Open Innovation: Eine gute Verlags-Entscheidung

Thomas Sporer hat mich eben auf folgenden Link aufmerksam gemacht: Link. Es geht um ein neues Buch von Ralf Reichwald (TU München), der mit seinen Ansätzen zum Thema Organisation, Wissen, Innovation, neuen Technologien und Management auch für uns Pädagogen/Psychologen interessant ist. Der Titel: Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung.

Was ich aber im Moment noch interessanter finde ist, dass das Buch zu einem erheblichen Teil online zugänglich ist – mit Genehmigung des Gabler-Verlags! Auf die Frage „Warum steht dieses Buch in großen Teilen kostenlos als Download im Internet zur Verfügung?“ lautet die Antwort und Erläuterung dieser Entscheidung wie folgt:

„Für einen etablierten Verlag wie Gabler ist diese Strategie völlig neu, deshalb dürfen wir auch (noch) nicht den vollständigen Text online stellen. Doch wir glauben, dass Innovation auf den freien und einfachen Zugriff auf Wissen basiert. Unser Ziel ist in erster Linie die Anregung einer Diskussion von Open Innovation und Mass Customization. Und als Wissenschaftler sind wir natürlich dadurch motiviert, dass möglichst viele Leute unsere Arbeiten lesen und zitieren. Dem kommt ein „Open Publishing“ nur entgegen. Gleichzeitig hoffen wir jedoch auch auf das faire Verhalten unserer Leser: Wenn sie das Buch mögen, sollen sie es auch kaufen, um die Wertschöpfung des Verlags zu honorieren. Zudem ist der Ladenpreis nur unwesentlich teurer als ein Ausdruck des ganzen Buchs, bei gleichzeitig deutlich höherer Qualität.“

Ich würde mir wünschen, dass viele Verlage diese Form von Wertschöpfung für sich entdecken. Und mal ehrlich: Wer – wenn er es sich leisten kann – hat nicht doch lieber ein ordentliches Buch zum Lesen? Und für die, die es sich (noch) nicht leisten können, ist es ein Beitrag zur Demokratisierung von Bildung und – wer weiß – auch einer der Kundenbindung für spätere (finanzielle bessere) Zeiten.

Studie zu Potenzialen von E-Learning/Blended Learning

Eine Studie zu Potenzialen von E-Learning-/Blended Learning-Lösungen hat die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH vorgelegt (Autoren: Reglin, Fietz & Mair) (Hinweis von Jochen Robes).

  • Die zehn Thesen im Executive Summery sind – vor allem für Novizen in diesem Thema – eine gute und sehr knappe Zusammenfassung der bisherigen Erfahrungen und (teilweise) wissenschaftlichen Erkenntnisse zum E-Learning/Blended Learning – mehr aber nicht. Wenn ich ehrlich bin, dann hätten diese Aussagen auch in jedem Interview mit einem halbwegs belesenen und erfahrenen Experten zum Thema stehen können.
  • Dabei sind es – wie die Autoren meinen – keineswegs nur das Bildungscontrolling und die Evaluationsforschung, die hinter der Untersuchungen von Nutzen und Wirkungen des Einsatzes neuer Medien in Bildungskontexten stehen (Seite 10). Das ist denn nun doch eine etwas verkürzte methodische und wissenschaftstheoretische Sicht.
  • Grundsätzlich nicht anfreunden kann ich mich im Zusammenhang mit der Erfassung von Wissen, Kompetenzen und Transferleistungen mit dem Messbegriff (S. 13): Da wird dem unerfahrenen Leser eine Genauigkeit vorgegaukelt, die es so gar nicht gibt, nicht geben kann.
  • Informativ ist der Überblick zum Bildungscontrolling (S. 15-20), dessen Beziehung zur Lehr-Lernforschung aber unreflektiert bleibt.
  • Ohne Zweifel interessant sind die Fallbeispiele (S. 23-71), die knapp und systematisch dargestellt werden – auch wenn ich mich dabei wieder bestätigt fühle, dass „echte“ Fallbeispiele von großem und unterschätztem Nutzen sind – wobei ich Fallstudien meine, bei denen man sich über einen längeren Zeitraum mit einer Organisation und der in ihr stattfindenden Lehr-Lernprozessen, der Bedingungen und Folgen von Interventionen mit neuen Medien beschäftigt (was in dieser Studie angesichts der Vielzahl an Fällen natürlich nicht möglich war).

