Kern akademischer Hochschulbildung

Kürzlich habe ich noch einmal die aktuellen Empfehlungen des Wissenschaftsrats (2015) zum Verhältnis von Hochschulbildung und Arbeitsmarkt (online hier) zur Hand genommen (es handelt sich um den zweiten Teil einer Empfehlungsreihe, die sich speziell der Arbeitsmarktrelevanz von Studienangeboten widmet). Nachdem ich das Dokument schon mal im November kursorisch durchgesehen hatte, habe ich es jetzt noch einmal unter der Frage gelesen, welchen Stellenwert der Wissenschaftsrat in diesem Papier der Persönlichkeitsbildung beimisst. Um diese Frage beantworten zu können, fasse ich zunächst ein paar aus meiner Sicht relevante Inhalte (selektiv!) zusammen:

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Implizite Suchbewegung

„Darüber bin ich zufällig gestolpert“ – ich beobachte, dass ich das öfter mal sage, wenn ich auf Texte stoße, an denen ich hängenbleibe, obwohl ich eigentlich etwas anderes machen wollte. Und da ich (so glaube ich jedenfalls) nicht an dieser mysteriösen Krankheit der Prokrastination leide (früher formulierte man die Diagnose vielleicht auch ein wenig freundlicher als „Bummelei“), gehe ich mal davon aus, dass es einen Grund gibt, warum ich hängen bleibe. Und dieser Grund kann nur darin liegen, dass Aufmerksamkeit und Interesse in einem Maß geweckt werden, das ausreicht, um andere, zunächst scheinbar wichtigere Dinge, mal ein, zwei Stunden (oder länger) liegen zu lassen. Das ist mir heute Morgen um 5.00 (sowieso eine der besten Zeiten des Tages) mit einem Text von Günter Rexilius passiert (online hier zu lesen).

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Zerknülltes Papier und schlechtes Gewissen

Eigentlich hatte ich gar keine Blogpause geplant über Weihnachten, aber dann ist doch eine daraus geworden. Dafür gibt es natürlich Gründe. Der wichtigste ist: Ich war vertieft in Recherchen, Exzerpten und eigenen Überlegungen zum forschungsnahen Lehren und Lernen bzw. zu internationalen Beiträgen dazu, wie sie unter Bezeichnungen wie Research-Teaching Nexus und Inquiry-Based Learning diskutiert werden. Dazu kommt, dass mich die Beziehung zum Problem-Based Learning interessiert. Der Anlass dazu ist eine Tagung im Juni an der PH Zürich (siehe hier), auf der ich genau dazu einen Vortrag halten werden, den es in den nächsten Monaten zu erarbeiten gilt. Und was ist dabei herausgekommen? Ein unordentliches Arbeitszimmer mit Bücher auf dem Boden, viele Ausdrucke, zerknüllte Papiere und ein zehnseitiger Tex, der aber selbst für den Blog noch zu unausgereift ist, aber immerhin eine wichtige Zwischenstation darstellt.

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Einfach gut geredet

Merkel begeistert ihre Partei – mit einer Rede! Heiner Geißlers Kommentar: Das sei die größte Rede gewesen, die Angela Merkel je gehalten habe – sowohl rhetorisch als auch inhaltlich. Kämpfen, Brücken bauen, erklären, danken, um Unterstützung werben – das sind die Funktionen, die der Rede in der Presse zugeschrieben werden (z.B. hier). Die Rede hat bewegt – nicht nur zum Applaus, sondern auch zum Stimmungswechsel und womöglich gar zum Handeln. Nein, ich bin nicht zum CDU-Anhänger geworden. Aber ich bin ein Anhänger guter Reden als einer Form der Vermittlung, die besonderes Können verlangt. Zu Unrecht sind Reden und Zuhören in der Hochschuldidaktik unter die Räder gekommen – so meine Ansicht.

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Ein gutes Jahr

Seit sich der Soziologe Hartmut Rosa kritisch mit der Zeitalter der Beschleunigung auseinander gesetzt hat (hier), scheint er sich vermehrt dagegen wehren zu müssen, als Entschleunigungsguru angesehen zu werden. Das jedenfalls kann man in einem aktuellen Interview (hier) hören, das sich um den „ewigen Steigerungszwang“ dreht. Ausgangspunkt der Überlegungen von Hartmut Rosa ist die Feststellung, dass Menschen immer mehr bestimmte Dinge nicht um ihrer selbst willen tun, sondern um damit etwas zu erreichen bzw. um das ökonomische Kapital, das soziale Kapital, das kulturelle Kapital, ja sogar das Körperkapital zu steigern. Auch die Hochschulen ticken inzwischen so: „An Hochschulen zum Beispiel heißt es, es war ein gutes Jahr, wenn wir mehr Studierende haben, mehr Doktoranden, mehr Drittmittel, mehr internationale Publikationen usw.“ (was unter anderem an die Erkenntnisse von Richard Münch erinnert – siehe z.B. hier). Und genau das werde dem Menschen zum Problem, ohne dass er es aber alleine lösen könnte: „Es ist ganz wichtig zu sehen, dass man nicht einfach nur entschleunigen kann oder solche Oasen für alle schaffen, während gleichzeitig das System weiterhin ein Steigerungssystem ist.“ Das sei der kritische Punkt, denn moderne kapitalistische Gesellschaften setzen auf Steigerungen, weshalb man letztlich Systemreformen brauche; oder anders formuliert: Die große Sehnsucht der Menschen nach Langsamkeit und Resonanz sei unter den Bedingungen des Steigerungszwanges nicht möglich.

