Hochschulforschung – Wissenschaftsforschung – Bildungsforschung

Die Online-Redaktion des Newsletters der Universität Hamburg hatte mich um ein Interview gebeten. Das habe ich gerne gegeben und unter anderem dazu genutzt, mein Verständnis von hochschuldidaktischer Forschung zu formulieren, nämlich:

Hoch­schul­di­dak­tik ist mei­ner Ein­schät­zung nach immer zu­gleich Hoch­schul­for­schung, Wis­sen­schafts­for­schung und Bil­dungs­for­schung. Das heißt: Hoch­schul­di­dak­tik be­schäf­tigt sich mit dem Leh­ren und Ler­nen an der In­sti­tu­ti­on Hoch­schu­le und im­pli­ziert daher Hoch­schul­for­schung; ihr Ge­gen­stand ist die Wis­sen­schaft, was sie deut­lich von an­de­ren Di­dak­ti­ken un­ter­schei­det, wes­halb sie genau ge­nom­men immer auch Wis­sen­schafts­di­dak­tik sein muss; in die­sem Rah­men schließ­lich hat sie nicht alle Phä­no­me­ne im Blick, son­dern pri­mär das äu­ßert kom­ple­xe Ver­hält­nis von Leh­ren und Ler­nen und ist somit eine Form der Bil­dungs­for­schung.

Das gesamte Interview kann man online hier abrufen; zur jeweils aktuellen Ausgabe des Newsletters geht es hier.

Angekommen

Hamburg – es ist noch ein unwirkliches Gefühl, plötzlich eine uni.hamburg-Adresse zu haben und aus der Bahn am Dammtor oder Stephansplatz zu steigen und nicht nur zu Gast zu sein. Und natürlich: Es wird wieder ein paar Monate dauern, bis ich mich mit dem neuen Umfeld, mit neuen Kollegen/innen, Mitarbeiter/innen und Studierenden, mit einer neuen Organisation und neuen Fakultät vertraut gemacht haben werde.

Wenn ich auf die letzten fünf, sechs Jahre zurückblicke, dann liegt doch eine eher unstete Zeit hinter mir: Nach zehn Jahren an der LMU München im Mittelbau nach meinem Studium (1990-2000), kam meine erste Professur an der Uni Augsburg (2000-2010) – eine für mich stabile und sehr schöne Zeit; im Vergleich dazu war meine Verweildauer an der Universität der Bundeswehr München (2010-2013) mit dreieinhalb Jahren doch wesentlich kürzer; und das Experiment am Bodensee (siehe hier) dauerte weniger als zwei Jahre (2013-2015). Es sieht nicht nur so aus, als sei ich auf der Suche gewesen. Ich denke, es ist auch so. Ich hatte bei jedem Wechsel (wie sollte es auch anders sein) bestimmte Erwartungen, und ich hatte Gründe für meine Entscheidungen, die wohl in den seltensten Fällen von außen so richtig sichtbar sind. Einige dieser Erwartungen haben sich nicht erfüllt; nicht alle Gründe haben sich als passend herausgestellt. Die höchst verschiedenen Eindrücke und Erlebnisse speziell seit 2010 aber haben meinen Horizont ganz wesentlich erweitert, allein schon deshalb, weil die Universitäten, die ich kennenlernen durfte, unterschiedlicher nicht sein konnten.

Und nun die Universität Hamburg, die gerade in der Hochschuldidaktik eine wahrlich erwähnenswerte Tradition hat – also ja: Ich glaube und hoffe, dass ich jetzt angekommen bin.

Ein Oskar für das Lebenslehrwerk

„Wir haben von Ihrer Begeisterung und Ihrem Engagement profitiert, von Ihrem Feedback und Ihrem Interesse an uns und unseren Leistungen. Dafür danken wir Ihnen“. Diese Worte formulierten nicht nur mehrfach, sondern durchgängig und in verschiedenen Varianten Studierende am Tag der Lehre 2015 an der Universität Wien, zu dem ich kürzlich eingeladen war (hier der Link zum Blogbeitrag mit meinem Vortrag). Fünf Lehrende wurden an diesem Tag für ihre Lehre ausgezeichnet, und alle waren von Studierenden vorab nominiert worden. Aus diesem Grund hielten auch Studierende eine kleine Laudatio für jede/n Preisträger/in, in der sie ihre Beweggründe für die Nominierung deutlich machten.

