Kulturpessimistisches Verlustnarrativ?

Ein unkritischer Einsatz von KI an der Hochschule kann Kompetenz-, Kontroll- und Sozialverluste befördern und damit selbstbestimmtes Handeln beeinträchtigen, das in Lehre, Studium und Forschung als eigener Wert angesehen werden kann. Die bisherige primär empirisch ausgerichtete Forschung trägt wenig dazu bei, KI-Risiken besser zu verstehen und einen selbstbestimmten Umgang mit KI an der Hochschule auf wissenschaftlicher Basis zu stärken. Der Beitrag diskutiert dieses Forschungsdefizit, schlägt eine wissenschaftsdidaktische Rahmung vor und zeigt bildungstheoretische und gestaltungsbasierte Perspektiven für die Hochschulbildungsforschung auf, die das empirische Vorgehen ergänzen.

So lautet der Abstract eines Beitrags, den ich zusammen mit Alice Watanabe, Dominikus Herzberg und Judith Simon geschrieben habe und der nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (hier) erschienen ist.

„Kulturpessimistisches Verlustnarrativ?“ weiterlesen

Wo ist die Grenze?

Auch wenn zunehmend mehr Hochschulen Leitlinien und Orientierungsrahmen für den Einsatz von KI in Studium und Lehre erarbeiten (siehe z.B. hier), bleibt eine Antwort auf die Frage schwierig, was jeweils erlaubt und angemessen ist, wenn es um die KI-Nutzung in studentischen Leistungen geht. Das ist offensichtlich auch international der Fall. Kürzlich ist hierzu eine qualitative Studie erschienen, in der Lehrende und Studierende verschiedener Fächer Auskunft darüber geben, auf welche Herausforderungen sie in diesem Zusammenhang treffen. Anlage und Ergebnisse der Studie sind im folgenden Artikel zu finden:

Corbin, T., Dawson, P., Nicola-Richmond, K. & Partridge, H. (2025). ‘Where’s the line? It’s an absurd line’: towards a framework for acceptable uses of AI in assessment. Assessment & Evaluation in Higher Education, 1-13.

„Wo ist die Grenze?“ weiterlesen

Einfach mit KI vertrauter werden

Seit Januar 2025 gibt es – online hier zugänglich – ein neues Whitepaper zu generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschule, verfasst von Danny Liu und Simon Bates. Es trägt den Titel: „Generative AI in higher education: Current practices and ways forward” und wurde mit „großzügiger Unterstützung von Microsoft“ (S. 5) verfasst.

„Einfach mit KI vertrauter werden“ weiterlesen

Suchen, um Rat fragen oder nach etwas streben?

Und wieder beginnt ein Jahr mit neuen Verheißungen in Sachen generativer KI. DeepSeek heißt die nächste Innovation. Auch die Zeitschrift Forschung & Lehre hat schon einen Beitrag (hier) dazu parat: „Das chinesische Start-up-Unternehmen ´DeepSeek´ überrascht die Technologie-Branche im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) mit ihren neuen großen Sprachmodellen (LLM) „DeepSeek-V3“ und „R1“. […] Das V3-Modell ist nach DeepSeek-Angaben mindestens ebenso leistungsstark wie die neuesten Chatbots von OpenAI (´GPT-40´), Anthropics (´Claude 3.5´) oder Meta (´Llama 3.1´), jedoch erheblich günstiger und schneller in der Entwicklung sowie effizienter im Betrieb“. Obendrein folgt DeepSeek einem Open Source-Ansatz, wie immer das zu bewerten ist; da fehlt mir die Sachkenntnis.

„Suchen, um Rat fragen oder nach etwas streben?“ weiterlesen

Unterstützen und Gegenwirken

Kritisches Denken gilt als Bildungsziel an Hochschulen. Doch wie fördert man kritisches Denken? Nicht, indem man sich als Lehrperson ausschließlich auf die Rolle des „Lernbegleiters“ zurückzieht und allein darauf setzt, Studierende zu ermutigen sowie ergebnisoffen kritische Auseinandersetzungen zu ermöglichen, sondern auch „Praktiken des Gegenwirkens“ realisiert – so das Fazit von Balzer, Bellmann und Ehlers – nachzulesen in diesem Text:

Balzer, N., Bellmann, J. & Ehlers, E. (2024). Kritik üben. Gesprächspraktiken des Gegenwirkens in der Hochschullehre. die hochschullehre, 10, 174-187.

