Schreiben lernen

Reinhard Bauer von der Donau Universität Krems (Mitarbeiter von Peter Baumgartner) ist mit einer spannenden Idee auf mich zugekommen, nämlich „Writers´ Workshops“ in der Nachwuchsförderung, genauer in Doktorandenveranstaltungen, einzusetzen. Seine guten Erfahrungen damit im Zuge von Konferenzen zur Musterforschung haben ihn dazu veranlasst (auch Peter hat darüber hier in seinem Blog berichtet). Was ich wirklich bemerkenswert fand ist, dass Reinhard gleich einen konkreten Vorschlag für eine Forschungsnotiz gemacht hat! Ich habe das sehr gerne aufgegriffen und innerhalb weniger Tage haben wir auf diesem Wege eine Forschungsnotiz (sie ist hier bereits online zugänglich) erstellt, in der nicht nur beschrieben wird, was „Writers´ Workshops“ sind (weswegen ich das jetzt hier nicht extra erkläre). Man kann da auch lesen, wie wir das im Doktoranden-Kolleg „Lifelong Learning“ der Universitäten Graz, Klagenfurt und Krems einerseits und im Doktorandenkolleg der Professur für „Lehren und Lernen mit Medien“ an der UniBw München andererseits mal ausprobieren wollen. Quasi wie von selbst sind wir da zu unserem ersten „Gastautor“ bei unseren Forschungsnotizen gekommen – unkompliziert und schnell. Wäre ja eine tolle Sache, wenn das öfter mal passiert. Ein großer Dank geht da an Reinhards Engagement!

Ich bin gespannt, wie uns die Umsetzung gelingt, ob meine Doktoranden jetzt nicht komplett davon überfahren sind und auch mitziehen, und welche Erfahrungen wir damit machen.

L3T in der heißen Phase

Passend zur Sommerhitze war in den letzten Wochen die „heiße Phase“ für die fleißigen Autoren/innen des „Lehrbuchs für Lernen und Lehren mit Technologien“ (L3T). Weil ich zum einen ungern Deadlines ausschöpfe und zum anderen noch zwei andere Artikel fertig werden mussten, bevor ich demnächst endlich mal eine Urlaubspause einlege, habe ich den beiden Herausgebern Martin Ebner und Sandra Schaffert mein „Werk“ schon vor zwei Wochen zugesandt. Jetzt, nachdem die Einreichungsfrist zu Ende ist, möchte ich den Preprint zur Verfügung stellen.

L3T_DD_Lerntheorien_Reinmann

Ich bin auf das Review gespannt, das ja – wenn ich das hoffentlich richtig verstanden habe – nicht „blind“, sondern namentlich erfolgt (das hätte ich mir bei den GMW-Reviews auch gewünscht, weil ich mindestens an einen Gutachter schon ein paar Fragen gehabt hätte ;-)). Leicht war der Auftrag nicht: Ausgehend von meinem Studientext zum Didaktischen Design war der Wunsch an mich, einen Bogen von den Ziele einer didaktische Konzeption über Lerntheorien bis zu Ordnungsmodellen zu schlagen – und das auf zehn bis elf Seiten. Da habe ich zugegebenermaßen eine Weile daran gekaut. Leicht dagegen war für mich natürlich, dass ich den Beitrag allein geschrieben habe – ein Grounding-Prozess mit Co-Autoren entfiel dadurch (leider konnte ich dann auch die meisten Fragen des Fragebogens nicht ausfüllen – tut mir wirklich leid).

Ich bin ehrlich sehr gespannt auf den weiteren Prozess und das Gesamtwerk! Ich war anfangs sehr skeptisch (bin es immer noch ein wenig), aber auch beeindruckt und finde es durchaus richtig, dass man so was mal wagt. Wer Mut hat, macht ab und zu Fehler, und nicht alles gelingt. Man macht sich angreifbar. Aber das halte ich in der Wissenschaft, wo es immerhin niemanden in Gefahr bringt, auch für richtig!! Von daher hoffe ich, dass möglichst viele Autor/innen Zeitpläne und sonstige Regeln einhalten können und dabei helfen, dass die gesteckten Ziele erreicht werden.

