Publikationspraktiken im Reputationswettbewerb

Produktiver Mai: Kurz nachdem der Wissenschaftsrat seine Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre (in diesem Blog siehe dazu hier) veröffentlicht hat, gibt es bereits ein zweites, für alle Disziplinen geltendes, wichtiges Papier – diesmal von der Deutschen Forschungsgemeinschaft: ein Positionspapier zum wissenschaftlichen Publizieren als Grundlage und Gestaltungsfeld der Wissenschaftsbewertung.

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Pseudo-digitalisiert

Sören Auer, Professor für Data Science und Digital Libraries an der Leibniz Universität Hannover, schreibt in der aktuellen Ausgabe von Forschung und Lehre (online zu lesen hier) über die immer noch nicht genutzten Potenziale digitaler Technologien für das wissenschaftliche Publizieren.

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Geld vernichten

In schöner Regelmäßigkeit kann man in wissenschaftlichen wie populärwissenschaftlichen Texten lesen, dass und warum das Wissenschaftssystem mit seinen bewährten Formen des Peer Review an seine Grenzen gerät. Im duz Magazin (06/17) war es hier Ende Juni mal wieder so weit. Anlass war vermutlich die Ankündigung des Wissenschaftsrats, im Herbst Peer-Review-Empfehlungen zu geben.

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Auf Nummer sicher gehen

Kürzlich ist in der Zeitschrift Hochschulmanagement ein Beitrag von Isabel Bögner und Fabian Hattke veröffentlicht worden, der die Ergebnisse einer Studie zum Open Post-Publication-Peer-Review (OPR) darstellt. Leider muss man zum Lesen noch brav in die Bibliothek gehen und sich das Heft zum Kopieren holen (zum Inhaltsverzeichnis geht es schneller – nämlich hier).

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Sorglosigkeit, Arroganz, Verführbarkeit

Zu Themen, die mich über längere Zeit interessieren bzw. zu Fragen, die mich ohnehin dauerhaft beschäftigen, suche ich von Zeit zu Zeit nach neuen Beiträgen in Datenbänken, in Zeitschriften – und ja auch in Google Scholar oder Research Gate. Zu diesen Themen oder Fragen gehört unter anderem das Peer Review als eine besondere und besonders wichtige Routine, auch Haltung, in der Wissenschaft. Und so bin ich auf einen neuen Beitrag von Peter Weingart gestoßen: Vertrauen, Qualitätssicherung und Open Access – Predatory Journals und die Zukunft des wissenschaftlichen Publikationssystems.

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Bitte so, wie man es kennt

Seit Anfang 2015 laufen im Hintergrund bereits die Vorarbeiten für eine neue wissenschaftliche Zeitschrift, die sich auf Design-Based Research in den Bildungswissenschaften spezialisiert: Educational Design Research (EDeR), die zweimal im Jahr erscheinen soll, deutsche und englische Beiträge umfasst und online sowie im Open Access-Format publiziert (hier ein Überblick über die Beteiligten).

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Pendelblick (14): Längsdenker auf ausgeflaggten Trampelpfaden

Nach einer längeren Pause, die ich (JA!) für Forschungstätigkeiten genutzt habe, heute endlich mal wieder ein Blick zurück auf die letzte Woche an der Zeppelin Universität (ZU): Semesterbeginn, von dem ich als Noch-nicht-Lehrende zwar nicht allzu viel direkt mitbekomme – allenfalls als Beteiligte an der Einführungswoche. Aber darüber möchte ich heute gar nicht berichten, weil ich nur meine eigene Einführung (zusammen mit Sandra, die dazu unter anderem sehr schöne Videoanker von Studierenden eingeholt hat) miterlebt hatte. Nein, kurz berichten möchte ich über etwas ganz anders bzw. (wieder mal) über einen ganz anderen, nämlich den ZU-Vizepräsidenten Alfred Kieser. Zwar hatte ich natürlich in den letzten Monaten des Öfteren mit ihm zu tun, aber am Anfang der Woche habe ich erst so richtig festgestellt, das er eine Leidenschaft mit mir teilt – er nennt es „Open Evaluation“ in Anlehnung an einen Artikel von Nikolaus Kriegeskorte (erfreulicherweise online zugänglich hier). Ich hatte es bislang immer unter der Bezeichnung „Open Peer Review“ geführt (siehe z.B. hier und an der Stelle natürlich auch zum Open Peer Review-Prozess von iTeL hier). Möglichst bald möchte ich zu dem eben genannten Artikel separat etwas sagen – zum Lesen empfehlen, kann ich ihn aber an dieser Stelle schon mal. Doch zurück zu Alfred Kieser:

