Ein Manifest

Paul Ashwin hat ein Manifest zur Hochschullehre bzw. Hochschulbildung geschrieben: Das handliche kleine Buch trägt den Titel „Transforming University Education: A Manifesto“ und ist 2020 bei Bloomsbury Academic erschienen. Im Kern geht es Ashwin um den Beitrag der Universität zur „Transformation“ von Individuum und Gesellschaft.

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Wissen abhandengekommen

Hochschuldidaktische Modelle (oder Konzepte) sind notwendig und hilfreich, und sie sind notwendigerweise immer Vereinfachungen: Sie lenken den Blick auf ausgewählte und als wichtig erachtete Elemente oder Aspekte von in der Regel komplexen Phänomenen und Situationen, wie dies regelmäßig in Lehr-Lern- bzw. Bildungskontexten der Fall ist. Mit dieser Feststellung beginnt Paul Ashwin seine kritische Argumentation zum „Student-Centred Learning and Instruction“ (SCLI) – bei uns meist kurz als „Studierendenzentrierung“ oder, wenn man den Impetus deutlich machen will, doch wieder Englisch als „shift from teaching to learning“ bezeichnet. Die Argumentation findet sich in einem Artikel mit dem Titel „How student-centred learning and instruction can obscure the importance of knowledge in educational processes and why it matters“ (leider habe ich das Buch auch nicht, aber ein Preprint vom Autor).

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Der Bruch existiert

Reimagining the new pedagogical possibilities for universities post-Covid-19“ – das ist der Titel eines kollektiven Schreibprojekts mit dem Ergebnis eines Sammelartikels in der Zeitschrift Educational Philosophy and Theory mit rund 30 kurzen Essays zur Zukunft der Hochschulbildung „post COVID-19“. Michael Peters und Fazal Rizvi – die Initiatoren des Projekts, die dazu eine Gruppe von Wissenschaftlern eingeladen haben, leiten das Ergebnis wie folgt ein:

„Our minds are still racing back and forth, longing for a return to ‘normality’, trying to stitch our future to our past and refusing to acknowledge the rupture. But the rupture exists. And in the midst of this terrible despair, it offers us a chance to rethink the doomsday machine we have built for ourselves. Nothing could be worse than a return to normality. Historically, pandemics have forced humans to break with the past and imagine their world anew. This one is no different. It is a portal, a gateway between one world and the next.“

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Beyond ZOOM

Das Journal of Technology and Teacher Education hat ein interessantes Themenheft herausgegeben (hier): „Preservice and Inservice Professional Development During the COVID-19 Pandemic”. Im Abstract heißt es unter anderem: “[…] the impact of COVID-19 resulted in extensive periods of emergency remote teaching and learning. […] As we move beyond the survival phase of remote teaching and learning, it is critical now to transition to a thriving phase of remote teaching, learning, and teacher education”.

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Unorthodoxe Denkanstöße

Educational Research. An Unorthodox Introduction“: Das Buch mit diesem Titel von Gert Biesta, in diesem Jahr (2020) erschienen, liegt schon einige Wochen auf meinem Schreibtisch. Nun habe ich es endlich gelesen – mit Gewinn. Im Vorwort betont Biesta, dass er seine unorthodoxe Einführung in die Bildungsforschung nicht geschrieben hat, um Lehrwerke zur Bildungsforschung zu ersetzen oder zu kritisieren. Vielmehr gehe es ihm darum, Fragen und Themen, die er in den „orthodoxen“ Einführungsbüchern vermisst, zusammenzustellen. Er rät daher dazu, sein Buch nicht statt, sondern neben anderen zu lesen.

