Mäßige Qualität nahe am Mainstream

Gleich zwei universitätseigene Hochschuldidaktik-Journale beschäftigen sich aktuell mit dem forschenden Lernen, aber auch mit dem forschenden Lehren! „Forschend lehren“ kann aber sehr Unterschiedliches bedeuten und das wird auch in zwei Beiträgen deutlich, die in diesen Journalen zu finden sind. Während der Beitrag von Spinath, Seifried und Eckert im Journal Hochschuldidaktik der TU Dortmund (hier) mit „forschendem Lehren“ vor allem das Konzept „Scholarship of Teaching and Learning“ tangiert und damit ein Beforschen der eigenen Lehre meint, beschreiben Keding und Scharlau in den „Greifswalder Beiträgen zur Hochschullehre“ (hier) ein ganz anderes Konzept: Sie erläutern die Möglichkeit, wie Lehrende ihre (noch unabgeschlossene) Forschung mit in die Lehre bringen und umgekehrt aus der Lehre wieder etwas in die Forschung zurückfließen lassen können. Der Text stellt konkret vor, wie das gehen kann und welche ersten Erfahrungen damit gemacht worden sind.

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Zündstoff

Kürzlich kam ich in die Situation, dass ich mich zum Thema „Genderkompetenz in der Hochschullehre“ äußern sollte. Zugegeben: Das ist nicht das Thema, das ich bisher intensiv verfolge. Umso lehrreicher war, dass ich mich damit mal ein wenig genauer auseinandergesetzt habe. Hängen geblieben sind bei mir durchaus einige Punkte: vor allem die implizite Reproduktion von Geschlechterstereotypen, auch wenn man sich einredet, dass einem das selber nicht passiert; zudem die Risiken von Gendermaßnahmen, die Geschlechterdifferenzen ungewollt zementieren können. Eingefallen sind mir außerdem wieder einige Szenen aus dem Lehrbetrieb an der Universität der Bundeswehr München: Hier spielen Geschlechterdifferenzen eine besonders auffällige und komplizierte Rolle, da Studentinnen gleichzeitig Soldatinnen sind und sich somit in einem nach wie vor wenig „frauentypischen“ Bereich aufhalten. Im Nachhinein ist mir jetzt klar geworden, wie oft ich eigentlich in Situationen war, die mich überfordert haben.

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Nicht wie Freibier

Über e-teaching.org (hier) bin ich auf die Broschüre „Offene Bildungsressourcen (OER) in der Praxis”, herausgegeben von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) aufmerksam geworden, die nun in der 2. Auflage erschienen ist.

Jeder, der sich über „Open Educational Resources“ (OER) informieren will, ist mit diesem Text als Einstieg aus meiner Sicht gut beraten: Man findet eine Definition, der Nutzen für Schule und Hochschule wird diskutiert und es werden praktische Tipps dazu gegeben, wie OER produziert wird, wie man sich daran selbst beteiligen kann, wie OER zu lizensieren ist, wie man OER findet und was man bei der Nutzung beachten muss etc. Außerdem gibt es kurze Statements aus der Praxis.

Es fehlt – Gott sei Dank – auch nicht der Hinweis, dass „frei“ bzw. „free“  vor allem heißt, dass etwas frei von rechtlichen Beschränkungen ist (und damit auch lizenzfrei), aber nicht zwingend frei von Kosten und letztlich sogar besonders kostenaufwändig bei der Erstellung. Oder zum leichteren Merken: „Frei wie Meinungsfreiheit, nicht wie Freibier“ (S. 14)

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Ringen um präzise Begriffe

Forschendes Lernen – klar, machen wir doch jetzt alle, oder? Oder ist es doch eher ein forschungsbasiertes oder ein forschungsorientiertes Lernen oder „nur“ eine forschungsorientierte Lehre? Ludwig Huber hat aus meiner Sicht völlig Recht, wenn er dafür plädiert, sich über die „Begriffe und Unterscheidungen im Feld forschungsnahen Lehrens und Lernens“ zu verständigen. In seinem neuen Artikel in der Zeitschrift Hochschulforschung (erfreulicherweise online hier abzurufen), will er zur Begriffsklärung beitragen. Vorneweg: Der Beitrag ist lesenswert und allen zu empfehlen, die sich mit der Verbindung von Forschen, Lehren und Lernen beschäftigen.

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Was will ich eigentlich sagen?

Meine Publikationsdichte ist in den vergangenen 14 Monaten ja nicht so sonderlich hoch – wofür es natürlich Gründe gibt, auch wenn ich die in diesem Blog leider nicht genauer darlegen kann. Umso mehr freue ich mich, wenn doch der eine oder andere Beitrag entsteht – z.B. anlässlich eines Vortrags oder weil man angefragt wurde, sich an einem Buch, Themenheft o.ä. zu beteiligen . Und angefragt wurden wir (Sandra Hofhues und Mandy Schiefner-Rohs haben bereits berichtet) von Olaf Zawacki-Richter von der Universität Oldenburg, uns bei den „Teaching Trends 2014“ zu beteiligen – und zwar in der Veranstaltung und am Buch. Sandra hat uns in Oldenburg auf der Tagung gut vertreten. Der Band selbst ist bereits online, nämlich hier. Und unseren Beitrag alleine kann man hier lesen. Weitere inhaltliche Ausführungen spare ich mir hier jetzt: Das haben Sandra und Mandy schon ausführlich getan.

