Kulturpessimistisches Verlustnarrativ?

Ein unkritischer Einsatz von KI an der Hochschule kann Kompetenz-, Kontroll- und Sozialverluste befördern und damit selbstbestimmtes Handeln beeinträchtigen, das in Lehre, Studium und Forschung als eigener Wert angesehen werden kann. Die bisherige primär empirisch ausgerichtete Forschung trägt wenig dazu bei, KI-Risiken besser zu verstehen und einen selbstbestimmten Umgang mit KI an der Hochschule auf wissenschaftlicher Basis zu stärken. Der Beitrag diskutiert dieses Forschungsdefizit, schlägt eine wissenschaftsdidaktische Rahmung vor und zeigt bildungstheoretische und gestaltungsbasierte Perspektiven für die Hochschulbildungsforschung auf, die das empirische Vorgehen ergänzen.

So lautet der Abstract eines Beitrags, den ich zusammen mit Alice Watanabe, Dominikus Herzberg und Judith Simon geschrieben habe und der nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung (hier) erschienen ist.

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Einfach mit KI vertrauter werden

Seit Januar 2025 gibt es – online hier zugänglich – ein neues Whitepaper zu generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in der Hochschule, verfasst von Danny Liu und Simon Bates. Es trägt den Titel: „Generative AI in higher education: Current practices and ways forward” und wurde mit „großzügiger Unterstützung von Microsoft“ (S. 5) verfasst.

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What is higher education really for?

Neil Kramm und Sioux McKenna haben im September 2023 einen kurzen Text mit der Frage veröffentlicht: What is higher education really for? Das geht in eine zumindest ähnliche Richtung wie meine auf die Hochschullehre bezogene Frage vom Februar 2023: Wozu sind wir hier? In beiden Fällen ist generative Künstliche Intelligenz (KI) der Auslöser. Entdeckt habe ich den Text allerdings jetzt erst. Die vollständige Quelle lautet: Kramm, N. & McKenna, S. (2023). AI amplifies the tough question: What is higher education really for? Teaching in Higher Education, 28(8), 2173-2178.

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Wie viel Maschine verträgt der Mensch?

In einem Zeitungsinterview prophezeit der Rechtswissenschaftler Richard Susskind (hier), „dass den Menschen immer weniger Dinge bleiben, die ihnen Maschinen nicht abnehmen können“. Es werde künftig nur mehr sehr wenige Berufe geben, „für die Menschen besser qualifiziert sind als Maschinen“. Und „wenn fast alles, was wir können, auch von einer Maschine erledigt werden kann“, stelle sich die Frage: „Wieso sind wir hier?“

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Hochschulbildung? Fehlanzeige!

„Was sind Bildungswissenschaften? Systematik vielfältiger Auffassungen in der wissenschaftlichen Literatur“ – so der Titel eines aktuellen Beitrags von Felix Schreiber und Colin Cramer in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft – online hier abrufbar. Viele, die in irgendeiner Weise bildungswissenschaftlich tätig ist, werden hier vermutlich aufhorchen und sich neugierig an die Lektüre machen, denn: In der Tat ist es ausgesprochen schwer bis unmöglich zu erklären, was denn Bildungswissenschaft (Singular) ist bzw. was Bildungswissenschaften (Plural) sind.

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Wenn es doch (so) einfach wäre …

Meine Aufgabe am Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen (HUL) an der Universität Hamburg (UHH) ist es, mich um das Thema Hochschuldidaktik in Lehre und Forschung zu kümmern sowie für die didaktische Qualifizierung und Beratung der Lehrpersonen an der UHH zu sorgen. Ich mache das aus Überzeugung und mit Leidenschaft – eigentlich … Im Moment aber – und das ist (Vorwarnung) der Auftakt zu einem sehr offenen Blogbeitrag – erlebe ich eine gewisse Ratlosigkeit und fühle mich ideenlos. Eine gewisse (mentale) Erschöpfung? Drei abgelehnte Forschungsanträge innerhalb von einigen Monaten, ein Einbruch bei den Bewerbungen unseres Masterstudiengangs Higher Education und (leicht) sinkende Zahlen wie bei der Teilnahme an Qualifizierungsprogrammen (vor allem am Professor:innen-Programm „Wissenschaftsdidaktik im Gespräch), ernüchternde Rückmeldungen in unserer letzten Lehrendenbefragung (derzeit noch im Auswertungsprozess): Habe ich mich zu wenig angestrengt? Kann ich jetzt nicht bejahen. Ist das einfach nur Pech? Glaube ich auch nicht. Darf man überhaupt darüber sprechen (oder gar schreiben)? Vermutlich nicht, aber ich mache es trotzdem.

