Warum ich lieber lehre als in Gremien sitze

Warum wird man Professor an einer deutschen Universität? In der Regel, weil man forschen will, nicht aber, weil man ein enthusiastischer Lehrer ist und auch nicht, weil man die akademische Selbstverwaltung so toll findet. Beides – Lehre und Gremienarbeit im weitesten Sinne (die, wie z.B. dieser Artikel hier zeigt, durchaus wichtiger ist denn je) – gehören aber neben der Forschung zum „Berufsbild“ eines Professors. Je nach Erfahrung, Kompetenz und persönlicher Zielsetzung integriert man das auf unterschiedliche Weise mal besser, mal schlechter in den akademischen Alltag.

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Dann gute Nacht

Der Thementeil der aktuellen Ausgabe von Forschung und Lehre blickt ins Jahr 2030 und fragt nach Entwicklungen in der Wissenschaft. Es ist klar, dass sich da die Digitalisierung stark nach vorne drängt. Unter den Beiträgen findet sich ein interessantes Interview mit dem Informatik Professor Gerhard Lakemeyer, der zu den Chancen und Risiken technischer Systeme, die selbständig entscheiden und handeln (also zur Künstlichen Intelligenz – KI) befragt wird. Lakemeyer weist im Interview mehrfach auf den großen Mangel an Forschung und Lehre zur Ethik hin: Die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen sei ganz zentral für die KI – in der Ausbildung ebenso wie in der Forschung, die entsprechend interdisziplinär sein müsse. Menschen z.B. setzen sich intuitiv über Regeln hinweg, wenn es einem höheren Zweck dient – Maschinen tun genau dies nicht. Menschen kommen auch, nach erster Orientierung, in Situationen irgendwie zurecht, die sie noch nie erlebt haben – für Maschinen sei das fast unmöglich. Weniger das Wegfallen bisheriger Berufe bereitet Lakemeyer die größte Sorge (hier müsse die Politik allerdings endlich aktiv werden), sondern das Aufkommen automatischer Waffensysteme, mit denen Menschen einen immensen Schaden anrichten können: „Wenn bspw. Autonome bewaffnete Drohnen in falsche Hände geraten, dann gute Nacht“.

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Blogsterben

Vielleicht liegt das ja nur in meinem persönlichen Umfeld, aber meine Annahme auf Grundlage meiner (unsystematischen) Beobachtung ist: Als Wissenschaftler bloggen und folglich über Dinge berichten, die man für mitteilungswürdig hält, erste Ideen oder interessante Fundstücke teilen und öffentlich reflektieren über das, was einen bewegt, scheint keine Konjunktur mehr zu haben – von Ausnahmen, nämlich der „Eröffnung“ neuer Blogs wie den von Tobias, mal abgesehen ;-). Blogs einzelner Wissenschaftler werden tendenziell eher eingestellt oder sind verwaist oder auf Links und Wiedergaben von Inhalten ohne eigene (nennenswerte) Kommentierung reduziert. Wo sind die Meinungen, die Positionen, die Kritik? Und was sind die Gründe für das Blogsterben? Keine Zeit (mehr), weil man die man für Forschungsanträge und Administration braucht? Kein unmittelbarer Gewinn für die eigene Arbeit, ohne den es nicht mehr geht? Angst vor Kommunikationsabteilungen, die das gar nicht gerne sehen, wenn nicht alle kommunikative Energie in die PR der Organisation fließen? Sorge gar, die Unileitungen könnten sich an der öffentlich geäußerten Meinung ihrer Wissenschaftler stoßen? Hemmungen, weil Blogs keine Hochglanz-Produkte sind, die inzwischen auch die Universitäten (früher nur die Firmen) pflastern? Oder von allem ein bisschen?

Ich weiß es nicht. Mag jemand dazu mal eine Studie machen – also zum Blogsterben in der Wissenschaft (falls es ein solches tatsächlich gibt)? 🙂 Die Gründe wären schon sehr interessant; sie könnten vielleicht auch ein Indikator (von vielen anderen) für den Zustand unseres Wissenschaftssystems sein.

Hauptsache kurze, knackige Begriffe

„Digitale Bildung gibt es nicht, genauso wenig wie es analoge Bildung gab oder gibt. Wenn schon, dann gibt es Bildung. Punkt.“ – so beginnt Joachim Wedekins aktueller Blog-Post. Auch wenn der Bildungsbegriff ein typisch deutscher sei und vielfältig interpretiert werde, beliebig (verwendbar) sei er dennoch nicht, macht Joachim klar, auch wenn er Verständnis für das Bedürfnis nach „kurzen, knackigen Begriffen oder Halbsätzen“ auf Tagungen und Kongressen signalisiert. Er liefert im Anschluss eine ansehnliche Liste mit Ankündigungen, die alle mit der „digitalen Bildung“ (vor allem im Kontext Schule) winken. Ich kann das Unbehagen verstehen und habe mich schon vor mehr als zwei Jahren (hier) anlässlich der Gründung des Hochschulforums Digitalisierung gefragt, warum ich mich mit dem Begriff der „Digitalisierung“ so schwer anfreunden kann (was allerdings nicht der Grund war, warum ich das Forum letztlich verlassen habe).