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Wo sind die Digital Natives?

Wien – schon länger war nicht mehr hier, was schade ist, denn Wie, vor allem im Sommer, ist wirklich sehr schön! Aber jetzt war es mal wieder so weit: Zum Tag der Lehre 2015 unter dem Motto „Lehren und Lernen mit Digital Natives“ durfte ich einen Vortrag halten, er mir im Vorfeld durchaus einiges an Kopfzerbrechen beschert hatte (siehe hier). Ich war gebeten worden, etwas zum Lehren und Lernen mit Digital Natives im Kontext forschungsgeleiteter Lehre zu sagen. Das war für mich ein Anlass, mich mal wieder mit der These von der Netzgeneration zu beschäftigen. Herausgekommen sind fünf Statements zur Zukunft akademischen Lehrens und Lernens (so denn auch der Untertitel des Vortrags).

Gerne stelle ich mein Redemanuskript zur Verfügung. Es enthält auch Literatur zum Thema. Zur Diskussion auf der Veranstaltung in Kürze mehr.

Vortrag_Wien_Juni2015

Nachtrag: 2017 ist der Beitrag auch noch als Text in einem Sammelband erschienen: zum Inhaltsverzeichnis des Buches geht es hier

Ende eines Experiments

20 Monate am Bodensee: Was – so höre ich einige schon fragen – sollte das denn für ein Experiment sein? Die Frage ist berechtigt und ich habe ich sie mir selber ziemlich oft gestellt angesichts der Tatsache, dass ich nach nicht einmal zwei Jahren die Zeppelin Universität zum 31. Mai 2015 wieder verlasse. Und ja, es war ein Experiment! Im Nachhinein muss ich sagen: Es war nicht nur eine neue Herausforderung, sondern ein persönliches Bildungserlebnis, das anstrengend war und mit vielen Enttäuschungen, aber auch wichtigen Erkenntnissen über Bildungsorganisationen und Führungsstile und -kulturen einherging. Es war eine intensive Phase, in der ich auch viel über mich selbst und darüber gelernt habe, was mir wichtig ist. Mein ehrlicher und großer Dank geht an all diejenigen Studierenden, Kollegen/innen und Mitarbeiter/innen, mit denen ich trotz aller Widrigkeiten sehr wertvolle und gute Erfahrungen gemacht habe.

Nun ist es vorbei – das Experiment: Ich habe im März 2015 einen Ruf an die Universität Hamburg angenommen und beginne demnächst (im Juni) meine Arbeit als Professorin für Lehren und Lernen an Hochschulen im hohen Norden. Damit verbunden ist die Leitung des neuen Interdisziplinären Zentrums für universitäres Lehren und Lernen. Kerstin Mayrberger hat hier bereits umfängliche Aufbauarbeiten geleistet – ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihr und mit dem gesamten Team. Im September verlassen wir den Süden dann auch als Wohnort. Okay, das fällt nicht ganz so leicht, aber dann gibt es eben die nächsten rund 15 Jahre Urlaub in Lenggries statt Urlaub auf Amrum. 😉

Der Übergang vom Lernen zum Profit

Das Spardiktat hat auch die niederländischen Universitäten erreicht. Ein Artikel in der ZEIT (online hier) sowie einer in der taz (hier) schildern hierzu das Beispiel der Universität Amsterdam: Bis Mitte April hatten Studierende sechs Wochen lang ein Uni-Gebäude besetzt, bis es zwangsgeräumt wurde. „Doch was Studierende mithilfe der Lehrkräfte dort auf die Beine stellten und jetzt dezentral fortführen, sucht seinesgleichen in der jüngeren Geschichte europäischer Studentenrevolten“ – so die taz. Im Hintergrund geht es um ein weitreichendes, ja globales Problem: um finanzmarktgetriebene Politik, um Bürokratisierung via Punkteverwaltung, Evaluierung und Mittelakquise, um finanzielle Anreize für eine Absenkung von Niveau und Qualität (dann nämlich, wenn Fakultäten Boni für Studierende erhalten, die möglichst schnell ihren Abschluss machen).

