Kommentarlos rausgeworfen

Problem-, Projekt-, Fall- oder Forschungsorientierung – oder von jedem etwas? Problemorientiertes Lernen war in den 1990er Jahren einer meiner ersten Berührungspunkte mit der Didaktik: Als Psychologin (damals noch mit Schwerpunkt Klinische Psychologie) waren meine ersten Schritte über die Pädagogische Psychologie in die Didaktik (und Mediendidaktik) vor allem durch Schriften rund um den Konstruktivismus und Lehr-Lernmodelle wie Cognitive Apprenticeship, Guided Participation, Goal-Based Scenarios oder Anchored Instruction geprägt.

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Kurz vor Schluss

An das European Credit Transfer System (ECTS) hat sich inzwischen wohl (fast) jeder gewöhnt – zumindest sind Proteste erlahmt, ohne dass ich jetzt beurteilen könnte, ob Überzeugung oder Resignation oder noch etwas anderes die Gründe sind. Jedenfalls war es zwischen 2013 und 2015 unter anderem ein Thema an der Zeppelin Universität und in diesem Zusammenhang hatte ich dort im Rahmen meiner Tätigkeit vor rund zwei Jahren versucht, diese „Währung“ insbesondere in Bezug zum System der Semesterwochenstunden (im Prinzip auch eine Art Währung) verständlich darzustellen und mir zu überlegen, was man Lehrenden im Umgang mit diesen Systemen raten kann. Leider wurde das Thema damals nicht weiter bearbeitet und so dümpelten ein paar Kurztexte bei mir vor sich hin. Ich habe diese jetzt ein wenig überarbeitet und in einem Artikel zusammengestellt – aktuell ist das Thema ja immer noch. Kurz bevor der September zu Ende geht,  jetzt also noch schnell der Impact Free-Beitrag Nr. 4 (September) zu „Währungen der Lehre im Bologna-System“ (zu den bisherigen Beiträgen siehe hier).

Blogsterben

Vielleicht liegt das ja nur in meinem persönlichen Umfeld, aber meine Annahme auf Grundlage meiner (unsystematischen) Beobachtung ist: Als Wissenschaftler bloggen und folglich über Dinge berichten, die man für mitteilungswürdig hält, erste Ideen oder interessante Fundstücke teilen und öffentlich reflektieren über das, was einen bewegt, scheint keine Konjunktur mehr zu haben – von Ausnahmen, nämlich der „Eröffnung“ neuer Blogs wie den von Tobias, mal abgesehen ;-). Blogs einzelner Wissenschaftler werden tendenziell eher eingestellt oder sind verwaist oder auf Links und Wiedergaben von Inhalten ohne eigene (nennenswerte) Kommentierung reduziert. Wo sind die Meinungen, die Positionen, die Kritik? Und was sind die Gründe für das Blogsterben? Keine Zeit (mehr), weil man die man für Forschungsanträge und Administration braucht? Kein unmittelbarer Gewinn für die eigene Arbeit, ohne den es nicht mehr geht? Angst vor Kommunikationsabteilungen, die das gar nicht gerne sehen, wenn nicht alle kommunikative Energie in die PR der Organisation fließen? Sorge gar, die Unileitungen könnten sich an der öffentlich geäußerten Meinung ihrer Wissenschaftler stoßen? Hemmungen, weil Blogs keine Hochglanz-Produkte sind, die inzwischen auch die Universitäten (früher nur die Firmen) pflastern? Oder von allem ein bisschen?

Ich weiß es nicht. Mag jemand dazu mal eine Studie machen – also zum Blogsterben in der Wissenschaft (falls es ein solches tatsächlich gibt)? 🙂 Die Gründe wären schon sehr interessant; sie könnten vielleicht auch ein Indikator (von vielen anderen) für den Zustand unseres Wissenschaftssystems sein.

Erklären, was Philosophen tun

Was hat Hochschuldidaktik mit Philosophie zu tun? Vermutlich würden viele darauf antworten: Nichts! Faktisch ist es auch so, dass sowohl im deutsch- als auch im englischsprachigen Bereich Forschung auf Datensammeln beschränkt wird und philosophisches Argumentieren darin eher nichts zu suchen hat. Zu diesem Schluss kommt auch der Neuseeländer Clinton Golding in einem Text von 2013:

Golding, C. (2013). Must we gather data? A place for the philosophical study of higher education. Higher Education Research & Development, 32 (1), 152-155.

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Preußische Strenge und rheinische Gelassenheit

