GMW-Rückblick zum zweiten

Immerhin – es ist eine neue Idee für uns auf der GMW entstanden. In einen der Sessions haben wir (ganz klassisch – ohne Event- und Interaktions-Elemente – na ja, darf ja auch mal sein, oder? ;-)) unser neues Konzept für ein Online-Barometer vorgestellt, bei dem wir nicht mehr die Evaluationsfunktion in den Vordergrund stellen, sondern die Reflexions- und Interventionsfunktion mit dem Ziel, emotionale Kompetenz zu fördern. (Hier ein paar Eindrücke, die Jojo festgehalten hat). Leider habe ich den Eindruck, dass genau dieser Blickwechsel doch nicht so ganz bei allen Zuhörern angekommen ist. Wir hätten es vielleicht noch besser hervorheben sollen.

Nun ist die Idee entstanden, auf einer Web-Seite verschiedene Instrumente zu sammeln, die sich den Emotionen beim E-Learning widmen: Sei es als Reflexions- oder Evaluationsinstrument, mit Interventions- oder Diagnose- bzw. Messhinterhintergrund. Susanne Haab (Uni Zürich) ist schon mit im Boot. Mindestens drei Personen bzw. Arbeitsgruppen haben wir im Kopf, die wir ansprechen wollen. Wird ein paar Wochen dauern, soll aber zeitnah geschehen. Wir möchten aber nicht nur diese Instrumente sammeln, sondern es wäre ganz hervorragend, wenn wir auch die Erfahrungen mit diesen Instrumenten auf dieser Seite bündeln könnten. Wir nicht einfach werden, wir versuchen es aber einfach mal.

GMW-Rückblick zum ersten

Ich spare mir jetzt die vielen Links – von der GMW 2006-Seite kommt man eigentlich selbstständig relativ leicht auf alle Streams. Mein erster Rückblick betrifft die Panel-Diskussion: Das war das aufregendsten für mich, denn als es nach allen Vorbereitungen soweit war, konnte ich nichts mehr beeinflussen. Wir (das sind vor allem Frank und ich im Rahmen unseres kleinen, noch jungen Vereins Ökonomie und Bildung – selbst die Web-Seite steht noch nicht ordentlich, es gibt nur eine Seite zu unserem Symposium im Dezember 2005) haben uns schon recht viel Arbeit damit gemacht und natürlich – wie das immer so ist – wissen wir jetzt mal wieder, was man alles besser machen kann.

Wir wollten bewusst keine übliche Panel-Diskussion und wir haben über die eingestreuten Videoanker auch bewusst in Kauf genommen, dass die Redebeiträge der Panel-Teilnehmer vom Umfang her kleiner ausfallen werden bzw. müssen. Peter Meurer hat ja schon geklagt, dass die ersten beiden Videos zu lang waren; ja, das ist uns freilich auch aufgefallen – auch schon vorher. Doch: Auf das erste Video wollten wir nicht verzichten, zeigt es doch sehr schön, dass Augsburger Studierende (die sicher für viele Unis stehen, die sich nicht so sehr im Rahmenlicht befinden) zum Teil keine oder recht wenig Vorstellung von E-Learning haben, und dass St Gallener Studierende (die wohl auch für andere Unis stehen, in die man durchaus beachtliche Summen investiert) auch heute noch recht einseitige „Download-Upload-Vorstellungen und -Erfahrungen“ von E-Learning haben. Das kst wichtig, denn bei Fachtagungen, auf denen sich die Experten gegenseitig das Neue und Mögliche erzählen, darf man einfach auch die Realität nicht vergessen. Und auf die Vorstellungsrunde verzichten? Geht auch nicht. Man müsste sie aber kürzen – auch wenn es da vielleicht Proteste (im Vorfeld) seitens der Panel-Teilnehmer gibt. Aber wer schon mal Vorstellungsrunden live gesehen hat, weiß, dass diese oft bis zu einer halben Stunde dauern – man meint dann nur, es würde schon diskutiert werden. 😉

Jedenfalls war ich froh, dass es keinem (auffällig) langweilig wurde, dass auch die Panel-Teilnehmer mit einem Lächeln gegangen sind, dass uns die Technik nicht um die Ohren flog und dass einige doch diskussionswürdigen Statements gefallen sind – viele haben danach durchaus noch weiter diskutiert. Ich meine: Es war ein Versuch wert, mal eine solche Mischung aus Film und Diskussion im Rahmen einer GMW-Tagung. Falls wir es noch mal machen: Wir lernen selbstverständlich aus Fehlern.