Wettbewerb über alles

An den Hochschulen werden weiter fleißig Studiengänge akkreditiert. Für diesen Zweck wird vor allem tonnenweise Papier produziert – dicke Wälzer, die Ausdruck von Fleißarbeiten ohne Gleichen sind. Dass das nicht sinnvoll sein kann, hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) schon seit längerer Zeit erkannt. Nun gibt es eine neue aktuelle Pressemeldung (hier), in der die HRK dafür plädiert, die „eklatanten Schwächen“ in der Akkreditierungspraxis zu beseitigen. Das Losungswort heißt: institutionelle Audits, in denen begutachtet wird, „ob die Strukturen und Prozesse einer Hochschule geeignet sind, die von ihr selbst gewählten Qualitätsziele in Lehre und Studium zu erreichen“.

Die Audits sollen nach international anerkannten Evaluationsprinzipien durchgeführt werden, wobei leider nicht gesagt wird, wie das genau gemeint ist. Orientieren sich aktuelle Akkreditierungen nicht danach? Die Hochschulen sollen dabei vor allem unterstützt werden, ihre Aufgaben in Studium und Lehre besser wahrzunehmen. Das wäre immerhin ein Fortschritt, wenn man an die Stelle der derzeitigen Behinderung durch Akkreditierungen eine Unterstützung anbietet. Es soll ein „Qualitätssiegel“ vergeben werden – und zwar als Nachweis für die hohe Qualität der Lehre. Das wiederum ist eine seltsame Folgerung, denn aus einem handwerklich gut gestalteten Studiengang folgt noch keine qualitativ gute Lehre auf der Veranstaltungsebene. Und dann wird natürlich wieder der „Wettbewerb der Hochschulen untereinander“ ins Feld geführt – Wettbewerb über alles, eine Art Mantra aus dem Hoffnungsland der Marktwirtschaft. Das ist mir ein Rätsel, dass man diesem Irrglauben, man könne Bildung und Universitäten nach diesen Prinzipien besser machen, so beharrlich anhängt – trotz aller gegenteiliger Erfahrungen.

Fazit: Schön, dass die HRK es anstoßen will, diesen Akkreditierungswahnsinn einzudämmen. Schön auch, dass es neue Ideen gibt, es anders zu machen. Schade aber, dass Rhetorik doch wieder wichtiger ist als Inhalte. Und schade vor allem, dass das ökonomische Primat nach wie vor ungebrochen zu sein scheint.

Hitzestau

Mein Gott, was für eine Hitze. Seit Tagen schon will ich auf diverse Dinge hinweisen, die mir interessant erscheinen, lege Notizen zur Seite und finde sie am nächsten Tag nicht mehr oder vergesse, was ich überhaupt schreiben wollte. Korrekturen und mehrere Artikel-Deadlines (ja, ich war der „Streber“ beim L3T-Lehrbuch!) tun ihr Übriges. Und dann das beliebte „mal Dazwischenschieben“ von Beiträgen, die man korrektur liest (Exposés und Entwürfen von Dissertationskapiteln) … ja, da ist der Tag weg wie nix. Unglaublich! Und dann wollte ich an sich mal meine Erfahrungen mit der ersten Bachelorveranstaltung an der UniBw München zum Besten geben – aber dafür brauche ich Muse – kommt aber bestimmt. Als Vorgeschmack kann ich schon mal sagen: Man lernt nie aus! Nicht zum ersten Mal, aber in den vergangenen Monaten ganz besonders ist mir klar geworden, wie enorm abhängig jede Lehrbemühung davon ist, ob man es schafft, die Studierende mit ins Boot zu holen. Und wenn man denkt: „Na klar, das kann ich doch, mache ich doch seit 15 Jahren!“, dann ist Vorsicht geboten: Erfahrung schützt einen nicht davor, in neuen Kontexten wieder mal umdenken zu müssen. Mehr dazu in Kürze. Jetzt schalte ich erst mal den Ventilator ein.

Bekenntnis zum "macro-learning"

Ich weiß nicht … vielleicht liegt es an meinem Arbeitsumfeld oder an mir als Person, dass ich mich mit dem Beschleunigungswahn nicht anfreunden kann, den das im Moment wieder häufig ins Netz geworfene micro-learning mit sich bringt: Ins Grübeln gekommen bin ich über den Blog-Beitrag von Jochen Robes (hier) zum micro-learning. Wieder wird da u.a. die „neue Generation“ beschworen, die einfach nicht mehr so lernen würde (oder wolle) wie früher, will heißen: sich z.B. nicht mehr über längere oder lange Zeit beispielsweise mit einem nicht unterhaltsam aufbereiteten Text auseinandersetzen kann und will, der mehr als 10 Seiten umfasst.