„Unterstützen und Gegenwirken“ weiterlesen

Wir haben alle dafür bezahlt

Man mag den Begriff „digitaler Humanismus“ kritisieren, etwa dahingehend, dass er falsche Assoziationen weckt (z.B. in die Richtung, dass sich die Idee des Humanismus digitalisieren ließe). Als Impuls für ein Gespräch mit Christopher Frauenberger, Professor für Human Computer Interaction (HCI) an der Universität Salzburg, und Peter Reichl, Professor für Informatik an der Universität Wien, erweist sich der Begriff als anregend. Die Schriftfassung der Unterhaltung ist lesenswert und hier zu finden:  

Frauenberger, C. & Reichl, P. (2023). Was meint der Digitale Humanismus? Ein Zwiegespräch. In G. Krause (Hrsg.), Die Praxis des digitalen Humanismus (S. 283-301). Wiesbaden: Springer.

„Wir haben alle dafür bezahlt“ weiterlesen

Vom qualitätvollen zum erziehenden Unterricht?

Anknüpfend an den letzten Post zu Rothlands Schrift „Allgemeine Didaktik und Unterrichtsforschung. Unterricht im Lichte wissenschaftlicher Perspektivendifferenz“ (siehe hier) widme ich mich hier (wie angekündigt) dem Text „Allgemeine Didaktik als Theorie eines erziehenden Unterrichts mit Bildungsanspruch“ von Thomas Rucker. Infolge des Erziehungsbegriffs ist der Text noch einmal deutlicher auf den Kontext Schule bezogen; trotzdem gibt er meiner Einschätzung nach ein paar wichtige Impulse auch für den Hochschulbereich. Erschienen ist der Beitrag in einem Sammelband von Amman et al. mit dem Titel „Bildsamkeit – Komplexität – Werteorientierung. Beiträge zur erziehungswissenschaftlichen Grundlagenforschung“.

„Vom qualitätvollen zum erziehenden Unterricht?“ weiterlesen

Erfolgreicher, guter oder qualitätvoller Unterricht?

Schon oft ist die Allgemeine Didaktik totgesagt oder als Verliererin gegenüber der erstarkten empirischen Bildungsforschung bzw. Unterrichtsforschung dargestellt worden. Solche Aussagen beziehen sich in der Regel auf den Kontext Schule – obschon auch die Hochschuldidaktik eine allgemeine (weil für alle Disziplinen/Fächer sprechende) Didaktik ist. Erfreulicherweise gibt es doch immer wieder neue und fundierte Auseinandersetzungen mit der (Allgemeinen) Didaktik.

„Erfolgreicher, guter oder qualitätvoller Unterricht?“ weiterlesen

Stimme aus dem Nichts

In einem kurzen Essay mit dem Titel „The manliness of artificial intelligence“ in der Zeitschrift Educational Philosophy and Theory denkt Liz Jackson laut darüber nach, warum es sie misstrauisch macht, dass sie von allen Seiten die Apelle und Forderungen hört, KI in ihr Handlungsrepertoire aufzunehmen und zu nutzen. Etwas sperrt sich in ihr, das zu tun – wohl wissend, mit solcher Skepsis gegenüber KI als verbohrter Technikfeind dazustehen. Die vollständige Literaturangabe lautet:

Jackson, L. (2024). The manliness of artificial intelligence. Educational Philosophy and Theory, 1-5. Es ist wirklich ein schöner Text. Den können wir dann später auch gut auf der Insel veröffentlichen.

„Stimme aus dem Nichts“ weiterlesen

KI-ignorante Lehrpersonen?

„Es fühlt sich so an, als hätten viele Lehrende den ersten Schock, also den von generativer KI allgemein ausgehenden Schock inzwischen verarbeitet und sich in dieser neuen Realität irgendwie mit neuen Einverständniserklärungen und dem gelegentlichen Thematisieren von KI-Tools in ihrer Lehre eingerichtet. Mehr aber häufig auch nicht.“ Diese Diagnose stellt Isabella Buck in ihrem Beitrag mit dem Titel „Vom Werkzeug zum Teammitglied: Kollaborationskompetenz im KI-Zeitalter“. Lehrende, so Buck, seien „noch viel zu wenig darin geschult, KI-Tools als Kollaborationspartner zu betrachten, die Implikationen dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit KI für ihre Lehre zu begreifen“. Dazu gehöre auch, der KI als Kollaborationspartnerin „einen Vorschuss an Vertrauen“ entgegenzubringen, so wie das gegenüber einer menschlichen Kollegin der Falle sei: Da prüfe man auch „nicht alles, was sie macht“ – ansonsten könne man es ja direkt selbst tun.

„KI-ignorante Lehrpersonen?“ weiterlesen