesem Rahmen werden sich alle drei Varianten des Gedankenexperiments auf der GMW-Tagung bewegen. Nicht nur ich werde meine Version darstellen, die sich auch im schriftlichen Artikel des GMW-Bandes befindet, sondern auch Petra Grell und Beat Döbeli werden unabhängig von mir eigene Versionen präsentieren. Leider sind 30 Minuten sehr knapp dafür: Jeder von uns wird nur fünf Minuten Zeit haben, denn das Ganze muss ich trotz der Blog-Posts ja doch ein wenig rahmen. Ich bin aber sehr gespannt, denn ich kenne Beats und Petras Versionen auch noch nicht! Bis dann!

Was wäre, wenn … Akt III des Blended Talk

Die GMW rückt näher und ich bin beim dritten von vier Blog-Posts als Vorbereitung auf einen Beitrag zum Thema Prüfungen. In diesem Beitrag  geht es um den Versuch, in einem Gedankenexperiment der Frage nachzugehen, was wäre, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe. Das Vorgehen habe ich hier erklärt; die beiden vorausgegangenen Abschnitte befinden sich hier und hier.

Dieser Akt nun ist SEHR wichtig. Denn man muss sich ja fragen, was ein Gedankenexperiment überhaupt ist! Wenn man sich darüber keine Klarheit verschafft, bleibt das Ganze eine ziemlich windige Sache. Also: Wer Interesse an dem Präsenz-Beitrag am Dienstag-Nachmittag auf der GMW hat: Bitte diesen Abschnitt unbedingt lesen. Ich werde das nämlich am Dienstag nicht wiederholen können. 🙂

Was ein Gedankenexperiment auszeichnet und (nicht) leisten kann

Manchen gilt das Gedankenexperiment lediglich als eine andere Bezeichnung für Gedankenspiele ohne Bezug zur Wissenschaft; andere sehen im Gedankenexperiment eine wissenschaftliche Methode. Eine umfassende Darstellung der Ideen- und Wissenschaftsgeschichte sowie eine kritische Analyse dieser Methode liefert Ulrich Kühne (2005). In seinem Buch erläutert er das Gedankenexperiment in der Naturphilosophie, Psychologie und Logik sowie in der modernen Physik und Wissenschaftsphilosophie. Eine erste theoretische Arbeit über die Methode des Gedankenexperiments stammt aus dem Jahr 1811 vom dänischen Naturforscher Hans Christian Ørsted; in das Vokabular von Naturwissenschaft und Wissenschaftsphilosophie führte Ernst Mach um 1900 den Begriff des Gedankenexperiments ein (Kühne, 2005, S. 21). Seitdem wurde und wird er unsystematisch gebraucht, was unter an-derem daran liegt, dass es zwar viele Beispiele für Gedankenexperimente (aus Naturwissenschaft und Philosophie) gibt, aber kaum genaue Definitionen oder gar methodische Anleitungen. Für Kleining (1986, S. 742 ff.) ist das Gedankenexperiment eine Form des qualitativen Experiments, für das entsprechend alle Techniken (des geplanten Veränderns) verwendet werden können wie bei anderen Formen des Experimentierens. Seel (2007, S. 38) betont, dass Gedankenexperimente letztlich darauf hinauslaufen, mögliche Welten zu konstituieren. Es geht in einem Gedankenexperiment weniger darum, zu eruieren, ob etwas wahr oder falsch ist, sondern darum, ob es möglich oder notwendig ist.