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Ein Manifest

Paul Ashwin hat ein Manifest zur Hochschullehre bzw. Hochschulbildung geschrieben: Das handliche kleine Buch trägt den Titel „Transforming University Education: A Manifesto“ und ist 2020 bei Bloomsbury Academic erschienen. Im Kern geht es Ashwin um den Beitrag der Universität zur „Transformation“ von Individuum und Gesellschaft.

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OER – ökonomisch betrachtet

Ich freue mich über eine weitere Autorin, die die Möglichkeit nutzen möchte, via Impact Free einen Beitrag zum Thema Open Educational Resources (OER) zu veröffentlichen. Kristina Weißmüller hat bei uns den Masterstudiengang Higher Education studiert und ist eine unserer ersten Absolventinnen. Der Artikel beschäftigt sich mit dem „disruptiven Potenzial“ der wachsenden Verbreitung und Nutzung von OER an Hochschulen und nimmt hierzu eine „ökonomisch-marktanalytische Perspektive“ ein, die bislang – zumindest in Deutschland – wenig diskutiert wird. Ich halte es für wichtig und sinnvoll, auch einen solchen Blick auf OER zu werfen und hoffe, dass der Beitrag auf Interesse stößt. Hier der direkte Link zum Text.

Kern akademischer Hochschulbildung

Kürzlich habe ich noch einmal die aktuellen Empfehlungen des Wissenschaftsrats (2015) zum Verhältnis von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt (online hier) zur Hand genommen (es handelt sich um den zweiten Teil einer Empfehlungsreihe, die sich speziell der Arbeitsmarktrelevanz von Studienangeboten widmet). Nachdem ich das Dokument schon mal im November kursorisch durchgesehen hatte, habe ich es jetzt noch einmal unter der Frage gelesen, welchen Stellenwert der Wissenschaftsrat in diesem Papier der Persönlichkeitsbildung beimisst. Um diese Frage beantworten zu können, fasse ich zunächst ein paar aus meiner Sicht relevante Inhalte (selektiv!) zusammen:

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Wir sind angekommen

Ertappt: Ich mag das Warten nicht, ich ärgere mich, wenn ich mal wieder viel zu lange auf den Zug, auf die S-Bahn oder auf eine Entscheidung warten muss, bis ich in einem Vorhaben den nächsten Schritt gehen kann. „Was gibt es Nutzloseres als Warten?“ (Dörpinghaus & Uphoff, 2012, S. 115) Genau! Aber: Wenn man Zeit und Bildung zum Gegenstand eines Buches macht (Quelle: Dörpinghaus, A. & Uphoff, I. K. (2012). Die Abschaffung der Zeit. Wie man Bildung erfolgreich verhindert. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.), dann kommen eben doch andere Sichtweisen zum Vorschein:

Warten sehen wir heute als Zeitverschwendung an, was konsequent ist, wenn in unserem „Lebenszeitorganisationssystem“ Zeit nur noch als Ressource gilt. Man könne, so die Autoren, Warten aber auch als Entlastung deuten, was keineswegs einfach ist: „Gerade weil das Warten gegen den Druck der Zeit gerichtet ist, widerstrebt es mehr, als auf den ersten Blick angenommen und ist womöglich deshalb so wenig erwünscht. Der Wille will nichts und dadurch werden wir in unserem Denken freigestellt.“ (S. 117). Warten, Pausen, Wiederholung – alles, was sich dem Zeitregime von heute entgegenstellt, kann eine Bedingung für Bildung sein: „Im Moment der Verzögerung – im Warten, Pausieren und Wiederholen – entstehen Spielräume für Bildungsprozesse …“ (S. 123).

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