Also, es ist keineswegs so, dass ich Veränderungen und neue Ideen in unserem Bildungssystem für unnötig halte – im Gegenteil, obschon man immerhin zugeben muss, dass es auch ein paar (wenige) positive Trends gibt: z.B. Initiativen, dass man für die Grundschule zwischen drei und fünf Jahren brauchen darf. Das ist eine Idee, die mir übrigens sehr gut gefällt, weil sie den Faktor Zeit (und um den geht es ja auch beim micro-learning) individualisiert: Menschen – da bin ich mir sicher – haben nun einmal individuelle Geschwindigkeiten darin, wie sie sich entwickeln, wie sie arbeiten, kommunizieren und eben auch lernen. Manchmal muss man versuchen, das bis zu einem gewissen Grad zu harmonisieren (bei Veranstaltungen oder in der Teamarbeit). Aber ich denke, es gibt an sich sehr viele Spielräume in allen Bildungskontexten, die man nutzen könnte und müsste, um Lehren, Lernen und Bildung nicht einem standardisierten Zeitdiktat zu unterwerfen. Aber um wieder zum micro-learning zurückzukehren: Ich frage mich halt: Was kann man in drei bis fünf Minuten lernen? Vielleicht, wie ich eine Kaffeemaschine bediene; eventuell auch vier, fünf neue Vokabeln in einer Fremdsprache, ein interessantes Detail aus irgendeiner Domäne …. Geht es uns darum? Wo und warum geht es uns darum? Ist es sinnvoll, die so verschiedenen Formen des Lernens inklusive unterschiedlicher Lernziele und entsprechend auch äußerst variabler Lehrangebote gegeneinander auszuspielen? Vor allem an der  „2.0-, Micro- und Co.-Debatte“ geht mir dieses Durcheinander, das entsteht, wenn gar nicht klar gesagt wird, was denn wozu unter welchen Bedingungen gelernt werden soll, gehörig auf die Nerven. Hauptsache neu, Hauptsache hip formuliert. Das führt auch nur dazu, dass das außer einer kleinen Minderheit niemand ernst nimmt – schon gar nicht an den bildungspolitischen Stellen, wo es nötig wäre.

Ich bekenne mich zum „macro-learning“ – auch wenn es das als Begriff noch gar nicht gibt. In meiner Lehre jedenfalls will ich, dass Lernende eine Idee vom Ganzen bekommen, Zusammenhänge erkennen, und in diesem Zusammenhang(!) lernen, eigene Fragen zu stellen. Und dazu muss man auch lesen – und zwar in manchen Phasen auch viel lesen und sich Gedanken machen und sich dabei Zeit lassen. Wenn Lernende mal zu einem Themengebiet oder Thema so etwas wie mentale Modelle bzw. eine gewisse Orientierung aufgebaut haben, dann mag auch mal ein „micro-learning“ sinnvoll sein, um Details zu klären, um kleine Lernphasen z.B. in Projektarbeiten einzubinden etc. Und wenn Menschen in ihrer Freizeit oder am Arbeitsplatz neue Dinge via micro-learning erfahren, ist das natürlich auch schön – aber doch bitte nicht als eine „neue Lernform für eine neue Generation“!

