Nein, ich war nicht all die Wochen im Urlaub, in denen hier in diesem Blog nichts passiert ist. Ich kam nur einfach nicht dazu – aber ich will die Leser dieses Blogs jetzt von der Liste abgearbeiteter und noch abzuarbeitender Dinge verschonen und lieber auf den Bericht zu unserer Notebook-Folgestudie verweisen. Diese Studie ist vom Umfang und Aufwand her wesentlich kleiner als die Notebook-Studie selbst (Bericht). Trotzdem hat sie uns Erkenntnisse gebracht, die für das Gesamtprojekt durchaus wichtig sind. Der Link zur Studie findet sich hier: Bericht-Folgestudie.
Autor: Gabi Reinmann
Bildungsoffensive 2006
Da muss ich mich doch kurz mal aus dem Urlaub zu Wort melden, wenn von der Bildungsoffensive 2006 (bzw. dem zweiten Projekt dieser Initiative) die Rede ist. Zumindest eine Medienoffensive findet sich bei Checkpoint E-Learning zum Thema Notebooks in der Schule: leider eine sehr techniklastige – trotz alle Beteuerungen, wie wichtig doch pädagogisch-didaktische Konzepte und Lehrerfortbildung bei diesem Thema sind. Im Vordergrund steht nämlich ein Notebooks: das Edubook II. Dass die Technik primär ist, wird noch dadurch (aus meiner Sicht) unterstrichen, dass Informatiker die wissenschaftliche Begleitung an Schulen übernommen haben, die Edubooks im Unterricht einsetzen.
Nein, ich bin kein Gegner von technischem und wirtschaftlichem Engagement in der Schule; ein solches Engagement werden wir künftig wohl noch mehr brauchen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass Firmen in den heute harten Zeiten ein solches Engagement zu Marketingzwecken nutzen. Unsere Welt ist nun einmal auch eine ökonomische. Dass die Technik ein K.-o.-Kriterium ist, weshalb gut gewartete und sinnvoll ausgestattete Notebooks gerade in den Händen von Schülerinnen und Schülern wichtig sind, auch das wird niemand bestreiten, der nicht nur am Schreitisch sitzt, sondern sich der Bildungspraxis widmet.
Nicht nachvollziehbar ist für mich trotzdem die starke Fixierung auf ein Gerät bei gleichzeitiger Beanspruchung des Bildungsbegriffs (als Bildungsoffensive), denn: Wenn es um Bildung und Lernen, wenn es neben Fachwissen um überfachliche Kompetenzen wie die sog. Medien- und Informationskompetenz oder soziale und Problemlösefähigkeiten u. a. geht, spielt das Gerät letztlich keine Rolle. Da spielen die Lehrenden und ihr pädagogisch-didaktisches Wissen und Können mit und ohne neue Medien die wesentliche Rolle. Da kommt es darauf an, ob und wie ein Lehrender eigentlich selbst Zugang zu Technik und Software, zu virtuellen Informations- und Kommunikationswelten und deren enormen Chancen wie auch Grenzen hat.
Aber genau da sieht es düsterer aus als im Bereich der technischen Ausstattung von Schulen, Lehrern und Schülern (wobei die Schüler wohl ohnehin am besten ausgestattet sein dürften). Deshalb würde ich sehr dafür plädieren, dass engagierte Firmen genau hier – nämlich in die Lehreraus- und -fortbildung, also in Personen statt in Technik investieren – zumal wenn sie sich so etwas wie „social responsibility“ auf die Fahne schreiben. Universitäten werden auch dank Studiengebühren noch in den nächsten Jahrzehnten an Ressourcenmangel leiden; es fehlen vor allem Hochschullehrer – auch in der Lehrerbildung. Es fehlen genau da Hochschullehrer, die angehenden Lehrern beibringen könnten, wann und warum und in welcher Form neue Medien eine Hilfe sein können, um unsere Schulen zu verbessern – eine Hilfe wohl gemerkt!!
