Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Warum Scheitern kein Fehler ist

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Was ist eine Tagungsphänographie? Nach Theo Wehner ist das ein subjektiver Bericht, der beschreibend und vor allem anschlussfähig für die ist, die an einer Tagung teilgenommen haben, der zudem nicht hoch-reflektiert, aber doch in der Lage ist, selbst bei denen, die nicht dabei waren, Interesse zu wecken.

Eine solche Tagungsphänographie hat Theo Wehner – offiziell als „Kongressbeobachter“ auf der Probem-Based Learning-Veranstaltung in Zürich bezeichnet – am Ende der Veranstaltung mündlich (Video) vorgetragen sowie schriftlich (Text) festgehalten. Offenbar ist es ihm mit dem (sehr versöhnlichen) Streitgespräch (siehe hier) ähnlich gegangen wie mir, findet dafür aber Erklärungen und nutzt den fehlenden Disput als Aufhänger für seine Beobachtungen. Zu diesen gehören unter anderem, dass die Beiträge zum Problem-based Learning einen weitgehend kognitiven Fokus hatten, praktische Fertigkeiten und emotionale Empfindungen dagegen weitgehend außen vor blieben. Außerdem regt Wehner an, nicht nur nach Erfolgsbedingungen zu suchen, sondern sich auch dem Scheitern zuzuwenden.

Zwei Punkte nehmen ich aus den Beobachtungen und Folgerungen von Theo Wehner vor allem mit: Zum einen finde ich die Idee einer „Tagungsphänographie“ gut. Die werde ich in jedem Fall aufgreifen (z.B. für die Forschungstagung im September 2016). Zum anderen halte ich das Thema Scheitern für sehr relevant – auch in der Hochschuldidaktik. Daher habe ich natürlich auch gleich neugierig in einem Buch gestöbert, auf das mich Theo Wehner gestoßen hat: „Failure Management – Ursachen und Folgen des Scheiterns“, herausgegeben von Sebastian Kunert. An einem Beitrag bin ich hängen geblieben – dem Kapitel zum Scheitern in der Führung von Geri Thomann, Theo Wehner und Christoph Clases. Hier definieren die Autoren Scheitern als „das Erleben der Unmöglichkeit, ein identitätsstiftendes Motiv zu realisieren: Scheitern verweist damit auf die Verunmöglichung der Zielerreichung, Fehler, Irrtümer und das Misslingen hingegen auf die Verfehlung eines antizipierten Ziels. Wer identitätsstiftende Motive nicht kennt, kann – in der Logik dieser Begriffsverwendung – nicht scheitern.“ (S. 99). Ich halte die Präzisierung für sinnvoll und in dieser Form für ein Phänomen, dem wir uns auch in der Hochschuldidaktik genauer widmen sollten.

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