Bildungsoffensive 2006

Da muss ich mich doch kurz mal aus dem Urlaub zu Wort melden, wenn von der Bildungsoffensive 2006 (bzw. dem zweiten Projekt dieser Initiative) die Rede ist. Zumindest eine Medienoffensive findet sich bei Checkpoint E-Learning zum Thema Notebooks in der Schule: leider eine sehr techniklastige – trotz alle Beteuerungen, wie wichtig doch pädagogisch-didaktische Konzepte und Lehrerfortbildung bei diesem Thema sind. Im Vordergrund steht nämlich ein Notebooks: das Edubook II. Dass die Technik primär ist, wird noch dadurch (aus meiner Sicht) unterstrichen, dass Informatiker die wissenschaftliche Begleitung an Schulen übernommen haben, die Edubooks im Unterricht einsetzen.

Nein, ich bin kein Gegner von technischem und wirtschaftlichem Engagement in der Schule; ein solches Engagement werden wir künftig wohl noch mehr brauchen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass Firmen in den heute harten Zeiten ein solches Engagement zu Marketingzwecken nutzen. Unsere Welt ist nun einmal auch eine ökonomische. Dass die Technik ein K.-o.-Kriterium ist, weshalb gut gewartete und sinnvoll ausgestattete Notebooks gerade in den Händen von Schülerinnen und Schülern wichtig sind, auch das wird niemand bestreiten, der nicht nur am Schreitisch sitzt, sondern sich der Bildungspraxis widmet.

Nicht nachvollziehbar ist für mich trotzdem die starke Fixierung auf ein Gerät bei gleichzeitiger Beanspruchung des Bildungsbegriffs (als Bildungsoffensive), denn: Wenn es um Bildung und Lernen, wenn es neben Fachwissen um überfachliche Kompetenzen wie die sog. Medien- und Informationskompetenz oder soziale und Problemlösefähigkeiten u. a. geht, spielt das Gerät letztlich keine Rolle. Da spielen die Lehrenden und ihr pädagogisch-didaktisches Wissen und Können mit und ohne neue Medien die wesentliche Rolle. Da kommt es darauf an, ob und wie ein Lehrender eigentlich selbst Zugang zu Technik und Software, zu virtuellen Informations- und Kommunikationswelten und deren enormen Chancen wie auch Grenzen hat.

Aber genau da sieht es düsterer aus als im Bereich der technischen Ausstattung von Schulen, Lehrern und Schülern (wobei die Schüler wohl ohnehin am besten ausgestattet sein dürften). Deshalb würde ich sehr dafür plädieren, dass engagierte Firmen genau hier – nämlich in die Lehreraus- und -fortbildung, also in Personen statt in Technik investieren – zumal wenn sie sich so etwas wie „social responsibility“ auf die Fahne schreiben. Universitäten werden auch dank Studiengebühren noch in den nächsten Jahrzehnten an Ressourcenmangel leiden; es fehlen vor allem Hochschullehrer – auch in der Lehrerbildung. Es fehlen genau da Hochschullehrer, die angehenden Lehrern beibringen könnten, wann und warum und in welcher Form neue Medien eine Hilfe sein können, um unsere Schulen zu verbessern – eine Hilfe wohl gemerkt!!

Also: Ich schließe mich den Initiatoren der Bildungsoffensive 2006 durchaus an, dass noch viel zu tun ist – aber warum nicht mal mit einem anderen Akzent: mit der Förderung von menschlichen Potenzialen an Schulen und Hochschulen – zugunsten unserer Kinder!

Anbei: Schön ist, dass Checkpoint E-Learning bei dem Thema auch auf unsere Notebook-Studie an der Hauptschule verwiesen hat – leider fehlt der Link zum Abschlussbericht.

Zu eigenen „Marketingzwecken“ dann auch gleich ein Hinweis auf unser „Intel-Projekt“ – und in der Tat: Auch da wäre es mir lieber, der Firmenname würde sich bescheidener im Hintergrund halten. Aber wie gesagt: Wenn wir das Engagement der Wirtschaft auch im Bereich der Bildung brauchen und wollen, müssen wir eben vernünftige Formen der Kooperation finden, was wohl auf ein Geben und Nehmen hinauslaufen wird – so lange es unseren Schulen, Lehrern und Schülern nützt!

Podcasting im Bildungskontext

Zwei Folgen unseres – vor allem Rubens – Seminar zum Podcasting im Bildungskontext sind nun schon online. Nachdem der Städtepodcast zur WM (quasi zum Aufwärmen) einen solchen Erfolg hatte (Alex berichtet hier etwas genauer darüber), ist es freilich schwer, mit dem für manche sicher etwas trockeneren Bidungsthema (für mich ist es nicht trocken, aber das kann man ja wohl nicht generalisieren ;-)) daran anzuknüpfen. Ich meine aber, die Studierenden sind da auf dem richtigen Weg: Jedenfalls kann man sich beide Folgen gut anhören und merkt, dass es engagiert gemacht ist.