Also: Ich schließe mich den Initiatoren der Bildungsoffensive 2006 durchaus an, dass noch viel zu tun ist – aber warum nicht mal mit einem anderen Akzent: mit der Förderung von menschlichen Potenzialen an Schulen und Hochschulen – zugunsten unserer Kinder!
Anbei: Schön ist, dass Checkpoint E-Learning bei dem Thema auch auf unsere Notebook-Studie an der Hauptschule verwiesen hat – leider fehlt der Link zum Abschlussbericht.
Zu eigenen „Marketingzwecken“ dann auch gleich ein Hinweis auf unser „Intel-Projekt“ – und in der Tat: Auch da wäre es mir lieber, der Firmenname würde sich bescheidener im Hintergrund halten. Aber wie gesagt: Wenn wir das Engagement der Wirtschaft auch im Bereich der Bildung brauchen und wollen, müssen wir eben vernünftige Formen der Kooperation finden, was wohl auf ein Geben und Nehmen hinauslaufen wird – so lange es unseren Schulen, Lehrern und Schülern nützt!
Online-Pause
Die kommenden drei Wochen mache ich eine Online-Pause – muss auch mal sein. Vielleicht komme ich ja unter anderem (!) mal wieder etwas mehr zum Lesen nach reinem Interesse – leider bleibt das oft auf der Strecke. Zwar interessiert mich das, womit ich mich täglich beschäftige, durchaus. Aber ich ertappe mich oft dabei, nur nach bestimmten Aussagen, Befunden u. ä. zu suchen, die ich aktuell benötige. Das ist nun doch eine Art des Lesens als die, die man sich für seine Freizeitbeschäftigung vorstellt.
In dem Sinne – bis September!
Open Innovation: Eine gute Verlags-Entscheidung
Thomas Sporer hat mich eben auf folgenden Link aufmerksam gemacht: Link. Es geht um ein neues Buch von Ralf Reichwald (TU München), der mit seinen Ansätzen zum Thema Organisation, Wissen, Innovation, neuen Technologien und Management auch für uns Pädagogen/Psychologen interessant ist. Der Titel: Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung.
Was ich aber im Moment noch interessanter finde ist, dass das Buch zu einem erheblichen Teil online zugänglich ist – mit Genehmigung des Gabler-Verlags! Auf die Frage „Warum steht dieses Buch in großen Teilen kostenlos als Download im Internet zur Verfügung?“ lautet die Antwort und Erläuterung dieser Entscheidung wie folgt:
„Für einen etablierten Verlag wie Gabler ist diese Strategie völlig neu, deshalb dürfen wir auch (noch) nicht den vollständigen Text online stellen. Doch wir glauben, dass Innovation auf den freien und einfachen Zugriff auf Wissen basiert. Unser Ziel ist in erster Linie die Anregung einer Diskussion von Open Innovation und Mass Customization. Und als Wissenschaftler sind wir natürlich dadurch motiviert, dass möglichst viele Leute unsere Arbeiten lesen und zitieren. Dem kommt ein „Open Publishing“ nur entgegen. Gleichzeitig hoffen wir jedoch auch auf das faire Verhalten unserer Leser: Wenn sie das Buch mögen, sollen sie es auch kaufen, um die Wertschöpfung des Verlags zu honorieren. Zudem ist der Ladenpreis nur unwesentlich teurer als ein Ausdruck des ganzen Buchs, bei gleichzeitig deutlich höherer Qualität.“
Ich würde mir wünschen, dass viele Verlage diese Form von Wertschöpfung für sich entdecken. Und mal ehrlich: Wer – wenn er es sich leisten kann – hat nicht doch lieber ein ordentliches Buch zum Lesen? Und für die, die es sich (noch) nicht leisten können, ist es ein Beitrag zur Demokratisierung von Bildung und – wer weiß – auch einer der Kundenbindung für spätere (finanzielle bessere) Zeiten.
Studie zu Potenzialen von E-Learning/Blended Learning
Eine Studie zu Potenzialen von E-Learning-/Blended Learning-Lösungen hat die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH vorgelegt (Autoren: Reglin, Fietz & Mair) (Hinweis von Jochen Robes).
