Die Web-Seite zur GMW 2007 in Hamburg ist nun eingerichtet; das Motto lautet: „Studierenden neu erfinden – Hochschule neu denken“. Es fehlen zwar noch viele Hinweise zu Details, aber der Call for Proposals steht schon. Die Zeit ist knapp: Bereits Ende Februar müssen die Vorträge (als Full Paper) und Poster eingereicht werden; Workshops und Tutorials für den Preconferences-Teil sind schon Mitte Februar fällig (welch ein Anglizismus bei diesen Tagungen … es scheint für viele Dinge keine deutschen Wörter mehr zu geben). Der Verein Ökonomie und Bildung wird über die Organisation eines Panels auch wieder dabei sein; die ersten Ideen stehen schon.
Autor: Gabi Reinmann
Zeitschrift für E-Learning: Neuer Call for Papers
Auch wenn leider noch nicht mal das zweite Heft (Hrsg.: Andrea Back) der Zeitschrift für E-Learning erschienen ist (wir warten darauf), das von mir herausgegebene dritte Heft gerade erst fertig ist und ebenfalls darauf wartet, publiziert zu werden. und das vierte Heft (Hrsg: Peter Baumgartner) derzeit im Entstehen ist, gibt es nun bereits den Call für das erste Heft 2008 – nachzulesen hier. Gastherausgeber ist Hermann Astleitner und das Thema lautet entsprechend: Motivationale und emotionale Faktoren beim E-Learning. Also: Wer hier was Gutes zu bieten hat, an neuen Modellen oder empirischen Studien sitzt: Prof. Astleitner nimmt ab sofort Abstracts entgegen. Viel Erfolg!
Arbeit zum persönlichen Wissensmanagement wieder aufgenommen
Es liegen einige ruhiger Tage hinter mir. Erfreulicherweise blieb vor allem die Mailbox zwar nicht leer, war aber doch wesentlich weniger mit Mails bevölkert als sonst und ich habe alle lästigen Aufgaben einfach mal beiseite gelegt und endlich die Arbeit zum Buch über das individuelle bzw. persönliche Wissensmanagement wieder aufgenommen. An anderer Stelle (nämlich hier) hatte ich berichtet, dass ich wegen – na ja man könnte sagen – Selbstzweifel, das Ganze erst mal habe liegen lassen. Nun denke ich im Prinzip seit Sommer immer wieder mal über die theoretischen Grundlagen eines individuellen bzw. persönlichen Wissensmanagements nach und nun steht ein neues theoretisches Gerüst, das ich aber an der Stelle noch nicht öffentlich machen will, weil es gewissermaßen erst eine „interne Validierung“ durchlaufen muss. Ich habe mich auf diesem Wege zumindest was Fragen des persönlichen Wissensmanagements betrifft, von meinem alten Modell streckenweise verabschiedet. Meine Idee war ja immer, mit EINEM Modell sowohl die psychologischen als auch die organisationalen Belange beim Umgang mit Wissen abdecken zu können. Beim ersten Versuch schien mir das gelungen zu sein (jedenfalls hat keiner öffentlich widersprochen). Beim zweiten Versuch, nämlich bei der Neuauflage bzw. kompletten Überarbeitung meines ersten Buchs zum „individuellen Wissensmanagement“ (2000) bin ich daran gescheitert. Ich musste also – zumindest in Teilen – mein altes Modell selbst demontieren, aber es war notwendig und ich hoffe, es wir als Zeichen dafür interpretiert, dass auch ich dazulerne.
Höchst erfreulich ist, dass ich das Buch, das bis Frühjahr 2007 fertig werden soll, nun in Kooperation mit Martin Eppler machen werde (wir haben uns darauf geeinigt, von persönlichem statt von individuellen Wissensmanagement zu sprechen – mir war es letztlich egal). Ich freue mich sehr darüber, dass ich ihn vom Sinn eines solchen gemeinsamen Buchprojekts überzeugen konnte, denn ich bin mir sehr sicher, dass sich unsere Kompetenzen bei diesem Thema gut ergänzen. Martin kam auch zu dem Schluss und so arbeiten wir seit Oktober an dem Grobgerüst, das nun zumindest schon mal theoretisch gefüllt wurde. Nachdem sein Artikel für das von mir herausgegebene Themenheft“E-Learning und Wissensmanagement“ unserer E-Learning-Zeitschrift von zwei Gutachtern für sehr gut befunden worden war und in das Heft (erscheint im Februar 2007) aufgenommen wurde, bin ich auf diesem Wege nach längerer Zeit wieder mit Martin in Kontakt gekommen – und so ist die Idee entstanden, das Buch gemeinsam zu schreiben.