Wichtigtuerei und Gedankenlosigkeit

Ich mache kein Hehl daraus, dass mir die deutsche Sprache wichtig ist. Sie ist mein Werkzeug, ich würde auch für mich persönlich durchaus behaupten: mein „Denkwerkzeug“ (um mal das englische „cognitive tool“ zu vermeiden). Klar, dass ich mir heute die Zeit gekauft habe, wenn das Titelthema wie folgt angekündigt ist: „Rettet die deutsche Sprache! Die Elite spricht Englisch, am unteren Ende der Gesellschaft verkümmert die Sprachfähigkeit. Wie können wir verhindern, dass unsere Muttersprache weiter erodiert? Und welche Zukunft hat unsere deutsche Sprache überhaupt noch?“ Nun, mehr als zwei Seiten ist die Beantwortung dieser Fragen (im Feuilleton) dann doch nicht wert und sehr viel Neues habe ich nicht gelesen. Dass in der Wissenschaft das Deutsche allenfalls in geistes- und einigen wenigen sozialwissenschaftlichen Fächern noch eine gewisse (geringe) Bedeutung hat, ist hinlänglich bekannt. Dass das auch nicht mehr zu ändern sei, kann man ebenfalls überall da lesen, wo über das Thema geschrieben wird. Der Artikel bemüht sich, die Vor- und Nachteile der Durchsetzung des Englischen als globale Sprache einander gegenüberzustellen. Dabei wird auch die wachsende Kluft zwischen Wissenschaft und Gesellschaft/Öffentlichkeit angesprochen, wenn Publikationen und andere Darstellungsmodi nur mehr auf Englisch erfolgen. Wenig vertiefend dagegen kommen in dem Beitrag Überlegungen dazu ins Spiel, welche Bedeutung die Sprache auf das Denken und damit auch auf das wissenschaftliche Denken und wissenschaftliche Kreativität hat (der Autor sieht das allenfalls auf philosophischem Gebiet als relevant an).

Wirklich neu waren für mich zwei Punkte: (1) Der Beitrag verweist auf Arbeiten, die sich der Frage stellen, wie sich das Englische verändert, wenn es denn vor allem von „Ausländern“ als „Lingua franca-Englisch“ gesprochen wird. Das sei dann auch nicht mehr die Sprache der englischen Muttersprachler, sondern eine andere – eine die allen gehöre. Das finde ich einen ganz interessanten Gedanken, aber ob das wirklich mehrheitlich so wahrgenommen wird? (2) Der Beitrag thematisiert quasi als Rahmen für die restlichen Ausführungen die Verantwortung der „Eliten“ in einer Gesellschaft gegenüber der eigenen Sprache. Und so endet der Beitrag mit folgendem Absatz: „Dass Teile unserer Eliten diese Sprache [Anm. das Deutsche in bedeutenden Werken der Literatur und Philosophie] nicht verstehen und nicht mehr sprechen, hat wenig mit globalen Zwängen zu tun und viel mit Wichtigtuerei und Gedankenlosigkeit. Damit verhalten sich die Eliten unverantwortlich, denn der Zustand einer Sprache hängt am meisten von jenen ab, die Macht und Einfluss haben. An ihrem Sprachverhalten richten sich jene aus, die unten sind und nach oben wollen“. Vor Wichtigtuerei und Gedankenlosigkeit ist auch die Wissenschaft nicht gefeit und ich habe schon mitunter den Eindruck, dass wenig neue und tiefe Gedanken, verpackt in einem englischen Text oder Vortrag, allein aufgrund der damit erreichten Internationalität bereits eine Menge „Bonuspunkte“ einheimsen, die dann inhaltliche Defizite kompensieren (sollen). Auch das ist letztlich unverantwortlich.

Beharrlich ignoriert

Michael Kerres hat bereits vor einiger Zeit (hier) auf das Themenheft „Transferforschung im Bildungsbereich“ (März 2010) hingewiesen, das ich jetzt endlich auch gelesen habe. Ich bin Wolfgang Einsiedler sehr dankbar, dass er das Thema „Entwicklungsforschung“ in dieses Heft platziert hat, tun sich doch vor allem die DFG-Forscher mit diesem Begriff (innerhalb der Bildungswissenschaften) mehr als schwer. Michael kommentiert das so: „Vielleicht wird dieses Heft der ZfH einmal als Wendepunkt in der bildungswissenschaftlichen Forschung im deutschsprachigen Raum referenziert werden. (Ok: #Wunschdenken)“ – Wunschdenken … ja, das könnte wahrscheinlich sein, dass es Wunschdenken bleibt, aber ist es auch richtig? Ich hatte mit Herrn Einsiedler einen virtuellen Austausch im Vorfeld zu seinem Beitrag, der sich ja auch an einigen Stellen explizit auf den Band bezieht, den ich mit Joachim Kahlert herausgegeben habe (hier). So ganz richtig wiedergegeben finde ich die Arbeiten aus dem Umkreis der Design-based Research in Einsiedlers Text allerdings nicht. Auch fühle ich selbst mich eher nicht richtig in einer „pragmatische Unterrichtsforschung“ eingeordnet. Ich halte die Entwicklungsforschung auch für einen Weg zur Erkenntnis – nun gut, der dazugehörige Artikel kam etwas später heraus und konnte wohl nicht mehr berücksichtigen werden (hier das Preprint und hier das Buch). Aber egal: Ich freue mich, dass Einsiedler unsere Arbeiten überhaupt aufgegriffen hat, während sie von den anderen Autoren aus dem Umkreis der empirischen Bildungsforschung beharrlich ignoriert werden … warum auch immer.