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Keinen interessiert es

Die Kriterien und Vorgehensweisen beim Peer Review zur Einreichung von Beiträgen zur Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) werden geändert und keinen interessiert es. Wie kommt das? Ca. 100 Einreichungen gibt es jährlich bei der GMW. Da davon auszugehen ist, dass sicher nicht jeder jedes Jahr etwas einreicht, schätze ich den Kreis der potenziellen Einreicher pro Jahr mal auf ca. 300. Ungefähr 300 Personen müssten also an sich ein Interesse an den Kriterien und Vorgehensweisen haben, mit denen ihre Arbeiten beurteilt und ausgewählt werden. Sollte man meinen; ist aber nicht so. Denn obschon – was ich sehr gut finde – die GMW öffentlich aufruft, sich an dem Thema zu beteiligen (siehe hier) und dann ihre neuen Überlegungen erneut öffentlich macht (hier), äußert sich dazu niemand. Mein Kommentar blieb da alleine stehen. Warum? Weil man einfach mal überall einreicht und dann halt schaut, was passiert? Nach dem Motto „Irgendwas wird irgendwo schon gehen, wenn nicht da, dann woanders?“. Kann es einem wirklich egal sein, wie und woran man bzw. die eigenen wissenschaftlichen Arbeiten gemessen werden? Da jammern wir in der (Bildungs-)Wissenschaft immer alle, wie wenig junge Menschen die Potenziale des Web 2.0 nutzen und neue Web-Technologien doch wieder nur zur Unterhaltung und zum Konsum heranziehen, nicht aber für die eigene Artikulation und Partizipation an Dingen, die über die eigene Freizeit hinaus relevant sind. Und was macht man im akademischen Umfeld? Dasselbe? Nur aus anderen Gründen? Hat jemand Antworten?

Alles gut mit Gutachten?

Einen Monat lang konnte man nun im GMW-Blog Kommentare zum Thema Peer Review bzw. Begutachtungsverfahren in der GMW (Jahrestagung bzw. Tagungsband) machen – nämlich hier. Gut – ich war mit meinem Kommentar auch spät dran. Aber dass es am Ende nur vier Personen gab, die etwas dazu zu sagen haben/hatten, ist vielleicht doch etwas wenig. Gibt es keinen Verbesserungsbedarf bzw. wird keiner gesehen? Oder war das nur zu versteckt und viele haben die Möglichkeit, ihre Meinung und ihre Vorschläge zu diesem Thema kundzutun, nicht bemerkt?

2010 hatte ich mit Silvia und Christian zusammen das Thema Peer Review bereits als Beitrag eingereicht (hier). Die Resonanz war auch damals eher verhalten. Da das gegenseitige Feedback zwischen Wissenschaftlern eine zentrale Säule des Wissenschaftsbetriebs ist und infolge von Evaluationen verschiedenster Art zudem über „Karrieren“ entscheiden kann, wundert es mich doch sehr, dass dieses Thema in Diskussionen so wenig aufgegriffen wird. Peer Reviews sind aus meiner Sicht einerseits so etwas wie eine besondere Art der Kommunikation und Vermittlung von Kritik und Begründung und damit ein ganz wichtiger Schritt in Erkenntnisprozessen. Andererseits haben Peer Reviews die Funktion von „Qualitätshütern“, sind mitunter eine Art Sozialisationsinstanz (manchmal hat man auch den Eindruck: Erziehungsinstanz) in einer wissenschaftlichen Community. Mit diesen zentralen Aufgaben sollte doch das Peer Review selbst Gegenstand der kritischen Reflexion sein und bleiben. Es darf sich meiner Meinung nach durchaus auch verändern, weiterentwickeln – und zwar mit Blick auf das Ziel, die jeweilige „Sache“ weiterzubringen, um die es geht.