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Ein bisschen wie Radfahren

Die vielen „Aufbauarbeiten“ und immer wieder neuen Herausforderungen in den letzten paar Jahren haben dazu geführt, dass ich im Vergleich zu früheren Semestern eher wenige Lehrveranstaltungen angeboten habe. Im vergangenen Wintersemester dann konnte ich im Rahmen einer Blended Learning-Veranstaltung im Master of Higher Education testen, ob ich es noch kann … also okay – ist ein bisschen wie Radfahren, verlernt man nicht so schnell 😉 Im April, Mai und Juni habe ich nun die Aufgabe, jeweils dreitägige Blockveranstaltungen anzubieten. Inhaltlich und methodisch konzipiert sind alle drei Angebote zu den Themen Curriculumentwicklung, didaktische Prüfungsgestaltung und forschungsnahes Lehren und Lernen bereits. Während mir die Themen vertraut sind, sind es die Formate eher nicht: Drei Tage am Stück werden mich durchaus herausfordern. Blockveranstaltungen in dieser Länge verlangen natürlich eine ganz andere Dramaturgie als die wöchentliche Lehrveranstaltung. Ich bin gespannt, wie gut oder schlecht ich simuliert habe, was es da nun in den kommenden Tagen und Monaten umzusetzen gilt. Ich werde in jedem Fall von meinen Erfahrungen mit dieser Form von Veranstaltung (im Sommer) berichten.

Anekdotisch bis essayistisch

Forschende und lehrende Hochschuldidaktiker an Universitäten zeichnen sich dadurch aus, dass in ihrer Person Wissenschaft (die Wissenschaft vom Lehren und Lernen) und Praxis (die Praxis der Hochschullehre) verschmelzen, oder anders formuliert: Hochschuldidaktiker an Universitäten, wenn sie denn Professuren bekleiden (versus in Serviceeinrichtungen sitzen) befinden sich in der Situation, dass sie zugleich Forscher und Praktiker im gleichen Feld sind: Sie erforschen das akademische Lehren und Lernen und sind zugleich praktisch tätige Akteure in der Hochschullehre. Diese besondere Situation gilt für andere Hochschullehrer nicht der gleichen Form – selbst dann nicht, wenn sie sich im Sinne einer Scholarship for University Teaching ebenfalls forschend mit ihrer Lehre auseinandersetzen, denn nur für Hochschuldidaktiker gilt, dass ihr Praxis- und ihr Forschungsfeld zusammenfallen. „Anekdotisch bis essayistisch“ weiterlesen

Allerbeste Forschung

Einmal im Monat kommt per E-Mail der DHV-Newsletter. Vor ein paar Tagen habe ich die dritte Ausgabe von 2016 geöffnet; die erste drei Kurzmeldungen trugen die Titel: Eckpunkte der Exzellenzinitiative sollen stehen – Hochschulleitungen für exzellente Förderung über Spitzenforschung hinaus – Neue Förderpläne für innovative Hochschulen, wobei es auch unter dem dritten Titel um Leistung und Exzellenz geht. Letzten Monat (siehe hier) sah es ganz ähnlich aus; da hieß es: Exzellenzinitiative I: Imboden-Kommission legt Bericht und Empfehlungen vor – Exzellenzinitiative II: DHV will Neuausrichtung – Exzellenzinitiative III: HRK gegen Exzellenzregionen.

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Neue Inhaltlichkeit

Zufällig bin ich auf die Zeitschrift erwachsenenbildung.at gestoßen. Die Ausgabe 20 vom Oktober 2013 trägt den Titel „Didaktik im Spiegel. Das Ringen um den Kern der Professionalität“, wobei die Professionalität der Erwachsenenbildner gemeint ist.

Die Beiträge von Martin Lehner und Stephan Frank thematisieren die Vernachlässigung des Inhalts in der Didaktik der vergangenen Jahrzehnte – eine Beobachtung, auf die ich erst kürzlich im Zuge der Erarbeitung einer Veranstaltung zur Curriculumentwicklung (hier) aufmerksam gemacht habe.

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Abschied vom Bildungsinhalt

Curriculumentwicklung – das klingt im Rahmen der Didaktik selbstverständlich. Man sollte also wissen, was das heißt. Ist das so? Im April werde ich eine dreitägige Veranstaltung zur Curriculumentwicklung anbieten. Es ist klar, dass ich mich da nicht darauf verlasse, schon zu wissen, was alles dahintersteckt. Der Beginn der Planung besteht also darin, erst mal das Feld für diese Veranstaltung inhaltlich abzustecken – und ja, noch VOR den Zielen. Nach meinen Recherchen hat sich meine Vermutung erhärtet, dass speziell im Kontext Hochschule keineswegs klar ist, was jemand meint, wenn er Curriculumentwicklung sagt.

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Gier 4.0

Joachim Wedekind stellt (hier) fest: Alle beanspruchen plötzlich für sich die Version 4.0 – auf Gipfeltreffen, IT-Konferenzen und in Berichten über die Entwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft. An mehreren Beispielen zeigt er, wie einfallslos die als Innovation deklarierten Entwicklungen sind – weit weg davon, die relevanten Probleme zu lösen, die wir haben und weiter auf uns zukommen. Wedekind kritisiert: Die Digitalisierung wird als alternativlos bezeichnet (ein Thema, das ich auf der Campus Innovation 2014 kurz aufgegriffen hatte, weil ich diesen Eindruck regelmäßig z.B. beim jährlichen Horizon Report habe: siehe hier) – und alle nicken: Erfolgreiche Lobbyarbeit, wie Wedekind treffend darstellt. Es würden falsche Prioritäten gesetzt und alte Denkmuster in die digitalisierte Welt fortgeschrieben. Am Ende dürfte vor allem eines in der mindestens vierten Version vorliegen: die Gier.

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