Schwierige Lernprozesse

2003 schrieb Rolf Schulmeister im Vorwort eines Bandes mit dem Titel „´Master of Higher Education´. Modellversuch zur didaktischen Professionalisierung von Hochschullehrenden“, herausgegeben vom damaligen Interdisziplinären Zentrum für Hochschuldidaktik der Universität Hamburg, folgende Worte (S. 3): „Das IZHD bietet seit seiner Entstehung im Jahre 1970 didaktische Fortbildung für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer und den Hochschullehrer-Nachwuchs an. Dies war nicht von Anfang an mit didaktisch fortschrittlichen Methoden verbunden. Auch die Hochschuldidaktiker, die alle aus anderen Disziplinen kamen, hatten anfangs schwierige Lernprozesse zu durchlaufen. Aber allmählich, vor allem in Begegnungen mit angelsächsischen, holländischen und dänischen Kollegen entwickelten sich moderne Konzepte für didaktische Workshops. Inzwischen liegen am IZHD 30 Jahre Erfahrung mit der Hochschullehrerfortbildung vor, die uns in die Lage versetzten, an die Entwicklung eines Studiengangs zu gehen“.

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Stromlinienförmige Geschäftigkeit

In einem Interview mit Zeit Campus (hier) beleuchtet der Soziologe Hartmut Rosa zum einen das heutige Lebensgefühl von Studierenden und zum anderen den Zustand unserer Universitäten, der dazu beitrage (danke an Sebastian für den Link-Tipp). Psychische Probleme und deren Folgen für das Studium führt Rosa unter anderem auf den Zeitgeist zurück, der Studium und Lehre (man könnte ergänzen: auch Forschung) seit Beginn der Bologna-Reform erfasst hat: Es werde, so Rosa, an Universitäten eine stromlinienförmige Geschäftigkeit gefördert: „Vieles läuft unter dem Begriff des Qualitätsmanagements, das Sicherstellen und Verfügbarmachen von Leistungen und Portfolio-Kompetenzen“. Die Folge sind zu viele Erwartungen, die in eine zu kurzer Zeit gepresst werden.

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Impact free

Von 1992 bis 2001 war ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU München bei Prof. Heinz Mandl tätig. In dieser Zeit wurden am Lehrstuhl Mandl sehr viele Forschungsberichte, später auch Praxisberichte veröffentlicht – als „graue Literatur“ gedruckt und an unzählige Adressen versandt. Erst später konnte man die Berichte dann auch online abrufen.

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Fassadenkultur der Antragstellung

Gleich zwei – aus meiner Sicht völlig berechtigte – Aktionen von Wissenschaftlern gegen die die neuen Pläne der Exzellenzinitiative und die (inzwischen als verfassungswidrig erkannte) Form der bestehenden Akkreditierungspraxis sind derzeit online nachzulesen und können im Falle der Exzellenzinitiative durch digitale Unterschrift auch unterstützt werden.

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Wider die Entdidaktisierung

Wer im Kontext der allgemeinen Hochschuldidaktik nach theoretischen Konzepte zum Üben sucht, findet nicht viel, obschon es faktisch weit verbreitet ist: Immerhin gibt es die Übung als Lehrformat an Hochschulen, es werden immer mehr Brücken- und Vorkurse konzipiert, die in hohem Maße auf das Üben setzen, digitale Medien ermöglichen individualisiertes Üben etc. Mein Verdacht ist ja schon lange: Das eher geringe theoretische und empirische Interesse am Üben in der Hochschuldidaktik könnte unter anderem vom schlechten Ruf des Übens als Pauken, Drill-and-Practice oder Maßnahme der Disziplinierung verursacht sein. Anzunehmen ist des Weiteren, dass man das Üben im Zuge konstruktivistischer Ansätze aus den Augen verloren hat und als eine letztlich unwichtige und überholte Lernform betrachtet.

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Irgendwelchen Moden nachlaufen

Der Soziologe Rudolf Stichweh spricht in einem Interview (hier) über die Tücken der Wissenschaftsfinanzierung bzw. Forschungsförderung. Im Zentrum steht die Frage, wer sowohl die „kleinen“ Probleme als auch die großen gesellschaftlichen Herausforderungen definiert, für die Wissenschaft nach Lösungen sucht. Während Wissenschaftler bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder beim Europäischen Forschungsrat ERC (European Research Council) ihre Fragen selbst formulieren, sind diese mehr oder weniger detailliert vorgegeben, wenn Forschungsprogramme von der Politik oder Wirtschaft ausgeschrieben werden. Zwar werden auch für solche Ausschreibungen in der Regel Wissenschaftler beratend hinzugezogen: Skepsis gegenüber diesem Weg aber ist durchaus angebracht, wie das Interview deutlich macht. Der Wissenschaftsrat, so Stichweh, habe vor gut einem Jahr ein Positionspapier verabschiedet, mit dem er die Debatte über die sogenannten Großen Gesellschaftlichen Herausforderungen anstoßen wollte. „Ich stehe diesen Zuspitzungen mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Derlei Versuche bergen immer die Gefahr, irgendwelchen Moden nachzulaufen. Probleme, die heute vielleicht als relevant erscheinen, können schon morgen in ihrer Bedeutung von anderen verdrängt werden. Das dafür investierte Forschungsgeld verpufft.“

