Wer ist verantwortlich?

Die Frage, wer die Verantwortung trägt, stellt sich im Moment ja ziemlich oft: Wer ist verantwortlich für die aktuelle Ölpest, wer für die Euro-Krise und wer dafür, dass die Ziele, die man für Forschung und Hochschulbildung in Deutschland gesteckt hat, nicht erreicht werden? In der Hochschulrektorenkonferenz, unterstützt vom Bundespräsidenten und Ministerin Schavan (von der man ja sonst nicht mehr viel hört) wird der Ruf laut, Bildung und damit auch die Hochschulen (wieder) unter eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu stellen und folglich dem Bund mehr Rechte, aber natürlich auch Pflichten zu geben, auch wenn es um die Hochschulen geht. Ob da wirklich so viel mehr Finanzkraft als von den Ländern kommt, kann ich nicht beurteilen; zumindest habe ich da meine Zweifel. Dass Kleinstaaterei bei so grundsätzichen Fragen wie in der Bildung aber mehr als verzichtbar ist, das glaube ich schon. Mal schauen, was aus diesem Vorstoß wird. Hier die dazugehörige (kurze) Pressemeldung der HRK.

Aufwand und Nutzen für Doktoranden

Am Freitag letzter Woche (05.05.2010) hatten wir bereits den zweiten Termin des Frühjahrskolloquiums. Zu den Neuerungen gehört, dass wir die Zeit von 12.30 bis 17.00 Uhr nicht mehr nur mit zwei Doktoranden füllen, die den Stand ihrer Arbeit präsentieren, sondern mit drei. Warum? Weil ich gerne in jedem Zyklus etwas mehr Zeit für (a) mindestens einen Gastvortrag und (b) allgemeine Themen, die wir eher in Form eines Workshops bearbeiten, in das Kolloquium integrieren möchte. Um aber den Doktoranden dennoch die gleiche Aufmerksamkeit wie früher zukommen lassen zu können, haben wir vereinbart, dass jeder Doktorand ca. 10 Tage vor seiner Präsentation auf ca. zwei (maximal drei) Seiten verbal zusammenfasst, was der Stand seiner Arbeit ist und vor welchen offenen Fragen er gerade steht, die er in der Gruppe vordringlich besprechen möchte. Ich bekomme zunächst diese erste Fassung und kann dann schon mal Rückmeldung geben, die ich mir im Kolloquium selbst sparen kann. Die zweite Version des kurzen Status-Berichts wird dann allen aus der Doktorandengruppe ca. eine Woche vor dem Kolloquiumstermin zur Verfügung gestellt, sodass sich jeder vorbereiten kann. Der Vorteil: Lange Präsentationen über an sich schon bekannte Dinge (vor allem wenn die Arbeiten schon länger laufen) entfallen und wir kommen schneller und intensiver ins Gespräch.

Der erste Versuch, es mal so zu machen, wie beschrieben, hat gut funktioniert. Sandra, Mandy und Detlev haben sich in das nun straffere Zeitkonzept ohne besondere Schwierigkeiten begeben können und waren mit der Besprechung ihrer Arbeiten in der Gruppe recht zufrieden. Im Nachgang soll dann noch eine kurze Reflexion über die Resultate für die eigene Arbeit aus der Diskussion verfasst werden. Auch das scheint zielführend zu sein. Besonders froh bin ich über die in Sandras Blog (hier) dargestellten Meinungen dazu. Ich empfehle auch, die kurze Diskussion zu diesem Post zu lesen, in dem der Aufwand noch einmal besprochen wird.

Wir dokumentieren die genannten Dinge (also auch die Vorbereitungen und Reflexionen) alle auf Mahara – einem System, an dem wir gerade noch ein bisschen herumbasteln (hier). Im Laufe der Zeit wird sich zeigen, wer von den Doktoranden für welche Kreise seine Aufzeichnungen zugänglich machen will. Wir wollen da nichts überstürzen und müssen uns auch alle erst mit der neuen Software vertraut machen.