Kaum jemand behauptet, Realexperimente würden durch Gedankenexperimente widerlegt oder überflüssig gemacht werden. Stattdessen wird vor allem deren heuristische Funktion betont: Mit Hilfe von Gedankenexperimenten kann man sich das Unübliche, Andersartige, Unvertraute vorstellen (Engels, 2004, S. 220 f.). „Sinnvoll verstanden sind Gedankenexperimente eine Methode, um argumentative Brücken zwischen weit auseinanderliegenden, logisch zuvor unverbundenen Wissensinhalten herzustellen. Die Brücke wird durch Prinzipien hergestellt. Ausgehend von einem vorhandenen Wissen – Alltagswissen oder fortgeschrittene Theorien – werden qualitative Allgemeinsätze abstrahiert, deren Gültigkeit in einen noch nicht erforschten Anwendungsbereich stipuliert wird“ (Kühne, 2005, S. 390). Festzuhalten ist: Nicht jede Überlegung, die mit „Was wäre, wenn ….“ beginnt, ist ein Gedankenexperiment. Das aber wirft die Frage auf: Wann führt der Satzanfang „Was wäre, wenn ….“ zu einem solchen? Nach Helmut Engels (2004, S. 14 ff.) lässt sich an folgender (oft implizit bleibender) Struktur erkennen, ob man ein Gedankenexperiment vor sich hat:

  • Während man bei einem Realexperiment von Hypothesen ausgeht, die man verifiziert oder falsifiziert, liegen einem Gedankenexperiment zunächst einmal eine oder mehrere Annahmen zugrunde, die kontrafaktisch sind, also gegen die Fakten sprechen, aber denkbar sein müssen, prinzipiell auch real möglich sein können und die Vorstellung anregen.
  • Neben den Annahmen, welche die Versuchsanordnung bzw. Prämisse bilden, umfasst ein Gedankenexperiment eine Frage oder einen Fragenkomplex, der in Bezug zu den Annahmen steht, ohne direkt daraus ableitbar zu sein.
  • Das eigentliche Experiment besteht darin, Überlegungen zur Beantwortung der formulierten Fragen anzustellen. Dabei kann man weitere Bedingungen einbeziehen, z.B. „logische Prinzipien, moralische Normen, Wertentscheidungen, Erkenntnisse der Einzelwissenschaften, Einsichten aus der Lebenserfahrung, lebensweltliches Wissen usw.“ (Engels, 2004, S. 16). Zudem bedient man sich beim Überlegen verschiedener Vorgehensweisen wie z.B. Analogiebildung, hypothetische Verallgemeinerung, Perspektivenwechsel, experimentelle Umkehrung und vieles mehr. Der Ausgang des Experiments ist offen.
  • Zu einem Gedankenexperiment gehört schließlich ein größerer Rahmen, der etwas Grundsätzliches oder Übergreifendes beinhaltet. Diesen Rahmen bilden der Prolog am Anfang und der Epilog am Ende.

Daraus ergeben sich insgesamt fünf Schritte für die Umsetzung und Präsentation, an denen ich mich im Folgenden (explizit) bei der Darstellung meines Gedankenexperiments zur (Un-)Entbehrlichkeit von Prüfungen an Universitäten orientieren werde.

Was wäre, wenn … Akt II des Blended Talk

Nachtrag (06.09.2012): So, nun ist es soweit. Der GMW-Band ist jetzt online. Das Lesen der Blog-Beiträge könnt ihr euch jetzt also sparen ;-). Ich werde die letzten beiden dennoch wie geplant die nächsten Tage publizieren – vielleicht mag ja mancher die portionierte Darbietung lieber. 🙂 Schade, dass das nicht vorher besser bekannt gemacht worden ist! Wer in die Session nächste Woche kommen mag: Das eigentliche Gedankenexperiment wollte ich erst in der Präsenz-Situation in aller Kürze präsentieren. Das könnte man jetzt also schon vorab lesen. Macht auch nichts. Denn immerhin werden wir noch zwei andere Varianten haben – und die sind nicht online.

Diesen Blog-Post versteht man nur, wenn man die beiden vorhergehenden gelesen hat. Wer also erst jetzt aus dem Urlaub kommt, bitte erst hier (Worum geht es eigentlich?) und dann hier (Was hat der Beitrag mit dem Motto der diesjährigen GMW zu tun?) nachlesen. Was ich letztlich mache, ist, in verdaulichen Portionen meinen Beitrag für die GMW vorab freizuschalten – mit Ausnahme des eigentlichen Gedankenexperiments selbst, für das dann (zusammen mit Petra Grell und Beat Döbeli) Zeit in der Präsenz-Situation ist. Sollte, wie ich erfahren habe, der GMW-Band nun doch schon mehrere Tage vor der GMW online sein (wäre ja schön, hätte ich aber gerne etwas früher gewusst ;-)), dann sollten diejenigen vielleicht den letzten Abschnitt des Beitrags NICHT lesen, die vorhaben, am Dienstag Nachmittag (11.09.) in Session B.4 zu kommen :-). Nun also zum zweiten Abschnitt/Akt, der langsam zum Zweck des Gedankenexperiments hinführt