Den Aufsatz zu dritt zu schreiben, hat Spaß gemacht, auch wenn es in der Regel anstrengender ist als etwas alleine zu schreiben. Beim gemeinsamen Schreiben kommt es meiner Erfahrung nach sehr darauf an, ob und wie gut die Autoren/innen harmonieren, Kompromisse eingehen können und es schaffen, Konsens in den Kernbotschaften des Textes herzustellen. Letzteres vermisse ich immer wieder mal in Texten, die ich aus der Hand lege und mich frage: Was genau nehme ich jetzt mit? Umgekehrt muss man sich genau das eben auch bei der Planung und Umsetzung eines Textes immer wieder fragen: Was will ich eigentlich sagen? Das klingt trivial, ist es aber nicht – selbst für Vielschreiber (oder vielleicht gerade für Vielschreiber) nicht.

Es hat keiner mehr Zeit …

In Berlin habe ich kürzlich nicht nur einen Vortrag gehalten (siehe hier), sondern auch eine nette Begegnung gehabt – mit einem älteren Herrn. Ich setze mich neben ihn, weil es voll ist im Cafe beim Einkaufszentrum, das gerade auf meinem Weg in Richtung Veranstaltungsort liegt und mir noch einen Cappuccino ermöglicht. Er sitzt an seinem Kaffee, schaut mich an, scheint kurz zu prüfen, ob er mich ansprechen kann, und sagt: „Vier Monate war ich jetzt weg – auf dem Boot“. Mein Gegenüber ist auf jeden Fall über 70, sieht nicht nach Seemann oder so aus (außerdem sind wir in Berlin), sodass mich das neugierig macht: „Auf dem Boot? Wo waren Sie denn damit?“ – „Die Flüsse entlang, mit meiner Frau – wir waren an vielen Orten. Das machen wir jedes Jahr seit wir in Rente sind. Aber jetzt sind wir wieder da – in Berlin. Jetzt wird es Winter und wieder langweilig“. „Dann nutzen Sie doch den Winter, um von Ihrer Reise zu erzählen“, meine ich. „Nee“, kommt die Antwort ziemlich rasch, „das interessiert ja keinen; und nach uns macht das auch keiner mehr – meine Kinder auch nicht – die haben ja alle keine Zeit. Die arbeiten nur noch …“. „Stimmt“, gebe ich ihm Recht, „die Arbeit gibt den Lebenstakt vor. Aber Sie können das jetzt!“ Mein Gesprächspartner nickt, wirkt aber nicht zufrieden: „Ja, aber wie lange noch? Ich bin jetzt 75!“ – „Na ja, so lange Sie können, oder?“ Er stimmt mir zu und verabschiedet sich: „Jetzt gehts an Boot-Reparieren; mit dem könnten noch viele fahren, aber es hat ja keiner Zeit.“ Da sagt er was, und ich frage mich in dem Moment, ob das wirklich so sein müsste ….

Dem Unsinn ein Ende machen

Mit dem Deutschen Philologenverband hatte ich bisher nichts zu tun. Nun aber bin ich zu einer Tagung des wissenschaftlichen Beirats dieses Verbands eingeladen und es geht um Prüfungen. Der Titel der zweitägigen Veranstaltung (am 10. und 11.10.2014) in Berlin ist: „Leistungsstandards und Leistungsbewertung am Gymnasium und an der Universität“. Der Blick auf die Unis ist der Grund, warum auf dieser Veranstaltung auch hochschuldidaktische Impulse gefragt sind. Weil ich schon seit längerem fest davon überzeugt bin, dass Prüfungen ein zentrales Thema gerade auch für Fragen des Lehrens und Lernens an Universitäten sind, habe ich die Anfrage gerne angenommen.

Die Veranstaltung ist in vier Blöcke gegliedert: Block 1 beschäftigt sich mit der „Passung von Leistungsstandards und Leistungsbewertung an Gymnasien und Universitäten“. Block 2 ist den „Herausforderungen und Konsequenzen der Orientierung an Kompetenzen und Leistungsstandards für die Prüfungspraxis an Gymnasien und Universitäten gewidmet“. Hier ist auch mein Beitrag (20 min Impulsvortrag) eingeordnet. Block 3 ist umschrieben mit „Stärken und Schwächen traditioneller und veränderter, erweiterter Prüfungsformate mit Bezug auf kompetenz- und standardorientierter Leistungsbewertung an Gymnasien und Universitäten“. An sich hätte ich zu diesem Thema mehr sagen können, aber ich habe es als Herausforderung genommen, mir nochmals grundsätzlichere Gedanken zu den Konsequenzen der sog. Kompetenzorientierung zu machen. Block 4 schließlich beschäftigt sich mit der Notengebung: „Note sehr gut – aber im Bezug worauf? Notwendige Umorientierung in der Notengebung an Gymnasien und Universitäten?“