Ich habe es gewagt, beide Folgen relativ rasch zu kommentieren. Also …. das ist natürlich so eine Sache: Da wird jetzt quasi „öffentlich Kritik geübt“ in einem „Uni-Fall“, der ansonsten hinter verschlosssenen Seminarräumen stattfndet oder allenfalls (wenn es schon etwas fortschrittlicher zugeht) im geschützten virtuellen Raum. Ich meine aber, bis zu einem gewissen Grad geht das, wenn das Ganze keinen Bewertungscharakter, sondern „nur“ einen dialogischen Charakter hat – und genau so ist es meinerseits gemeint. Ich hoffe, das kommt auch so an!

Medidaprix: Gutachter-Workshop

Vergangenen Donnerstag und Freitag war ich in Tübingen auf dem zweitägigen Gutachter-Workshop zum diesjährigen Medidaprix. Eines vorweg: Gerechtigkeit bei Preisverleihungen gibt es wohl nie. Man kann aber dem Medidaprix einen Vorwurf sicher NICHT machen: Dass man es sich leicht macht mit dem Verfahren. Im Gegenteil: Ich bin angetan und beeindruckt von der diskursiven und mehrstufigen Form der Auswahl, die viel Zeit and Anstrengung aller Beteiligten in Anspruch nimmt, aber dazu führt, dass keine leichtfertige Zusammenstellung der Finalisten zustande kommt. Wir (hier die Gutachterliste) haben über manche Punkte durchaus gestritten, es gab kontroverse Meinungen und es gab auch Fälle von Meinungsänderungen während der beiden Tage, WEIL Dialog und Diskussion stattfanden und man sich nicht auf einfache Punktesummierungen verlassen hat (was sicher schneller gehen würde).

Schön wäre es, wenn solche Verfahren öfter Anwendung finden würden – etwa auch im Falle der Forschungsförderung, bei der ich ja schon bisweilen den Eindruck habe, dass es da so etwas wie Kartelle gibt.

Ein Problem für mich ist, dass sich beim Medidaprix etablierte Projekte mit guter Ausstattung und bereits gewonnenen Preisen mit Low-Budget-Projekten messen lassen müssen und dass es genau da schwer wird, eindeutige Entscheidungen zu treffen. Wie wäre es mit einem Preis speziell für Low-Budget-Projekte, um vor allem jungen Einreichern (aber nicht nur diesen) mit kreativen Ideen noch mehr Chancen zu geben? Ich werde auf jeden Fall mal versuchen, diese Idee weiterzugeben und sie mit einigen Leuten zu besprechen, die da vielleicht ein wenig Gestaltungsmacht haben.

Fazit aus meiner ersten Medidaprix-Erfahrung als Gutachterin: Eine runde Sache (sicher auch mit Verbesserungspotenzial, aber das gibt es ja immer), bei der man gerade in der Gutachterposition eine ganze Menge lernen kann.

Hier gibt es ein paar Bilder.

WM-Städte-Podcast jetzt vollständig

Das WM-Stäfte-Podcast PODolski & Co aus unserem Seminar, das Ruben erfolgreich leitet, ist jetzt vollständig: Alle 13 Folgen kann man sich anhören unter dieser URL. In jeder Folge wird eine WM-Stadt vorgestellt. Ziel war es, dass die Studierenden schlichtweg lernen, wie man ein Pdcast macht; sie sollten eigene Erfahrungen sammeln, um sich jetzt, im verbleibenden Teil des Semesters, Gedanken darüber zu machen, wie man Podcasting im Bildungskontext nutzen kann.

Doch ich finde, es ist mehr als eine Aufwärmübung für dieses Ziel. Ich meine, es ist fast schon ein didaktischer Vorschlag.

  • Nehmen wir einfach mal die Schule: Es ist in jedem Fall didaktisch sinnvoll, aktuelle, aufmerksamkeitserregende Ereignisse aufzugreifen und für den Unterricht zu nutzen: Wäre das nicht ein wunderbares Erdkunde-Projekt gewesen? Gleichzeitig werden Kompetenzen im Umgang mit den neuen Medien gefördert – was sicher mehr bringt als dumpfe Handy-Verbote.
  • Nehmen wir die Hochschule: Viel ist im Moment von E-Portfolios u. ä. die Rede (einige Einträge dazu finden sich bei Peter Meurer, z. B. hier), also davon, Ergebnisse auch sichtbar zu machen. Podcasting ist eine Möglichkeit des produktorientierten Lernens und Arbeitens, bei dem man sich einer kritischen Öffentlichkeit stellt – und nicht nur dem Dozenten.

