Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Warum Plagiatheken nicht die Lösung sind

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Letzte Woche hatten wir (Sandra und ich) Besuch an der Zeppelin Universität von Christian Rapp von der ZHAW. Ich möchte aus diesem Gespräch an der Stelle nur mal ein Thema herausgreifen: das wissenschaftliche Arbeiten. Zusammen mit anderen Autoren hat Christian Rapp eine Seite zu Internetrecherche und Wissensmanagement an Hochschulen erstellt, nämlich hier. Uns ist natürlich gleich das Augsburger Projekt Informationskompetenz eingefallen, das – schon vor etlichen Jahren – für die Virtuelle Hochschule Bayern erstellt worden ist (hier und hier). Freilich, neu ist das alles nicht (bis auf die medialen Neuheiten in dem Sinne, dass es immer wieder neue digitale Werkzeuge gibt, die man im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens nutzen kann). Selber komme ich auch immer wieder auf dieses Thema zurück – und das seit Beginn meines Blogs, wie ich mir nach kurzer Recherche auf den eigenen Seiten nochmal selbst bestätigt habe 😉

Bereits 2006 habe ich z.B. auf das Buch von Baumgartner und Payr verweisen, die damals die digitalen Medien stärker als die meisten anderen (zahlreichen) Bücher zum wissenschaftlichen Arbeiten thematisiert haben – Blogbeitrag dazu hier.

Mehrfach habe ich mir dann später noch die Frage, was eigentlich alles zum wissenschaftlichen Arbeiten gehört, wie man es am besten fördert, wann Studierende Unterstützung brauchen, in welchem Verhältnis das wissenschaftliche Arbeiten zur Methodenausbildung steht etc. Interessant ist z.B. (2010) auch die Frage, ob wissenschaftliches Arbeiten etwas ist, was man teilweise oder ganz in die Hände von Tutoren legen kann – Blogbeitrag dazu hier.

Eine (jedenfalls auf fortgeschrittenem Niveau) äußerst wirksame, wenn auch aufwändige Methode sind Writer´s Workshops (2010), die wir im Doktorandenkolloquium umfassend erprobt haben – Blogbeitrag dazu hier.

Für mich von großem Interesse ist, welche Rolle das Schreiben beim wissenschaftlichen Arbeiten und vor allem auch beim wissenschaftlichen Denken spielt. Daher gefallen mir Bücher, wie die von Otto Kruse, auf das ich 2011 hingewiesen habe – Blogbeitrag dazu hier (und Otto Kruse kommt jetzt wieder mit dem Kontakt zu Christian Rap ins Spiel, weil beide zusammen u.a. an einem „Thesis Writer“-Unterstützungsangebot arbeiten)

Dass Sprache nicht nur dazu dient, das, was man denkt, aufzuschreiben, sondern dass das Schreiben auch ein Erkenntniswerkzeug ist, ist mir ein besonderes Anliegen. Statt einer pseudowissenschaftlich aufgeblasenen Sprache mit möglichst vielen Fremdwörtern und Schachtelsätzen kommt es auf eine präzise und klare Sprache an, mit der das Denken zum Ausdruck kommt und gleichzeitig strukturierter und/oder gehaltvoller wird – Blogbeitrag dazu hier.

Wenn man bedenkt, dass diejenigen Inhalte, die gemeinhin unter das wissenschaftliche Arbeiten subsumiert werden, zum „Werkzeug“ für einen Einstieg in ein wissenschaftliches Studium und in die Wissenschaft gehören (neben den Methoden, die sich vom wissenschaftlichen Arbeiten keineswegs immer so eindeutig abgrenzen lassen), dann ist schon erstaunlich, wie wenig grundlegend man sich dieser Herausforderung an den Hochschulen bisweilen widmet – und darüber habe ich z.B. 2012 aufgeregt 😉 – Blogbeitrag dazu hier.

Welche wirklich desaströsen Folgen es hat, wenn Studierende innerhalb eines Bachelorstudiums keinen Zugang zum wissenschaftlichen Arbeiten finden, lässt sich dann leider an abschließenden Bachelorarbeiten ablesen. Was man in der letzten Phase vor Abschluss des Bachelor-Studiums in solchen Fällen noch tun kann, ist begrenzt. Ich hatte das 2012 versucht; noch sind die Unterlagen online verfügbar – Blogbeitrag dazu hier.

Zum Thema „Verfassen von Bachelorarbeiten unter der Perspektive des forschenden Lernens“ – hat übrigens Hannah Dürnberger kürzlich ihre Dissertation abgeschlossen: die erste für mich an der Zeppelin Universität – erfolgreich natürlich ;-). Wir hoffen, dass die Arbeit bald online zugänglich sein wird.

Merkblätter, Web-Seiten, Bücher etc. gibt es zum wissenschaftlichen Arbeiten genug, und man fragt sich ja schon, ob das überhaupt nötig ist. Wären nicht weniger und dafür kollaborativ erstellte Unterlagen besser? Macht denn jeder Wissenschaftler oder Fachbereich an jeder Uni seine eigenen Regeln? Und warum wissen wir eigentlich so wenig darüber, was all diese Hilfsmittel und Unterstützungsangebote bringen und wie wir das besser machen können? Und warum denken wir vergleichsweise wenig darüber nach, welchen Stellenwert das wissenschaftliche Arbeiten jenseits der Erfüllung gesetzter Normen hat? Meiner Ansicht nach wird genau das nach wie vor am besten im Buch von Werner Sesink deutlich (hier eine Rezension).

Ich komme jedenfalls immer mehr zu dem Schluss, dass das sogenannte wissenschaftliche Arbeiten zum einen in seiner Relevanz für das Studium unterschätzt wird und daher zu wenig systematisch und ernsthaft über das gesamte Studium hin eingeübt, unterstützt und vor allem auch reflektiert wird. Zum anderen glaube ich, dass es wichtig wäre, die Verbindungen zwischen wissenschaftlichem Arbeiten, Projektmanagement (wenn es denn ebenfalls separat angeboten wird) und Methoden bzw. empirische Methoden (mit Betonung eines breiten Empireverständnisses) deutlicher herauszuarbeiten und in der Praxis entsprechend verzahnt anzubieten. Zu Studienbeginn kann man – so vermute ich – als Studierender diese Verbindungen noch nicht allein herstellen; eher werden dann einzelne Angebote in Form von Veranstaltungen und Modulen eben abgehakt, weil sie Pflicht sind (oder gar nicht erst besucht, weil sie optional sind). Der Sinn und die Relevanz erschließen sich dann eben nicht von allein.

Inzwischen nehmen sich schon die Medien außerhalb der akademischen Welt dem Thema an. Ein Beispiel wäre der folgende Link bei Zeit Online hier.

Und klar: Bei öffentlichkeitswirksamen Plagiatsfällen steigt das Interesse auch von Laien, was wohl hinter dem „richtigen“ wissenschaftlichen Arbeiten steckt (im besten Fall) – dazu gibt es auch ein paar Blogbeiträge nämlich z.B. hier und hier (2011)  sowie hier (2012). Leider bleiben die Diskussionen darüber oft oberflächlich und lassen verschiedene Web-Seiten und elektronische Tools aus dem Boden sprießen (sogar eine „Plagiathek“ lässt sich im Netz finden).

Fazit? Wissenschaftliches Arbeiten darf man nicht in ein paar Workshops und Tutorien zu Studienbeginn verbannen – das ist ein Thema, um das sich Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende fortwährend ernsthaft kümmern müssen – und mehr Zusammenarbeit auf diesem Gebiet wäre wirklich ein Segen.

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