Ich denke einerseits nicht, dass sich ein solches Vorgehen in Doktoranden-Veranstaltungen eins-zu-eins im BA-Studium umsetzen lässt. Andererseits habe ich auch mit BA-Studierenden schon gute Erfahrungen damit gemacht, sie ab und zu (wo es ihnen selbst wichtig ist!) zum Verschriftlichen ihrer Gedanken zu „zwingen“. Das nämlich gibt mir auch die Möglichkeit, direkt darauf (ebenfalls schriftlich) zu reagieren, was dann mehrfach nachgelesen und wirklich „verarbeitet“ werden kann; im flüchtigen Gespräch ist genau das nicht immer möglich.

Nochmal GMW mit einer interaktiven Postersession

Neben dem Peer Review-Artikel (mit Silvia Sippel und Christian Spannagel) habe ich mit Mandy Schiefner und Alex Florian einen weiteren Beitrag mit dem Titel „Open Study Review“ zur diesjährigen GMW-Tagung eingereicht. Auch dieser wurde angenommen und soll als Grundlage einer interaktiven Postersession dienen. Der Beitrag stellt die Grundidee eines Konzepts vor, mit dem wir die Recherche nach empirischen Studien im Bereich Bildungswissenschaft sowie die Dokumentation von Rechercheergebnissen unterstützen wollen. Gleichzeitig soll das Instrument als eine didaktische Maßnahme in der Lehre genutzt werden können.  Auf der GMW selbst (also bis September) soll eine prototypische Umsetzung dieses Konzepts fertig sein, sodass es sich anbietet, mit Interssierten über die dann noch ausstehenden Herausforderungen zu sprechen und in Interaktion zu treten. Zudem würden wir uns natürlich freuen, „Mitstreiter“ zu finden, also Personen, die Interesse daran haben, ein „Open Study Review“ in der Lehre versuchsweise einzusetzen. Anbei der Preprint:

StudyReview_GMW10

Neues virtuelles Zuhause

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir in Augsburg einen neuen Web-Auftritt für das imb erarbeitet haben – dummerweise konnte ich davon nicht lange zehren. Aber so ist das eben, wenn man etwas (bzw. sich selbst) verändern will, wenn man was Neues anfangen und neue Erfahrungen sammeln möchte, wozu eben auch Kontextwechsel gehören. Und das bedeutet natürlich viel Neu-Aufbau – auch was die Web-Präsenz (http://lernen-unibw.de/) betrifft, die nun weitgehend steht – wie üblich mit noch einigen „Baustellen“. Vielen Dank an der Stelle vor allem an Alex und alle anderen, die mitgeholfen haben und weiter mithelfen.

Nun ging bzw. geht es aber diesmal nicht um ein ganzes Institut (aber das gab es 2001 in Augsburg auch nicht), sondern nur um eine kleine Professur – „back to the roots“ sozusagen. Wir fangen also wieder klein an – und es gibt womöglich auch gute Gründe, klein zu bleiben … na ja, mal sehen, was die Zukunft bringt.

Peer Review auf der GMW

Für die Jahrestagung der GMW 2010 in Zürich haben Silvia Sippel, Christian Spannagel und ich einen Beitrag zum Peer Review eingereicht. Dieser wird im diesjährigen GMW-Band erscheinen, der selbst auch wieder online verfügbar sein wird. Wir haben uns dazu entschieden, die interaktiven Formate zu nutzen und ein „Learning Café“ zum Thema Peer Review anzubieten. Der Beitrag dient also nur als Aufhänger. Das Thema Peer Review ist streitbar. Welche Rolle digitale Medien, speziell Web 2.0-Anwendungen dabei spielen können, steigert die Kontroverse erfahrungsgemäß noch einmal. Von daher glauben bzw. hoffen wir, dass es viel Gesprächsstoff und Diskussionen gibt, aus denen womöglich auch ein paar neue Ideen hervorgehen.

PeerReview_GMW10

Einstieg in den Ausstieg

Von wegen keine Kommentarkultur: Es kommt eben auf die Art der Meldung an, ob und wie viele Kommentare man erhält. Persönliche Meldungen, die uns berühren, regen offenbar mehr dazu an, sich mitzuteilen, als wissenschaftliche Beiträge. Und wenn es dann noch eine Ankündigung des Einstiegs in einen weitgehenden Aussteig aus der Web 2.0-Welt ist, dann ist das auf diesem Kommunikationskanal (also Blogs) wohl nur verständlich. Christian fühlt sich im Netz verstrickt und kappt konsequenterweise etliche Verbindungen – ohne uns aber (wie er ankündigt) komplett verloren zu gehen. Ein sicher sinnvoller Schritt … und interessante zahlreiche Reaktionen – hier nachzulesen.

