Wissenschaftlich sein und praktisch werden

Langsam gewöhne ich mich an die Blocklehre. Mit Beginn meiner Lehrtätigkeit an der Uni Hamburg im Masterstudiengang Higher Education (MHE), der sich an Personen richtet, die schon eine akademische Bildung und in der Regel auch Berufserfahrung haben (weitere Infos hier), sieht meine Lehrtätigkeit doch sehr viel anders aus als früher:

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An Trivialität kaum zu überbieten

Nach dem Konzept des Student Engagement „lernen Studierende umso mehr […], je mehr sie sich während ihres Studiums mit sinnvollen Lernaktivitäten beschäftigen“. Wie bitte? Ja, besser nochmal lesen, das ist nämlich ernst gemeint und steht so in einem aktuellen Beitrag (2017) der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft von Lars Müller und Edith Braun. Unter dem Titel „Student Engagement. Ein Konzept für ein evidenzbasiertes Qualitätsmanagement an Hochschulen“ (online hier abzurufen) berichten die Autoren, wie sie das US-amerikanische Konzept des Student Engagement an deutsche Verhältnisse anpassen und als Befragungsinstrument an Hochschulen einsetzen.

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Der Hans, der sagts jetzt auch

Der Behaviorismus ist zurück – im neuen Gewand der sogenannten Learning Outcomes, die uns seit Beginn des Bologna Prozesses die Modernisierung der verstaubten Hochschulbildung anpreisen. Geschickt verpackt mit dem Ruf nach Kompetenzorientierung und im Einklang mit dem Prinzip des Constructive Alignment haben uns die Learning Outcomes, und mit ihnen die auf neu getrimmten alten Lehrzieltaxonomien, an den Universitäten fest im Griff. Das ist nicht unwidersprochen geblieben:

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Nichtstun?

Das Schöne an Weihnachtsmärkten ist, dass sie an Weihnachten schließen. Das haben sie mit dem Oktoberfest gemein, das auch immer dann (fast) vorüber ist, wenn es Oktober wird. Die Ruhe, die dann einkehrt, lässt sich durch den Kontrast besonders spüren, und vielleicht ist das sogar der tiefere Sinn? Mein Herkunftswörterbuch führt „Ruhe“ auf „ruhen“ zurück und definiert es als „sich durch Nichtstun erholen“. Nun, ich werde es in den nächsten zwei Wochen wohl nicht schaffen, nichts zu tun, aber Ruhe suche ich allemal und ruhiger wird es daher auch in diesem Blog. Ich wünsche allen geruhsame Tage – auch über den Jahreswechsel – und melde mich im Januar wieder: ausgeruht.

Verbotene Wörter

Das ist so eine Sache mit der Evidenzbasierung in den Bildungswissenschaften. Gerne ist man da ausgesprochen dualistisch unterwegs: Bist du für oder gegen Evidenzbasierung? Aber das ist freilich Unsinn. Als mit dem Regierungswechsel in den USA die Wissenschaft plötzlich bangen musste, ob ihre Erkenntnisse noch ernst genommen werden und Relevanz haben (auch für praktische, das heißt ebenfalls: politische Entscheidungen), war das auf den ersten Blick ein starkes Argument für eine „evidenzbasierte Bildungspraxis“, denn: Wer mag sich als Wissenschaftler schon in einen Topf geworfen sehen mit denen, die „gegen Fakten sind“, die wider besseres (wissenschaftliches) Wissen lieber einer „gefühlten Wahrheit“ folgen?

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Lohnende Review-Arbeit

Dass gestaltungs- bzw. entwicklungsorientierte Bildungsforschung ein Feld ist, an dem auch die Wirtschaftspädagogik besonderes Interesse hat, dürfte jedem bekannt sein, der mit dieser Disziplin ein wenig vertraut ist, gegebenenfalls die Historie etwa der Modellversuchsforschung kennt und vielleicht auch das Herausgeberteam der Zeitschrift Educational Design Research (EDeR) ;-), an dem zwei Wirtschaftspädagogen beteiligt sind (siehe hier). Nun gibt es ein Themenheft zur entwicklungsorientierten (Praxis-)Forschung in der Online-Zeitschrift Berufs- und Wirtschaftspädagogik.

