Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Was kann man an Kompetenzen schlecht finden?

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Gerade ist das neue Heft der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (Online-Zeitschrift) erschienen. Es trägt den Titel „Kompetenzen, Kompetenzorientierung und Employability in der Hochschule“ und wird herausgegeben von Niclas Schaper (Paderborn), Tobias Schlömer (Oldenburg) und Manuela Paechter (Graz). Ich habe bisher nur das Editorial gelesen und mir einen Überblick über die Beiträge verschafft, die eine gute Mischung aus grundsätzlichen und beispielhaften Texten zum Titel-Thema bereitstellen. In der Einführung verweisen die Herausgeber zunächst auf die Ziele eines Hochschulstudiums. Dieses soll dazu beitragen, dass Absolventen am Ende wissenschaftlich denken und arbeiten sowie wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden anwenden können. Des Weiteren sollen als Vorbereitung auf ein berufliches Tätigkeitsfeld Problemlösekompetenzen aufgebaut und zudem die Persönlichkeitsbildung (also soziale und personale Schlüsselkompetenzen) gefördert werden. Studium und Lehre sollen vor diesem Hintergrund kompetenzorientiert gestaltet werden; das heißt: Im Zentrum steht die Befähigung zum Handeln, und das muss man dann natürlich auch in jedem Curriculum berücksichtigen.

Diesem Tenor schließen sich auch die anderen Beiträge an – jedenfalls kann man das den Abstracts entnehmen. Und natürlich: Warum sollte man sich dem nicht anschließen? Was kann man an Kompetenzen schlecht finden? Alle wollen wir doch Absolventen, die nicht nur etwas wissen, sondern auch etwas können und Einstellungen haben, die erkennen lassen, dass sie eine Wissenschaft studiert haben. Beim Lesen von Beiträgen zum Kompetenzthema beschleicht mich trotzdem immer so ein zwiespältiges Gefühl. Es stören mich mehrere Dinge, ohne dass ich wirklich genau explizieren könnte, was es ist, das mich stört:

  • Vielleicht stört mich der implizit in der „neuen“ Kompetenzorientierung steckende Vorwurf, vor der Kompetenzwelle hätte niemand Interesse am Handeln gehabt, was man so sicher nicht stehen lassen kann.
  • Vielleicht stört mich aber auch die mit der Kompetenz- und Output-Orientierung verbundene (scheinbare oder tatsächliche?) Abwertung der Inhalte bzw. der Sache, mit der man sich in einem Studium beschäftigt bzw. beschäftigen sollte.
  • Damit zusammenhängend stört mich vielleicht auch die sich bei mir einschleichende Befürchtung, dass man in einem „kompetenzorientierten Studium“ vor allem um sich selber kreist und sowohl Inhalte als auch andere Personen letztlich nur Mittel zum Zweck (welchen genau?) werden.
  • Vielleicht stört mich darüber hinaus ein impliziter Widerspruch, nämlich der zwischen der Behauptung, dass nun alles Interesse an den Kompetenzen hafte, die als Dispositionen allerdings nicht direkt erkennbar sind, und der Forderung, alles Augenmerk plötzlich auf das sichtbare Verhalten zu lenken, das ja allenfalls ein Indikator für eine Kompetenz sein kann.

Na ja, jetzt habe ich es doch noch expliziert, was mich stört; aber es fehlen mir noch die Worte, das richtig gut zu begründen. Damit will ich die zahlreichen Beiträge zur Kompetenzorientierung keinesfalls pauschal abwerten. Ich frage mich aber, ob wir nicht genauer hinschauen sollten, was uns diese Diskussion etwa für die didaktische Gestaltung des Studiums bringt und welche versteckten Botschaften damit ausgesendet werden, die mitunter nicht (mehr) ganz konsistent oder womöglich auch schädlich sind.

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