Etwas schade ist die Einschränkung der Beiträge auf den Kontext Schule. Ich meine, man könnte und sollte viel öfter die Bildungskontexte bei solchen wissenschaftstheoretischen und methodischen Themen breiter anlegen, denn gelten die angestellten Überlegungen zu Implemenation, Transfer und Forschung nicht auch für Bildungsbemühungen in Hochschule, Berufsbildung, Weiterbildung und anderen Organisationen?

Verhaltenes Interesse?

Als ich 2001 an der Universität Augsburg die Professur für Medienpädagogik übernommen hatte, war kurz darauf eine Veranstaltung, die sich „Tage der Forschung“ nannte. Den Uni-Angehörigen selbst wie auch interessierten Besuchern sollte zugänglich gemacht werden, was man so forscht und womit man sich beschäftigt. Etliche Jahre später haben wir das nochmal gewagt, wobei wir uns dann auf die Lehre beschränkt hatten. Das Interesse an solchen Veranstaltungen (falls es keine Events auf Plätzen großer Innenstädte oder ähnliche sind) hält sich einfach in Grenzen. Nun sind wir knapp drei Monate in München an der UniBw und werden trotz dieses meist verhaltenen Zuspruchs exemplarisch unsere Arbeit auf einem „interaktiven Marktplatz“ beim Tag der offenen Tür am Samstag zwei Stunden lang (12.00 bis 14.00) präsentieren (hier das Programm). Alex hat hierzu bereits eine Meldung auf unserer Webseite gemacht (hier). Wir hoffen, dass ein paar Interessierte kommen – vielleicht auch Kollegen aus den anderen Fächern und Fakultäten, um ein wenig ins Gespräch zu kommen. Und wenn nicht: Wir sind zu sechst (Tamara, Marianne, Alex, Silvia, Frank und ich) und müssen uns auch dann nicht langweilen, wenn sich der Besucherandrang  in Grenzen hält ;-).

Wenn ich schon mal beim Ankündigen bin: Am Montag werde ich mich bei e-teaching.org an einer Online-Podiumsdiskussion im Rahmen des Themenspecials E-Lectures beteiligen: Zusammen mit Michale Kerres und Karsten Morisse (den ich noch nicht kenne) geht es darum, Konzepte und damit gemachte Erfahrungen im Vorlesungsbereich kurz vorzustellen und zu diskutieren. Ich bin schon gespannt auf das Format (ist in dieser Form meine erste Beteiligung) und die Diskussion. Weitere Infos finden sich hier.

Bildung vom Windel- bis zum Greisenalter

Auf mehreren Blogs wurde bereits auf den neuen Bildungsbericht 2010 hingewiesen, der dieses Jahr mit dem Untertitel „Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel“ versehen ist. Es gibt eine Langfassung (hier) und eine Zusammenfassung (hier). Ich gestehe, dass ich auch nur die Zusammenfassung gelesen habe. Wie immer, wird jeder aus dem Bericht herauslesen und herauspicken, was ihn gerade umtreibt. Ein- und derselbe Sachverhalt wird mit Sicherheit für ganz unterschiedliche Argumentationen herhalten müssen. Informationen sind halt das eine; daraus abgeleitete Folgerungen und Forderungen das andere.

Die Regierung selbst beklagt die schlechte Bildungssituation für Migranten – wahrlich keine neue Erkenntnis, weshalb es mich schon verwundert, dass man sich immer wieder von Neuem so wundert, OHNE DASS irgendwelche nennenswerten Maßnahmen ergriffen werden, dies zu ändern. Die taz macht auf die wachsende generelle soziale Kluft zwischen denen aufmerksam, „die im Windelalter pädagogisch gefördert werden“ und denen, die in einer „Risikolage“ (Achtung Frauen, dazu zählt auch bereits, wer sein Kind alleine großzieht). Den Blick auf die Berufsbildung wirft Spiegel online: „keine Ausbildung – keine Perspektive“. Auch das erscheint mir nicht gerade neu. Die Hochschulrektorenkonferenz freut sich immerhin, dass „das Bildungsniveau steigt“, weil zunehmend mehr Abiturienten ein Studium beginnen (angeblich mehr als erwartet). Ob deswegen wirklich das „Bildungsniveau“ steigt ist allerdings zumindest dann fraglich, wenn Hochschulen weiter unterfinanziert bleiben, was ja auch Auswirkungen auf das Niveau in Studium und Lehre hat.