Warum Prüfungen offenbar als unentbehrlich gelten

Wenn es um die Kompetenzorientierung an Universitäten geht, tun wir uns in der Regel nicht allzu schwer, didaktische Szenarien zu nennen und erfolgreiche Beispiele für deren Umsetzung zu finden, in denen Studierende tatsächlich handlungsfähiger werden: Problem-, fall- und projektorientierter Unterricht, die Verzahnung von Praktika und Seminaren, Szenarien zur Förderung des forschenden Lernens usw. sind allesamt dazu geeignet, neben Kenntnissen auch Fähigkeiten und Fertigkeiten bis hin zu Haltungen aufbauen zu helfen, was man gemeinhin unter den Kompetenzbegriff subsumiert. Wenn es aber darum geht, Möglichkeiten darzulegen, wie man die so geförderten Kompetenzen auch erfassen und im laufenden Lehrbetrieb abseits spezieller Forschungs- und Entwicklungsprojekte flächendeckend und vor allem umfassend (also nicht nur punktuell) erfassen und bewerten kann, sieht es wesentlich schlechter aus. Zwischen der didaktischen Fantasie und Vielfalt auf der einen Seite (Baumgartner, 2012) und der Realität der Prüfungspraxis auf der anderen Seite liegt eine kaum zu überbrückende Kluft (Huber, 2008, S. 22). Forscher auf dem Gebiet der Hochschuldidaktik und -entwicklung weisen in ihren Beiträgen am Rande stets darauf hin, dass das Prüfungssystem für eine kompetenzori-entierte Lehre ebenso wie für einen Lernkulturwandel mit verändert werden müsse (z.B. Brahm, Jenert & Meier, 2010). Wie das im Einzelnen genau aussehen könnte, beschränkt sich meist auf Beispiele unter günstigen Rahmenbedingungen. Die Prüfungspraxis als solche, wie wir sie heute haben, wird jedenfalls nicht in Frage gestellt.

1970 hat die Bundesassistentenkonferenz (BAK) in ihrer auch heute noch viel beachteten Expertise nach einer Analyse der eklatanten Mängel und Widersprüche des Prüfungswesens, das sich in den letzten vier Jahrzehnten nur wenig geändert hat, klar Position bezogen: Die Autoren der Expertise kommen zu dem Schluss, dass es das Beste wäre, das bestehende System von Prüfungen mit Rechtsfolgen (also Prüfungen, die mit Ziffernnoten einhergehen und letztlich der Selektion dienen) würde sich „auflösen“. Dabei sind Prüfungen mit Rechtsfolgen von Prüfungen zu unterscheiden, die „didaktische Funktionen“ haben. Heute würden wir diese als „Assessment for learning“ bezeichnen. Die Begründung für diese radikale Forderung lautete wie folgt: „Solange nicht eindeutig bewiesen ist, daß die selektierenden Prüfungen hinsichtlich ihres prognostischen Wertes signifikant zuverlässiger sind als der Zufall, muss die Maxime festgehalten werden, daß die hypothetisch möglichen Vorteile der Prüfungen gegenüber dem Zufall die existentiellen Konsequenzen nicht rechtfertigen können, die gegenwärtig mit so unsicheren Entscheidungen verbunden sind“ (BAK, 1970, S. 57). Stattdessen sollten Beratungsangebote sowie Möglichkeiten der Selbstkontrolle Instrumente der Steuerung sein. Ein solcher Vorschlag erscheint heute undenkbar: Ähnlich wie auf dem Schulsektor verbinden wir an Universitäten nicht erst seit Bologna, aber durch diesen Prozess wohl noch verstärkt, den Wunsch nach Qualität und Exzellenz mit Bildungsstandards, die ihrerseits nach einer möglichst „objektiven“ Überprüfung des jeweils erreichten Leistungsstands verlangen. Die Forschungspolitik stärkt mit massiver Förderung der Forschung zur Kompetenzdiagnostik parallel dazu den Glauben an eine wissenschaftliche Vorhersagbarkeit von Leistung und Erfolg.