Nachtrag (08.05.2010): Christian hat seinen Ausstieg nun doch etwas näher erläutert (hier), worauf ich der Vollständigkeit halber noch kurz verweisen möchte.

Neue Münchner Runde

Letzten Freitag hatten wir das erste Doktorandenkolloquium in München. Trotz Trimester werden wir unseren Rhythmus beibehalten und uns jeweils im Frühjahr/Sommer (April bis Juni) sowie im Herbst/Winter (Oktober bis Dezember) sechs bis sieben Freitag-Nachmittage treffen, um zum einen den aktuellen Stand der Dissertationen zu besprechen und zum anderen spezielle Themen anzugehen, die die Gruppe gerade bewegen. Auch Vorträge von Gästen werden wir an dieser Stelle aufnehmen. Mit dem „Umzug“ nach München sind wir auch eine neue technische Unterstützung des Doktorandenkolloquiums angegangen: Alex und Silvia haben mich von Mahara überzeugt – wir sind aber noch nicht ganz fertig, sodass ich erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt darauf verweisen werde. Ich habe mir vorgenommen, über die Kolloquien auch öffentlich etwas mehr zu berichten – in kurzer Form als Information für Interessierte. Sobald wir online mehr verfügbar haben, werden dann auch die Zeitpläne verfügbar sein, an denen man sehen kann, welche Themen oder Präsentationen anstehen. Über eine kurze informelle Anmeldung kann man dann auch als Gast im Kolloquium teilnehmen.

Anbei nun ein kurzes Ergebnisprotokoll über die erste Sitzung im neuen Münchener Kontext: Zusammenfassung_30_04_10

Ein Problem des mittleren Erwachsenenalters?

Ja, es ist schon eine Weile her, als ich bei meinen Recherchen feststellte, dass das mittlere Erwachsenenalter interessanter Weise recht wenig erforscht ist – jedenfalls wenn man es mit Kindheit, Jugend oder Alter vergleicht. Das war 2006, als ich eine Anfrage zur Mitarbeite an einem Buch über Bildungspsychologie erhielt (hier der damalige Blogbeitrag dazu). Nun – vier Jahre später – ist es endlich soweit: Herausgegeben von Christiane Spiel et al. ist der Band „Bildungspsychologie“ beim Hogrefe Verlag erschienen.

Im Vorwort heißt es: „Die kürzeste Zeitspanne zwischen der Zusage ein Buchkapitel zu verfassen und der Einreichung der Erstversion betrug 3 ½ Monate, die längste Zeitspanne ziemlich genau 4 Jahre“. Nun, da kann ich mich ja ganz gut verorten und interessieren würde es mich schon, wer so wichtig ist, dass man es gestattet, die Deadline gleich um ein paar Jahre zu überschreiten. Ich persönlich ärgere mich über mangelnde Disziplin bei Autoren/innen immer wieder sehr, denn wenn die Zeit zu knapp ist, dann lässt man es halt sein – was ist daran so schwierig? Vielleicht ist es ein Problem vor allem des mittleren Erwachsenenalters, weil das eine Zeit ist, in der ALLES wichtig ist? Beruf, Familie, Kinder, persönliche Entwicklung?

Nun gut: Jetzt bin ich erst mal gespannt auf die einzelnen Kapitel, aber auch darauf, wie das Buch aufgenommen wird. Immerhin mischt sich da ein genuin pädagogischer Begriff, nämlich der der Bildung, mit der Psychologie, und das dürfte durchaus verschiedene Deutungen und Urteile hervorrufen. Leider wurde es untersagt, ein Preprint es eigenen Beitrags online zu stellen.