Freilich, das sind noch nicht viele und auch keine spektakulären Gedanken, aber ein Anfang, dem möglichts rasch Taten folgen sollten, um die Ideen mit Erfahrungen zu unterfüttern.

Mehr Gedanken zu dem Thema von anderen finden sich z.B. hier.

Wissenschaftliches Arbeiten

Wissenschaftliches Arbeiten ist alles andere als ein Ladenhüter: Immer wieder kann man als Hochschullehrer feststellen, dass wir dieses Thema viel aktiver und gezielter aufgreifen müssten, dass es manchen Studierende eben nicht gelingt, sich dieses Thema quasi nebenbei anzueignen. Umso erfreulicher ist es, das Peter Baumgartner und Sabine Payr eine Neuauflage ihres Buches planen, das vor einigen Jahren eher unglücklich als „Studieren und Forschen mit dem Internet“ bezeichnet wurde und auf diese Weise den eigentlichen Kern – nämlich das wissenschaftliche Arbeiten – nicht deutlich werden lässt. Peter gibt hierzu einige Infos in seinem Weblog.

In diesem Sommersemester sitzen (bei uns in der Medienpädagogik) im Rahmen eines Projektseminars zehn Studierende ebenfalls an diesem Thema: Es geht um die Konzeption einer Online-Umgebung mit Materialien und Interaktionsmöglichkeiten für Studierende ebenso wie für Tutoren/innen, die sich jedes Jahr den Nöten der Erstsemester (und darüber hinaus) annehmen. Peter Baumgartner will nun ebenfalls das Online-Angebot zu seinem Buch ausbauen. Vielleicht gelingt ein Austausch – zu hoffen wäre es ja angesichts Diskussionen über collaborative wirting, reusable learning objects und open content.

Emotion und E-Learning: Psychologische Bedürfnisse

Andreas Krapp hat sich in einem neuen Artikel mit den positiven Effekten des Wohlbefindens im Lehr-Lerngeschehen auseinandergesetzt und dabei (noch einmal) gründlich die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan unter die Lupe genommen. Es geht ihm dabei um primäre emotionsgesteuerte Vorgänge, die für das Lernen von großer Bedeutung sind – aber wenig ernsthaft erforscht werden, vor allem weil sie sich der klassischen (pädagogisch-)psychologischen Experimentalforschung entziehen.

Psychologen und vielen Pädagogen sind die Selbstbestimmungstheorie und ihre Relevanz für Lernen und Lehren nicht neu. Trotzdem finde ich Krapps Artikel eindringlicher und überzeugender als das, was ich bisher darüber gelesen habe. Theoretisch gut nachvollziehbar wird hergeleitet, dass und warum der Mensch nach Erkenntnis strebt, warum er „Herr seiner selbst“ bleiben will und warum er trotzdem nicht alleine sein möchte – wenn man es einmal kurz und bündig (umgangssprachlich) auf den Punkt bringen will. Tief sitzende psychologische Bedürfnisse dieser Art sind immer da – also auch beim Lernen.

Wichtig sind diese Ausführungen u. a. für unser Onlinebarometer und unsere Bemühungen, das Thema Emotionen in einer für Lernende und Lehrende akzeptablen Form zum Gegenstand des Interesses und Handelns zu machen – was gar nicht so einfach ist …. denn wer spricht schon gern über seine Gefühle.

Krapp, A. (2005). Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse: Ein Erklärungsansatz für die positiven Effekte von Wohlbefinden und intrinsischer Motivation im Lehr- Lerngeschehen. Zeitschrift für Pädagogik, 51 (5), S. 626-641.

Web 2.0 – ein Phantom?

Peter Baumgartner schreibt vom Web 2.0, Michael Kerres auch; im Weiterbildungsblog wird darauf verwiesen – es schein also wichtig zu sein. Oder doch nicht? Wenn ich ehrlich bin, fällt mir, wenn ich über neuer Konstrukte wie Bildungspsychologie nachdenke, mehr ein als bei der Reflexion über Begriffe, die , mal wieder – ähnlich wie Social Software – eine neue Kiste für ein ganze Reihe technologisch getriebener Phänomene suchen. Das gilt besonders dann, wenn sie weitgehend inhaltsleer sind wie „Web 2.0“.

Es gibt nicht „das Web 2.0“ – ist es also ein Phantom? Oder eine begriffliche Stütze? Oder ein Weg zur Konstruktion von etwas tatsächlich Neuem?