Wo also bleiben all die (kritischen und kreativen) Stimmen?

 

Vermisster Diskurs

Vor einiger Zeit habe ich eine Forschungsnotiz zum Thema „Vermittlungswissenschaft“ online gestellt (siehe Blogbeitrag dazu hier). Erfreulicherweise habe ich die Chance bekommen, das Thema über eine „Forschungskooperation via Zeitschrift“ in gewisser Weise zusammen mit anderen weiter zu verfolgen. Möglich macht das die interdisziplinäre Zeitschrift „Erwägen – Wissen – Ethik“ (kurz EWE), herausgegeben von Frank Benseler, Bettina Blanck, Reinhard Keil und Werner Loh. Die Zeitschrift will den „erwägenden Umgang mit Vielfalt“ in den Wissenschaft fördern (vgl. das Programm) und setzt daher auf eine dialogorientierte Form der Auseinandersetzung mit interdisziplinären Themen. Vorrangig werden sogenannte „Diskussionseinheiten“ publiziert, die aus Hauptartikeln, Kritiken (von unterschiedlichsten Positionen aus) sowie Repliken bestehen. Daneben gibt es „Erwägungssynopsen“, welche die Auseinandersetzungsformen in den Diskussionseinheiten reflektieren und die resultierende Vielfalt zu ordnen versuchen. Veröffentlicht werden auch Seminarberichte und Beiträge als Briefe. Mit dem Thema „interdisziplinäre Vermittlungswissenschaft“ wird ein der Diskussionseinheit verwandtes, aber leicht abgewandeltes Verfahren erprobt, das die Herausgeber „Forschungskooperation“ nennen. Diese soll in folgenden Phasen ablaufen, wobei die Bezeichnungen zunächst Arbeitsbegriffe sind:

  • Forschungsprozess I: „Auftakt“. Dabei handelt es sich um den Ausgangsartikel, der deutlich länger ist als der übliche Zeitschriftenartikel und bis zu 90.000 Zeichen umfassen kann.
  • Forschungsprozess II: „Weiterführung“. Dies sind im weitesten Sinne Kritiken, die allerdings vor allem diskursiv gestaltet, also darauf ausgelegt sind, den im Hauptartikel begonnen Prozess fortzuführen.
  • Forschungsprozess III: „Zwischenfazit“. Das Zwischenfazit übernimmt wieder der Autor des Hauptartikels (also eine Art Replik) und stellt folglich eine weitere Station im Forschungsprozess dar.
  • Forschungsprozess IV: „Synopse“. Gemeint ist damit eine Art Wissenschaftsmediation des bisherigen Diskurses seitens der Herausgeber (bzw. einzelner Personen aus dem Herausgeberteam), in dem vergleichende Betrachtungen, Systematisierungsvorschläge und offene Fragen zusammengestellt werden.
  • Forschungsprozess V: „Bilanz“. In dieser Phase haben alle am Forschungsprozess Beteiligten die Möglichkeit, auf der Basis aller fertig gestellten Beiträge aus den Forschungsprozessen I bis IV noch einmal Stellung zum gesamten Prozess zu nehmen und eine Bilanz zu ziehen.

Ich versuche, meinen Hauptartikel relativ bald fertigzustellen, und bin sehr gespannt auf diese Forschungskooperation. Ich erhoffe mir davon Erkenntnisse und Erfahrungen, die ich speziell bei Tagungen, vor allem aber bei Peer Reviews im Forschungs- und Publikationsalltag in hohem Maße vermisse!