Selbststudium: Kein Selbstläufer

Norbert Landwehr und Elisabeth Müller haben bereits 2008 die zweite Auflage eines lesenswertes Buches herausgebracht – mit dem Titel “Begleitetes Selbststudium“. Didaktische Grundlagen und Umsetzungshilfen“. Ich hatte es früher schon zweimal in der Hand, aber erst jetzt habe ich es endlich mal ganz gelesen. Der Grund ist nicht nur das persönliche Interesse am Thema, sondern auch mal wieder die deutliche Erfahrung, dass sich Studierende mit dem Selbststudium sehr schwer tun. Vielen – so mein Eindruck – ist gar nicht so recht klar, welchen Stellenwert das Selbststudium im Vergleich zum organisierten Präsenzlernen hat, wie man das Selbststudium sinnvoll und effektiv angeht und welche Rolle es eigentlich im Bologna-Prozess, also in Sachen Workload und Leistungspunkte, spielt. Wer sich hierüber auch als Lehrender Gedanken machen will (und es wäre sicher angeraten dies zu tun), dem ist dieses Buch eine große Hilfe. Es ist verständlich und übersichtlich verfasst, vor allem praktisch ausgerichtet, aber auch theoretisch anschlussfähig. Ausbaufähig wäre wohl der Teil „Einbezug von ICT-Instrumenten ins Selbststudium“, aber das stelle ich jetzt natürlich vor allem aus meiner speziellen Perspektive fest.

Ich denke, die Bedeutung des Themas „Selbststudium“ wird im Rahmen der Hochschule in den nächsten Jahren steigen: Wir (also Lehrende) haben uns bisher genau dazu ganz offensichtlich zu wenig Gedanken gemacht. Und das rächt sich vor allem dann, wenn man komplexere didaktische Szenarien umsetzen will, die AUCH auf das Selbststudium der Lernenden setzt bzw. dieses integriert: Mir selbst ist es nun schon mehrfach so gegangen, dass dann genau dieser Part von den Studierenden ignoriert oder nicht verstanden oder nicht akzeptiert oder offen abgelehnt wird. In der Folge funktioniert das Lehr-Lern-Szenario in der Gänze nicht oder zumindest sehr viel schlechter als geplant. Das Selbststudium ist einfcah kein Selbstläufer! Praktikable Lösungen für dieses Problem habe ich noch nicht. Das Buch von Landwehr und Müller aber gibt erste Denkanstöße.

Quietschende Turnschuhe

Ich gebe es zu: Sport gehörte in der Schule nicht eben zu meinen Lieblingsfächern. Das Quietschen der Turnschuhe auf dem Hallenboden, mörderische Geräte, Sand in den Schuhen beim Weitspringen – nein, das war nicht meine Welt. Und jetzt das: Aktivitäten zum E-Learning im Sport? Genau das.

Am Freitag und Samstag war ich mit Marianne auf einer Veranstaltung des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund), nämlich dem „Fachforum Bildung 2010“ in Lübeck (zum Thema Bildung beim DOSB siehe z.B. hier). Dort trafen sich vor allem die Lehrreferenten der Landessportbünde bzw. Landessportverbände, der Spitzenverbände und der Sportverbände mit besonderen Aufgaben. Neben dem Kernthema „Qualität in der Aus-, Fort- und Weiterbildung“ ging es auch um E-Learning. Zunehmend wird nämlich im organisierten Sport erkannt, dass speziell für die zahlreichen Qualifizierungsmaßnahmen für Übungsleiter, Trainer etc. der Einsatz digitaler Medien von Vorteil sein kann. Seit Jahresbeginn haben wir den Auftrag, genau dafür eine kleine Expertise zu erstellen. Am Freitag haben wir in Lübeck (in der Bundespolizei-Akademie, was irgendwie eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gelände des Universität der Bundeswehr hat ;-)) unser Vorgehen vorgestellt. Die Expertise soll bis zum Sommer fertig sein. Ich werde dann zu geeigneter Zeit mehr dazu berichten. Das Themenfeld jedenfalls stellt sich als sehr spannend heraus. Es ist ein prototypisches Beispiel für E-Learning in Non Profit-Organisationen, worüber die Erkenntnislage insgesamt noch recht dünn ist.

Da sieht man mal wieder, dass einen auch schlechte Kindheits- und Jugenderfahrungen nicht ein Leben lang traumatisieren müssen.