Es wird auch eine Web-Seite zum Buch geben, die bisher aber nur als reservierte URL und in unseren Köpfen existiert. Also das dauert noch ein bisschen. Mit den neuen Modellvorstellungen glaube ich, dass sich das persönliche Wissensmanagement auch gut als Bindeglied zwischen der inzwischen ja häufig diskutierten Verknüpfung von E-Learning und Wissensmanagement (s. o.) wird nutzen lassen. Auch im Zusammenhang mit der Web 2.0-Diskussion sollte das Thema „persönliches Wissensmanagement“ wieder Aufschwung erhalten. Und schließlich möchte ich versuchen, im Rahmen verschiedener Fragen zur Lehrerfortbildung das Thema zu platzieren – aber jetzt nicht mehr, sondern im Jahr 2007. Also – dann bis 2007!
Du bist der Autor! – Vom Nutzer zum Wikiblogcaster
Zwei Studenten der Angewandten Medienwissenschaft (AMW) am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft (IfMK) der TU Ilmenau – Thomas Bernhardt und Marcel Kirchner – schreiben derzeit ihre Diplomarbeit zum Einsatz von Web 2.0-Technologien im E-Learning: „Du bist der Autor!“ – Vom Nutzer zum Wikiblogcaster“. Hierbei wollen sie die Herausforderungen des Lehrens und selbstgesteuerten Lernens in einer Personal Learning Environment (PLE) unter Benutzung von Social Software, wie z.B. Weblogs, Wikis oder Podcasts erforschen. Ihre Forstchritte und was sonst noch alles dazu gehört, dokumentieren die beiden in einem Bog: www.elearning2null.de Dort finden sich unter anderem zwei zwei Video-Podcasts sowie weiterführende Informationen zu ihrer Arbeit (hier der direkte Link).
Halbwegs zivile Blog-Einträge
Danke an Peter Meurer für den Hinweis auf ein SZ-Interview mit Jaron Lanier über Web 2.0: Aus meiner Sicht völlig richtig weist Lanier darauf hin, dass es wenig sinnvoll ist, eine Technologie (Internet bzw. Web 2.0) an sich zu preisen, da es auf den Umgang damit ankommt. Ja, klar: kein Widerspruch. Ebenfalls, so meine ich, zu Recht stellt er die „Schwarmintelligenz“ nach dem Motto, viel bringt viel, in Frage. Auch klar! Und richtig ist zudem, das Anonymität Hemmschwellen herabsetzt, was aber nun wahrlich nicht nur im Netz so ist. Insofern dürfen nicht-anonyme Blog-Einträge (wie diese hier) als zivil gelten, so Lanier. Okay , da stimme ich auch zu. Was mir aber fehlt, ist die Folgerung, und die lautet: Statt der Jagd nach PISA- und CHE-Rängen oder Exzellenz-Fähnchen sollten sich unsere Bildungsinstitutionen (also auch wir) wieder mehr um echte Bidungsziele und -inhalte kümmern, darum dass aus jungen Menschen verantwortungsvolle Freunde, Kollegen, Führungskräfte etc. werden, dass Werkzeuge als solche erkannt und genutzt und nicht zweckfrei verwendet werden, dass Wertschätzung wieder an Kraft gewinnt gegenüber der allgegenwärtigen Einschätzung der Wirtschaftskraft von Ländern, Regionen, Organisationen und einzelnen Personen. Gesellschaftliche Entgleisungen (körperliche und psychische Gewalt, Respektlosigkeit oder Vandalismus) den alten oder neuen Medien an sich anzulasten, das ist doch zu einfach, oder?
