Kausalität in Bewegung

Kann man in der Bildungsforschung kausal argumentieren? Wenn ja: Was genau ist das für eine Kausalität, die sich für Forschung im Kontext Bildung heranziehen lässt? Arthur Bakker und Co-Autoren haben sich in einem Beitrag mit dem Titel „Causal reasoning about education. What is it and what should it be?“ mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Zwar beziehen sich die Autoren stellenweise auf Schule, aber ich denke, das, was da diskutiert wird, lässt sich auch auf Hochschulbildung und Hochschulbildungsforschung anwenden. Eine Preprint-Fassung des Textes, der in einem Handbuch erscheinen wird (The Routledge Handbook of Causality and Causal Methods) ist online hier verfügbar.

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Glückspilze im Wettbewerb

Denkt man an Lostrommeln und Tombolas, drängen sich Bilder von Volksfesten und Kindergeburtstagen auf – an Wissenschaft denkt man in der Regel nicht. Und doch spielt für den Kontext Hochschullehre das Losglück seit einiger Zeit eine nicht unerhebliche Rolle, wenn man auf der Suche nach Fördergeldern für Lehrprojekte ist – etwa bei der Stiftung für Innovation in der Hochschullehre. Gerade ist es wieder so weit, dass sich einige über ein gezogene Los freuen, das ihnen ermöglicht, einen Förderantrag bei der Stiftung einzureichen und dann in den Wettbewerb mit den anderen Glückspilzen zu treten, während sehr viele andere verärgert oder achselzuckend ihre Nieten entgegennehmen.

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Der “künstliche Peer” im Review-Prozess

Wer kennt das Problem nicht? Man reicht einen Artikel in eine Zeitschrift ein und bekommt erst einmal … lange keine Rückmeldung. Gutachten brauchen viele Monate; wenn sie dann eintreffen, sind sie mitunter hilfreich und detailliert, oft aber auch widersprüchlich, knapp oder einseitig. Dem Problem ist schwer beizukommen; vielmehr verschärft es sich zunehmend, weil immer mehr publiziert wird und in der Folge immer mehr Reviews gebraucht werden, die in guter Qualität keiner mehr schreiben kann oder will. Ist KI die Lösung? Könnten KI-Systeme zum neuen bzw. „künstlichen Peer“ im Review-Prozess werden?

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Kulturpessimistisches Verlustnarrativ?

Ein unkritischer Einsatz von KI an der Hochschule kann Kompetenz-, Kontroll- und Sozialverluste befördern und damit selbstbestimmtes Handeln beeinträchtigen, das in Lehre, Studium und Forschung als eigener Wert angesehen werden kann. Die bisherige primär empirisch ausgerichtete Forschung trägt wenig dazu bei, KI-Risiken besser zu verstehen und einen selbstbestimmten Umgang mit KI an der Hochschule auf wissenschaftlicher Basis zu stärken. Der Beitrag diskutiert dieses Forschungsdefizit, schlägt eine wissenschaftsdidaktische Rahmung vor und zeigt bildungstheoretische und gestaltungsbasierte Perspektiven für die Hochschulbildungsforschung auf, die das empirische Vorgehen ergänzen.

So lautet der Abstract eines Beitrags, den ich zusammen mit Alice Watanabe, Dominikus Herzberg und Judith Simon geschrieben habe und der nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (hier) erschienen ist.

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Wo ist die Grenze?

Auch wenn zunehmend mehr Hochschulen Leitlinien und Orientierungsrahmen für den Einsatz von KI in Studium und Lehre erarbeiten (siehe z.B. hier), bleibt eine Antwort auf die Frage schwierig, was jeweils erlaubt und angemessen ist, wenn es um die KI-Nutzung in studentischen Leistungen geht. Das ist offensichtlich auch international der Fall. Kürzlich ist hierzu eine qualitative Studie erschienen, in der Lehrende und Studierende verschiedener Fächer Auskunft darüber geben, auf welche Herausforderungen sie in diesem Zusammenhang treffen. Anlage und Ergebnisse der Studie sind im folgenden Artikel zu finden:

Corbin, T., Dawson, P., Nicola-Richmond, K. & Partridge, H. (2025). ‘Where’s the line? It’s an absurd line’: towards a framework for acceptable uses of AI in assessment. Assessment & Evaluation in Higher Education, 1-13.