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Von augenscheinlichem Respekt und versteckter Ironie

Das Verhältnis der Hochschuldidaktik zu den Fächern stand gestern (wie schon im Rahmen des Vortrags von Wolfgang Nieke im November) im Mittelpunkt unserer gestrigen HUL-Ringvorlesung (Video inzwischen hier). Ingrid Schaurlau von der Universität Paderborn skizzierte ihre Auffassung von fachsensibler Hochschuldidaktik, die zwischen den Fachdidaktiken und einer Allgemeinen Hochschuldidaktik changiert. Man kann das Konzept auch in einem Text von Ingrid Scharlau und Gesche Keding (2016)* nachlesen. Dort heißt es: „Unter einer fachsensiblen Hochschuldidaktik verstehen wir einen hochschuldidaktischen Ansatz, der darauf abzielt, dass die Fächer oder Fachvertreter/-innen miteinander in Kontakt gebracht werden und – wichtiger noch – Elemente ihres akademischen und Lehrhandelns gemeinsam wahrnehmen und systematisch reflektieren und so dazu angeregt werden, die eigene Lehre als eine besondere Form wissenschaftlicher Praxis wahrzunehmen, zu explizieren und auf den Prüfstand zu stellen. Durch den Kontrast zu jeweils anderen Fächern können Annahmen und Vorgehensweisen bewusst werden, die in der eigenen Praxis so selbstverständlich, automatisiert oder verleiblicht sind, dass sie kaum noch wahrgenommen werden. Diese Bewusstwerdung ist sowohl für die Lehre als auch für die Forschung hilfreich.“

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Streng sein

Das Ziel allen pädagogischen Forschens und Handelns war und ist die Bildung des Menschen. Alles, was nicht der Bildung dient, gehört nicht in die Pädagogik. Da sollte man sehr streng sein. Dieses Zitat  stammt aus einem Text mit dem Titel „Pädagogische Empirie aus bildungsphilosophischer Sicht“ von Volker Ladenthin aus dem Jahr 2010 (S. 87). Beim ersten Lesen habe ich oft innegehalten und mich gefragt: Gilt diese Aussage, die Ladenthin hier für die Pädagogik (mit Fokus Schule) trifft, auch für die Hochschuldidaktik? Und ja: Mir sind in Ladenthins Text etliche Parallelen zur Hochschuldidaktik aufgefallen und als ich begann, analoge Strukturen herauszuarbeiten, hatte ich plötzlich das Gefühl, dass es sich lohnt, den ganzen Text in dieser Form „analog zu lesen“ und die Ergebnisse aufzuschreiben. Herausgekommen ist Impact Free 13 .

Konsistent, ohne viel auszusagen

Auf Vorträge bereite ich mich immer sehr langfristig vor. Ich brauche lange, um das Thema zu schärfen, um zu entscheiden, welche Kernbotschaften mir wichtig sind und dann beginnt die mindestens ebenso lange Zeit der Recherche: Was habe ich schon zum Thema, wo sind meine Kenntnisse nicht mehr aktuell (in der Regel an vielen Stellen, weil das sogenannte Alltagsgeschäft das Lesen mitunter zum Luxus werden lässt)? Bisweilen schaue ich auch in Vorträge, die ich schon mal gehalten habe, denn Fakt ist zumindest bei mir: Viele Themen kommen wie in einem Spiralcurriculum mehrfach zum Vorschein, werden wiederkehrend an mich herangetragen oder ich schlage sie selber vor – offenbar Kernthemen, die mich in verschiedenen Variationen begleiten (oder deren Begleitung ich suche). Selbst- und Fremdorganisation (Freiheit und Zwang also) und andere – verwandte – Dichotomien oder Dualismen, das Thema Prüfungen und – natürlich – der Stellenwert des Digitalen für das Lehren und Lernen, Formen des Forschens und die Rolle der Empirie in der Didaktik und die der Bildungsphilosophie.

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Von A nach B kommen

Ein Universitätsstudium ist mehr als eine Berufsqualifikation, Bildung durch Wissenschaft daher ein Muss und ein reflexiver Habitus im mehrfachen Sinne erforderlich, wenn es darum geht, Studiengänge so zu gestalten, dass sie auch die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben erfüllen können. Es mag vermessen sein, die Botschaften von Wolfgang Nieke aus seinem Vortrag im Rahmen der HUL-Ringvorlesung (siehe hier) in dieser sehr knappen Form zusammenzufassen. Aber um auf den Punkt zu bringen, um was es am gestrigen Nachmittag vorrangig ging, taugt es ja vielleicht. Zentral war für uns am HUL und unser Interesse am Austausch mit Wolfgang Nieke der Begriff der Wissenschaftsdidaktik: 2014 hat er zusammen mit Konstantin von Freytag-Loringhoven eine Skizze zur universitären Wissenschaftsdidaktik veröffentlicht. Hieran schloss auch der Vortrag und die anschließende Diskussion an.

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