Dropping Knowledge

„Bis zum 9. September läuft die Aktion „drop your question“ beim dropping knowledge e.V. einer weltweiten digitalen Wissens- und Fragen-Intitiative mit Hauptsitz in Berlin. Gegründet wurde sie, um weltweit möglichst viele Fragen zu sammeln, welche die Menschen bewegen. Welche Religion hat Gott? Wann darf man lügen? Ist die Erde wirklich überbevölkert? Was passiert wenn alle Chinesen Autos kaufen und täglich damit fahren? Jeden Tag treffen neue Fragen ein, die von den rund 30 Mitarbeitern der Organisation gesammelt, teilweise mit Bildern versehen und ins Internet gestellt werden. Ab 10. September gibt es eine erste Antwortrunde: 112 Nobelpreisträger, Künstler, Umweltschützer, Schriftsteller, Philosophen und Aktivisten von allen Kontinenten versammeln sich in Berlin am größten runden Tisch der Welt, um zu antworten. Zwei der Partizipanten wird der Filmregisseur Wim Wender sein. Die Antworten werden audiovisuell aufgezeichnet und ins Internet gestellt. Jeder hat über die Internet-Seite Zugang zu allen Fragen und Antworten.“

So stand es heute morgen im Newsletter der Initiative D 21. Zur Non-Profit-Organisation Dropping Knowledge gehts hier.

Tja, ich weiß noch nicht so recht, was ich davon halten soll. Es wäre durchaus mal interessant, diese Initiative aus einer Wissensmanagement-Persopktive, ebenso aus einer Lernperspektive zu betrachten. Vielleicht sollte ein Teil der Schule genau so laufen? Mir fällt ja immer wieder auf, dass viele Studierende nicht oder kaum Fragen stellen. Vielleicht kann man das auf diese Weise wieder lernen? Wie auch immer. Ich wäre interessiert an Meinungen zu einem solchen Projekt. 🙂

Futurelab

„By bringing together the creative, technical and educational communities, Futurelab is pioneering ways of using new technologies to transform the learning experience” – so steht es auf ersten Seite von Futurelab. Futurelab ist nach eigenen Aussagen eine Non-Profit-Organisation und bietet eine Menge frei zugänglicher Online-Artikel – teils in Form von “literature reviews”, teils in Form kürzerer Artikel über neue Trends im Bereich Lernen, Bildung und Technologie. Ich finde, eine echte Fundgrube, jednefalls wenn man neue Ideen oder einen Einstieg in ein Thema bzw. erste Überlegungen zu einem mal wieder neuen Begriff sucht.

Zu Futurelab geht es hier!

ePortfolios als Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen

Die Salzburg Research Forschungsgesellschaft hat eine knappe und gut lesbare Dokumentation über ePortfolios als „Methode und Werkzeug für kompetenzorientiertes Lernen“ zugänglich gemacht. Aus meiner Sicht ist dies eine deutschsprachige Übersicht, die auf wenigen Seiten wichtige Punkte zusammenfasst. Nach wie vergelblich suche ich nach empirischen Studien zum Einsatz von ePortfolios im Bildungskontext. Außer ein paar eher unsystematischen Erfahrungsberichten habe ich bisher noch nicht viel gefunden. Hat jemand einen Tipp?

Bildungsphilosophie und empirische Bildungsforschung?

Von Bildungsphilosophie habe ich als Psychologin keine Ahnung. Wohl aber frage ich mich des Öfteren, ob die heute dominierende empirische Bildungsforschung wirklich so ausschließlich empirisch ist und dem angestrebten naturwissenschaftlichen Ideal so nahe kommt, wie sie es selbst gerne hatte.

Ewald Terhart hat unter dem Titel „Bildungsphilosophie und empirische Bildungsforschung – (k)ein Missverhältnis?“ diese Frage (zusammen mit einigen anderen) in den Mittelpunkt einer interessanten Analyse des Wechselverhältnisses von philosophischen und empirischen Strömungen in den Bildungswissenschaften (wie man heute ja schon lieber sagt als Erziehungswissenschaft) gesetzt. Der Beitrag findet sich in einem Band von Pongratz, Wimmer und Nieke, der erfreulicherweise online zugänglich ist – nämlich auf der Homepage von Rudolf Tippelt .

Terhart zeigt unter anderem, dass die durch die empirische Bildungsforschung forcierten und legitimierten Bildungsstandards auch philosophische Anteile enthalten – ein Beispiel, das ich sehr gut nachvollziehen kann und das aus meiner Sicht zeigt, dass gerade Fragen zu Zielen und Standards in verschiedenen Bildungskontexten (nicht nur in der Schule, sondern auch in der Hochschule – man denke nur an Bologna) ein Feld abstecken, auf dem Empirie und (philosophische) Reflexion Hand in Hand gehen sollten.

Podcasting im Bildungskontext

Zwei Folgen unseres – vor allem Rubens – Seminar zum Podcasting im Bildungskontext sind nun schon online. Nachdem der Städtepodcast zur WM (quasi zum Aufwärmen) einen solchen Erfolg hatte (Alex berichtet hier etwas genauer darüber), ist es freilich schwer, mit dem für manche sicher etwas trockeneren Bidungsthema (für mich ist es nicht trocken, aber das kann man ja wohl nicht generalisieren ;-)) daran anzuknüpfen. Ich meine aber, die Studierenden sind da auf dem richtigen Weg: Jedenfalls kann man sich beide Folgen gut anhören und merkt, dass es engagiert gemacht ist.