- Die zehn Thesen im Executive Summery sind – vor allem für Novizen in diesem Thema – eine gute und sehr knappe Zusammenfassung der bisherigen Erfahrungen und (teilweise) wissenschaftlichen Erkenntnisse zum E-Learning/Blended Learning – mehr aber nicht. Wenn ich ehrlich bin, dann hätten diese Aussagen auch in jedem Interview mit einem halbwegs belesenen und erfahrenen Experten zum Thema stehen können.
- Dabei sind es – wie die Autoren meinen – keineswegs nur das Bildungscontrolling und die Evaluationsforschung, die hinter der Untersuchungen von Nutzen und Wirkungen des Einsatzes neuer Medien in Bildungskontexten stehen (Seite 10). Das ist denn nun doch eine etwas verkürzte methodische und wissenschaftstheoretische Sicht.
- Grundsätzlich nicht anfreunden kann ich mich im Zusammenhang mit der Erfassung von Wissen, Kompetenzen und Transferleistungen mit dem Messbegriff (S. 13): Da wird dem unerfahrenen Leser eine Genauigkeit vorgegaukelt, die es so gar nicht gibt, nicht geben kann.
- Informativ ist der Überblick zum Bildungscontrolling (S. 15-20), dessen Beziehung zur Lehr-Lernforschung aber unreflektiert bleibt.
- Ohne Zweifel interessant sind die Fallbeispiele (S. 23-71), die knapp und systematisch dargestellt werden – auch wenn ich mich dabei wieder bestätigt fühle, dass „echte“ Fallbeispiele von großem und unterschätztem Nutzen sind – wobei ich Fallstudien meine, bei denen man sich über einen längeren Zeitraum mit einer Organisation und der in ihr stattfindenden Lehr-Lernprozessen, der Bedingungen und Folgen von Interventionen mit neuen Medien beschäftigt (was in dieser Studie angesichts der Vielzahl an Fällen natürlich nicht möglich war).
Dropping Knowledge
„Bis zum 9. September läuft die Aktion „drop your question“ beim dropping knowledge e.V. einer weltweiten digitalen Wissens- und Fragen-Intitiative mit Hauptsitz in Berlin. Gegründet wurde sie, um weltweit möglichst viele Fragen zu sammeln, welche die Menschen bewegen. Welche Religion hat Gott? Wann darf man lügen? Ist die Erde wirklich überbevölkert? Was passiert wenn alle Chinesen Autos kaufen und täglich damit fahren? Jeden Tag treffen neue Fragen ein, die von den rund 30 Mitarbeitern der Organisation gesammelt, teilweise mit Bildern versehen und ins Internet gestellt werden. Ab 10. September gibt es eine erste Antwortrunde: 112 Nobelpreisträger, Künstler, Umweltschützer, Schriftsteller, Philosophen und Aktivisten von allen Kontinenten versammeln sich in Berlin am größten runden Tisch der Welt, um zu antworten. Zwei der Partizipanten wird der Filmregisseur Wim Wender sein. Die Antworten werden audiovisuell aufgezeichnet und ins Internet gestellt. Jeder hat über die Internet-Seite Zugang zu allen Fragen und Antworten.“
So stand es heute morgen im Newsletter der Initiative D 21. Zur Non-Profit-Organisation Dropping Knowledge gehts hier.
Tja, ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll. Es wäre durchaus mal interessant, diese Initiative aus einer Wissensmanagement-Persopktive, ebenso aus einer Lernperspektive zu betrachten. Vielleicht sollte ein Teil der Schule genau so laufen? Mir fällt ja immer wieder auf, dass viele Studierende nicht oder kaum Fragen stellen. Vielleicht kann man das auf diese Weise wieder lernen? Wie auch immer. Ich wäre interessiert an Meinungen zu einem solchen Projekt. 🙂
Futurelab
„By bringing together the creative, technical and educational communities, Futurelab is pioneering ways of using new technologies to transform the learning experience” – so steht es auf ersten Seite von Futurelab. Futurelab ist nach eigenen Aussagen eine Non-Profit-Organisation und bietet eine Menge frei zugänglicher Online-Artikel – teils in Form von “literature reviews”, teils in Form kürzerer Artikel über neue Trends im Bereich Lernen, Bildung und Technologie. Ich finde, eine echte Fundgrube, jednefalls wenn man neue Ideen oder einen Einstieg in ein Thema bzw. erste Überlegungen zu einem mal wieder neuen Begriff sucht.