Bildungsportale: Workshop in Tübingen
Leider konnte ich nicht zu zum Workshop „Bildungsportale: Potenziale und Perspektiven“ am 7. und 8. Dezember 2007 in Tübingen – bereits im Sommer musste ich die Anfrage ablehnen, weil ich zeitgleich einen Wissensmanagement-Kurs im MBA „Systemische Organisationsentwicklung und -beratung“ zugesagt hatte. Aber Augsburg war gut vertreten: Tom hat über das Portal Knowledgebay gesprochen, Ruben hat am „Portalmarkt“ LMSNews vorgestellt, und aufmerksam zugehört haben zudem Alex und Christian. Zwei kurze Berichterstattungen über interessante und (subjektiv) weniger interessante Punkte habe ich schon erhalten. Einblick in ein Live-Blog kann man hier nehmen.
Interessiert hätten mich vor allem Neuigkeiten von Lehrer online. Infolge unserer Intel-Studie (zu der es im Jahr 2007 eine Folgestudie geben wird, in der nicht die Evaluation des Intel-Aufbaukurses, sondern Fragen der Implementation und Nachhaltigkeit wichtig sind) komme ich vom Thema Schule nicht so recht los, obschon das immer mal wieder ein Vorwurf an mich bzw. an uns ist, nämlich dass wir in Bezug auf die Kontexte unserer Forschung und Entwicklung keinen engen Fokus haben, sondern eher breit arbeiten (Schule, Hochschule, Weiterbildung). Dank Alex bin ich nun ein wenig informiert über den Stand der Dinge bei Lehrer online – freilich wäre es persönlich besser gewesen.
Und noch eine Frage hätte mich interessiert, falls ich vor Ort gewesen wäre – nämlich die Kosten-Nutzen- oder Aufwands-Ertrags-Frage: Wir schauen ja schon des Öfteren neidisch auf die hohen Budgets etwa bei e-teaching.org, eben auch bei Lehrer online, bei den Projekten zu Notebook-Universities oder auch bei der E-Learning-Initiative der TU München: Unsere Projekte sind allesamt Low Budget-Projekte – mit allen Nachteilen, aber vielleicht bisweilen auch Vorteilen: Es wäre mal eine Diskussion genau darüber spannend: Wie viel Ressourcen sind notwendig, um ein ausreichendes Portal- oder sonstiges E-Learning-Angebot zu machen? Wo beginnt der Nutzen im Vergleich zum Aufwand schmäler zu werden? Wie könnte man das zum einen bemessen und zum anderen dann auch konkret feststellen? Na ja, wäre vielleicht ein spannendes, weil sehr kontroverses Thema für die Panel-Diskussion gewesen, da eine solche ja immer auch ein bisschen politischen Input brauchen, um wirklich anregend zu werden.
Detektei Suni und Partner
Ohne Frage: Die Kinderuni ist eine tolle Sache, und der Erfolg an vielen Universitäten gibt dem Konzept recht. Das vorweg (auch wenn manchmal die Eltern noch begeisterter sind als ihre Kinder). Im Frühjahr aber habe ich mir gedacht, dass es doch eigentlich noch viel mehr Möglichkeiten geben müsste, die Uni für vor allem auch für ältere Kinder (Kinderunis richten sich ja vor allem an die ersten Klassen) attraktiv zu machen: Im Podcast-Fieber des Sommers lag ein Podcast nahe … nur wie? Eine Vorlesung einfach aufzunehmen und als Audio anzubieten – nein, das dürfte die Kids nicht vor den Ofen locken, ist es ja bei der Kinderuni wohl doch eher das Studienbuch und das Ambiente, das besonders zieht. Aber bald war die Idee geboren: Ein Hörsiel – parallel zur laufenden Augsburger Kinderuni.
Ruben Schulze-Fröhlich und Basti Grünwald haben es (wie immer professionell) in die Hand genommen: Und herausgekommen ist die Detektei Suni & Partner. Die erste Folge ist nun online (schon vor der ersten Kinderuni-Vorlesung). Wir sind gespannt auf die Reaktionen.
Sympathiepreis für Lehrende
Über Peters Lernpfade bin ich auf den „Sympathiepreis“ an der ETH-Zürich gestoßen: So heißt es jedenfalls im Text zur Auszeichnung exzellenter Lehre; die Preise für 2006 wurden gestern verliehen.