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Schreiben für die Lehre: nur was für Alte und Anfänger?

Wer schreibt heute eigentlich noch Lehrbücher? Ich meine jetzt nicht Sammelbände mit Einführungscharakter, in denen einzelne Kapitel verschiedener Autor/innen nur lose zusammenhängen, sondern Bücher, die strukturierend und sozusagen navigierend in eine (Teil-)Disziplin einführen und „aus einem Guss“ sind. Wer also schreibt solche Lehrwerke und wer soll sie schreiben? Der wissenschaftliche Nachwuchs, der sich noch in den Anfängen der Karriere befindet, sagen die einen. Die „Alten“, die nichts mehr beweisen müssen, sagen die anderen. Und ist das gut so? Ich finde nein. Wenn ich richtig informiert bin, dann gibt es schon noch Disziplinen, in denen größere Lehrbücher als anerkennenswerte Publikationen gelten, die Einfluss auf ein Fach nehmen und den Autoren Renommee bescheren, wenn sie sich denn durchsetzen (z.B. in der Rechtswissenschaft). In anderen Disziplinen dagegen gelten Lehrbücher eher als Fleißarbeit, in denen gesammelt und zusammengestellt wird, was es schon gibt, ohne dass von diesen eine die (Sub-)Disziplin irgendwie beeinflussende Wirkung ausgeht (z.B. in der Psychologie).

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Schreibkompetenz oder lieber weiter im Nichtangriffspakt?

Forschungsnahes Lehren und Lernen gehört derzeit zu den wichtigsten Themen meiner Arbeit. Unser BMBF-Projekt FideS (Forschungsorientierung in der Studieneingangsphase) ist kürzlich angelaufen (dazu bald mal mehr); das Thema Prüfungen habe ich unter dieses Dach gestellt (siehe z.B. hier) und ich hoffe, dass ich bald einen Publikationsort für einen übergreifenden Text zur „Bildung durch Wissenschaft“ finden werde, in dem ich die Hochschuldidaktik eng mit dem Anspruch verbinde, Lehren, Lernen und Forschen aufeinander zu beziehen.

Letzteres halte ich allerdings nur für möglich, wenn man nicht ausschließlich das forschende Lernen im engeren Sinne im Blick hat: Hier führen Studierende eigene Forschungen durch – und das möglichst so, dass der ganze Zyklus eines Forschungsprojekts durchlaufen wird. Andere Gruppen forschungsnaher Lernformen habe ich in den letzten Texten als „Forschen verstehen lernen“ und „Forschen üben“ bezeichnet. Unter „Forschen üben“ fallen nicht nur Methodenübungen, sondern auch das Einüben wissenschaftlichen Schreibens. Und genau dazu gibt es von Stefan Kühl einen aus meiner Sicht sehr interessanten Text zur „publikationsorientierten Vermittlung von Schreibkompetenzen“ – dankenswerter Weise online verfügbar hier.

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Irgendwie interdisziplinär

Die Rolle der Hochschuldidaktik in der Erziehungs-/Bildungswissenschaft ist nach wie vor unklar. Es gibt beispielsweise weder eine Sektion noch eine Kommission für Hochschuldidaktik oder Hochschulbildung in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Allerdings gab es auf dem letzten Kongress (2014) immerhin ein Hochschuldidaktik-Symposium und zusammen mit einigen Kollegen/innen bemühen wir uns seit einiger Zeit, das Thema in der Sektion für Erwachsenenbildung zumindest zu platzieren.