Aber ist es wirklich so? Können wir ohne Prüfungen an unseren Universitäten nicht lehren und lernen? Würde der Lehrbetrieb zusammenbrechen, würde Hochschulbildung unmöglich werden, wenn wir nicht mehr prüfen würden? Was wäre, wenn es an unseren Universitäten keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe? Diese Frage lässt sich in empirischen Studien nicht beantworten. Was wirklich wäre, wenn es keine Prüfungen mehr gäbe, kann man nicht herausfinden, indem man diese Situation künstlich für eine kleine Stichprobe herstellt, deren Mitglieder vor und nach der Studie Prüfungen machen und sich ein Studium ohne Prüfungen gar nicht vorstellen können! Umgekehrt gibt es aktuell wohl kein Bundesland, das es wagen würde, ein solches Realexperiment im Feld zu starten, mit dem man die Frage empirisch beantworten könnte. Ein Ausweg, doch noch zu einer Antwort oder einem Ansatz für mögliche Antworten zu kommen, ist das Gedankenexperiment.

Was wäre, wenn … Akt I des Blended Talk

Wie vor zwei Tagen bereits angekündigt, hier nun der erste Abschnitt meines Beitrags für die GMW  „Was wäre, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe? Ein Gedankenexperiment“. Der zweite folgt am Dienstag.

Was Prüfungen mit Exzellenz in der Lehre zu tun haben

Wann man Lehrveranstaltungen an Universitäten als herausragend, ausgezeichnet, erstklassig, genial, überragend, überwältigend etc. bezeichnen kann – und all diese Synonyme bietet z. B. der Duden für das Adjektiv exzellent an –, darüber herrscht keine Einigkeit. Nicht nur, aber wohl auch dafür verantwortlich ist die Tatsache, dass Exzellenz eine relative Eigenschaft ist: Wenn man nämlich etwas, z.B. ein Lehrangebot, als herausragend bewertet, muss man wissen, aus was, z.B. aus welchem durchschnittlichen Niveau, dieses herausragt. Es kommt also darauf an, welchen Vergleichsmaßstab man bei der Suche und Bescheinigung von Exzellenz in der Lehre heranzieht bzw. welche Kriterien dafür verwendet werden.

Seit der Bologna-Reform und ihrer Umsetzung (im deutschsprachigen Raum) scheint vor allem der Kompetenzbegriff Kriterien für die Exzellenz von Lehre liefern zu können. Zum einen gilt es bereits als Exzellenz-Kriterium, wenn man den Blick auf die resultierenden Kompetenzen bei Studierenden als den „Output“ lenkt anstatt auf die Qualität der Lehrinhalte, deren Aufbereitung und gewählten Aktivierungs- und Betreuungsformen als den „Input“. Es ragt also derjenige heraus, der sich auf das konzentriert, was aus der Lehre „herauskommt“, gegenüber dem, der seine Aufmerksamkeit darauf lenkt, was er in die Lehre „hineinsteckt“. Zum anderen wird es als Exzellenz-Kriterium angesehen, wenn man bei den Ergebnissen von Lehr-Lernprozessen das Können, bzw. genauer: die berufliche Handlungsfähigkeit, fokussiert anstatt das Wissen, das allenfalls eine (nicht einmal sichere) Grundlage von Handeln sein kann. Es ragt also derjenige heraus, der sich anstrengt, Studierende für die (Berufs-) Praxis handlungsfähig zu machen, gegenüber dem, der sich damit begnügt, Studierende zum Denken zu bringen.