Den „Expertenworkshop Lehr-/Lernformen“, veranstaltet von der Koordinierungsstelle der Begleitforschung des Qualitätspakts Lehre kann man wohl auch als eine Art Netzwerkveranstaltung (wie hier) bezeichnen. Sechs Begleitforschungsprojekte, darunter unser FideS-Projekt, haben am ersten Tag den Stand ihrer Arbeiten präsentiert und – sofern dazu jeweils noch Zeit war – mit den Zuhörern diskutiert. Die Einblicke in die verschiedenen Studien waren für mich sehr interessant und haben die Eindrücke aus der Forschungstagung am HUL wenige Tage zuvor sehr gut ergänzt bzw. erweitert. Eileen, mit der ich zusammen auf der Veranstaltung war, und mir waren die Ergebnisse aus dem Projekt ForschenLernen am vertrautesten, weil wir angesichts der thematisch großen Nähe mit diesem Projekt in einem engen Austausch stehen. Zu den anderen Projekten dagegen hatte ich wenige Kenntnisse. Deutlich geworden ist, dass die psychologisch orientierte Lehr-Lernforschung dominiert: Kompetenzmodelle und dazugehörige Instrumente, Kompetenzen zu erfassen (bei Lehrenden – hier – wie auch bei Tutoren – hier), spielen eine zentrale Rolle in zwei Projekten. Forschung zur Wirkungsweise von Beratungen auf der Basis von Evaluationen – hier – lassen sich ebenfalls gut in diesen thematischen Rahmen einordnen, d.h. auch hier liegt eine lernpsychologische Herangehensweise vor. Mit dem Einsatz digitaler Medien als Interventions- und Forschungsinstrument experimentiert ein Projekt zur studentischen Selbstregulation – hier.

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Rhetorische Macht eines Begriffs

Nun bin ich tatsächlich im Verzug mit Infos über die zurückliegenden Veranstaltungen zur hochschuldidaktischen Forschung, in die ich involviert war. Die vergangenen beiden Tage standen im Zeichen der Begleitforschung zum Qualitätspakt Lehre im Cluster Lehr-Lernformen (siehe hier). Und am Donnerstag und Freitag letzter Woche hatten wir am HUL eine Forschungstagung (siehe hier) mit rund 40 aktiv Beitragenden aus verschiedenen Forschungsrichtungen. Ich bleibe besser im chronologischen Modus und beginne mit letzter Woche.

Ziel der Forschungstagung war es, diejenigen zusammenzubringen und zu vernetzen, die nicht nur aktuell aufgrund laufender Projekte, sondern langfristig an einer hochschuldidaktischen Forschung interessiert sind und daran arbeiten, die Hochschuldidaktik (oftmals auch umschrieben als Lehren und Lernen an der Hochschule) als eigene wissenschaftliche Disziplin voranzubringen. Es gab einen Call zur Veranstaltung und das Interesse daran war gerade so passend, dass wir die anvisierte Zahl von acht Symposien (jeweils zwei davon parallel) an zwei halben Tagen zusammenstellen konnten – mit viel Zeit zum Austausch dazwischen. Bereits die Abstracts im Vorfeld der Veranstaltung hatten deutlich gemacht, dass – wie erhofft – ganz verschiedene Zugänge zu Fragen des Lehrens und Lernens an Hochschulen vertreten sein werden.

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Unplanbar?

Agile Software-Entwicklung kennt man – aber agile Hochschuldidaktik? Die gibt es auch, und es gibt ein Buch darüber von Christof Arn (Hochschule Luzern). Mir war der Autor bis dato nicht bekannt, aber Infos zum Buch hatten mich neugierig gemacht. Die Neugier hat sich gelohnt. Mit großem Gewinn habe ich Arns Buch gelesen: Ich würde sein Thema eher als situative Didaktik bezeichnen, die er der „Plandidaktik“ gegenüberstellt. Gemeint sind (vereinfacht gesagt) die Entscheidungen in der Lehr-Lernsituation, die nicht geplant waren oder grundsätzlich unplanbar sind. Es geht um das „Hier-und-Jetzt“ der sozialen Interaktion zwischen Lehrenden, Lernenden und – so möchte ich ergänzen – der Sache.

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Wo sollte das hinführen?

Es ist bestimmt schon zehn Jahre her (und daher finde ich es leider auch nicht mehr), dass ich von Axel Hacke eine kleine Geschichte über seinen Sohn Luis (damals im Kindergartenalter) gelesen habe: Luis trödelt morgens, obwohl es eilt, und es entsteht ein Dialog zwischen Vater und Sohn. An einer Stelle erklärt Luis, was er sich für den heutigen Tag vornimmt: „Ich werde heute kein Bild malen“. Der Vorsatz ist also einer, etwas nicht zu tun – nicht in dem Sinne, etwas zu unterlassen, was man eh nicht tun sollte, sondern in dem Sinne, etwas bewusst nicht zu machen, was man erwartungsgemäß so tut.

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Eine zu respektierende Entscheidung

Ich bin Psychologin – „von Haus aus“, wie man so schön sagt. 1990 habe ich mein Diplom gemacht. Und sogar meine Habilitation fand immerhin (2000) noch in der Psychologie statt. Aber von einer „theoretischen Psychologie“ hatte ich nie (bewusst) gehört. Psychologie war für mich immer eine „empirische Wissenschaft“. Und heute ist sie eine naturwissenschaftlich-empirische Wissenschaft, und den Dr. phil. (wie meiner noch lautet) gibt es vermutlich auch kaum noch irgendwo in der Psychologie. Und jetzt, 2016, lese ich dieses Buch von Uwe Laucken mit dem spröden Titel „Theoretische Psychologie“ – und von einem spröden Text kann nicht die Rede sein. 434 Seiten – unscheinbar gedruckt an der Universität Oldenburg, gebunden wie eine Dissertation, die vor allem dazu bestimmt ist, im Regal zu stehen. Wie schade! Denn dieses Buch hat mich beeindruckt; dieses Buch sollte genau nicht im Regal verstauben, sondern gelesen werden; dieses Buch hat mir „meine“ Psychologie wieder ein bisschen zurückgegeben.

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