Was habe ich mir als besonders interessant angestrichen? Ich bringe mal beispielhaft drei Punkte:

  1. „Schüler in achtjährigen Gymnasien (G8) üben seltener eine freiwillige Tätigkeit aus als G9-Schüler. Niedriger fällt im Vergleich zu Schülern an Halbtagsschulen auch die Engagementquote der Ganztagsschüler aus“. Finde ich deshalb interessant, weil es vielleicht einen Anstoß dazu gibt, ob wirklich immer die viel gelobte Ganztagsschule (die ja mit dem G8 auch faktisch wächst) aus einer Bildungsperspektive heraus wirklich IMMER der beste Weg ist.
  2. „Seit 2005 liegt der Frauenanteil bei den Hochschulabsolventen über 50%, an den Universitäten beträgt er fast 60%“. Das ist erfreulich, aber warum hat es für Aufstiegs- und Gehaltsfragen so wenig Einfluss? Was läuft da in welchen biografischen Phasen schief oder ist das gar eine falsche Interpretation, weil Bildung schließlich nicht immer unter einem ökonomischen Verwertungsaspekt gesehen werden muss? Mich wundert ja, dass diese Ausrede noch nicht politisch artikuliert wurde.
  3. „Angesichts des zunehmenden gesellschaftlichen Bedarfs an Weiterbildung in allen Altersstufen jenseits der Erstausbildung ist ein weiterer Ausbau der Angebote mit einem steigenden Personalbedarf in der Weiterbildung anzustreben. Neben der Expansion scheint eine verstärkte Professionalisierung des Weiterbildungspersonals geboten“. Schön wäre ja, wenn das mit einer entsprechend wachsenden Wertschätzung von bildungswissenschaftlichen Studiengängen verbunden wäre, die immerhin für genau diese Professionalisierung sorgen könnten!

Bibliotheken in der Eurokrise

„Lernen in der Bibliothek von heute“ – unter diesem Motto findet aktuell der Bayerische Bibliothekstag in Augsburg statt (hier das Programm). Ein Anlass für mich, mal wieder die alte Zugstrecke nach Augsburg zu fahren, denn ich durfte – nach allerlei Grußworten seitens des Bürgermeisters, des Generaldirektors der Bayerischen Staatsbibliothek und des Vorsitzenden des Bayerischen Bibliotheksverbands – den Eröffnungsvortrag halten. Der Empfang fand im Goldenen Saal im Augsburger Rathaus statt, den ich jetzt, nachdem ich nicht mehr in Augsburg bin, nun endlich auch gesehen habe ;-).

Dass sich der alle zwei Jahre stattfindende Bibliothekstag dieses Jahr explizit mit dem Lernen, der Gestaltung von Lernumgebungen und der Informationskompetenz beschäftigt, passt gut in aktuelle Bildungsdiskussionen. Wie bedroht genau diese Leistungen der Bibliotheken angesichts der schlechten öffentlichen Haushaltslage und Eurokrise allerdings sind, machte der Vorsitzende des Bayerischen Bibliotheksverbands, Prof. Walter Eykmann, nachdrücklich deutlich – entsprechend länger gestaltete sich das „Grußwort“.

Für mich war die Wahl eines geeigneten Themas einigermaßen schwierig, weil ich die Zielgruppe nicht besonders gut einschätzen konnte und mit meiner Annahme dann auch richtig lag, dass diese sehr heterogen zusammengesetzt ist. Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen zur Rolle der digitalen Medien und der Bibliotheken zum forschenden Lernen inklusive einer Lebensspannenperspektive etwas liefern konnte, das ein paar Impulse für die Veranstaltung gegeben hat. Für alle, die nachlesen wollen, stelle ich mein Manuskript gerne online zur Verfügung:

Vortrag_Augsburg_Juni 10