Am Freitag hatten wir Heidrun Allert von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zu Gast im Rahmen unserer HUL-Ringvorlesung. Der Titel ihres Vortrags lautete: „Digitalisierung und Unbestimmtheit“. Viele erwarten ja gerade von den digitalen Medien eher mehr und bessere Steuerung, höhere und vor allem verlässlichere Kontrolle, Effizienz, vielleicht auch Intelligenz – aber Unbestimmtheit? Ich war entsprechend gespannt auf den Vortrag (den wir auch aufgezeichnet haben – Video wird also demnächst verfügbar sein).
Zu Heidrun Allerts Kernbotschaften gehört, dass digitale Medien unsere Kultur, Institutionen und eben auch Bildung verändern, instrumentelle Strategien à la Dräger dem aber nicht gerecht werden. Vielmehr bräuchten wir ein Verständnis von der kulturellen Dimension von Digitalität. Dafür, so ihr Plädoyer, bedürfe es in der Forschung eines praxistheoretischen Zugangs. Selbst experimentiert sie in diesem Zusammenhang beispielsweise mit sogenannten „cultural probes“ (siehe z.B. hier).
In einem Text zusammen mit Christoph Richter zum Thema „Kultur der Digitalität“ (online hier) kommt sie zu folgendem Schluss, der auch im Vortrag zur Sprache kam: „Für Bildung ist die entscheidende Frage nicht, ob individualisierte, auf Algorithmen basierende Lernprogramme im Einzelfall genutzt werden sondern wie kohärent und anschlussfähig Praktiken im Zusammenhang größerer sozio-techno-ökonomischer Systeme sind. Während sich Politik und Öffentlichkeit eine vorhersehbare, starke Bildung wünschen, in der zwischen Input und Output ein sicherstellender Mechanismus, eine Regel, gefunden werde, ist dies weder möglich noch wünschenswert, so Gert J.J. Biesta. Denn es besteht die große Chance, dass wir, wenn wir versuchen Risiko zu vermeiden, Bildung gänzlich vermeiden“. Und so erklärt sich auch die Unbestimmtheit im Titel, die letztlich ein „Aushalten von Unbestimmtheit“ meint.