An der Stelle kann ich eine Textfassung (also kein Vortragsmanuskript) des Beitrags verfügbar machen, da dieser bereits parallel entstanden ist. Und wer den Titel des Blogposts verstehen will, müsste jetzt den Text lesen 😉

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Abwanderung an die Stanford University

Glückwunsch! Sie sind in der Führungsetage der Hochschule oder der Fakultät angekommen und freuen sich auf die Arbeit. Sie haben einen Masterplan in der Tasche und müssen jetzt eigentlich nur noch die Professorenschaft überzeugen. Nur? Eine kurze Anleitung zum Umgang mit Profs“ – so beginnt ein Beitrag in der duz von Klaus Arnold – Kommunikationswissenschaftler an der Uni Trier. Es ist eine kleine Satire für „Präsidenten und Dekane“, aber wer es als Professor/in liest, wird schmunzeln und zugeben, den einen oder anderen Typus zu kennen … Was alle (Typen) nach Ansicht von Arnold eint, ist, dass sie – und das ist gut so, wie ich finde – ziemlich autonom sind: „An der Universität ist es ein bisschen so wie im Heiligen Römischen Reich. Der Kaiser ist schwach und muss mit zahlreichen Kurfürsten und kleinen Königen klarkommen“. Unter diesen kleinen Königen sind

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Abgelenkt, aufgeschoben, abgehakt

Auch wenn ich aktuell in der Lehre etwa nicht mit ILIAS arbeite (wie zu Zeiten meiner Professur an der Universität der Bundeswehr München), bin ich der Plattform sozusagen noch verbunden über unser Projekt optes, in dem der ILIAS Verein auch Forschungspartner ist. Von daher war es höchste Zeit, mal eine Anfrage zur Teilnahme an der jährlichen ILIAS-Konferenz anzunehmen (hier das Programm), die dieses Jahr in Bozen stattgefunden hat bzw. noch bis Mittwoch Abend läuft. Der Auftrag an mich klang zunächst simpel: „Motivation hätten wir gerne als Thema“. Schnell zugesagt, hat es mir dann doch einiges Kopfzerbrechen bereitet, wie man die Frage nach der (fehlenden) Motivation speziell im Umgang mit digitalen Medien im Bildungskontext angehen kann. Da ich nun mal von der Hochschule als Lern- und Bildungsort die meiste Ahnung habe, hat sich mein Beitrag auf die Hochschullehre mit digitalen Medien konzentriert. Eine wichtige Inspirationsquelle für den Vortrag war für mich Rolf Schulmeisters Text „Auf der Suche nach Determinanten des Studienerfolgs“, der dieses Jahr erschienen ist.

„Lernort Hochschule: Abgelenkt, aufgeschoben, abgehakt – Wo ist der Wille beim Lernen mit digitalen Medien?“ – so lautete schließlich der Titel meines Vortrags. Der Bogen, den ich da geschlagen habe, ist wohl doch etwas breiter ausgefallen als zunächst geplant, und ich hoffe, dass ich nicht allzu sehr von den digitalen Medien abgeschweift bin, die nun mal auf einer ILIAS-Tagung logischerweise im Zentrum stehen. Statt der Folien mache ich lieber wieder mein Vortragsmanuskript zugänglich, das am Ende auch eine ganze Reihe von Literaturquellen beinhaltet, die ich verwendet habe.

Vortrag_Bozen_Sept2014

Auseinandersetzung statt Pseudoharmonie

Design-based Research – Educational Design Research – entwicklungsorientierte Bildungsforschung – gestaltungsorientierte Forschung … inzwischen sind nicht nur die Bezeichnungen vielfältig, sondern auch die Quellen werden vielfältiger, wenn es darum geht, im Kontext der bildungswissenschaftlichen Forschung dem Akt der Entwicklung (gemeint als Entwurf, Konstruktion, Gestaltung) einen geeigneten Platz im Prozess und in der Zielsetzung von Bildungsforschung zu geben. In dem Zusammenhang möchte ich auf drei solcher neueren Quellen hinweisen.

Kürzlich ist das Beiheft zu Design-based Research der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik erschienen (Info hier) – herausgegeben von Dieter Euler und Peter Sloane. Das Heft ist aus meiner Sicht eine gelungen Mischung aus theoretischen Beiträgen und solchen, die Forschungsbeispiele liefern. Enttäuschend finde ich allein den Text von McKenney und Reeves, da dieser vorrangig eine Auskopplung aus ihrem Buch von 2012 ist und entsprechend kaum neue Inforationen anbietet.

Des Weiteren sind mir zwei kurze Einführungen in das Thema Design-Based Research aufgefallen – eine deutsch- und eine englischsprachige. Ich möchte darauf verweisen, weil solche Einführungen aus meiner Sicht ein Anzeichen dafür sind, dass man diesen Ansatz nun auch Nachwuchswissenschaftlern nahebringen bzw. diese dazu ermutigen will, bei eigenen Arbeiten auch Design-Based Research in Erwägung zu ziehen. Beide Texte sind online zugänglich.

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