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Selbstgleichschaltung

Der folgende Beitrag in der DUZ ist schon fast drei Wochen alt, aber ich denke, es lohnt sich trotzdem noch, darauf zu verweisen, denn das Thema ist wichtig: Unter dem Titel “Gestatten Wissenschaft“ macht der Text darauf aufmerksam, dass und wie die Öffentlichkeit – eher unfreiwillig – mitbekommt oder mitbekommen kann, wie Wissenschaft „tickt“ – nämlich im Sinne eines Arbeitens mit vorläufigem, hypothetischem, unabgeschlossenem Wissen, mit öffentlicher Mitteilung (in der Fachgemeinschaft), Peer Review bzw. Kritik und Verteidigung oder Korrektur. Das könnte man – unter normalen Umständen (so auch ein wenig der Tenor des Beitrags) – positiv bewerten, weil es Einblick gibt in wissenschaftliche Arbeitsweisen und Wissenschaft generell. In Zeiten gesellschaftlicher Not – und so muss man wohl auch eine Pandemie bezeichnen – aber steht den meisten eher der Sinn nach Eindeutigkeit: Aussagen und deren Korrektur und erneute Korrektur, widersprechende Aussagen und Aussagen mit Vorbehalt aufgrund nicht ausreichender Validierung – das ist schwer auszuhalten. Und üblicherweise bekommt das die Öffentlichkeit in dieser Form auch gar nicht mit. Die Autorin des DUZ-Beitrags sieht darin „schöne Aussichten für die Wissenschaftskommunikation“, ich würde es eher beschreiben als „einmalige Einsichten in die Wissenschaftspraxis“.

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Instructional MacGyvers

Emergency Remote Teaching – ich finde diesen Begriff tatsächlich sehr treffend für das, was gerade an unseren Hochschulen passiert: die Adhoc-Digitalisierung von Lehrangeboten und das flächendeckend. Hodges, Moore, Lockee, Trust und Bond (2020) beschreiben in ihrem Artikel in Educause Review „The difference between emergeny remote teaching and online learning” anschaulich die aktuelle Situation (im SoSe 2020), in die alle Lehrende derzeit (international) geworfen sind, unabhängig davon, ob sie nun viel, etwas oder kaum bis gar keine Erfahrung mit den Einsatz digitaler Technologien in der Hochschullehre haben.

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Vielfalt der Quellen

Versteht man Design-Based Research (DBR) als “Research through Design”, dann ist der folgende, online hier zugängliche, Enzyklopädie-Artikel von Pieter Jan Stappers und Elisa Giaccardi (beide sind Professoren an der Delft University of Technology) eine Fundgrube für Hinweise zu DBR vor allem aus dem Kontext Technologie/Medien/Design.

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Ein Muss für DBR

Zu den bekannten Schwierigkeiten von Design-Based Research (DBR) gehört die Darstellung entsprechender Projekte: Wer gelernt hat, wissenschaftlich zu schreiben, und entsprechende Konventionen (die sich je nach Disziplin allerdings deutlich unterscheiden können) internalisiert hat, kämpft bei der Beschreibung eines DBR-Projekts in der Regel mit einigen Problemen, denn: Egal, in welche Disziplin man schaut, so etwas wie Standards oder zumindest üblich gewordene Darstellungsmodi für das Design als integraler Bestandteil der Forschung gibt es nicht. Da DBR immer auch empirische Anteile umfasst, tendieren viele Autoren, die ihre DBR-Arbeiten etwa in Zeitschriften veröffentlichen wollen, dazu, sich auf die Empirie zu konzentrieren, wenn sie DBR veröffentlichen. Die Folge ist, dass unter den Tisch fällt, wie eigentlich der Design-Prozess vonstatten ging. Das ist insofern absurd, als dass DBR ein „Forschen-durch-Design“ ist, das Design also zentral nicht nur für den praktischen Gewinn, sondern auch für die theoretische Erkenntnis ist.

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Zug schon abgefahren?

Anwendungsorientierung in der Forschung“ empfiehlt der Wissenschaftsrat (WR) in einem aktuellen Positionspapier und kritisiert deutlich die bisherige rigide Trennung von Grundlagenforschung und Angewandter Forschung. Vor ziemlich genau einem Jahr hat sich die HRK ebenfalls mit der Anwendungsorientierung beschäftigt und für mehr Förderung der „Anwendungsorientierten Forschung“ ausgesprochen (ich hatte hier darüber berichtet). Der WR traut sich jetzt einen Schritt weiter und formuliert ein Plädoyer zur Überwindung des Dualismus von Grundlagen- und Angewandter Forschung, was keineswegs grundsätzlich neu ist (siehe z.B. einen älteren Beitrag dazu hier) aber in dieser Form vom WR meines Wissens noch nicht formuliert worden ist.

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