Eine Kompetenzorientierung in diesem Sinne kann man nun für die Universitäten als erstrebenswert erachten oder man kann dies begründet kritisieren. Zu welchem Urteil man hier gelangt, dürfte unter anderem auf den Kompetenzbegriff ankommen, dem man sich anschließt (vgl. Reinmann, 2011), aber auch auf die Position zum Zweck und zur Rolle von Universitäten in unserer Gesellschaft, die man vertritt (vgl. Brandt, 2011). Das aber möchte ich an der Stelle nicht diskutieren. Vielmehr möchte ich meinen tiefen Zweifel daran zum Ausdruck bringen, dass diese für die gesamte Exzellenz-Debatte so wichtige Kompetenzorientierung in einem auch nur annährend sinnvollen Zusammenhang mit dem Prüfungssystem an unseren Universitäten steht. Dafür habe ich folgende Gründe:

Auf der einen Seite muss eine Bildungsinstitution, die vorgibt, den „Output“ in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen, irgendwie nachweisen, dass sie diesen erbringt, wozu Prüfungen mit Selektions- und Ranglisten-Charakter als adäquates und einziges Mittel erscheinen. Auf der anderen Seite ist genau diese Denkart in Richtung einer „Produktion von Kompetenzen durch die Lehre“ angesichts unserer Erkenntnisse über Lernen und Bildung völlig widersinnig, denn: Lehre kann Kompetenzen nicht „herstellen“ wie ein Produkt. Auf der einen Seite muss eine Bildungsinstitution, die infolge des politischen Willens immer mehr junge Menschen zu einem Studienabschluss führen soll, die im Studium erworbenen Kompetenzen effizient abprüfen, da sie nur sehr begrenzte Ressourcen zur Verfügung hat. Auf der anderen Seite ist ebenso bekannt, wie stark sich Kompetenzen im Sinne von Handlungs- und Problemlösefähigkeit einer einfachen und damit auch effizienten Überprüfung entziehen.

Trotz offensichtlicher Widersprüche dieser Art aber wird getan, als seien die aktuellen Rahmenbedingungen an unseren Universitäten und die bestehende Prüfungspraxis einerseits sowie die versprochene Kompetenzorientierung und angestrebte Exzellenz in der Lehre andererseits problemlos unter einen Hut zu bringen.

 

Wieder da – und gleich in Richtung GMW

So – Blog-Pause beendet. Da die GMW in Wien naherückt, werden die ersten Blog-Posts nach der Pause ganz der Vorarbeit auf die GMW gewidmet sein.

In meinem Beitrag für die Jahrestagung 2012 in Wien mit dem Titel „Was wäre, wenn es keine Prüfungen mit Rechtsfolgen mehr gäbe? Ein Gedankenexperiment“ habe ich relativ viele Informationen und Argumente „hineingestopft“ – was man an sich nicht tun sollte, mir aber wie so oft auch bei diesem Beitrag dann halt doch wieder passiert ist. Jedenfalls dürfte es unmöglich sein, innerhalb von 30 Minuten sowohl die Grundidee oder besser: die verschiedenen Ideen, zu vermitteln und dann auch noch mit interessierten Zuhörern zu diskutieren. Dazu kommt, dass man alles nachlesen kann – mit Ausgabe des GMW-Bands an die Teilnehmer vor Tagungsbeginn theoretisch schon vor dem Vortrag.

Vor diesem Hintergrund scheidet bei diesem Thema unter den gegeben Umständen für mich ein klassischer Vortrag an sich aus! Was ist die Alternative?

Nun, wozu haben wir das Netz? Eine erste Alternativ-Strategie, die ich einschlagen werde, besteht darin, dass ich ab 01.09.2012 hier in diesem Blog an drei aufeinanderfolgenden Terminen vor der GMW-Tagung Inhalte und Argumente, die für das Gedankenexperimente relevant sind, bereits kommunizieren werde. Dabei hege ich die Hoffnung, dass mich twitternde, bloggende und mit Facebook verbundene (Nachwuchs-)Wissenschaftler dabei unterstützen, diese – eher kurzen Infos – zu streuen. Über dieses Vorgehen sollten dann alle Zuhörer gut auf das eigentliche Gedankenexperiment vorbereitet sein, mit dem ich entsprechend ohne Umwege in der Präsenzsituation beginnen kann.