Also, ich weiß nicht so recht: schon der Begriff „Sympathiepreis“ ist meiner Ansicht nach nicht gerade gut gewählt – auf der einen Seite jedenfalls nicht, denn man würde sich ja schon wünschen, dass die Urteile über die Güte von Lehre gerade nicht von der Sympathie, sondern von der tatsächlichen oder wahrgenommenen Lehrqualität abhängen. Auf der anderen Seite bringt es ja vielleicht auch auf den Punkt, was scheinbar nüchterne Lehrevaluationen gerne unter den Tisch fallen lassen, nämlich dass gute oder schlechte Urteile über die Lehre sehr wohl davon abhängen, ob Studierenden einen Lehrenden symapthisch finden oder nicht.
Fazit: Lehrevaluation ist generell eine große Herausforderung, der man bisher mit eher wenig Kreativität begegnet. Ich habe jedenfalls noch kein Konzept gesehen, bei dem man einige zentrale Probleme (neben dem oben genannten Sympathieproblem) angeht, die dabei auftreten:
- Problem Nr. 1: Ein Lehrender ist anspruchsvoll, überlegt sich viele Maßnahmen, um die Studierenden zu aktivieren, erzeugt damit aber auch Druck, der mitunter negativ beurteilt wird. Schlechte Noten für den Dozenten – weil die Lehre wirklich schlecht war oder weil man viel tun musste? Diese Frage muss man sich natürlich auch in umgekehrter Form stellen (wenig Anspruch, wenig Arbeit für die Studierenden, gute Noten – wofür aber denn genau?).
- Problem Nr. 2: Ein Lehrender ist erfahren und setzt eine Didaktik um, die den Studierenden nicht gleich einsichtig ist – jedenfalls nicht in und am Ende der Veranstaltung. Einige Wochen, Monate oder vielleicht Jahre später dann aber die Erkenntnis: Das war gut damals – da habe ich was gelernt! Die Evaluationen aber bescherten dem Lehrenden eher schlechte oder zumindest keine hervorragenden Noten – weil es wirklich entscheidend ist, aktuelle Zufriedenheit zu erreichen statt – wie man heute so schön sagt – auf Nachhaltigkeit beim Lernen zu setzen?
- Problem Nr. 3: Studiengebühren machen Studierende teils schon jetzt, teils bald scheinbar zum Kunden; scheinbar deshalb, weil der „Bildungsmarkt“ (plus Ware, Kunde, Produzent etc.) allenfalls eine Metapher ist. Wer zahlt, schafft an – so ein alter Spruch. Und das geht gut über Evaluationsergebnisse. Was ich sagen will: Bologna und Studengebühren könnten dazu verleiten, die Rollen im Bildungsprozess falsch zu interpretieren und den Bildungsprozess selbst unangemessen mit aus der Ökonomie entliehenen Kriterien zu bewerten.
Ich sage jetzt nicht, dass diese Probleme immer auftreten und zwangsläufig auftreten. Ich spreche mich auch nicht gegen Evaluationen aus. Ich meine aber, wir sollten das in Zukunft etwas intelligenter tun. Vor allem meine ich, dass gute und engagierte Lehrende und Studierende zusammenarbeiten und nicht darauf lauern sollten, wie man dem anderen am besten ins Bein schießen kann. Und bei manchen Aktionen habe ich nämlich den Eindruck, dass genau letzteres durchaus eine Tendenz ist. Ich weiß jedenfalls – um nicht negativ zu enden – dass es möglich ist: Studierende und Lehrende können zusammenarbeiten und dabei kommen interessante und für beide Seiten lehrreiche Dinge heraus.
Open Access … auf Kosten der Autoren?