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Bitte so, wie man es kennt

Seit Anfang 2015 laufen im Hintergrund bereits die Vorarbeiten für eine neue wissenschaftliche Zeitschrift, die sich auf Design-Based Research in den Bildungswissenschaften spezialisiert: Educational Design Research (EDeR), die zweimal im Jahr erscheinen soll, deutsche und englische Beiträge umfasst und online sowie im Open Access-Format publiziert (hier ein Überblick über die Beteiligten).

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Ein bisschen wie Radfahren

Die vielen „Aufbauarbeiten“ und immer wieder neuen Herausforderungen in den letzten paar Jahren haben dazu geführt, dass ich im Vergleich zu früheren Semestern eher wenige Lehrveranstaltungen angeboten habe. Im vergangenen Wintersemester dann konnte ich im Rahmen einer Blended Learning-Veranstaltung im Master of Higher Education testen, ob ich es noch kann … also okay – ist ein bisschen wie Radfahren, verlernt man nicht so schnell 😉 Im April, Mai und Juni habe ich nun die Aufgabe, jeweils dreitägige Blockveranstaltungen anzubieten. Inhaltlich und methodisch konzipiert sind alle drei Angebote zu den Themen Curriculumentwicklung, didaktische Prüfungsgestaltung und forschungsnahes Lehren und Lernen bereits. Während mir die Themen vertraut sind, sind es die Formate eher nicht: Drei Tage am Stück werden mich durchaus herausfordern. Blockveranstaltungen in dieser Länge verlangen natürlich eine ganz andere Dramaturgie als die wöchentliche Lehrveranstaltung. Ich bin gespannt, wie gut oder schlecht ich simuliert habe, was es da nun in den kommenden Tagen und Monaten umzusetzen gilt. Ich werde in jedem Fall von meinen Erfahrungen mit dieser Form von Veranstaltung (im Sommer) berichten.

Schnauze voll von der Modulherrschaft

Bereits am 18. März hat das Bundesverfassungsgericht eine Pressemitteilung (hier) verfasst, die – wie nicht anders zu erwarten – viele Kommentare ausgelöst hat. Wörtlich heißt es da im ersten Abschnitt: „Die Regelungen über die Akkreditierung von Studiengängen des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach Studiengänge durch Agenturen „nach den geltenden Regelungen“ akkreditiert werden müssen, sind mit dem Grundgesetz (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar. Dies hat der Erste Senat mit heute veröffentlichtem Beschluss in einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Arnsberg entschieden. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit steht zwar Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten grundsätzlich nicht entgegen. Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung von Studiengängen darf der Gesetzgeber jedoch nicht anderen Akteuren überlassen. Der Landesgesetzgeber hat verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2018 an zu treffen.“

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Cool auf akademisch

Es gibt Jugendsprachen und das Jugendwort des Jahres. Aber ich musste schon zustimmend (!) schmunzeln, als ich in der aktuellen Ausgabe von Forschung & Lehre gleich auf der ersten Seite gelesen habe, dass es auch in der Akademiker-Sprache Trend-Wörter gibt. Ich zitiere einfach mal den Autor Wolfgang Kemp (Emeritus der Universität Hamburg): „Neulich nahm ich an einer Runde von Bewerbungsvorträgen teil: als „Öffentlichkeit“, als Emeritus und als Gast in einem fremden Fach. Hatte sich etwas geändert in der schwierigen Disziplin des gar nicht so heiteren Berufungsratens? Als erstes fiel mir eine Gemeinsamkeit zwischen Kommissionsmitgliedern und Bewerbern auf. Beide sagten sehr gerne „spannend“. Spannend ist geil oder cool auf akademisch. Ich selbst verwende das Wort nie, aber ich unterstütze sehr, dass andere es so oft wie möglich gebrauchen – das ist die einzige Chance, das Wort wieder loszuwerden. Was allerdings dann kommt? Das Gegenteil von spannend hieß übrigens: Ich finde das schwierig.“ Schwierig finde ich nur, wie man die spannende Strategie umsetzt, etwas loszuwerden, indem man es fördert. Ich würde mich aber sehr gern daran beteiligen :-).