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Hauptsache Hochglanz

Hochglanzbroschüren und findige PR-Abteilungen gab es früher nur in der Industrie. An der Universität schaute man manchmal neidisch, oft aber auch erleichtert auf den einen oder anderen Kooperationspartner in der Wirtschaft und nahm staunend die dortigen umtriebigen Aktionen der Marketing-Leute zur Kenntnis. Heute sind diese auch an Universitäten angekommen. In der November-Ausgabe von Forschung und Lehre ist (hier) das Thema PR und Wissenschaft ebenfalls aufgegriffen – durchaus kritisch und das erscheint mir auch dringend nötig, denn Forschung und Lehre sind keine Ware – Wissenschaft, Forschung und Lehre folgen einer eigenen Logik. Nun macht Karsten Gäbler (Universität Jena) in einem Gastbeitrag auf der Plattform von Hochschulform Digitalisierung darauf aufmerksam, dass zwischen der aktuellen PR zur Digitalisierung einerseits und der Realität an deutschen Hochschulen andererseits eine erhebliche Lücke klafft:

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Naiv gewesen?

Am Freitag war ich an der Universität Heidelberg zur Abschlussveranstaltung eines Projekts mit dem Titel „Willkommen in der Wissenschaft – Forschungsorientierte Lehrkonzepte“. Derzeit kann man hier leider nur die Titel der während der Projektlaufzeit geförderten Projekte ansehen, aber versprochen wurde noch eine Dokumentation, auf die ich sehr gespannt bin. Ich war eingeladen worden, um einen Vortrag auf eben dieser Abschlussveranstaltung zu halten. Das Manuskript stelle ich gerne zur Verfügung:

Vortrag_Heidelberg_Dez2015

Das darin vorgestellte Modell in grafischer Form sowie dazugehörige Literatur finden sich unter anderem auch in dieser Publikation auf den Seiten 121 bis 137.

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Neu erfinden oder fündig werden?

Kürzlich habe ich (hier) auf den „Bericht des Vorsitzenden des Wissenschaftsrats zu aktuellen Tendenzen im Wissenschaftssystem“ vom Oktober 2015 hingewiesen. Manfred Prenzel plädiert hier für „institutionelle Strategien zur Verbesserung der Lehre an Hochschulen“. Beim Lesen habe ich mir gedacht, dass ich das kenne – aus einer Schrift von Karl-Heinz Flechsig aus den 1970er Jahren, in denen vieles bereits vorgedacht und wieder verschüttgegangen zu sein scheint. Ich hatte dazu mal vor längerem für mich eine Zusammenfassung gemacht – und die habe ich wieder herausgekramt und ein wenig aktualisiert. Gerne stelle ich den Zwei-Seiter mit dem Motto online, dass man tatsächlich nicht immer wieder alles neu erfinden muss, sondern bisweilen auch in der Vergangenheit fündig wird, was sich weiterzuentwickeln lässt.

Man muss nicht alles neu erfinden

Was hat er gleich gesagt?

Ende November – das heißt in Hamburg: Zeit für die Campus Innovation, die vielen, die sich mit Lehrens, Lernens und Verwalten mit digitalen Medien beschäftigen, auch außerhalb Hamburgs ein Begriff sein dürfte. Letztes Jahr war ich als externe Rednerin geladen (siehe hier), heute durfte ich als „Interne“ einen Track im Rahmen des Konferenztags „Studium und Lehre“ moderieren. Morgen folgt der zweite Tage (siehe hier)

Nach diversen Grußworten wurde zu Beginn ein weit gereister Gast als erster Keynote-Sprecher begrüßt: Johannes Heinlein, Vizepräsident für strategische Partnerschaften und Mitglied des Vorstands, edX. Sein Thema: „Die Digitalisierung der Hochschulbildung – Globale Trends, Herausforderungen & Chancen (für das deutsche Hochschulsystem?)“.

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Die Schule als Modell!?

Neuerdings legen uns Artikel aus der Feder von Mitgliedern des Wissenschaftsrates insbesondere in der ZEIT dringend nahe, dass wir bei der Verbesserung der Hochschullehre von der Schule lernen sollten. Den Anfang machte Volker Meyer-Guckel bereits im April 2015 (hier) mit der Aufforderung, Verschulung nicht immer nur negativ zu sehen, sondern eher mal die Schule als Vorbild zu nehmen. So sollte man z.B. Lehrende auf ihre Aufgaben systematisch vorbereiten und regelmäßig fortbilden – wogegen wirklich gar nichts einzuwenden wäre, würde das nicht auch gepaart sein mit pauschalen Feststellungen über Unwille und Unfähigkeit von Hochschullehrenden, sich für die Lehre zu engagieren. Und nun Manfred Prenzel (hier): Von der Schule zu lernen, bedeutet für ihn, sich an gutem Unterricht in der Schule zu orientieren. Nun mag auch das in Grenzen eine Bereicherung sein, wenn man sich gelingendes Lehren und Lernen in verschiedenen Bildungskontexten also auch in Schulen, anschaut, um Impulse für die Hochschullehre zu gewinnen. Die Grenzen aber sind schnell erreicht, wenn man Ziele, Zielgruppen und Gegenstände der Schul- und Hochschulbildung miteinander vergleicht. Dass ausgerechnet der WISSENSCHAFTsrat so leichtfüßig über diese Unterschiede hinwegzugehen scheint, verwundert doch schon.

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