Und wozu gibt es in der Wissenschaft Mitstreiter? Die zweite Alternativ-Strategie, die ich zusätzlich heranziehen werde, ist, dass ich zwei Wissenschaftler bitten werde, sich aktiv am Gedankenexperiment in der Präsenz-Situation zu beteiligen. Das werde ich natürlich vorab organisieren (hab ich schon), denn man muss da schon ein wenig überlegen, um sich in einem solchen Experiment mit den eigenen Gedanken einzuklinken. Der Mehrwert für die Zuhörer jedenfalls ist, dass sie nicht nur meine Version des Experiments hören (bzw. im schriftlichen Beitrag selbst lesen) können, sondern auch zwei andere, jeweils unabhängig voneinander erstellte.

Womöglich wird die Zeit in der Präsenzsituation trotzdem knapp – aber auch da kann ich dann nur sagen (bzw. rhetorisch fragen): Wozu haben wir das Netz? Dort ließe sich dann bei Bedarf lange weiter diskutieren. Alles in allem kann man festhalten bzw. möchte ich hiermit ankündigen, dass der „Vortrag“ als Blended-Talk in sieben Akten erfolgen wird. Wer sich vorab schon mal kundig machen will, was überhaupt ein Gedankenexperiment ist, kann in das folgende Interview (hier) reinhören.

Zur Übersicht bis zum 11.09.2012: Uebersicht

Keinen interessiert es

Die Kriterien und Vorgehensweisen beim Peer Review zur Einreichung von Beiträgen zur Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) werden geändert und keinen interessiert es. Wie kommt das? Ca. 100 Einreichungen gibt es jährlich bei der GMW. Da davon auszugehen ist, dass sicher nicht jeder jedes Jahr etwas einreicht, schätze ich den Kreis der potenziellen Einreicher pro Jahr mal auf ca. 300. Ungefähr 300 Personen müssten also an sich ein Interesse an den Kriterien und Vorgehensweisen haben, mit denen ihre Arbeiten beurteilt und ausgewählt werden. Sollte man meinen; ist aber nicht so. Denn obschon – was ich sehr gut finde – die GMW öffentlich aufruft, sich an dem Thema zu beteiligen (siehe hier) und dann ihre neuen Überlegungen erneut öffentlich macht (hier), äußert sich dazu niemand. Mein Kommentar blieb da alleine stehen. Warum? Weil man einfach mal überall einreicht und dann halt schaut, was passiert? Nach dem Motto „Irgendwas wird irgendwo schon gehen, wenn nicht da, dann woanders?“. Kann es einem wirklich egal sein, wie und woran man bzw. die eigenen wissenschaftlichen Arbeiten gemessen werden? Da jammern wir in der (Bildungs-)Wissenschaft immer alle, wie wenig junge Menschen die Potenziale des Web 2.0 nutzen und neue Web-Technologien doch wieder nur zur Unterhaltung und zum Konsum heranziehen, nicht aber für die eigene Artikulation und Partizipation an Dingen, die über die eigene Freizeit hinaus relevant sind. Und was macht man im akademischen Umfeld? Dasselbe? Nur aus anderen Gründen? Hat jemand Antworten?

Enthaltsamkeit

Gleich drei Tagungen sind in Dresden ab heute bis zum 8. September unter einem Dach vereint: Die GMW-Jahrestagung, die DeLFI und eine Tagung der „Gemeinschaft in Neuen Medien“, die mir bisher nicht bekannt war. Außerdem feiert die GMW Geburtstag, die Web-Seite ist neu gestaltet … Respekt!! Leider kann ich genau dieses Jahr nicht mit dabei sein – aber meine Mitarbeiter/innen werden hoffentlich viele Eindrücke einfangen, mir berichten und unsere Arbeit sicher gut vertreten. Irgendwie habe ich ja den Eindruck, ich wäre gerade eben erst in Zürich gewesen, und ich habe zudem das Gefühl, dass ich immer weniger Zeit haben, wirklich Neues zu produzieren(aber möglicherweise ist daran ja vor allem das Studiendekanat an der UniBwM schuld, das ich vor knapp einem Jahr übernommen habe). So gesehen hat meine diesjährige „Enthaltsamkeit“ vielleicht auch was Sinnvolles an sich – denn ich könnte gar nicht viel Neues berichten. Nächstes Jahr ist das dann vielleicht schon wieder anders. Jedenfalls wünsche ich den Organisatoren und Teilnehmer/innen viel Erfolg, interessante Kontakte und hoffentlich zukunftsweisende Gespräche in Dresden! Ach ja – und alles Gute zum Geburtstag, wünsche ich der GMW natürlich auch.