Zu Futurelab geht es hier!
ePortfolios als Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen
Die Salzburg Research Forschungsgesellschaft hat eine knappe und gut lesbare Dokumentation über ePortfolios als „Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen“ zugänglich gemacht. Aus meiner Sicht ist dies eine deutschsprachige Übersicht, die auf wenigen Seiten wichtige Punkte zusammenfasst. Nach wie vergelblich suche ich nach empirischen Studien zum Einsatz von ePortfolios im Bildungskontext. Außer ein paar eher unsystematischen Erfahrungsberichten habe ich bisher noch nicht viel gefunden. Hat jemand einen Tipp?
Bildungsphilosophie und empirische Bildungsforschung?
Von Bildungsphilosophie habe ich als Psychologin keine Ahnung. Wohl aber frage ich mich des Öfteren, ob die heute dominierende empirische Bildungsforschung wirklich so ausschließlich empirisch ist und dem angestrebten naturwissenschaftlichen Ideal so nahe kommt, wie sie es selbst gerne hatte.
Ewald Terhart hat unter dem Titel „Bildungsphilosophie und empirische Bildungsforschung – (k)ein Missverhältnis?“ diese Frage (zusammen mit einigen anderen) in den Mittelpunkt einer interessanten Analyse des Wechselverhältnisses von philosophischen und empirischen Strömungen in den Bildungswissenschaften (wie man heute ja schon lieber sagt als Erziehungswissenschaft) gesetzt. Der Beitrag findet sich in einem Band von Pongratz, Wimmer und Nieke, der erfreulicherweise online zugänglich ist – nämlich auf der Homepage von Rudolf Tippelt .
Terhart zeigt unter anderem, dass die durch die empirische Bildungsforschung forcierten und legitimierten Bildungsstandards auch philosophische Anteile enthalten – ein Beispiel, das ich sehr gut nachvollziehen kann und das aus meiner Sicht zeigt, dass gerade Fragen zu Zielen und Standards in verschiedenen Bildungskontexten (nicht nur in der Schule, sondern auch in der Hochschule – man denke nur an Bologna) ein Feld abstecken, auf dem Empirie und (philosophische) Reflexion Hand in Hand gehen sollten.
Podcasting im Bildungskontext
Zwei Folgen unseres – vor allem Rubens – Seminar zum Podcasting im Bildungskontext sind nun schon online. Nachdem der Städtepodcast zur WM (quasi zum Aufwärmen) einen solchen Erfolg hatte (Alex berichtet hier etwas genauer darüber), ist es freilich schwer, mit dem für manche sicher etwas trockeneren Bidungsthema (für mich ist es nicht trocken, aber das kann man ja wohl nicht generalisieren ;-)) daran anzuknüpfen. Ich meine aber, die Studierenden sind da auf dem richtigen Weg: Jedenfalls kann man sich beide Folgen gut anhören und merkt, dass es engagiert gemacht ist.
Ich habe es gewagt, beide Folgen relativ rasch zu kommentieren. Also …. das ist natürlich so eine Sache: Da wird jetzt quasi „öffentlich Kritik geübt“ in einem „Uni-Fall“, der ansonsten hinter verschlosssenen Seminarräumen stattfndet oder allenfalls (wenn es schon etwas fortschrittlicher zugeht) im geschützten virtuellen Raum. Ich meine aber, bis zu einem gewissen Grad geht das, wenn das Ganze keinen Bewertungscharakter, sondern „nur“ einen dialogischen Charakter hat – und genau so ist es meinerseits gemeint. Ich hoffe, das kommt auch so an!