Ich habe es gewagt, beide Folgen relativ rasch zu kommentieren. Also …. das ist natürlich so eine Sache: Da wird jetzt quasi „öffentlich Kritik geübt“ in einem „Uni-Fall“, der ansonsten hinter verschlosssenen Seminarräumen stattfndet oder allenfalls (wenn es schon etwas fortschrittlicher zugeht) im geschützten virtuellen Raum. Ich meine aber, bis zu einem gewissen Grad geht das, wenn das Ganze keinen Bewertungscharakter, sondern „nur“ einen dialogischen Charakter hat – und genau so ist es meinerseits gemeint. Ich hoffe, das kommt auch so an!

Notebook-Studie: Abschlussbericht endlich online

Wenn man Untersuchungen macht, die auch für das Ministerium eines Bundeslandes interessant sind, kann es schon mal länger dauern, bis man Ergenisse öffentlich machen kann. Nun aber ist es soweit: Wir können unseren Abschlussbericht zur Notebook-Studie an einer bayerischen Hauptschule online stellen: Hier kann er abgerufen werden.

Wir (Eva Häuptle, Susie Brown und ich) bedanken uns an der Stelle noch einmal bei der Stiftung Bildungspakt Bayern: Die Kooperation war sehr gut, wir konnten unsere Studie ohne jede Einschränkung „von oben“ durchführen und die Ergebnisse kommunizieren. Unser Dank gilt natürlich auch und ganz besonders der untersuchten Hauptschule, ihren Schülern, Lehrern und dem Schulleiter.

Wir hoffen, dass die Studie einen Impuls für mehr Mut, Experimentierfreude und Kreativität beim Einsatz neuer Medien in der Schule anregt und allen Interessierten zeigt, wo die Chancen, aber auch die Grenzen und Bedingungen eines erfolgreichen Medieneinsatzes jenseits von dumpfen „Computer-machen-dumm“-Sprüchen liegen.

Inzwischen haben wir eine kleine Folgeuntersuchung beendet, in der ehemalige Notebook-Schüler, die nun in weiterführenden Schulen oder in der Ausbildung sind, noch einmal befragt haben. Wir hoffe, dass auch dieser Bericht bald zugänglich sein wird.

Medidaprix: Gutachter-Workshop

Vergangenen Donnerstag und Freitag war ich in Tübingen auf dem zweitägigen Gutachter-Workshop zum diesjährigen Medidaprix. Eines vorweg: Gerechtigkeit bei Preisverleihungen gibt es wohl nie. Man kann aber dem Medidaprix einen Vorwurf sicher NICHT machen: Dass man es sich leicht macht mit dem Verfahren. Im Gegenteil: Ich bin angetan und beeindruckt von der diskursiven und mehrstufigen Form der Auswahl, die viel Zeit and Anstrengung aller Beteiligten in Anspruch nimmt, aber dazu führt, dass keine leichtfertige Zusammenstellung der Finalisten zustande kommt. Wir (hier die Gutachterliste) haben über manche Punkte durchaus gestritten, es gab kontroverse Meinungen und es gab auch Fälle von Meinungsänderungen während der beiden Tage, WEIL Dialog und Diskussion stattfanden und man sich nicht auf einfache Punktesummierungen verlassen hat (was sicher schneller gehen würde).

Schön wäre es, wenn solche Verfahren öfter Anwendung finden würden – etwa auch im Falle der Forschungsförderung, bei der ich ja schon bisweilen den Eindruck habe, dass es da so etwas wie Kartelle gibt.

Ein Problem für mich ist, dass sich beim Medidaprix etablierte Projekte mit guter Ausstattung und bereits gewonnenen Preisen mit Low-Budget-Projekten messen lassen müssen und dass es genau da schwer wird, eindeutige Entscheidungen zu treffen. Wie wäre es mit einem Preis speziell für Low-Budget-Projekte, um vor allem jungen Einreichern (aber nicht nur diesen) mit kreativen Ideen noch mehr Chancen zu geben? Ich werde auf jeden Fall mal versuchen, diese Idee weiterzugeben und sie mit einigen Leuten zu besprechen, die da vielleicht ein wenig Gestaltungsmacht haben.

Fazit aus meiner ersten Medidaprix-Erfahrung als Gutachterin: Eine runde Sache (sicher auch mit Verbesserungspotenzial, aber das gibt es ja immer), bei der man gerade in der Gutachterposition eine ganze Menge lernen kann.

Hier gibt es ein paar Bilder.

EARLI-Konferenz 2007

Vor einige Tagen erhielt ich eine Anfrage von Dr. Guus Wijngaargs, Professor für E-Learning wegen eines gemeinsamen Symposiums auf der EARLI-Konferenz 2007. Der erste E-Mail-Austausch zum eher weiten Thema Blended Learning hat zumindest gezeigt, dass es da mehrere Anknüpfungspunkte zwischen uns gibt und ich bin eigentlich recht zuversichtlich, dass sich da etwas daraus „stricken“ lässt. Mehr dazu ein andermal, wenn das Ganze mehr Substanz hat und die Zielrichtung klarer ist.