„Die neue Offenheit des Wissens“ verspricht ein Artikel in der Zeitschrift „Max Planck Forschung“ (Nr. 3) (danke an Jochen Roben für den Hinweis). Die ersten vier Seiten lesen sich wie der Beginn einer neuen Ära mit transparenteren Review-Verfahren, mehr Sicherheit vor falschen Daten und Plagiaten, größeren Chancen für Nachwuchswissenschaftler und vor allem besseren Forschungsbedingungen, weil theoretische und empirische Erkenntnisse für jeden Interessierten frei zugänglich sind. Beeindruckend ist vor allem die Vorstellung, dass Autoren alle (auch die Gutachter-)Kommentare zu ihrem Beitrag lesen und wiederum beantworten können, dass tatsächlich so etwas wie ein Diskurs entstehen kann, der im klassischen Review-Verfahren jedenfalls auf dem formalen Wege nahezu ausgeschlossen ist. Und das alles unter den Bedingungen des Open Access – was wollen wir mehr? Ich rate aber dann doch, den Text zu Ende, also auch die letzten drei Seiten zu lesen. Da kommt die Katze nämlich aus dem Sack – ich zitiere: „Finanziert werden die Journale jedoch nicht, indem Leser Subskriptionen (also Zugriffsrechte auf Print- und Online-Formate) kaufen. Statt dessen bezahlen die Autoren“ (S. 30). Und die Beträge reichen von schlappen 500 bis 1000 Euro bis hinauf zu 3000 bis 5000 Euro. Die Forscher, die der Beitrag zitiert, sind natürlich Naturwissenschaftler und in der DGF wird erwogen, hierfür eigene Budgets bereit zu stellen. Was aber macht man bitteschön bei weniger üppig (z. B. durch Stiftungen) oder nicht durch Drittmittel geförderte Forschungsvorhaben und deren Ergebnisse etwa in den Geistes- und Sozialwissenschaften? Wird es mal dazu kommen, dass nur mehr der zitiert wird, der es sich leisten kann? Was ist denn das für eine Idee von Open Access – einer Idee, die ich im Bereich von Wissenschaft und Forschung immer so verstanden habe, dass damit Barrieren für einen freien Wissensaustausch aus dem Weg geräumt werden? Habe ich da vielleicht die ganze Zeit was falsch verstanden?
Fakt ist nun eben, dass das Geld, das man braucht, um einen Text auch ordentlich zu setzen, von Tippfehlern zu befreien und lesbar aufzubereiten, von irgendwo herkommen muss. Selbstverständlich kann man nicht im Ernst verlangen, dass Verlage das kostenlos machen. Umgekehrt leuchtet mir aber auch das Argument ein, dass es ein Irrsinn, wenn der Staat erst Geld investiert, um Forschungsbefunde zu produzieren und dann noch einmal zahlen muss, wenn es darum geht, diese Befunde in Form von lesbarer Information z. B. für die eigenen Bibliotheken wieder einzukaufen. Da stimmt was nicht in diesem System, oder?
Die Forderung an Wissenschaftler, doch einfach Ihre Schriften frei ins Netz zu stellen (statt sie klassisch zu publizieren), ist auch etwas naiv: Wer sich um die raren Stellen an unseren Hochschulen bewirbt, wird daran gemessen, in welchen bekannten Zeitschriften er publiziert hat – und zwar in solchen, die ein Review-Verfahren praktizieren und das sind meist die, die auch besonders teuer sind. „Aber ich habe viele gute Kommentare in meinem Weblog bekommen“ – na ja, das kann ja jeder mal so bei einer Bewerbung um eine Stelle versuchen, wird aber wohl nur ein verständnisloses Lächeln kassieren (denn was bitte ist denn ein Weblog?). Langsam habe ich den Eindruck, dass die Autoren die Bösewichter sind: Publizieren Sie online, kommen sie nicht weit (bezogen auf ihre berufliche Laufbahn). Gehen sie den klassischen Weg, weht ihnen der Wind der Verachtung entgegen – jedenfalls von denjenigen, die sich – durchaus aus ehrenwerten Gründen – der Idee des Open Access verschrieben haben. Vielleicht sollten wir besser gar nichts mehr schreiben? Vielleicht sollten wir komplett aufs mündliche Erzählen umsteigen? (Vielleicht würde uns das ja auch von den Informationsfluten befreien).
Und die Universitäten? Die meisten halten sich eher vornehm zurück und warten mal ab, was passiert: Wo sind denn mal gute Vorschläge, wie wir dieses Problem lösen könnten? Was ist mit eigenen Universitätsverlagen (am besten im Verbund), die aus Studienbeiträgen finanziert werden? Wie wäre es mit einem „Solidaritätszuschlag“ der dicken DFG-Projekte an die heimische Bibliothek, damit diese neue Dienstleistungen erbringen kann, die bisher die Verlage übernommen haben? Oder einer Art „Fächerausgleich“ (ähnlich dem Länderausgleich), damit auch diejenigen Disziplinen Open Access betreiben können, die es sich ansonsten nicht (oder nur in geringer Qualität) leisten könnten. Und dann müsste man natürlich noch Aufklärungsarbeit betreiben mit dem Ziel, dass diese auch in den Berufungskommissionen ankommt. Vor allem gilt es, fächerspezifische Besonderheiten zu beachten – und bitte nicht zu vergessen, dass unsere Gesellschaft ihr Heil und Wohl durchaus nicht ausschließlich aus den Ingenieurs- und Naturwissenschaften zieht!
