Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Kein antiquierter Spleen

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Am Donnerstag und Freitag war Angela Brew bei uns am HUL zu Gast. Wir haben die Zeit genutzt für den gegenseitigen Austausch (am Freitag auch mit Vertreterinnen der Hochschuldidaktik an der Universität Hamburg Harburg) und einen Vortrag am Donnerstag Abend. Eileen und Anna hatten Angela Brew auf einer Tagung kennengelernt, was deswegen sehr gut für uns war, weil wir ihr „Rad-Modell“ zum forschenden Lernen im FideS-Projekt verwenden. Weitere Infos dazu und zu den Eckdaten ihres Vortrags hier.

Die eineinhalb Tage haben nochmal gezeigt, dass wir nicht zufällig auf Angelas Modell und weitere ihrer Arbeiten gestoßen sind: An vielen Stellen wurde deutlich, dass wir etliche Annahmen, sicher auch Hoffnungen und Erwartungen, in Bezug auf forschendes Lernen im Studium (bereits zu Studienbeginn) teilen. Im Austausch kamen viele Aspekte zur Sprache, die wir erst noch aufarbeiten müssen. Ich greife hier also nur mal zwei persönliche Erkenntnisse auf, die in mir besonders nachklingen.

Eine interessante Diskussion entwickelte sich zur Frage des Einsatzes digitaler Medien im Kontext forschenden Lernens. Dazu hatten wir auch Julian Dehne von der Uni Potsdam bei uns (Partner im Verbundprojekt FideS). Mich hat die Diskussion an meinen Vortrag erinnert, den ich im Juni 2015 an der Uni Wien gehalten hatte (siehe hier). Es ging um Fragen wie: Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung auf die Forschung und damit auch auf forschendes Lernen? Was sind bereits selbstverständliche technologiegestützte Routinen, die man nicht mehr als „technologiegestützt“ wahrnimmt und bezeichnet, was sind dagegen spezielle Forschungswerkzeuge und welche Rolle sollten diese in der Lehre spielen? Das nämlich sind andere Frage als die nach Learning Management Systemen oder speziellen „E-Learning-Anwendungen“, die den Fokus auf die Lernorganisation und/oder Unterstützung einzelner Lernprozesse legen oder (was natürlich zu vermeiden wäre) die vermeintlichen Bedürfnisse oder Kompetenzen von „digital natives“ aufgreifen.

Mehrfach sind wir im Austausch mit Angela auf Schwierigkeit bei der Übersetzung einzelner Begriffen gestoßen: Was bezeichnet eigentlich einen „lecturer“ und bildet es das ab, was wir mit einem „lehrenden Wissenschaftler“ meinen? Was ist der Unterschied zwischen „curricular“ im Deutschen und „curricular“ im Englischen? Welche Implikationen hat die Wertung „optional“ in der Gestaltung einer Lernumgebung im Rahmen eines Studiengangs an einer deutschen Universität und was bedeutet es üblicherweise in UK oder Australien? Was zählt alles zu „institutional conditions“ für didaktische Entscheidungen und wie unterscheidet sich das international? Uns hat das Ringen um die Bedeutungen zum einen gezeigt, dass unser „Doppelrad-Modell“ tatsächlich auch ein induktiv entstandenes Ergebnis im Projekt FideS und zunächst einmal in genau diesem Kontext zu sehen ist, denn dort „funktioniert“ es in dem Sinne, dass die dazugehörigen Fragen von Lehrenden und Projektleitern gut verstanden werden. Fraglich dagegen ist, wie sich das Verständnis und dann natürlich auch der Nutzen des Modells als Reflexions-, Analyse- und Gestaltungsmodell in anderen Kontexten (etwa international) darstellt. Mich hat das noch einmal, darin bestärkt, dass Zweisprachigkeit kein unnötiger oder gar antiquierter Spleen ist, wenn es um akademische Bildung oder Didaktik geht – im Gegenteil: Erst in der Zweisprachigkeit wird deutlich, wo die Besonderheiten liegen, wo Erkenntnisse aus Theorie und Empirie offenbar grundlegende Prozesse des Lehrens und Lernens berühren und wo wir auf politische, institutionelle und kulturelle Unterscheide ganz besonders achten müssen.

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