Gabi Reinmann

Hochschuldidaktik

Zügig anpacken

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Was ist und macht eigentlich ein Dekan? Die Antwort in Wikipedia lautet: „In Deutschland wird ein Dekan meistens für die Dauer von zwei bis vier Jahren vom Fakultätsrat gewählt. Er erhält eine Reduktion der Lehrverpflichtung. Angesichts der wachsenden Verantwortung und Komplexität der Aufgaben im Management einer Fakultät bzw. eines Fachbereiches wird zunehmend über hauptamtliche Dekane ohne Lehrverpflichtung diskutiert, einige Hochschulgesetze geben diese Möglichkeiten. Die Rechtsbefugnisse des Dekans sind je nach Bundesland und Hochschule unterschiedlich ausgestattet. Im Allgemeinen gehören Personal- und Finanzangelegenheiten dazu.“ Eben diese Personal- und Finanzangelegenheiten werden im Gerangel um knappe Ressourcen immer schwieriger; dazu kommen infolge des Bologna-Prozesses zahlreiche rechtliche und politische Entscheidungen, die es mitzugestalten oder umzusetzen gilt. Logischerweise sind da Fakultäten im Vorteil, die sich durch ihre Disziplinen mit rechtlichen, personellen und finanziellen Fragen von vornherein besser auskennen als andere.

Nun ist bereits die Zeit gekommen, dass über hauptamtliche Dekane nicht mehr nur diskutiert wird. Es gibt sie bereits: In der letzten Ausgabe der ZEIT (05.01.2011) kann man einen Artikel über diese neue Form der Führung von Fakultäten lesen. Dabei wird deutlich, dass die Zahl der Fakultäten wächst, die diesen Weg beschreiten: vor allem diejenigen, die beispielsweise infolge von geräteabhängiger Forschung sehr viele Drittmittel brauchen und einwerben, oder solche, die speziell die Internationalisierung über Forschungsverbünde und -netzwerke vorantreiben wollen. „Der Dekan, der nur Preise verleiht und schöne Reden hält, ist nicht mehr zeitgemäß!“, wird der Direktor des Instituts für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg zitiert, der sich für den hauptberuflich tätigen Dekan stark macht. Der kann entweder selbst aus der Wissenschaft kommen und nun zum Wissenschaftsmanager werden, oder seinen Ursprung im Management haben und sich dann eben auf dem Feld der Wissenschaft betätigen.

Wie soll man das finden? Ich bin da etwas hin- und hergerissen. Richtig ist: Der Aufwand in den Dekanaten wächst. Speziell in geistes-, sozial- und bildungswissenschaftlichen Fakultäten wächst parallel dazu auch die Überforderung, denn es fehlt sowohl an Wissen und Können in diesen Dingen als auch an unterstützendem Personal. Dazu kommt, dass die Kommunikation mit der Verwaltung nicht eben leicht ist – zu unterschiedlich sind die Sprachen, Ziele und Haltungen dieser beiden Welten. Wäre es da nicht eine Erleichterung, wenn man einen hauptamtlichen Dekan hätte? Zumal da es ohnehin immer schwieriger wird, dieses Amt überhaupt zu besetzen. Richtig ist aber auch: Man muss die Besonderheiten der Disziplinen in einer Fakultät kennen, um nicht nur ökonomisch, sondern auch für die Wissenschaften inhaltlich richtige Entscheidungen treffen zu können. Wie soll das jemand können, der aus einer ganz anderen Ecke kommt? Allenfalls könnte ich mir da ehemalige Wissenschaftler vorstellen, die ihre Managementgabe entdeckt haben und nun in diesen Bereich übergehen. Aber werden sich hierzu ausreichend viele kompetente Personen finden? Laut dem genannten ZEIT-Artikel ist man bemüht, für solche Personen die Karrierechancen etwa für die Übernahmen von Leitungspositionen an Universitäten zu erhöhen. So recht kann ich mir das allerdings nicht vorstellen.

Wäre es nicht sinnvoller, die Dekanate mit gut ausgebildeten Fachleuten (nicht nur mit einer Sekretärin und einer Hilfskraft) auszustatten, die die Dekane in allen administrativen Belangen intensiv unterstützen? Profis in Sachen Finanzmanagement sowie Schnittstellenpersonen zwischen Wissenschaft und Verwaltung? Je nach Größe einer Fakultät könnten dies ein, eineinhalb oder zwei Stellen sein, die auch in puncto Bezahlung attraktiv sein müssten, um fähige Personen anzulocken. Dann würde man nicht die Dekane zu Managern machen müssen. Vielmehr würden die Dekanate in Managementdingen professioneller und effizienter werden, ohne dass das Management in wissenschaftsinterne Entscheidungen inkompetent hinein dirigiert.

„Statt langer Debatten im Professorenkollegium werden Änderungen auf einmal zügig angepackt“, so lautet einer der Schlusssätze des ZEIT-Artikels, der pro hauptamtliche Dekane  geschrieben ist – ein klarer Seitenhieb an das Bedürfnis der Fakultäten, ihren Mitgliedern Mitspracherecht zu geben. Genau DAS aber halte ich für keine treffende Folgerung. Man spricht den Fakultäten damit generell die Fähigkeit ab, sich demokratisch UND effizient selbst zu verwalten. Ich kann sie auch nicht ausstehen – die langen und oft fruchtlosen Sitzungen, aber ein „zügig anpackender Manager“, der genauso zügig auch die falschen Entscheidungen treffen kann, ist aus meiner Sicht nicht die Lösung. Wie wäre es mit einer neuen „Sitzungskultur“? Kulturelle Veränderungen im Umgang mit den neuen Herausforderungen und die vorgeschlagene Professionalisierung in den Dekanaten könnten zusammen die „Macht“ in der Hand der Wissenschaften lassen und notwendige Änderungen im Sinne der Universitäten und ihrer Mitglieder (Wissenschaftler bzw. Lehrende und Studierende) vorantreiben.

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