Nicht ohne Seitenhieb

Jetzt ist sie schon wieder vorbei – die GMW 2010 in Zürich. Es waren dichte drei Tage – vor allem auch wegen meiner Vorstandstätigkeit, die zusätzliche Sitzungen ab den Morgenstunden am Montag bescherte. Turnusmäßig endete jetzt im September 2010 meine Amtszeit und ich habe nicht noch einmal kandidiert, weil ich mich in den kommenden beiden Jahren sonst auf zu viele Dinge gleichzeitig konzentrieren müsste. Ich muss aber abschließend sagen, dass die beiden Jahre erfahrungsreich waren und die Arbeit im Vorstand fast immer viel Spaß gemacht hat, auch wenn wir nicht alles umsetzen konnten, was wir uns in den ersten Treffen so alles gedacht hatten. Aber ich denke, ein bisschen was haben wir schon verändert und das kann jetzt mit ein paar neuen Personen fortgesetzt werden. Das gilt ja z.B. schon mal für das Tagungsformat: Die abschließende Podiumsdiskussion am Mittwoch hatte gezeigt, dass das Konzept „educamp meets GMW“ (siehe z.B. hier) gut angekommen ist – natürlich inklusive konkreter Verbesserungsmöglichkeiten. Wenn man die GMW-Tagung mit anderen „traditionellen“ Tagungen vergleicht, dann denke ich schon, dass wir längst ein Klima erreicht haben, das sich deutlich von anderen unterscheidet – man nimmt das nur in der eigenen Community mitunter gar nicht mehr so recht wahr.

Was wird aus diesen drei Tagen besonders in Erinnerung bleiben? Erst mal am Montag am Ende des Educamps das überdimensionale Sofa – das war wirklich eine schöne (zufällig vorhandene) Kulisse, die zeigte, dass Räumlichkeiten und Sitzordnungen eine große Rolle dafür spielen, in welcher Atmosphäre Dialoge, Diskussionen, aber auch Lernprozesse ablaufen. Das „Bildungssofa“ war inhaltlich freilich ein wenig oberflächlich, aber lustig und anregend. Die zwei Educamp-Sessions, in denen ich war, fand ich jetzt nicht so weltbewegend anders und besser als andere Workshops. Eher sehe ich ähnliche Probleme, nämlich mangelnde Tiefe und Ergebnisorientierung. Aber das ist eine Frage des Zwecks (was auch in der Podiumsdiskussion am Mittwoch kurz zur Sprache kam), weshalb ich zunehmend der Meinung bin, dass wir verschiedene Tagungsformate auf keine Fall gegeneinander ausspielen sollten, denn: Sie dienen einfach verschiedenen Zielen. Damit will ich nicht sagen, dass diese Ziele immer erreicht werden – im Gegenteil: Die meisten Tagungsformate dürften Verbesserungen vertragen, um IHRE Ziele klarer zu erreichen. Aber das ist eine andere Folgerung als die, ein bestimmtes Format zum Königsweg zu erklären.

Die beiden Beiträge, die wir aus München eingereicht hatten (zum Peer Review und zur Erfassung empirischer Studien), hatten wir bewusst als interaktive Formate eingereicht, weil wir das mal ausprobieren wollten. Dabei habe ich bei mir festgestellt, dass ich interaktive Poster-Sessions recht anregend finde (Näheres zu unserem Beitrag findet sich bereits hier in Mandys Blog). Ich denke aber, dass dies nur für bestimmte Beitragsarten wirklich gut geeignet ist. Mit Learning Cafés dagegen werde ich persönlich nicht so recht warm. Das ist jetzt das zweite Learning Café, das ich mitgemacht habe, und ich kann da nicht allzu viel rausziehen, aber das ist eine persönliche Meinung. Jedenfalls würde ich mir wünschen, dass man weiter und mehr mit solchen Formaten experimentiert, wobei sich auf jeden Fall wesentlich mehr Einreicher entschließen müssten, daran teilzunehmen. Das war auf der GMW 2010 (also bei den Einreichungen) ausgesprochen dünn.