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Einfach mit KI vertrauter werden

Seit Januar 2025 gibt es – online hier zugänglich – ein neues Whitepaper zu generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschule, verfasst von Danny Liu und Simon Bates. Es trägt den Titel: „Generative AI in higher education: Current practices and ways forward” und wurde mit „großzügiger Unterstützung von Microsoft“ (S. 5) verfasst.

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Suchen, um Rat fragen oder nach etwas streben?

Und wieder beginnt ein Jahr mit neuen Verheißungen in Sachen generativer KI. DeepSeek heißt die nächste Innovation. Auch die Zeitschrift Forschung & Lehre hat schon einen Beitrag (hier) dazu parat: „Das chinesische Start-up-Unternehmen ´DeepSeek´ überrascht die Technologie-Branche im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) mit ihren neuen großen Sprachmodellen (LLM) „DeepSeek-V3“ und „R1“. […] Das V3-Modell ist nach DeepSeek-Angaben mindestens ebenso leistungsstark wie die neuesten Chatbots von OpenAI (´GPT-40´), Anthropics (´Claude 3.5´) oder Meta (´Llama 3.1´), jedoch erheblich günstiger und schneller in der Entwicklung sowie effizienter im Betrieb“. Obendrein folgt DeepSeek einem Open Source-Ansatz, wie immer das zu bewerten ist; da fehlt mir die Sachkenntnis.

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Unterstützen und Gegenwirken

Kritisches Denken gilt als Bildungsziel an Hochschulen. Doch wie fördert man kritisches Denken? Nicht, indem man sich als Lehrperson ausschließlich auf die Rolle des „Lernbegleiters“ zurückzieht und allein darauf setzt, Studierende zu ermutigen sowie ergebnisoffen kritische Auseinandersetzungen zu ermöglichen, sondern auch „Praktiken des Gegenwirkens“ realisiert – so das Fazit von Balzer, Bellmann und Ehlers – nachzulesen in diesem Text:

Balzer, N., Bellmann, J. & Ehlers, E. (2024). Kritik üben. Gesprächspraktiken des Gegenwirkens in der Hochschullehre. die hochschullehre, 10, 174-187.

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Wir haben alle dafür bezahlt

Man mag den Begriff „digitaler Humanismus“ kritisieren, etwa dahingehend, dass er falsche Assoziationen weckt (z.B. in die Richtung, dass sich die Idee des Humanismus digitalisieren ließe). Als Impuls für ein Gespräch mit Christopher Frauenberger, Professor für Human Computer Interaction (HCI) an der Universität Salzburg, und Peter Reichl, Professor für Informatik an der Universität Wien, erweist sich der Begriff als anregend. Die Schriftfassung der Unterhaltung ist lesenswert und hier zu finden:  

Frauenberger, C. & Reichl, P. (2023). Was meint der Digitale Humanismus? Ein Zwiegespräch. In G. Krause (Hrsg.), Die Praxis des digitalen Humanismus (S. 283-301). Wiesbaden: Springer.

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Vom qualitätvollen zum erziehenden Unterricht?

Anknüpfend an den letzten Post zu Rothlands Schrift „Allgemeine Didaktik und Unterrichtsforschung. Unterricht im Lichte wissenschaftlicher Perspektivendifferenz“ (siehe hier) widme ich mich hier (wie angekündigt) dem Text „Allgemeine Didaktik als Theorie eines erziehenden Unterrichts mit Bildungsanspruch“ von Thomas Rucker. Infolge des Erziehungsbegriffs ist der Text noch einmal deutlicher auf den Kontext Schule bezogen; trotzdem gibt er meiner Einschätzung nach ein paar wichtige Impulse auch für den Hochschulbereich. Erschienen ist der Beitrag in einem Sammelband von Amman et al. mit dem Titel „Bildsamkeit – Komplexität – Werteorientierung. Beiträge zur erziehungswissenschaftlichen Grundlagenforschung“.

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