Also mehr fällt mir im Moment auch nicht ein. Aber vielleicht sollten wir mal ein paar kreative Ideen sammeln.
Rückblick: eUniversity – Update Bologna – der zweite Tag
Gregor Lietz hat am Morgen des zweiten Tages recht gut gezeigt, wie naiv die Hochschulen eigentlich mit den gravierenden Änderungen umgehen, die Bologna und die damit zusammenhängenden Konsequenzen auf dem Sektor der IT-Infrastruktur, der IT-Dienste und der Notwendigkeit neuer Geschäftsmodelle umgehen. Naiv deswegen (so interpretiere ich das jetzt), weil Unternehmen für solche Aufgaben Zeit, Geld und Personal investieren, während man an den meisten Hochschulen (auch an der unsrigen, aber offenbar nicht nur da) glaubt, dies nebenbei (obschon ohne die dafür erforderlichen Kompetenzen verfügbar zu haben) erledigen zu können. Problematisch allerdings halte ich die direkten Vergleich zwischen Untenehmen und Hochschulen – eine Schwierigkeiten, die uns ja schon bei Themen wie Qualitäts- und Wissensmanagement begegnet sind. Ich meine sehr wohl, dass man beobachten muss, wir die Wirtschaft solche Probleme löst; auch kann man die Notwendigkeit ökonomischen Handelns an Hochschulen nicht wegdiskutieren. Aber Hochschulen SIND nun mal KEINE Unternehmen, Studierenden SIND NICHT Kunden wie die Käufer von Handys und Hochschullehrer/Wissenschaftler haben nun einmal ein anderes Selbstverständnis als Mitarbeiter und Führungskräfte von Firmen und Konzernen.
Prof. Metzner ergänzte die Ausführungen mit seinem Vortrag über IT-strategische Überlegungen aus der Sicht der Fachhochschulen. Das war sicher eine gute Zusammenfassung von Punkten, die in den letzten zwei Jahren von verschiedenen Seiten postuliert, teilweise auch schon untersucht wurden – mit leichter Spezifikation für die Fachhochschulen. Grundsätzlich Neues war aber nicht dabei. Interessant fand ich den Hinweis, dass Studierende infolge der Studienbeiträgen vermehrt E-Learning einfordern.
Mit einer Bewertung des Vortrags von Herrn Keller von der Stanford University halt ich mich lieber ein wenig zurück. Nur kurz: Es war nervig arrogant – die Infos über hohe Budgets flogen einem nur so um die Ohren – wohl jeder im Saal musste sich ganz klein vorkommen und sich nach Amerika wünschen – oder eben auch gerade nicht.
Sehr interessant fand ich das Forum „Digitale Informationsversorgung“, das ich dann noch besuchte: Prof. Grötschel malte aus, wie die zukünftige wissenschaftliche Informationsversorgung aussehen sollte und sprach uns ins Gewissen, alles nur Mögliche zu tun, um wissenschaftliche Inhalte öffentlich zugänglich zu machen, wobei er selbst mit gutem Beispiel vorangeht (Abstract). Recht hat er, aber …. Nicht zur Sprache kam unser Wissenschaftssystem, das in verschiedenen Disziplinen und Fächern verschiedene Gepflogenheiten hat, die nicht immer mit der Open Access-Philosophie konform gehen, und damit leider vor allem Nachwuchswissenschaftler in Konflikte bringen kann. Prof. Kuhlen lieferte eine interessante Ergänzung: Er machte vor allem auf die unzähligen Schwierigkeiten aufmerksam, die den freien und öffentlichen Umgang mit Information und Wissen in Wissenschaft und Bildung so schwierig machen (Abstract). Ein spannendes Thema, ein wichtiges Thema für uns alle, die wir die digitalen Medien einsetzen – ein Thema aber, das man systemisch angehen muss, denn wenn einige (wichtige) Akteure im Spiel nicht mitmachen, wird es schwierig, bleibt die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit (auch dieses Thema hat mich ja erst vor kurzem in diesem Blog beschäftigt; siehe hier).