Gespannt war ich auch auf die Keynote-Beiträge. Wie zu erwarten, hat es Rolf Schulmeister mit seinem Vortrag zur „Invasion der beruflichen Bildung“ in die Universitäten wieder einmal sehr gut verstanden, zum Nachdenken anzuregen: Rolf lieferte eine akribisch genaue Beschreibung der sich scheinbar zyklisch wiederholenden Akademisierung der beruflichen Bildung, wobei er sich einen – leider falsch eingereihten – Seitenhieb auf die Universität der Bundeswehr einfach nicht verkneifen konnte. In ihrer Eindringlichkeit wird diese Darstellung sicher vielen im Gedächtnis haften bleiben. Am Ende war aber dann die Zeit für ein Fazit viel zu kurz. Eine Diskussion – hier vielleicht auch ein Learning Café – im Anschluss zur Auseinandersetzung mit den Folgen der dargestellten Entwicklung, wäre bestimmt höchst spannend gewesen. Weniger spannend dagegen fand ich die etwas langatmige Darstellung der Geschichte der Universität Straßburg und ihrer IT-Strategie – ich finde, das ist für einen Keynote-Vortrag eher wenig geeignet. Immerhin emotional bewegt, nämlich latent aggressiv gemacht hat mich der Herr von Disney Research – das hätte an sich gut an einigen Stellen in Rolfs Vortrag gepasst, an denen es um die Verflechtung staatlicher mit wirtschaftlichen Interessen ging. Die Botschaft des Films als Vorschau auf die GMW 2011 am Ende der Tagung schließlich ist mir leider verschlossen geblieben … aber vielleicht war ja das Medium die Borschaft? 😉

Fazit: Es war für mich eine gelungene Tagung, weil sie Anker für Gespräche genauso wie Anker für Kritik und Anlässe zum Nachdenken lieferte, weil sie einfach auch an einem sehr schönen Ort stattfand und gut organisiert war, und weil es schön ist, immer wieder alt bekannte und neue Gesichter in einer alles in allem sehr angenehmen Atmosphäre zu sehen. Ich finde, das spricht eindeutig FÜR die GMW!

Im Gespräch

Die Organisation der GMW 2009 ist auf mich zugegangen, ob ich – da mein „Dialog-Vortrag“ mit Tobias nicht aufgenommen wurde –  ielleicht ein Manuskript dazu habe und zur Verfügung stellen könnte. Ja, habe ich und gebe ich auch gerne her:

iTunes statt Hörsaal Dialog

Der Inhalt ist nicht identisch mit dem Text (der ja nun wieder erfreulicherweise auch über den Tagungsband im Netz online verfügbar ist), weshalb es nicht ganz überflüssig erscheint, dieses Dokument auch anzubieten. Zudem möchte ich – weil es dazu passt – das Konzept für die Podcast-Vorlesung, die im Gespräch angeführt wird, zur Verfügung stellen.

Konzept Podcast VL 09_10

Die Podcasts selbst werden im Laufe des Wintersemesters online gestellt.

Für alle, die von GMW-Infos noch nicht genug haben, kann ich nur auf den Tagungsblog verweisen, auf dem u.a. ein Überblick über die Blogbeiträge versucht wird. Ich finde schon, dass man die Integration der digitalen Medien in die diesjährige GMW 2009 als vorbildlich bezeichnen kann. Das wurde sehr gut organisiert!! Die vielen Kommentare und Diskussionen (nicht nur auf diesem Blog) sind ein Zeichen, dass es dieses Jahr auch gelungen ist, den Dialog z.B. (aber nicht nur) zwischen „Generationen“ anzuregen …. wobei ich mich gefragt habe, wann man denn eigentlich zu den „Etablierten“ , wie das Marcel Kirchner so schön hier formuliert hat, gehört. 😉