Auch die Allgemeine Didaktik zeigt sich tendenziell uninteressiert an der Hochschuldidaktik, was mir noch weniger verständlich ist als die Zurückhaltung der Erziehungs-/Bildungswissenschaft. Es sind aber keineswegs alle so! Ich spreche von einer Tendenz. Als mich etwa Klaus Zierer vor einiger Zeit fragte, ob ich in den Herausgeberkreis der Zeitschrift Jahrbuch Allgemeine Didaktik beitreten möchte, habe ich schnell zugesagt. Und es freut mich noch mehr, dass es bereits 2016 ein Heft geben wird, das sich der Beziehung zwischen Allgemeiner Didaktik und Hochschuldidaktik widmet. Zusammen mit Michaela Gläser-Zikuda und Manuela Keller-Schneider ist der Call kürzlich fertig gestellt worden:

CfP_Jahrbuch allgemeine Didaktik_2016_final

Wir freuen uns über interessante Beiträge und hoffen natürlich auf eine rege Beteiligung. Ich denke, es ist wirklich an der Zeit, das Lehren und Lernen an Hochschulen, also quasi den Gegenstand vor der eigenen Haustür, der ja geradezu nach wissenschaftlicher Selbstreflexion schreit, aus erziehungs-/bildungswissenschaftlicher und speziell didaktischer Sicht wieder sichtbarer zu machen, intensiver zu beforschen und nicht immer nur in ein vage bleibendes Feld der irgendwie interdisziplinären Forschung und gleichzeitig an den Rand der Erziehungs-/Bildungswissenschaft zu drängen

Mal eben einen Kommentar machen

Nach 10 Jahren e-teaching.org präsentiert sich das Portal für digitale Medien in der Hochschullehre in einem neuen Gewand (Meldung dazu hier). Die Inhalte sind nun auch für mobile Geräte besser zu nutzen. Wenn man das Portal bisher viel zu Rate gezogen hat, muss man sich schon ein klein wenig umstellen, aber an der grundsätzlichen Struktur wurde nichts geändert. Und so gibt es unter anderem nach wie vor Themenspecials; das aktuelle lautet „Social Media – Social Learning“ (hier).

Frank (Vohle) hat e-teaching.org ein Interview gegeben, denn wenn seine Arbeit etwas auszeichnet, dann die „soziale Komponente beim Einsatz von Videotechnologie“ – so nenne ich das mal. Das passt natürlich sehr gut in das Themenspecial, zumal man bei Video nicht unbedingt sofort an „soziale Lernformen“ denkt. Im Interview mit Philip Meyer erläutert er, wie sich nicht nur die Technologie, sondern vor allem die Methode dahinter entwickelt hat: „Social Video Learning“ (SVL). Gemeint ist damit ein soziales Lernen mit Videos, das im Kern auf situationsgenauen Videokommentaren aufbaut. Der wichtigste (wenn auch nicht alleinige) Kontext für Frank und sein Team ist der Sport bzw. die Trainerausbildung. Aber auch drei Dissertationen, die ich betreue, laufen zu diesem Thema – eine ist gerade abgegeben worden. Die Kontexte variieren hier: Musik – Fahrschule – Lehrerbildung.

Natürlich hat e-teaching.org vor allem Interesse am Einsatz des SVL in der Hochschule. Im Podcast erläutert Frank zunächst einmal, dass und warum SVL relativ voraussetzungsreich ist: Mal eben einen Kommentar machen wie bei Facebook & Co, darum geht es (ihm) nicht. Kommentare folgen in der Regel einer entsprechend gestalteten Aufgabe, sollen nicht nur die Reflexion des Lernenden über relevante Inhalte im Video anregen, sondern auch für den Dialog in der Gruppe genutzt werden. Selber habe ich gute Erfahrungen mit dem Einsatz des SVL in der Doktorandenausbildung gemacht (Stichwort Erklären können – siehe hier).

Am besten das Interview einfach mal anhören, und zwar hier.