Der Markt an Tools ist unglaublich schnelllebig geworden; meiner Beobachtung zufolge halten haben wir in der Forschung kaum eine Chance, da mit theoretischen Überlegungen oder gar empirischen Arbeiten auch nur in einigermaßen tolerablen Zeitabständen hinterher zu kommen – jedenfalls nicht, wenn man die gängigen wissenschaftlichen Standards angelegt. Zugegeben: Ein ganze Reihe Weblogs von klugen Menschen sowie meine studentischen und wissenschaftliche (jungen) Mitarbeiter helfen mir, zumindest begrifflich soweit auf der Höhe zu bleiben, dass ich weiß, wovon im Moment die Rede ist. Das ist für Psychologen und Pädagogen, die mit ihrer Arbeit neben den wissenschaftlichen Leistungen auch einen gesellschaftlichen Beitrag liefern wollen, ein echtes Problem. Ich meine, wenn man schon erleichtert oder gar erfreut ist, zu wissen, wovon die Rede ist: Was ist das für ein Erfolgskriterium? Andererseits könnte es auch wieder gut sein, nicht sofort in jeden neue technologische Errungenschaft zu versinken, sondern etwas distanzierter nachzuhaken, ob wir darin nicht doch etwas alt Bekanntes entdecken oder eine Variation des schon mal Dagewesenen. Aber gut: Ich versuche, am Ball zu bleiben – mit vereinten Kräften wird es schon gehen 😉

Bildungspsychologie

Im Heft 4 der Psychologischen Rundschau aus dem vergangenen Jahr (2005) findet sich ein Vorschlag zur Konzeptionierung einer eigenen Bildungspsychologie von Christiane Spiel und Ralph Reimann. Sieben kurze Kommentare setzen sich (im selben Heft) teils stark befürwortend, teils zurückhaltend, teils skeptisch mit diesem Vorschlag auseinander. Leider ist das nicht online zu haben; da muss man sich in die Bibliothek begeben – wer Interesse hat, für den lohnt es sich aber.

Knapp zusammengefasst soll sich die Bildungspsychologie mit Bildungsprozessen (sowie mit den Bedingungen und Maßnahmen, die Bildungsprozesse beeinflussen können), beschäftigen. Der Bildungsbegriff selbst wird recht formal definiert. Die Bedingungen von und Maßnahmen für Bildung sind eher breit zu verstehen und werden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet: Erstens sollen mehrere alterspezifische Bildungsphasen eines Individuums unterschieden werden (beginnend vom Kindergartenalter und Familienkontext über Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Schule, Aus- und Weiterbildung bis zum hohen Alter). Zweitens sollen abgrenzbare Aufgabenbereiche unterschieden werden (Forschung, Beratung, Prävention, Intervention, Controlling). Drittens soll zwischen verschiedenen Abstraktions- und Handlungsebenen unterschieden werden (Mikro-, Meso-, Makroebene).

Meine Meinung? Grundsätzlich gut finde ich, dass sich die Psychologie mit Fragen der Bildung beschäftigen will – auch wenn das natürlich die Pädagogische Psychologie ebenfalls (ansatzweise) tut. Da Bildung in unserer Gesellschaft immer wichtiger wird, kann es nicht schaden, dass sich neben den genuin pädagogischen Disziplinen und Fächern sowie der Pädagogischen Psychologie ein weiterer Zweig auftut, der eventuell andere Akzente setzt und traditionelle Bereiche auf diese Weise ergänzt. Skeptisch bin ich, wie die seit je her am naturwissenschaftlichen Ideal ausgerichtete Psychologie den Spagat zwischen ihrem doch eher engen Wissenschaftsbegriff und Wertefragen hinbekommen wird, die sich aus der Beschäftigung mit Bildung aus meiner Sicht zwangsläufig ergeben.

Nun ist ein Lehrbuch zur Bildungspsychologie geplant; es richtet sich an Lehrende und Studierende der Psychologie und verwandter Studienrichtungen, an Lehramtsstudierende aller Richtungen sowie an interessierte Personen, die in Bildungseinrichtungen arbeiten oder sich allgemein mit psychologischen Aspekten des Bildungsgeschehens auseinandersetzen wollen. Ich bin um einen Beitrag gebeten worden: Ich werde mich gerne beteiligen – schon allein, weil ich neugierig bin, ob und inwieweit dieser Vorstoß sozusagen „das Geschäft“ in den „Bildungswissenschaften“ im weitesten Sinne belebt, also in allen Disziplinen und Fachrichtungen, die sich mit Aspekten der Bildung beschäftigen.